Bedeutung einer zeitgemaeßen Trancekultur fuer den modernen Menschen/Neue Spiritualitaet
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5.1 Ein Weg zu einer neuen, ganzheitlichen, tiefgründigen und ursprünglichen Spiritualität
verfasst von Susanne Jarausch
„Ekstase-Entzug“ nannte Felicitas Goodman in einem Vortrag an der Universität Wien 1986 das Grundleiden unserer Gesellschaft. Sie sprach die Überlegung aus, dass dieser Ekstase-Entzug für vieles Leid in unserer modernen Welt verantwortlich ist, von psychosomatischen Erkrankungen bis hin zur Sucht.
Den Ekstase-Entzug versteht sie einerseits in Bezug auf die körperliche Ebene. Unser Nervensystem ist auf die Vielfalt der Bewusstseinszustände angelegt und braucht möglicherweise auch jene dramatischen biologischen Veränderungen, die mit einer religiösen Trance einhergehen.
Zum Anderen bedeutet der aus dem konsequenten Verdrängen (religiösen) Fühlens, der Fühlungnahme mit der anderen Wirklichkeit entstehende Ekstase-Entzug auch Wirklichkeits-Entzug. Die Welt des modernen Städters ist flächig, hat keine Tiefe, meint Felicitas Goodman. Erst mit dem Eintritt in die andere Dimension, die andere Wirklichkeit, in die Ekstase, ergibt sich die Vollendung.
Es hat nie eine Stammesgesellschaft, eine Horde gegeben, die nicht eine Religion gehabt hätte. Und mit Religion ist eben dies gemeint: das Erleben der anderen Wirklichkeit. Die Trance mit den rituellen Körperhaltungen gibt den westlichen Menschen die Möglichkeit, wieder in dieses Erleben einzutreten und den Weg der Schönheit zu gehen – wie die Navahos es ausdrücken – in der Bedeutung einer Sinn spendenden Verbundenheit.
„Und schließlich stellt sich angesichts der gegenwärtigen Suche nach einer überzeugenden Religionskultur die Frage, ob nicht diese uralten religiösen Erlebnismöglichkeiten auf eine neue, ganzheitliche, tiefgründige und ursprüngliche Spiritualität verweisen.“ (Goodman 1996: 123)
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