Difference between revisions of "Grundlagen des wissenschaftlichen Schreibens/Schreiben und KSA"

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[https://www.univie.ac.at/ksa/elearning/cp/qualitative/qualitative-90.html &#91;3&#93; Siehe Kapitel 5.2.2.1.3 in Lernunterlage Qualitative Methoden der Kultur- und Sozialanthropologie] <br />
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[https://www.univie.ac.at/ksa/elearning/cp/qualitative/qualitative-51.html &#91;4&#93; Siehe Kapitel 5.2 in Lernunterlage Qualitative Methoden der Kultur- und Sozialanthropologie] <br />
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[https://www.univie.ac.at/ksa/elearning/cp/qualitative/qualitative-51.html &#91;4&#93; Siehe Kapitel 5.2 der Lernunterlage Qualitative Methoden der Kultur- und Sozialanthropologie] <br />
 
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Revision as of 15:15, 23 October 2019

Vorheriges Kapitel: 1.6 Schreibstrategien und -probleme

1.7 Wissenschaftliches Schreiben und der KSA-Forschungsprozess

Im Rahmen der Ethnologie bzw. der Kultur- und Sozialanthropologie gibt es hinsichtlich der Produktion wissenschaftlicher Texte[1] ein Spezifikum, das sie von allen anderen Sozialwissenschaften unterscheidet: Das Problem der Repräsentation „anderer“ Kulturen/Gesellschaften und deren Angehöriger. Die Komplexität dieses Spezifikums spiegelt sich grundsätzlich in der methodischen Vielfalt und den theoretischen Zugängen der Disziplin wider.

Man kann sagen, dass die moderne Ethnologie oder damals eher noch Ethnographie mit Bronislav Malinowski[2] und seinem Paradigma der Teilnehmenden Beobachtung[3] ihren methodischen Anfang nahm. Der/die ForscherIn galt damals noch quasi als objektive, neutrale Instanz, mit der Aufgabe, sich in naiv hermeneutischer Manier in die sogenannten „Eingeborenen“ hineinzuversetzen. Grob gesagt ging es um die Informationsbeschaffung durch InformantInnenbefragung, das Sammeln ethnographischer Objekte und Daten, objektive Kulturbeschreibung etc. Man glaubte auch, ähnlich wie in den Naturwissenschaften, Vorgänge beobachten und interpretieren zu können und damit zu eindeutigen und gesicherten Ergebnissen zu kommen, um anschließend Aussagen über die betroffenen Menschen, deren religiöse Vorstellungen und Weltbilder und deren Gesellschaften machen zu können. Der/die ForscherIn war damit nicht nur privilegierte/r BeobachterIn, sondern repräsentierte mit den Stammesmonographien[4], den wissenschaftlichen Texten in paternalistischer Weise die sogenannten „schriftlosen Völker“.

Die Meinungen, Ansichten und Erkenntnisse der Betroffenen kamen bei der Produktion der Texte[5] kaum zum Tragen, weil ihnen großteils die intellektuellen Fähigkeiten zur Selbstreflexion und die Gleichwertigkeit mit den sogenannten zivilisierten EuropäerInnen abgesprochen wurden.

Verweise:
[1] Siehe Kapitel 1.1
[2] Siehe Kapitel 5.2.1.2.1 der Lernunterlage Qualitative Methoden der Kultur- und Sozialanthropologie
[3] Siehe Kapitel 5.1.1.2 der Lernunterlage Qualitative Methoden der Kultur- und Sozialanthropologie
[4] Siehe Kapitel 2.2.3
[5] Siehe Kapitel 1.2

Inhalt

1.7.1 Postmoderne Kritik

Nicht zuletzt durch die sogenannte postmoderne Kritik kam es in der Feldforschung und bei der Generierung von KSA-Texten zu einem Umdenken hin zu einem diskursiven Paradigma. Das bedeutet: Weg von rein deskriptiven, auf Beobachtungen und Erzählungen basierenden Forschungen, die lediglich vom/von der ForscherIn interpretiert wurden, hin zu einem dialogischen, interaktiven und kommunikativen Forschungsansatz.

Bei der Produktion von Texten[1] treten damit als wichtige Einsichten zutage, dass Forschende und Erforschte gleichermaßen an der Generierung von Texten beteiligt sind und den Erforschten dabei auch mit ihren eigenen Interpretationen[2], Sichtweisen und Anliegen Gehör zu verschaffen ist, genauso wie der/die ForscherIn die eigene Rolle und die damit verbundenen Einflüsse auf die Ergebnisse zu reflektieren[3] hat (eigene Vorstellungen und Theorien, die die Sichtweise beeinflussen, ForscherIn als "handlungstragendes Element" und nicht als unsichtbare/r BeobachterIn im Forschungsprozess[4]).

Statt der alles überdeckenden Stimme des/r westlichen Forschers/in sollte von nun an die Polyphonie, die Vielstimmigkeit aller AkteurInnen stehen. KSA-Arbeiten lassen sich also nicht mehr, wie vorher angenommen, als objektiver an naturwissenschaftlichen Modellen angelehnter, neutraler, distanzierter Text verfassen und verstehen, sondern sind die Manifestation fundierter Forschungsarbeit, in der auch der gesamte Forschungsprozess und das Verhältnis der Handelnden reflektiert und einbezogen wird.

Wichtig ist zu beachten, dass mit mit der so genannten postmodernen Kritik auch einige Probleme verbunden waren und es bis zu einem gewissen Grad immer noch sind (obwohl sie durchaus ihre Berechtigung hatte und das in der Forschung stattgefundene Umdenken erst eine seriöse und sinnvolle Forschung, wie wir sie heute kennen und praktizieren, ermöglicht hat).

Der wissenschaftliche Aufsatz[5] wurde immer stärker in die Nähe des literarischen Textes gerückt. Literaturtheoretische Ansätze machten eigentlich den Ursprung der Postmoderne aus, die ja nicht in den USA sondern in Frankreich ihren Ausgang genommen hat. Wichtige Vertreter dieser literaturkritischen, philosophischen Strömung sind u.a. Jacques Derrida, Francois Lyotard und Jean Baudrillard.

Analog zu diesen Ansätzen in der Literaturtheorie befasste man sich auch in der KSA immer stärker mit den Produzierenden des Textes und deren Intentionen. Es ging immer stärker darum, das Schreiben, den Forschungsprozess und die Forschenden selbst mit all ihren Emotionen sichtbar zu machen. Komparative Darstellungen wurden verunmöglicht, da jeder Text als relativ und subjektiv angesehen wurde. Eine übergeordnete, quasi „Metainstanz“ wie die einer universellen Vernunft wurde - wie alle so genannten Metanarratives (auf deutsch „große Erzählungen“) - als gescheiterte Projekte der Moderne abgelehnt.

Verweise:
[1] Siehe Kapitel 1.2
[2] Siehe Kapitel 5.2.1.4 der Lernunterlage Qualitative Methoden der Kultur- und Sozialanthropologie
[3] Siehe Kapitel 5.2.2.1.3 der Lernunterlage Qualitative Methoden der Kultur- und Sozialanthropologie
[4] Siehe Kapitel 5.2 der Lernunterlage Qualitative Methoden der Kultur- und Sozialanthropologie
[5] Siehe Kapitel 1.1

1.7.2 Schreiben nach der Postmoderne

Durch die mit manchen Ansätzen der postmodernen Kritik einhergegangene Ablehnung jeglicher Objektivität und Vergleichbarkeit entstanden auch Auffassungen, die über das Ziel hinausschossen. Es ist unbestreitbar ebenso wichtig, die Stimme des schreibenden Subjekts, wie auch die Stimmen der Betroffenen selbst wahrnehmbar zu machen, also Plurivokalität[1] zuzulassen. Selbstreflexion und Reflexion der eigenen Forschungsweise sind dabei unverzichtbare Voraussetzungen geworden. Dabei darf allerdings der Anspruch auf objektive Überprüfbarkeit der Erkenntnisse und der korrekte und nachvollziehbare Einsatz wissenschaftlicher Methoden nicht verloren gehen. Die mancherorts zu hörende Aufforderung zu einem „anything goes“, d.h. alles ist in der Forschung und Textproduktion[2] erlaubt, weil ja sowieso alles relativ und subjektiv ist und erst durch die Rezeption des/r Lesers/in Sinn und Gehalt erhält (Schlagwort „Evokation“) ist heute als obsolet zu betrachten und wird auch an diesem Institut von allen Forschenden und Lehrenden abgelehnt.

Auch im US-amerikanischen Raum ist es so, dass sich viele ernstzunehmende VertreterInnen der postmodernen Bewegung, wie beispielsweise Clifford Geertz[3], der mit seinem Buch „Dichte Beschreibung“ (Frankfurt 1997) quasi einen Klassiker verfasst hat, von ihren immer subjektivistischer vorgehenden KollegInnen abgewandt haben.

D.h., dass man sich heute über alle kulturellen Unterschiede hinweg sehr wohl in einem transkulturellen, sozialwissenschaftlichen Ansatz daran macht, zu wissenschaftlichen Forschungsergebnissen zu kommen und diese in ihrer verschriftlichten Form als Text[4] zu publizieren.

Verweise:
[1] [1] http://www.qualitative-research.net/index.php/fqs/article/viewArticle/48/99
[2] Siehe Kapitel 1.2
[3] Siehe Kapitel 5.2.1.4 in Lernunterlage Qualitative Methoden der Kultur- und Sozialanthropologie
[4] Siehe Kapitel 1.1


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