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Vorheriges Kapitel: 1.5 Sozialkonstruktivistische Erkenntnisstrategien

1.6 Phänomenologische Erkenntnisstrategien

Verfasst von Friedhelm Kröll und Nicole Pesendorfer

In den phänomenologischen Erkenntnisstrategien fließen mehrere Denktraditionen zusammen: phänomenologische Bewusstseinsphilosophie, Philosophische Anthropologie[1] sowie pragmatistische Ansätze, wie Symbolischer Interaktionismus[2], verknüpft mit sozialkonstruktivistischen Denkfiguren[3]. Die phänomenologische Bewusstseinsphilosophie bildete sich bald nach 1900 und ist mit dem Namen Edmund Husserl verbunden. Statt mit vorausgesetzten theoretischen Konstrukten zu beginnen, votiert Husserl für eine Rückbesinnung auf die Wahrnehmungsperspektive des einzelmenschlichen Bewusstseins. Den Ansatzpunkt von Wissenschaft bildet demnach das alltägliche Wahrnehmungs- und Erfahrungsfeld des einzelmenschlichen Bewusstseins. Der Blick richtet sich auf die gewöhnlichen Erscheinungsformen der alltäglichen Lebenswelt.

File:Denkensoz-7 1.jpg "Fußballspiel im Stadion"
Foto: Fußballspiel im Stadion. Tina Glindemann, [www.youthmedia.eu](http://www.youthmedia.eu), 2008

Charakteristika:

  • Rückbezug auf die moderne Philosophische Anthropologie[4]: Beachtung der Verschränkung menschlicher Natur und gesellschaftlicher Kultur bzw. der Konstitution spezifisch menschlicher Vergesellschaftung.
  • Die soziale Welt / die sozialen Lebenswelten werden von Beginn an als (Deutungs- und Verstehens-)Leistungen der gesellschaftlichen Individuen betrachtet.
  • Menschliches Handeln wird als durch Symbole vermittelte und durch Normen[5] regulierte Lebensäußerungen interpretiert, in Abhebung vom instinkt- und reizgesteuerten animalischen Verhalten[6].
  • Herausarbeitung der Differenz von Naturerkenntnis und Erkenntnis des gesellschaftlichen Lebens. Konstitution von Gesellschaft als spezifisch menschliche Form.
  • Unterscheidung zwischen Naturprozessen und Prozessen der Konstitution von Gesellschaft: der Naturprozess ist schon konstituiert noch ehe der Gesellschaftsprozess in Gang kommt; wohingegen Konstitution und Reproduktion des gesellschaftlichen Lebensprozesses zwar in den Naturprozessen eingründen, aber aus Leistungen der gesellschaftlichen Individuen hervorgehen.
  • Interesse an den Konstitutionsprozessen des Subjekts bzw. der menschlichen Subjektivität. Als handlungszentrierter[7] Ansatz stehen die Bildungsprozesse der Ich- Identität, der personalen und sozialen Identität der Individuen bzw. die Aspekte der Sozialisation im Vordergrund.
  • Thematisieren der Reproduktion des gesellschaftlichen Lebens im Medium der Alltagspraxis, der Strukturen des Alltagslebens.
  • Zentrierung um die Frage der Konstitutionsprozesse gesellschaftlicher Sinnzusammenhänge. Untersuchung der Formen sinnhafter Lebenswelten unter dem Modell der Intersubjektivität.
  • Tendenz, das gesellschaftliche Leben auf der Ebene der Sinnproduktion, der Interpretationspraxis, d.h. der Dynamik des Denkens und Verstehens zu untersuchen: soziale Welt gleichbedeutend mit unaufhörlich interpretierter Welt. Der Schwerpunkt liegt auf den Prozessen der kulturellen Reproduktion und Typenbildung.
  • Ansetzen an der Beobachtung und zwar an den alltagsweltlichen Beobachtungen des Einzelmenschen. Zugleich wird darauf aufmerksam gemacht, dass die alltagsweltliche Beobachtungsperspektive eingeflochten ist in die alltägliche Lebenswelt, worin die phänomenologischen Beobachtungen getätigt werden: Doppel-Perspektivik (Binnenperspektive des Sozialforschers als Angehöriger einer soziokulturellen Lebenswelt - Außenperspektive des Sozialforschers, wenn er ebendiese Soziale Lebenswelt, in die er eingewoben ist, untersucht).
  • Sozialwelt wird weder nach dem Muster naturgesetzlicher Evolutionsvorstellungen noch nach den Mustern überpersönlich-universell geltender Strukturen oder autopoietischer Systeme interpretiert. Der soziale Lebensprozess und die Strukturen der sozialen Lebenswelt werden als Leistungen der Individuen interpretiert.


Verweise: [1] Siehe Kapitel 3.1.2
[2] Siehe Kapitel 1.4
[3] Siehe Kapitel 1.5
[4] Siehe Kapitel 3.1.2
[5] Siehe Kapitel 3.1.3
[6] Siehe Kapitel 3.1.1
[7] Siehe Kapitel 3.1.2


Nächstes Kapitel: 1.7 Kommunikationstheoretische Erkenntnisstrategien


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