Soziale Rolle/Strukturfunktionalistisch

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6.1 Soziale Rolle: Strukturfunktionalistische Begriffsbestimmung

verfasst von Theresa Fibich und Rudolf Richter

Unter dem Begriff soziale Rolle wird in der strukturfunktionalistischen Soziologie üblicherweise ein Bündel von Verhaltenserwartungen verstanden, die an einzelne Individuen oder auch ganze Gruppen herangetragen werden (vgl. Bahrdt 2003: 67). Von Studierenden wird erwartet Vorlesungen und Seminare zu besuchen, in der Universitätsbibliothek zu recherchieren, eigenständig zu lernen usw. Ebenso werden Erwartungen an Mütter, Väter, LehrerInnen, PolitikerInnen etc. gerichtet. Rollen transportieren die Information „was sich in dieser Position gehört“. Das Verhalten der Personen wird vorhersagbar und erleichtert die Interaktion. So nimmt ein Student gegenüber seinem Professor die soziale Rolle des Studenten ein, nicht die des Sohnes und umgekehrt, ohne dass lang darüber diskutiert werden muss. Er wird ihn nicht nach seinen Sommerplänen fragen, sondern wird sich auf gewisse Gesprächsthemen beschränken, bestimmte Interaktionsregeln einhalten usw. Soziale Rollen geben also Orientierung in sozialen Situationen und sind genauso wie andere Normen[1] durch Sanktionen abgesichert. Rollenvorschriften sind also „spezielle Normen, die nur für diejenigen gelten, die eine bestimmte Position innehaben“ (Bahrdt 2003: 68). Dabei ist diese Erwartung zwar an die jeweilige Person gerichtet, bezieht sich aber eigentlich auf die sozialen Positionen, die der Akteur einnimmt (vgl. Peuckert 2006: 242).

Nach Parsons [2]] (1902-1979) sind soziale Rollen die Schnittstelle zwischen dem Individuum (Persönlichkeitssystem), dem Kollektiv (soziales System) und den Normen (kulturelles System). Normen sind auf die Strukturerhaltung des Sozialsystems ausgerichtet. Das Individuum muss in Folge dessen dazu gebracht werden, seine persönlichen Interessen an den Normen auszurichten, um somit das soziale System zu erhalten. „Talcott Parsons will mit seiner Theorie der Rolle erklären, wie Individuen dazu kommen, sich verhalten zu wollen, wie sie sich verhalten sollen“ (Abels 2009b: 103). Dies passiert durch „erfolgreiche“ Sozialisation, wodurch das Individuum dazu gebracht wird, seine Handlungsmotivation auf das soziale System hin auszurichten und den Normen freiwillig zuzustimmen. Parsons Schüler Robert K. Merton[3] (1910-2003) entgegnete, dass in der Realität nicht alle Individuen den Normen freiwillig zustimmen würden, und entwickelte seine Theorie des „abweichenden Verhaltens“ (Anomie). Darüber hinaus entgegnet er, dass „eine soziale Ordnung, die mit angeblich universellen Zielen das Handeln ihrer Mitglieder überfordert“ (Abels 2009b: 114), da Werte und Rollen immer nur in Rückkoppelung auf ihre Bezugsgruppe[4] gelten (z.B. Subkultur, bestimmte Firma, Betrieb, Organisation).

Verweise:
[1] Siehe Kapitel 2
[2] http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/parsons/39bio.htm
[3] http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/merton/33bio.htm
[4] Siehe Kapitel 7.3


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