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Vorheriges Kapitel: 2.6 Gütekriterien empririscher Forschung
2.7 Hypothese
Verfasst von Andrea Payrhuber
(vom griech. hypothesis = Vermutung, Unterstellung)
Beim Vorgehen nach einer deduktiven Forschungslogik[1] leitet der Forscher neue Zusammenhänge aus bereits vorhandenem Wissen ab. Die in der wissenschaftlichen Hypothese postulierten Zusammenhänge müssen im Gegensatz zur Alltagshypothese begründet sein. D.h. es handelt sich nicht um eine bloße Vermutung des Forschers, sondern um eine logische Ableitung aus Theorien, bewährten Hypothesen oder aktuellen empirischen Befunden. Je genauer das Untersuchungsfeld bereits erforscht ist, desto konkretere Annahmen können in der Hypothese formuliert werden.
Ausgehend von Erkenntnisinteresse und Forschungsfragen werden die benötigten Theorien und Studienergebnisse recherchiert. Daraus werden die begründete Zusammenhänge abgeleitet. Diese Zusammenhänge werden nach den formalen Bedingungen der wissenschaftlichen Hypothese formuliert und anhand von selbst erhobenen Daten überprüft.
Definition wissenschaftlicher Hypothesen
Der Hypothese muss zumindest implizit die Formalstruktur eines sinnvollen Konditionalsatzes zugrunde liegen.
- je-desto
JE mehr X DESTO mehr (oder weniger) Y
unabhängige und abhängige Variable sind dabei nicht festgelegt
- wenn-dann
WENN-TEIL: Bedingung, Antezedenz = unabhängige Variable
DANN-TEIL: Folge, Konsequenz = abhängige Variable
Eine Hypothese ist somit eine Verknüpfung von zwei Variablen[2] (oder mehreren) samt Verknüpfungsvorschrift. An diese Verknüpfung wird die gleiche logische Anforderung wie an ein Gesetz gestellt, aber sie ist als Vermutung formuliert. In der Sozialwissenschaft sind Hypothesen immer probabilistisch, da es in der Sozialwissenschaft keine deterministischen (=gesetzmäßigen) Zusammenhänge gibt.
Um die Hypothese widerlegen zu können, müssen Ereignisse denkbar sein, die dem Konditionalsatz widersprechen.
Formulierungsvorschrift
Die Alternativhypothese(H1) auch (HA) behauptet, dass ein empirisches "positives" Resultat (=Effekt, systematischer Zusammenhang) erwartet wird. Sie entspricht der Forschungshypothese.
Nullhypothese(H0): Es besteht kein systematischer Zusammenhang zwischen den beiden Variablen bzw. kein Unterschied zu den untersuchten Populationen.
Beispiel:
H1: Wenn Kinder gezielt gefördert werden, dann steigt die Leistung in den geförderten Fächern.
H0: Es gibt bei Kindern keinen Zusammenhang zwischen Förderung und erbrachter Leistung.
Wird beim Hypothesenprüfen kein Zusammenhang festgestellt, so wird die Alternativhypothese verworfen (=falsifiziert[3]) und die H0 (vorläufig) beibehalten.
Verweise:
[1] Siehe Kapitel 1.3.2
[2] Siehe Kapitel 2.23
[3] Siehe Kapitel 2.5
Nächstes Kapitel: 2.8 Indikator