Neoklassik/Herskovits

From Eksa
< Neoklassik
Revision as of 09:55, 13 October 2020 by Schmidc90 (talk | contribs) (Removed protection from "Neoklassik/Herskovits")
(diff) ← Older revision | Latest revision (diff) | Newer revision → (diff)
Jump to: navigation, search

Vorheriges Kapitel: 3.1 Raymond Firth

3.2 Melville J. Herskovits

Verfasst von Gertraud Seiser und Elke Mader

Melville J. Herskovits (1895 -- 1963)

Schüler von Franz Boas

Vertreter des US-Kulturrelativismus

Relevantes Werk:

1940: The Economic Life of Primitive People =

1952: Economic Anthropology: A Study in Comparative Economics

Herskovits, ein US-Amerikaner, war Schüler von Franz Boas (1858 -- 1942), dem Begründer der amerikanischen Cultural Anthropology. Herskovits' Grundprämissen könnten auch einem ökonomischen Lehrbuch entstammen:

It can also be taken as cross-culturally acceptable that, on the whole, the individual tends to maximize his satisfactions in terms of the choices he makes. Where the gap between utility and disutility is appreciable, and the producer or consumer of a good or service is free to make his choice, then, other things being equal, he will make his choice in terms of utility rather than disutility." (Herskovits 1952: 18)

Halperin (1994: 20) klassifiziert Herskovits Werk als "hard-core, utilitarian methodological individualism" mit universalistischem Anspruch. Gleichzeitig war er jedoch von der kulturrelativistischen Schule (Westermarck, Boas) geprägt, arbeitete wie viele andere Boas-Schüler auch an der Identifizierung von Kulturarealen und gerät dadurch in einen Zwiespalt. In seinen Monographien, wie jener zum Cattle Complex in East Africa (1926) argumentierte er ausschließlich kulturalistisch. Die Rinderhaltung würde in Ostafrika innerhalb eines komplexen Wertesystems stattfinden, in dessen Zentrum das Rind eine umfassende bedeutungsgeladene Rolle spielt. Aus dieser Ideologie heraus würden bei den Rinderhaltern wirtschaftliche Erwägungen in den Hintergrund gedrängt (Petermann 2004: 655ff). Dieser Zugang steht in starkem Widerspruch zum universalistischen Nutzenmaximierer in seinem theoretischen Werk zur ökonomischen Anthropologie.

'The Economic Life of Primitive People' (1940), 1952 neu aufgelegt unter dem Titel 'Economic Anthropology: A Study in Comparative Economics', gilt als erstes zusammenführendes Handbuch der ökonomischen Anthropologie und als historischer Klassiker der formalistischen Theorie. Mit vielen empirischen Beispielen und Details versucht er darin auf enzyklopädische Weise seine Annahmen über den homo oeconomicus in verschiedenen Weltgegenden zu belegen. Er vermeidet aber Vergleiche und kann die Unterschiede in den ökonomischen Formen nicht erklären (vgl. Halperin 1994: 21).

Herskovits brachte den Begriff des "economizing" (Wirtschaftlichkeitsprinzip im Sinne von Sparsamkeit) in die Debatte ein. Der Terminus bezieht sich auf den Umgang mit knappen Ressourcen und impliziert dabei drei Aspekte:

  • bewusste individuelle Entscheidungsfindung,
  • zwei oder mehr Alternativen, zwischen denen entschieden wird,
  • die Effizienz als oberstes Ziel des Entscheidungsprozesses.

Nutzenmaximierung bedeutet daher nicht immer ein Streben nach dem bestmöglichen Ergebnis. Es beinhaltet auch das Erreichen eines hinreichenden Ziels unter minimalen Anstrengungen.

Verweise:

[1] http://www.library.northwestern.edu/africana/herskovits.html


Nächstes Kapitel: 3.3 Späte 1950er bis frühe 1970er Jahre: Der große Streit


↑ Nach oben