Weltreligionen/Sikhismus

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3.1 Sikhismus

verfasst von Manfred Kremser und Veronica Futterknecht

In den folgenden Kapiteln wird die Religion der Sikhs, Sikhismus, die sich vor etwa 500 Jahren in Nordindien entwickelt hat, besprochen.

Foto: Gläubige Sikhs beim heiligen Bad nahe des Goldenen Tempels in Amritsar, Nordindien (http://news.bbc.co.uk/1/hi/in_pictures/4470894.stm)

Inhalt


3.1.1 Gründung und wesentliche Glaubensinhalte

Mit einem Alter von etwa 500 Jahren ist die Religion der Sikhs eine der jüngsten Religion weltweit. Geographisch hat sie ihre Wurzeln im Bundesstaat Punjab im westlichen Nordindien und kann als eine Stifter- wie Erlösungsreligion betrachtet werden. Ihr Begründer ist Guru Nanak, der 1469 in einem Dorf in der Nähe von Lahore im heutigen Pakistan in eine streng vom hinduistischen Glauben geprägte Familie hineingeboren wird.

Foto: Guru Nanak, der Begründer des Sikhsimus (http://www.singhsabha.com/)

Am Beginn des Sikhismus steht ein mystisches Offenbarungserlebnis, in dem Nanak eine göttliche Stimme vernimmt, die ihn anweist, an einen einzigen Gott zu glauben, der in vollständiger Formlosigkeit nur im Inneren, nur im Herzen eines jeden Menschen wahrnehmbar und erfahrbar sei. Die Inhalte dieses Erlebnisses stehen in starkem Kontrast zu der Religion seines Elternhauses. Dennoch wendet sich Nanak vom Hinduismus ab und setzt sich intensiv für die Ideen und Glaubensinhalte des Sikhismus sowie deren Verbreitung ein.

Als Essenz der Botschaft Guru Nanks kann die schlichte Glaubensformel „Nam, Dan, Isnan“ angesehen werden, was ein Meditieren über den Namen Gottes, ein Verteilen von Almosen, sowie eine reine Lebensweise impliziert.

Bis heute existiert im Sikhismus keine genaue Gottesvorstellung, verehrt werden insgesamt zehn Gurus, sowie das Heilige Buch „Granth Sahib“.


3.1.2 Verhältnis zu Hinduismus und Islam

Im Unterschied zum Hinduismus, wo ja die Verehrung von einer Vielzahl (auch bildlich dargestellter) Götter ein wesentliches Element der Religion ausmacht, soll sich ein Sikh kein bestimmtes Bild von Gott machen, da ein allzu genaues Bild die persönliche, subjektive, innere Erfahrung von Gott trübt und unscharf werden lässt. Auch wendet sich Guru Nanak gegen äußerliche religiöse Rituale und Zeremonien, in dem Glauben, sie könnten dem wahren religiösen Erleben im Weg stehen und von einer wahren Konzentration auf Gott ablenken. Stattdessen soll man äußere Rituale in eine innere Sphäre der Andacht übertragen. Weiters spricht er sich gegen alle Praktiken, die auf Trennung, Unterscheidung und Dualität beruhen aus, da sie dem Konzept von Gott als dem Einen, dem Zeit- und Formlosen widersprechen.

Die Religion der Sikhs lehnt das indische Kastensystem zwar prinzipiell ab, trotzdem wird es als Regelsystem in bestimmten Fragen des sozialen Lebens immer wieder anerkannt. Demzufolge steht auch das Frauenbild der Sikhs in großem Widerspruch zu jenem der Hindus und Muslime: man verurteilt die in Indien verbreitete Witwenverbrennung (sati) scharf, doch ist im Alltag der Sikhs bedauerlicherweise dennoch keine Verwirklichung von Gleichberechtigung erkennbar, das hinduistische Modell der ergebenen Ehefrau scheint weithin sehr verbreitet zu sein.

Seit Jahrhunderten stehen sich Muslime und Hindus im Punjab feindlich gegenüber, es war der Sikhismus, der die Befriedung und Versöhnung zwischen diesen beiden Religionsgemeinschaften propagiert. Guru Nanak gilt bis heute als ein Symbol der Versöhnung zwischen Hinduismus und Islam.

Nicht nur hat er hinduistische und muslimische Glaubenselemente in der Religion der Sikhs vereint, auch ist er dafür eingetreten, dass Gott abwechselnd mit muslimischen oder hinduistischen Namen benannt wird.

Aus diesem Gedanken entwickelt er auch die Idee so genannten Langars, der Freiküchen, in denen Mensche, egal welcher Religion- und Glaubenszugehörigkeit, gemeinsam, in einem neutralen Umfeld, eine Mahlzeit zu sich nehmen können. Diese Langars sind von Anfang an von der Absicht getragen,Verständnis und Toleranz zwischen den Religionen zu schaffen und zu unterstützen.


3.1.3 Äussere Merkmale seiner Anhänger

Foto: Gläubige Sikhs bei einer religiösen Prozession, Punjab, Nordindinen (http://news.bbc.co.uk/2/hi/in_pictures/5298402.stm)

Unter dem vierten Guru Ram Das fällt die Gründung von Amritsar als Hauptpilgerzentrum der Sikhs. Die Stadt Amritsar liegt ideal an der Route zwischen Kabul und Delhi, ihr Goldener Tempel gilt als das Hauptheiligtum der Sikhs, der von Guru Arjun Dev erbaut worden ist.

Im Laufe der Zeit gewinnt der Sikhismus immer mehr an Popularität. Einen großen Zulauf erfährt die Glaubensgemeinschaft vor allem aus den Reihen der Muslime. Der Mogul-Kaiser Jehangir lässt als Reaktion auf diese Bewegung Guru Arjun Dev zu Tode foltern. Der sechste Guru, der Sohn von Arjun Dev, hat daraufhin die Bewaffnung der Sikhs angeordnet, und dieser Religion, als Antwort auf die Anfeindungen, die sie während ihrer gesamten Geschichte erfahren haben, die militärische Komponente verliehen.

Der neunte Guru Tegh Bahadur wird von Muslimen zu Tode verurteilt, als er sich weigert, zum Islam überzutreten. Vor seiner Hinrichtung beschwört er seinen Sohn, den zehnten und letzten Guru Gobindh Singh, seinen Tod zu rächen. Nun vollendet sich die Umwandlung der Sikhs in eine Kriegergemeinschaft mit festgelegten Riten und Eiden.

Gobindh Singh erlässt eine Kleiderordnung, weiters die Verordnung, sich im Laufe seines Lebens

-- niemals die Haare zu schneiden,

-- das Haar mit einem Eisenkamm zu befestigen und unter einem Turban zu tragen,

-- einen Eisenarmreif am Handgelenk,

-- einen Säbel,

-- sowie knielange Hosen zu tragen.

Diese Vorschriften basieren auf der religiösen Überzeugung, wonach der Mensch in perfekter Form von Gott geschaffen ist, und es deshalb keine Legitimation für den Menschen gibt, sein Äußeres, wie auch immer geartet, zu verändern.

Nachdem der zehnte Guru Gobindh Singh ohne Kinder geblieben ist und sich auch sonst kein geeigneter Nachfolger gefunden hat, wird bis heute das Heilige Buch „Granth Sahib“, die vollständige Sammlung der Glaubens-, Lebens- und Wertvorstellungen der Sikhs, als göttlich anerkannt, und als lebender Guru verehrt.


3.1.4 Körperliche und geistige Ideale

Das Leben im Diesseits

Innerhalb des Sikhismus kann eine starke Betonung des Diesseits und der Gegenwart festgestellt werden. Ziel des Lebens ist nicht das Streben nach Erlösung oder das Eingehen in ein Paradies, sondern das Ideal einer physischen und spirituellen Ganzheit in der Gegenwart. Es gilt das Ideal der physischen Unversehrtheit, um im Hier und Jetzt in bester Voraussetzung seinen Körper wie auch seinen Geist einsetzen, die Aufgaben und Herausforderungen des Alltags bestmöglich meistern zu können. Gesundheit und körperliche Fitness sind die Grundlage, sein Leben im Diesseits bestmöglich zu gestalten, wie auch die Garantie für die ständige Verteidigungsbereitschaft seiner Religion. Bedeutend ist, dass Angehörige des Sikhismus in keiner Weise dazu neigen, Verantwortung über ihr Leben auf Gott abzuwälzen, sondern jeder einzelne sich als Schmied seines eigenes Glückes erkennt, und so für sich, sein Leben und seine Taten vollste Verantwortung übernimmt.

Militanz und Kampf

Militanz und militärische Verteidigungsideen sind, wie unschwer zu erkennen ist, aus der Entstehungsgeschichte des Sikhismus gewachsen, und bis heute untrennbar mit politischen wie religiösen Idealen und Vorstellungen vereint. Militante Politik und Religion sind in einen Synkretismus zur Erhaltung und Verteidigung des Sikhismus getreten, einer Religion, die seit ihres Entstehens außerordentlicher Feindschaft ausgesetzt gewesen ist. Bis in die Gegenwart ist die Doktrin der Untrennbarkeit von religiöser und politischer, von geistiger und von weltlicher Macht wesentliches Element im Glaubens der Sikhs.


3.1.5 Literatur

Stukenberg, Marla. 1995. Der Sikh-Konflikt: Eine Fallstudie zur Politisierung ethnischer Identität. Stuttgart: Steiner

Stukenberg, Marla. 1995. Die Sikhs: Religion, Geschichte, Politik. München: Beck

Delhi Sikh Gurdwara Management Committee. 1999. What is Sikhism. New Delhi: Gurupdesh Printers

Delhi Sikh Gurdwara Management Committee. 1997. The Sikh Religion: An Outline of its Doctrines. New Delhi: Gurupdesh Printers

http://religion.orf.at/projekt02/tvradio/orientierung/or_011111.htm[1]

https://web.archive.org/web/20071012015208/http://www.wien-vienna.at/indexmedien.php?ID=1791[2]

https://web.archive.org/web/*/http://www.amnesty.at/cont/presse/2001/usa9-11_5.html[3]

Verweise:
[1] http://religion.orf.at/projekt02/tvradio/orientierung/or_011111.htm
[2] https://web.archive.org/web/20071012015208/http://www.wien-vienna.at/indexmedien.php?ID=1791
[3] https://web.archive.org/web/*/http://www.amnesty.at/cont/presse/2001/usa9-11_5.html


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