Tranceforschung durch Felicitas Goodman/Bourguignon

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4.1 Trancestudie unter Erika Bourguignon

verfasst von Susanne Jarausch
Foto: Traditioneller Tewa Tablita oder Corn Dance im Santa Clara Pueblo (Dozier 1970)

Als Forschungsassistentin von Erika Bourguignon an der staatlichen Universität von Ohio arbeitete Felicitas Goodman ab 1968 an einer großangelegten Untersuchung mit, die vom National Institute of Mental Health finanziell gestützt war. Unter Berücksichtigung der damals weltweit größten ethnographischen Datenbank wurden 488 nichtwestliche Kleingesellschaften dahingehed untersucht, ob die religiöse Trance - ein nach den Maßstäben der westlichen städtischen Industriegesellschaft als psychotisch bezeichnetes Verhalten – in einem anderen kulturellen Rahmen als abnormal galt oder nicht.

Ziel war es, „eine vielfältige Analyse von einem psychokulturellen Phänomen vorzunehmen, über das befremdenderweise kaum etwas Systematisches bekannt ist. Das Phänomen, das uns beschäftigte, ist die religiöse Wertung … eines psychologischen Zustandes, bekannt unter verschiedenen Bezeichnungen wie ´Dissoziation´, ´Trance´ oder neuerdings, und etwas allgemeiner, ´veränderte Bewusstseinszustände“. (Bourguignon 1973)

Die Studie zeigte auf, dass in 92% der untersuchten Ethnien das Tranceerleben ein sinngebender fester Bestandteil religiöser Rituale war.

Im Gegensatz zur westlichen Anschauung wird in diesen Kleingesellschaften eine Wirklichkeit, die nicht von allen wahrgenommen wird, als normal betrachtet. Und diejenigen, die ihr Bewusstsein nicht ändern und keine parallele Wirklichkeit wahrnehmen können, werden als psychologisch gestört betrachtet.

„Will man sich nicht zu der Behauptung versteigen, die überwiegende Mehrheit der Menschheit sei zumindest zeitweilig und in regelmäßigen Abständen geistesgestört, so muss man einräumen, dass die religiöse Trance ein völlig normales menschliches Verhalten ist. Mit einer Einschränkung: Die religiöse Trance als kulturelles Phänomen “ (Goodman 1994: 48) Das heißt, wenn Trance ein gezieltes Verhalten darstellt, wenn sie ritualisiert ist und als Institution auftritt, wenn sie auf ein Signal hin beginnt und beendet wird, ist sie eine völlig normale Erscheinung.

In der ethnographischen Literatur, welche F. Goodman für dieser Studie durcharbeitete, fand sie immer wieder Andeutungen, dass die Menschen im religiösen Ritual auf besondere Weise sprachen. Das weckte ihr Interesse auch als Linguistikerin und war Anlass zu weiterer Forschung.


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