Rituelle Körperhaltungen als Tore in die andere Wirklichkeit/Anwendung

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Vorheriges Kapitel: 2.4 Haltungen und transpersonale Erlebnisinhalte

2.5 Die praktische Anwendung der rituellen Körperhaltungen

verfasst von Susanne Jarausch
Foto: Innenansicht der Kiwa (Cuyamungue-Institut © 1995)

Das Foto zeigt die Innenansicht der Kiwa, des runden, halbunterirdischen Ritualraums, den F. Goodman auf dem Gelände ihres Institutes in Cuyamungue erbaut hat. Man sieht u.a. ihre Rasseln und Trommeln, eine Muschel zum Räuchern von Steppensalbei auf dem Tisch, Masken von KursteilnehmerInnen an der Wand und peruanische Flöten im Regal.

Rituale stehen in Bezug zur Kultur, aus der sie stammen. Da nun der Großteil der rituellen Körperhaltungen aus jenen Kulturen stammen, die neben der Jagd kleine Stücke Land und noch keine großen Felder wie die Ackerbauern bearbeiteten, hat Felicitas Goodman bei der äußeren Gestaltung des Rituals Handlungselemente aus diesen Kulturen, die transkulturell große Ähnlichkeiten besitzen und z.B. bei den Pueblo- Indianern noch lebendig sind, übernommen. Die Rahmenbedingungen für ein religiöses Erleben waren ihr aus ihrer Feldforschung bekannt.

Im einführenden Teil wird der heilige Raum geschaffen, im Hauptteil findet der Übertritt in die Trance statt, im abschließenden Teil wird der Raum wieder verabschiedet.

Eine gute Vorbereitung, zu welcher

- die eigene Verfassung und Einstellung,

- die Gestaltung der Umgebung und Situation und

- die Auswahl und das Einüben der Haltung zählt,

bildet den Boden für die Durchführung des Rituals.

Die Nachbereitung hilft zur Integration des Erlebten.

Inhalt

2.5.1 Ablauf und Durchführung des Rituals

Foto: Das Räuchern mit Salbei zu Beginn eines Rituals (Susanne Jarausch © 2008)
Foto: Ritual in der Haltung der Venus von Willendorf, angeleitet von S. Jarausch (M. Ploderer © 2008)

Das Ritual ist so beschrieben, wie Felicitas Goodman es ausführte. Sie begann mit dem Räuchern, der Speisegabe an die Rassel, dem Einladen der Wesen und der Atemübung. In die Stille der Atemübung setzte sie ein Signal mit der Rassel, worauf die TeilnehmerInnen die Haltung einnahmen und Felicitas Goodman 15 min rasselte. Ein paar langsame, kräftige Schläge mit der Rassel markierten das Ende der Trancephase. Während Felicitas Goodman die Geister mit der Mehlstraße verabschiedete, lösten die TeilnehmerInnen die Haltung und ließen sich entspannt nieder. Die Erlebnisse wurden aufgeschrieben, im Kreis mitgeteilt, von Felicitas Goodman zusammengefasst und mit dem transpersonalen Erlebnisinhalt der jeweiligen Haltung in Zusammenhang gebracht - ohne Wertung und Interpretation.

Die Rituelle Reinigung:

Zu Beginn des Rituals zündet die LeiterIn zum Räuchern z.B. getrockneten Salbei (sage / Steppenbeifuß bei den Puebloindianern) an, geht reihum und jede RitualteilnehmerIn streicht sich den Rauch über den Körper. Verschiedene Kräuter entfalten unterschiedliche Wirkungen, wobei Salbei reinigend wirkt.

Das „Wecken“ der Rassel oder Trommel:

Mit einer rituellen Gabe wird die energetische Entsprechung, das Geistwesen des Instrumentes in der anderen Wirklichkeit, gerufen, geehrt – „geweckt“. Puebloindianer verwenden eine Speisegabe aus dem heiligen, rituell verwendeten, blauen Maismehl. Wenn kein Maismehl zur Hand ist, empfiehlt Felicitas Goodman eine Gabe aus traditionellem Mehl wie z.B. Dinkelmehl. Etwas Mehl wird behaucht, um die eigene Geistsubstanz hineinzuhauchen, in die vier Himmelsrichtungen und nach oben und unten gewiesen und mit persönlichen Worten über die Instrumente gestreut. Das Mehl wird nun leicht angeblasen, um es um die Instrumente zu verteilen, wo der Geist der Rassel oder Trommel es „essen“ kann.

Das Einladen der Wesen:

Durch viermaliges Rasseln oder Trommeln in die vier Himmelsrichtungen, zum Himmel und zur Erde werden die Tore zu den Richtungen geöffnet und die Geister eingeladen. Sie sind damit anwesend und werden mit einer Speisegabe aus Mehl begrüßt, das man ebenfalls zuerst anhaucht, in die sechs Richtungen weist und in weitem Bogen in die Luft streut. Die Geister sammeln die Essenz ein, der Rest fällt zu Boden.

Eine Konzentrationsübung:

Eine einfache Atemübung hat die Aufgabe, den Körper auf die nachfolgende Trance einzustellen, sich zu beruhigen und einzustimmen. In bequemer Haltung wird der Atem beobachtet, ohne ihn zu verändern. Dabei werden die Atemzüge gezählt bis etwa 50.

Der Hauptteil mit der Rasseltrance:

Die vorab gewählte und eingeübte Körperhaltung wird eingenommen, die Augen werden geschlossen und die LeiterIn rasselt oder trommelt 15 Minuten lang mit etwa 200 bis 210 Schlägen pro Minute. Wahlweise kann auch eine Rassel- oder Trommel-CD oder –MC verwendet werden. Der gleichförmige Rhythmus der Rassel oder Trommel führt in die Trance, die dabei eingenommene rituelle Körperhaltung öffnet den ihr entsprechenden Erlebnisraum (link zu 1.2.4).

Nach Beenden des Rasselns oder Trommelns wird die Haltung gelöst und die TeilnehmerInnen kehren wieder in den gewöhnlichen Bewusstseinszustand zurück.

Der Abschluss:

Um die Tore zwischen den Welten wieder zu schließen, sich bei den Wesen zu bedanken und sie zu verabschieden, wird wiederum eine Speisegabe gegeben. Die LeiterIn haucht ein wenig Mehl an und streut damit einen dünnen Mehlpfad von sich oder der Kreismitte zum nächsten Fen

2.5.2 Maskentanz als Anwendung der rituellen Körperhaltungen in einem großen Ritual

Foto: Ein Beispiel für eine traditionelle Maske: Kaloqutsuis ´gekrümmter Schnabel der oberen Welt´, ein riesiger Vogel – Qagyuhl, 1914 (aus Curtis 1996: 74)
Foto: Beim Maskentanz in Cuyamungue 1995 führt Felicitas Goodman als Büffelfrau mit ihrer Rassel die Tierwesen an (Cuyamungue Institut © 1995)

Traditionelle Maskentänze kennen wir von verschiedenen Völkern Afrikas, Asiens, Polynesiens, Amerikas usw. Sie weisen einen seit Generationen überlieferten Ablauf auf und haben für das jeweilige Volk eine tiefe und ganz spezifische Bedeutung. Dabei kann die Maske einfach daraus bestehen, dass das Gesicht bzw. der Körper mit Lehm, Ruß oder Farbe bedeckt wird. Andererseits gibt es z.B. aus Holz geschnitzte Masken, die, ebenso wie die dazugehörigen Kostüme, von ganz einfachen bis komplexen Ausführungen reichen und bei den entsprechenden Tänzen immer wieder zum Leben gerufen werden.

Wir, die aus der westlichen Tradition kommen, bleiben Beobachter, sehen den Maskentanz von außen, sind vielleicht irgendwie von dem Zauber berührt. Das Geheimnis bleibt jedoch verborgen. Es geht um das direkte Erleben, die Verwandlung, das hinüberwechseln Können auf die andere Seite. Nur in diesem Grenzgang erschließt sich der Sinn.

Der Maskentanz nach Felicitas Goodman ist eine Schöpfung des Rituals aus dem direkten Kontakt mit der Anderen Wirklichkeit.

Felicitas Goodman wusste, dass sie ein traditionelles Ritual nicht einfach übernehmen konnte – es hätte für uns keine kulturelle Bedeutung, wäre nicht aus unserer Vision gewachsen. Vor die Aufgabe gestellt, einen Maskentanz zu gestalten, hat sie eine Anleitung geschaffen, bei welcher in der direkten Vision, der Begegnung mit der Anderen Wirklichkeit, der Inhalt des Rituals und die Wesen, die sich in der Maske verkörpern wollen, erfahren werden.

Werkzeug dafür ist die Rasseltrance mit den Körperhaltungen, die uns in die jeweils wichtigen Erfahrungen (1.2.4) führen.

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Foto: Maskentanz 1995 (Cuyamungue Institut © 1995)
Foto: Felicitas Goodman mit ihrer Büffelmaske beim Maskentanz 1995 in Cuyamungue (Cuyamungue Institut © 1995)

• Die Reise in die Unterwelt lässt das Geistwesen, welches sich meist in Tiergestalt zeigt, erfahren, worauf der Bau der Maske beginnen kann. Die Maske wird zuerst in Ton geformt, dann mit einigen Schichten Papier und Kleister überzogen. Wenn diese trocken sind, wird diese Papiermachee-Maske bemalt und fertiggestellt.

Verwandlungshaltungen erlauben das Erleben der Qualitäten, Kräfte und Fähigkeiten dieses Geistwesens von innen her.

• Der Wahrsager von Tennessee gibt Auskunft über den Inhalt des Tanzes. Die Erlebnisse, welche die TeilnehmerInnen in dieser Haltung berichten, werden gesammelt und wie ein Puzzle zu einem großen Ganzen zusammen gefügt.

Heilhaltungen begleiten die eigene Transformation.

• Mit der gefiederten Schlange wird das Sterben und Wiederauferstehen – die eigene Neugeburt im Ritual gefeiert.

• In der Haltung des Rufens der Geister werden die Wesen am Vorabend des Tanzes eingeladen.

Der Höhepunkt am Ende der Woche ist der Tanz, das Drama - absolut neu und einzigartig. Aufgeführt ohne Zuschauer, ein einziges Mal, um gleich wieder wie ein Sandbild zu verwehen. Ein Tiertanz, wie wir ihn aus Jägerkulturen kennen, bildet den Abschluss des Rituals.

Auf transpersonaler Ebene ist es ist ein Tanz, eine Bewegung zwischen den Welten, die, aus schamanischer Sicht, das Muster, nach dem das Netz der Wirklichkeiten gewebt wird, neu ordnet und stärkt.

Auf persönlicher Ebene ist es ein Tanz, der unsere persönlichen Muster neu webt, neue Zugänge entdecken lässt und Mut zur effektiven Neugestaltung macht.

„Die wohl wichtigste Einsicht, die wir aus den Maskent


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