Grundlagen sozialwissenschaftlicher Methodologie - Glossar/Gütekriterien

From Eksa
Jump to: navigation, search

Vorheriges Kapitel: 2.5 Falsifikation

2.6 Gütekriterien empririscher Forschung

Verfasst von Christoph Reinprecht

Um die Qualität des empirischen Forschungsprozesses zu kontrollieren und zu gewährleisten, werden je nach Zielsetzung, Forschungsansatz und eingesetzten Methoden unterschiedliche Kriterien herangezogen. In quantitativen Forschungen, die darauf abzielen, mittels formalisierter Verfahren statistische Verteilungen, Zusammenhänge und Kausalbeziehungen möglichst präzise zu beschreiben und vorhersagbar zu machen, bilden Objektivität, Reliabilität und Validität die Hauptgütekriterien. Objektivität[1] bezieht sich darauf, dass Messwerte unabhängig vom Messenden zustande kommen. So sollten bei einer standardisierten Fragebogenerhebung weder Datenerhebung noch Datenauswertung durch die Person des/der beteiligten Sozialwissenschaftlers/in beeinflusst werden können; d.h. die Ergebnisse variieren nicht danach, wer die Befragung oder die Datenauswertung durchführt. Das Kriterium der Reliabilität bezieht sich auf die Zuverlässigkeit des Erhebungsinstruments. Damit ist gemeint, dass beispielsweise ein standardisierter Fragebogen bei einer Untersuchungswiederholung (unter sonst gleichen Bedingungen) zum selben Ergebnis kommen muss. Validität bezieht sich auf die Gültigkeit der Messung. Es bezeichnet den Grad der Genauigkeit, mit dem eine Untersuchung das erfasst, was erfasst werden soll. Nur dann können Daten sinnvoll interpretiert werden. Für die einzelnen Gütekriterien gibt es spezielle standardisierte Techniken der Überprüfung. Die Gütekriterien bauen aufeinander auf: ohne Objektivität keine Reliabilität, ohne Reliabilität keine Validität.

In qualitativen Forschungen sind die Gütekriterien weniger eindeutig definiert. Qualitative Forschungsprozesse sind nicht formalisiert, sondern offen gestaltet, die konkrete Forschungssituation, aber auch die Persönlichkeit des/ der Forschers/in spielen in allen Phasen des Forschungsprozesses eine bedeutende Rolle. So entwickelt sich in biographischen oder narrativen Interviews nicht unabhängig vom gewählten Zeitpunkt und Ort eine kommunikative Beziehung, die auf den Inhalt und den Verlauf der Erzählung einwirkt. Die Qualitäts- bzw. Gütekriterium reflektieren diese Offenheit und Involviertheit des/der Forschers/in als Subjekt. Qualitative Forschungen erfordern eine (selbst)reflexive Haltung zum Forschungsprozess und den darin gemachten eigenen Erfahrungen. Zugleich ist, zur Gewährleistung der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit, eine umfassende Transparenz, Offenlegung und Begründung der einzelnen Untersuchungsschritte, von Feldarbeit und Datenerhebung über Auswertung bis zur Interpretation, gefordert. Auch kommen Verfahren kommunikativer Validierung zur Anwendung (ein Beispiel wäre die Miteinbeziehung mehrerer ForscherInnen in die Auswertung und Ergebnisinterpretation). Um dem komplexen Charakter von sozialen Phänomenen gerecht zu werden, werden bei qualitativen Forschungen oft verschiedene Methoden kombiniert (etwa Beobachtung[2] und Interview), deren Ergebnisse miteinander in Beziehung gesetzt werden müssen. In diesem Zusammenhang bezeichnet Triangulation ein Verfahren, die Stärken und Schwächen der jeweiligen methodischen Vorgehensweise auszugleichen, mit dem Ziel, ein der Vielschichtigkeit der sozialen Realität angemessenes, aber auch valides Ergebnis zu erzielen.


Verweise:
[1] Siehe Kapitel 2.15
[2] Siehe Kapitel 2.3


Nächstes Kapitel: 2.7 Hypothese


↑ Nach oben