Forschungsablauf/Qualitaet

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4.3 Qualitätskriterien in der empirischen Sozialforschung

Verfasst von Ernst Halbmayer

Qualitäts- bzw. Gütekriterien stellen Beurteilungskriterien zur Verfügung, die es erlauben, sowohl das Design, den Prozess, wie auch einzelne Erhebungsinstrumente daraufhin zu beurteilen, ob sie "gut gemacht" sind. Das heißt sie formulieren Regeln und Kriterien, die ein Maß für die Qualität sowohl einzelner Instrumente (Fragebogen, Tests, etc.), als auch ganzer Erhebungen bereitstellen.

Dabei kann zwischen den klassischen quantitativen Qualitätskriterien und verschiedenen Vorschlägen zur Formulierung qualitativer Qualitätskriterien unterschieden werden.


Inhalt

4.3.1 Quantitative Qualitätskriterien

Zu den klassischen quantitativen Qualitätskriterien gehören:

  • Objektivität

Diekmann zu Folge kommt die Objektivität eines Messinstruments im Ausmaß zum Ausdruck, in dem die Ergebnisse unabhängig von derjenigen Person sind, die das Messinstrument anwendet. "Vollständige Objektivität liegt vor, wenn zwei Anwender A und B mit dem gleichen Messinstrument jeweils übereinstimmende Resultate erzielen" (Diekmann 1999: 216). Objektivität bezieht sich demnach nicht nur auf die Durchführung einer Messung, sondern auch auf die Auswertung der dabei erhobenen Daten.

  • Gültigkeit (Validität)

Gültigkeit (Validität) einer Untersuchung bzw. eines Messinstrumentes bedeutet, dass das gemessen wird was man zu messen beabsichtigt.

Die Frage ist also ob die gewählten Indikatoren, die herangezogen werden, um ein Konzept zu operationalisieren [1] dieses wirklich valide messen.

Die Gültigkeit einer Messung alleine ist allerdings kein Beweis für ihre Zuverlässigkeit.

In der quantitativen Sozialforschung werden unterschiedliche Formen der Validität unterschieden (vgl. etwa Diekmann 1995: 223ff)

  • empirische Validität
  • Inhaltsvalidität
  • Kriteriumsvalidität
  • Konstruktvalidität
  • Zuverlässigkeit (Reliabilität)

Zuverlässigkeit (Reliabilität) einer Messung bedeutet, dass eine Wiederholungsuntersuchung bei unveränderten Bedingungen zu den gleichen Ergebnissen kommt. D.h. die Reliabilität eines Messinstruments ist ein Maß für die Reproduzierbarkeit von Messergebnissen.

Die Zuverlässigkeit einer Messung ist allerdings kein Beweis für ihre Gültigkeit (dass man das misst, was man messen will) oder Objektivität (dass die Ergebnisse unabhängig von den Personen sind, die sie ablesen).

Im Rahmen sozialer Phänomene ist insbesondere das Kriterium der identischen Bedingungen problematisch und äußerst schwer kontrollierbar, da nicht immer festgestellt werden kann, ob alle relevanten Bedingungen gleich geblieben sind bzw. welche sich verändert haben, ob und welche Lerneffekte bei den Untersuchten eingetreten sind.

  • Repräsentativität

Bei der Repräsentativität geht es um die Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse, d.h. die Möglichkeit von der untersuchten Stichprobe auf die Grundgesamtheit der Untersuchung zu schließen. Dies setzt voraus, dass die Stichprobe ein nicht systematisch verzerrtes Abbild der Grundgesamtheit ist (siehe Samplingstrategien[2]).

Von repräsentativen Stichproben alleine lässt sich allerdings noch nicht auf die Repräsentativität der Untersuchung schließen. Da man bei den konkreten Erhebungen immer auch Personen nicht antrifft bzw. es zu Verweigerungen kommt, an der Untersuchung teil zu nehmen, müssen auch die wirklich erhobenen Fälle bzw. befragten Personen ein repräsentatives Abbild der Grundgesamtheit sind.


Verweise:
[1] Siehe Kapitel 2.7.1.1
[2] Siehe Kapitel 3 der Lernunterlage Qualitative Methoden der Kultur- und Sozialanthropologie



4.3.2 Qualitative Qualitätskriterien

Im Gegensatz zu den quantitativen Qualitätskriterien besteht innerhalb der qualitativen Sozialforschung kein einheitlicher Konsens darüber, welche Qualitätskriterien zentral sind. Aus der Sicht postmoderner Positionen wird die Sinnhaftigkeit von Qualitätskriterien in Frage gestellt und argumentiert, dass die Welt sozial konstruiert sei und dies nicht "mit Standards für die Bewertung von Erkenntnisansprüchen vereinbar" (Steinke 2003: 321) sei. Am anderen Ende des Spektrums wird hingegen versucht, qualitative Qualitätskriterien analog zu den quantitativen Kriterien zu formulieren.

Zwischen diesen beiden Positionen steht die Auffassung, dass die Übertragbarkeit quantitativer Kriterien auf die qualitative Forschung nicht zielführend ist, sich aus dem qualitativen Forschungsprozess aber dennoch eigenständige Qualitätskriterien ergeben. Im Folgenden sollen nur einige, oft thematisierte Kriterien genannt werden. Dazu gehören:

  • Transparenz und Nachvollziehbarkeit

Dies meint den Forschungsprozess explizit zu machen, die einzelnen Schritte und zentralen Entscheidungen zu verdeutlichen.

  • Prozesshaftigkeit und Offenheit

Ein zentrales Kriterium qualitativer Forschungsprozesse ist der nicht im Vorfeld festgelegte Forschungsablauf, sondern die offene Prozesshaftigkeit der Forschung in Auseinandersetzung mit dem untersuchten Feld. Offenheit bezieht sich allerdings nicht nur auf den Forschungsprozess, sondern auch auf die Ergebnisoffenheit Theorie und Hypothesen entwickelnder Forschung.

  • Flexibilität

Aus diesen beiden Kriterien ergibt sich die Notwendigkeit der Flexibilität im Rahmen qualitativer Sozialforschung im Sinne einer permanenten Anpassung an neue bzw. veränderte Bedingungen und Erkenntnisse.

  • Kommunikation als Basis

Im Rahmen qualitativer, insbesondere ethnographischer Forschung werden das Ausmaß und die Intensität der kommunikativen Beziehung zum untersuchten Feld zu einem zentralen Qualitätskriterium. Diese kommunikative Beziehung kann im Sinne einer kommunikativen Validierung auch zu einer Überprüfung der Ergebnisse durch die Untersuchten vor Ort führen.

  • Authentizität

wurde mit den Äußerungen der Untersuchten und deren Wertstrukturen sorgfältig umgegangen, wurden die multiplen Konstruktionen der Untersuchten angemessen erhoben, und diese kommunikativ validiert.

  • Triangulation

Der Einsatz verschiedener Methoden, Theorien und Daten wurde lange Zeit als ein Kriterium zur Erhöhung der Gültigkeit (Validität) betrachtet. Dabei ging man davon aus, dass Daten die mittels verschiedner Methoden (z.B. quantitativer Fragebogen, teilnehmende Beobachtung) erhoben wurden und auf die gleichen Phänomene und Besonderheiten verweisen, besonders gültig seien. Eine andere Auffassung, die insbesondere auch für die ethnographische Feldforschung relevant ist, geht im Gegensatz dazu davon aus, dass Triangulation zu einer breiteren Dokumentation und zu einem umfassenderen Verständnis des Untersuchungsgegenstandes führt.

  • Plausibilität

Plausibilität wird in der qualitativen Sozialforschung im Sinne einer intersubjektiven Nachvollziehbarkeit des Forschungsprozesses und der daraus folgenden Bewertung der Ergebnisse verstanden. Dies steht im Gegensatz zu einer Überprüfbarkeit und Replizierbarkeit quantitativer Untersuchungen und trägt dem Umstand Rechnung, dass eine identische Wiederholung einer Untersuchung wegen der begrenzten Standardisierbarkeit qualitativer Forschungsvorhaben nicht möglich ist.

  • Gegenstandsangemessenheit

Das Kriterium der Gegenstandsangemessenheit bezieht sich nicht nur auf die Datenerhebung und die Methodenauswahl, sondern auf den gesamten Forschungsprozess und besagt, dass Forschungsprozesse insbesondere dann qualitätsvoll sind, wenn sie sich auf eine angemessene und verständnisorientierte Art und Weise dem Feld annähern.

  • Limitation

Unter Limitation versteht man die Notwendigkeit die Grenzen der Aussagen anzugeben, die in Forschungsberichte Eingang finden. Es geht also darum, den Geltungsbereich und das Ausmaß der Verallgemeinerbarkeit von Aussagen, Hypothesen und Theorien explizit zu machen.


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