Difference between revisions of "Konsum in Zeiten der Globalitaet/Kosmopolitisch"
(Created page with "'''Konsum_in_Zeiten_der_Globalitaet/Homogen-Heterogen#4.1 Globaler Konsum: Weltweite Einheitlichkeit versus lokale Differenzierung?| Vorheriges Kapitel: 4.1 Globaler Konsum:...") |
(No difference)
|
Revision as of 15:32, 17 August 2020
Vorheriges Kapitel: 4.1 Globaler Konsum: Weltweite Einheitlichkeit versus lokale Differenzierung?
Contents
4.2 Kosmopolitischer Konsum
Verfasst von Maria Dabringer'"The perspective of the cosmopolitan must entail relationships to a plurality of cultures understood as distinctive entities. ... But furthermore, cosmopolitanism in a stricter senses includes a stance towards diversitiy itself, towards the coexistence of cultures in the invidual experience. A more genuine cosmopolitanism is first of all an orientation, a willingness to engage with the Other. It is an intellectual and aestetic stance of openness towards divergent cultural experiences, a search for contrast rather than uniformity."' (Hannerz 1990: 239)
Beziehungen zwischen dem Eigenen und dem Fremden werden häufig durch Konsum vermittelt: Konsum kann spezifische Identitäten konstruieren und/oder verfestigen, Konsumgewohnheiten sind aber auch Ausdruck multipler kultureller Verflechtungen. Die beiden Ebenen sind oft eng miteinander verbunden: So können z.B. an einem Ort bestimmte Waren oder Speisen für einige Menschen einen wichtigen Aspekt ihrer ethnoscapes(Appadurai 1996) bzw. ihrer (trans)nationalen Identität darstellen. Für andere Menschen am selben Ort bedeuten dieselben Speisen eine (exotische) Erweiterung ihrer Konsum- und Erlebniswelt im Sinne einer kosmopolitischen Weltsicht, also eine Form der Hinwendung zum Anderen.
Ulf Hannerz (1990: 241) stellt den KosmopolitInnen die Anti-KosmopolitInnen gegenüber. Letztere sind Menschen, die zwar häufig ihren Aufenthaltsort verändern, jedoch wenig Interesse am Anderen zeigen. Während also der "kosmopolitische Konsum" auf dem Wunsch nach Fremdem beruht, steht der "anti-kosmopolitische Konsum" in Verbindung mit einer starken Präferenz für Waren bzw. Serviceleistungen aus der eigenen, vertrauten Umgebung. Dazu zählen etwa touristische Einrichtungen, welche den heimischen Lebenstil der TouristInnen plus lokalem Dekor reproduzieren. Die beiden Konsumformen überschneiden sich in der Lebenswelt einzelner Menschen: Niemand konsumiert ausschließlich Eigenes oder ausschließlich Fremdes.
Kosmopolitischer Konsum beruht auf der Zirkulation des Partikulären und der Hinwendung zum Anderen. Er findet an verschiedenen Orten und in diversen sozialen, ökonomischen und kulturellen Kontexten und Konditionen statt. Er bringt die Wertschätzung des Anderen zum Ausdruck, hat jedoch auch Berührungspunkte mit Kolonialismus, Orientalismus und Exotismus. So konzentriert sich kosmopolitischer Konsum oft auf Waren oder Serviceleistungen, die privilegierte KonsumentInnen aus einem plurikulturellen, globalem Warenkorb auswählen und in die eigene Lebenswelt inkorporieren.
Inhalt
4.2.1 Hamburger, Döner, Frühlingsrollen
Die Debatte um die Homogenisierung von Waren und ihrem Konsum wird häufig mit Beispielen "globaler Nahrung" US-amerikanischer Herkunft (Coca Cola und Hamburger) illustriert (vgl. u.a. Beck 1997, Howes 1996) Demgegenüber steht ein breites Angebot von "fremdem Essen" aus verschiedenen Weltgegenden, dass oft mehr konsumiert wird, als US-amerikanisches Fast-Food.
Die Wanderungen, der Konsum und die Bedeutung verschiedener Speisen umfassen auch unterschiedliche "Biographien" und diverse "soziale Leben" der einzelnen Gerichte (vgl. Appadurai 1986, Hauser-Schäublin 2002, Kopytoff 1986). Ferner stellt sich die Frage, ob der vermehrte Hang zu fremden Speisen als "kosmopolitischer Konsum" in Sinne des Konzepts des Kosmopolitanismus von Ulf Hannerz (1990) zu betrachten ist.
4.2.1.1 "Ethno-Food": Migration, Tourismus und kosmopolitischer Konsum
Die Speisekultur im urbanen West-Europa ist vielfältig. Sie ist nicht nur durch regionale Küchen, sondern auch durch die Präsenz von zahlreichen MigrantInnen aus verschiedenen Regionen geprägt (etwa TürkInnen in Deutschland, InderInnen und AfrikanerInnen in Großbritannien, AlgerierInnen und VietnamesInnen in Frankreich oder IndonesierInnen in Holland).
Die transnationalen Gemeinschaften (oft aus ehemaligen Kolonien) tragen mit ihrer Küche wesentlich zur spezifischen Gestaltung der Vielfalt der lokalen Speisekultur und des entsprechenden Warenangebots bei (etwa in London, Amsterdam oder Paris) Sogenanntes "ethno-food" bildet in diesem Zusammenhang für viele Menschen einen Teil ihrer entsprechenden 'ethnoscapes' in einer deterritorialisierten Welt (Appadurai 1996), für andere Personen(gruppen) stellt der Konsum dieser Gerichte eine (kosmopolitische oder auch exotistische) Erweiterung ihrer Speisekarte dar.
Die zunehmende Integration fremder Speisen in die Konsumgewohnheiten in Westeuropa steht auch in Zusammenhang mit dem Tourismus: Gerichte, die man aus dem Urlaub kennt, werden - gemeinsam mir ein bisschen Urlaubsgefühl - gerne auch im Alltag konsumiert. Restaurants sind oft als kultur- bzw. regionsspezifische Themen-Räume ('themed environments)' gestaltet',' d.h. mit Objekten und Symbolen aus ihren Herkunftsland dekoriert. Ihre Motive und Themen gehen oft Hand in Hand mit der Gestaltung kommerzieller touristischer Räume in den entsprechenden Ländern (Italien, Spanien, Griechenland etc.). Ein gutes Beispiel ist die Taverna Mykonos, die sich als "kulinarisch - griechische Insel mitten in Villach" vermarket (https://web.archive.org/web/20050324020641/http://mykonos.at/[2] [22.09.2005]).
Darüber hinaus entstand in den vergangenen Jahrzehnten ein breites Standardangebot an verschiedenen Küchen: Asiatische und/oder italienische Restaurants sind in den meisten west-europäischen Städten zu finden.
Die besondere Beliebtheit und weltweite Verbreitung bestimmter Speisen (z.B. Pizza, Frühlingsrollen) steht nicht unbedingt in Zusammenhang besonders umfangreichen transnationalen Gemeinschaften aus dem Herkunftsland der Speisen. Auch haben die wenigsten westlichen KundInnen der unzähligen chinesischen Restaurants in Europa China bereist. Es handelt sich also generell um kosmopolitisches Konsumverhalten, das auch unabhängig von Transnationalismus und Tourismus exisitert: Das führt zu einer sukzessive Standardisierung einer pluri-kulturellen Speisenvielfalt, die von vielen Personen der urbanen Mittelschicht einer mono-regionalen Küche vorgezogen wird.
Verweise:
[1] https://web.archive.org/web/20051018024834/http://www.purimas.nl/
[2] https://web.archive.org/web/20050324020641/http://mykonos.at/
[3] https://web.archive.org/web/20050123153921/http://bangkok-house.de/
4.2.1.2 Die Döner-Erfolgsgeschichte
Ein Beispiel für spezifische "Nahrungsströme" in direktem Zusammenhang mit Migration und Transnationalismus bildet die Verbreitung des Döner-Kebabs in Deutschland. In den 1970er Jahren eröffneten türkische MigrantInnen die ersten Döner-Imbisse, heute gehört der Döner zum beliebtesten Fast-Food in Deutschland.
In Berlin gibt es mehr Verkaufsstände für diesen Imbiss als in Istanbul, deutschlandweit wurden im Jahr 1995 3,6 Milliarden DM im Dönergeschäft umgesetzt, während der Umsatz von McDonald Hamburgern 2,6 Milliarden DM betrug (Breidenbach und Zukrigl 1998:105, Seidel-Pielen 1996).
Döner-Kebab im WWW:
Alpan-Web: https://web.archive.org/web/20051029235617/http://www.alpan.de/Tuerkei/Kueche/DonerKebab.html[2] [22.09.2005]
Döner Kebab - Völkerverständigung, die durch den Magen geht: http://www.inform24.de/kebab.htm[3] [22.09.2005]
Verweise:
[1] https://web.archive.org/web/20051025043903/http://www.planet-wissen.de/
[2] https://web.archive.org/web/20051029235617/http://www.alpan.de/Tuerkei/Kueche/DonerKebab.html
[3] https://web.archive.org/web/20191231215053/http://www.inform24.de/kebab.html
4.2.1.3 "Tasting the World" - Auf Märkten in London
Ein außerordentlich kosmopolitisches Angebot an Speisen kennzeichnet einige europäische Metropolen, insbesondere London. Das British Empire und der Kolonialismus, die Migration aus den ehemaligen Kolonien sowie aus anderen Ländern nach Großbritannien, insbesondere in die Hauptstadt, bilden die Basis für das "multi-kulturelle" London (vgl. z.B. Baumann 1996, 1999).
Eine Facette dieser Prozesse manifestiert sich heute in der Konsumkultur, u.a. in Bezug auf Speisen. Neben Restaurants bieten auch die Londoner Märkte einen guten Einblick in diese Dimension von kosmoplitischem Konsum, der auch eine toursitische Attraktion der Metropole darstellt.
Das folgende Fotoessay zeigt Impressionen von '"tasting the world"' im Herbst 2004 auf mehreren Märkten in London (Portobello Road, Camden Lock, Petticoat Lane, Spitalsfield --- Street Sensation: https://web.archive.org/web/20050924192621/http://www.streetsensation.co.uk/markets.htm[1] [22.09.2005]).
Verweise:
[1] https://web.archive.org/web/20050924192621/http://www.streetsensation.co.uk/markets.htm
4.2.2 Exotik, Migration und Konsum auf Londoner Märkten
"Das Wesen eines exotischen Stils ist seine Fremdheit, die einen Ausweg aus dem Altbekannten bietet, eine Abkürzung in die Traumwelten des Ästheten, den das Vertraute langweilt."(Morley 2001: 308)
Neben einem kosmopolitischen Angebot an Nahrungsmittel und Speisen werden auf Londoner Märkten auch andere "exotische Waren" angeboten. Diese stehen - ähnlich wie die Speisen - in verschiedenen Kontexten und weisen unterschiedliche transkulturelle Biographien und Bedeutungen auf (vgl. Kopytoff 1986, Spittler 2002):
Migration und transnationale Gemeinschaften: Einige Märkte in London (z.B. Bricks Lane und Petticaot Lane) bieten viele Waren aus Afrika und Asien feil, die sowohl von MigrantInnen aus den entsprechenden Regionen, als auch (teilweise) von anderen Personen erworben werden. Der Fotoessay "Transnationale Waren" zeigt Impressionen vom Petticoat Lane Market.
Tourismus und exotisches Dekor: Kleidung, Schmuck und Dekorationsgegenstände aus aller Welt, verbunden mit lokalem Kunsthandwerk, ausgefallener Mode oder Antiquitäten finden sich auf verschiedenen Londoner Märkten. Das Angebot reflektiert teilweise den Lebensstil der 1960er und 1970er Jahre, als z.B. exotischer Kleidungsstil als Ausdruck einer kosmopolitischen Einstellung besonders beliebt war. Camden Market, der größte Straßenmarkt Europas, ist mehrfach mit Tourismus verbunden: Die BesucherInnen (KonsumentInnen) finden hier teilweise dieselben Produkte und Präsentationsformen vor; wie etwa in Indien oder Nepal. Sie können also vor Ort die Touristenmärkte verschiedener Weltgegenden bzw.die Welt bestimmter exotischer Konsumgüter bereisen.
Das gesamte Marktgebiet von Camden Lock, das neben den verschiedenen Verkaufsarealen auch ein breites Angebot von Restaurants und Unterhaltungslokalen aufweist, stellt eine wichtige touristische Attraktion Londons (vor allem für jüngere BesucherInnen) dar.
Der Fotoessay "Shopping for Lifestyle. Lokale Waren - globales Dekor" zeigt Impressionen vom Camden Market.
Londoner Märkte im WWW:
The London Guide/ Markets: https://web.archive.org/web/20050924205155/http://www.londontourist.org/markets.html[1] [22.09.2005]
Street Sensation: https://web.archive.org/web/20050924192621/http://www.streetsensation.co.uk/markets.htm[2] [22.09.2005]
Visit London/Shopping: https://web.archive.org/web/20050414211006/http://eu.visitlondon.com/fl/de/shopping/markets.html[3] [22.09.2005]
Camden Market: https://web.archive.org/web/20050924133326/http://www.camdenlock.net/markets.html[4] [22.09.2005]
Camden Lock/Fotoshow: https://web.archive.org/web/20050906051237/http://www.camdenlockmarket.com/flash_main.htm[5]
Verweise:
[1] https://web.archive.org/web/20050924205155/http://www.londontourist.org/markets.html
[2] https://web.archive.org/web/20050924192621/http://www.streetsensation.co.uk/markets.htm
[3] https://web.archive.org/web/20050414211006/http://eu.visitlondon.com/fl/de/shopping/markets.html
[4] https://web.archive.org/web/20050924133326/http://www.camdenlock.net/markets.html
[5] https://web.archive.org/web/20050906051237/http://www.camdenlockmarket.com/flash_main.htm
Nächstes Kapitel: 4.3 Globalisierter Konsum als Ergebnis historischer Prozesse