Difference between revisions of "Kel Ahaggar-NomadInnen"

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(1.1 Struktur eines Nomadenlagers)
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<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
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<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>[[File:index_1.jpg|thumb|600x398px|right|Standortwechsel. Foto: Anja Fischer.]]
  
 
'''OEKU-Online:''' Finanziert durch den Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank (Projekt 10707, Jubiläumsfonds).
 
'''OEKU-Online:''' Finanziert durch den Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank (Projekt 10707, Jubiläumsfonds).
  
 
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====Imuhar-Nomadinnen: Kollektives Handeln in Extremen - Momentaufnahmen pastoraler Ökonomie in der Sahara====
'''Imuhar-Nomadinnen: Kollektives Handeln in Extremen.<br />
 
Momentaufnahmen pastoraler Ökonomie in der Sahara.'''
 
  
 
Wenn der Nomade Seaton mit seinen Ziegen und Dromedaren nach tagelangem Ritt in der Oase eintrifft um Handel zu betreiben, wird er von den arabischen Bewohnern als '''&quot;''Tuareg''&quot;''' bezeichnet. Seine Frau Schona, die noch nie in der Oase war, kennt die Fremdbezeichnung '' Tuareg&quot;'' nicht. Sie nennen sich '''''Imuhar''''' (Sg.w. ''Tamahaq'' Sg.m. ''Amahar'').
 
Wenn der Nomade Seaton mit seinen Ziegen und Dromedaren nach tagelangem Ritt in der Oase eintrifft um Handel zu betreiben, wird er von den arabischen Bewohnern als '''&quot;''Tuareg''&quot;''' bezeichnet. Seine Frau Schona, die noch nie in der Oase war, kennt die Fremdbezeichnung '' Tuareg&quot;'' nicht. Sie nennen sich '''''Imuhar''''' (Sg.w. ''Tamahaq'' Sg.m. ''Amahar'').
  
'''''Kel Ahaggar''-NomadInnen''', eine Untergruppe der ''Imuhar'' um die es in dieser Studie geht, leben in der algerische '''Sahara[1]''' und betreiben horizontalen Nomadismus mit Dromedaren, Ziegen und Schafen. Sie produzieren nicht nur für ihre eigene Subsistenz, sondern interagieren auch mit weiteren Wirtschaftsystemen.
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'''''Kel Ahaggar''-NomadInnen''', eine Untergruppe der ''Imuhar'' um die es in dieser Studie geht, leben in der algerische '''Sahara[[Lokalisierung_von_Kel_Ahaggar-NomadInnen/Sahara#1.2 Sahara: Umwelt der Extreme|[1]]]''' und betreiben horizontalen Nomadismus mit Dromedaren, Ziegen und Schafen. Sie produzieren nicht nur für ihre eigene Subsistenz, sondern interagieren auch mit weiteren Wirtschaftsystemen.
  
 
Pastorale Ökonomie ist durch '''alters- und geschlechtspezifische Arbeitsteilung''' bestimmt. Bis dato wurde in Studien vor allem die Arbeitsorganisation der Männer als Hirtennomaden der Sahara hervorgehoben (Klute 1992, Nicolaisen 1963). Mehr und mehr wird jedoch die Bedeutung des wirtschaftlichen Handelns der Imuhar-Frauen erkannt (Spittler 1998).
 
Pastorale Ökonomie ist durch '''alters- und geschlechtspezifische Arbeitsteilung''' bestimmt. Bis dato wurde in Studien vor allem die Arbeitsorganisation der Männer als Hirtennomaden der Sahara hervorgehoben (Klute 1992, Nicolaisen 1963). Mehr und mehr wird jedoch die Bedeutung des wirtschaftlichen Handelns der Imuhar-Frauen erkannt (Spittler 1998).
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Nomadinnen, als Managerinnen eines '''wandernden Kleinviehzuchtbetriebes''', sichern in einer extremen Umwelt die Subsistenz.
 
Nomadinnen, als Managerinnen eines '''wandernden Kleinviehzuchtbetriebes''', sichern in einer extremen Umwelt die Subsistenz.
  
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'''Verweise:'''<br />
 
'''Verweise:'''<br />
[1] Siehe Kapitel 1.2 <br />
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[[Lokale_Vereinnahmung_des_Globalen#7 Lokale Vereinnahmung des Globalen|7 Lokale Vereinnahmung des Globalen]]<br/>
 
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'''[[Kel_Ahaggar-NomadInnen#Kel Ahaggar-NomadInnen|&crarr; Zurück zur Übersicht]]'''
 
=1 Lokalisierung von Kel Ahaggar-NomadInnen=
 
=1 Lokalisierung von Kel Ahaggar-NomadInnen=
 
<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
  
 
Die ''Kel Ahaggar'' sind eine von '''acht autonomen Hauptgruppen der ''Imuhar''''', die im Zuge der kolonialen Grenzziehung und der anschließenden Nationalstaatenbildung auf Libyen, Algerien, Niger, Mali und Bukina Faso verteilt wurden (Vergl. Haas 2002, Keenan 1977, Nicolaisen 1963). Die ''Kel Ahaggar'' leben in und um das Vulkangebirge ''Ahaggar'' und der Oase ''Tamanrasset'' im Süden Algeriens.
 
Die ''Kel Ahaggar'' sind eine von '''acht autonomen Hauptgruppen der ''Imuhar''''', die im Zuge der kolonialen Grenzziehung und der anschließenden Nationalstaatenbildung auf Libyen, Algerien, Niger, Mali und Bukina Faso verteilt wurden (Vergl. Haas 2002, Keenan 1977, Nicolaisen 1963). Die ''Kel Ahaggar'' leben in und um das Vulkangebirge ''Ahaggar'' und der Oase ''Tamanrasset'' im Süden Algeriens.
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Die ''Imuhar'' gelten als '''matrilineare Gesellschaft'''. Kinder werden der Lineage der Mutter zugeordnet und ein diesbezügliches Sprichwort der ''Imuhar'' unterstützt diese Annahme: &quot;Der Mutterleib färbt das Kind&quot; (Bissuel 1888: 20).
 
Die ''Imuhar'' gelten als '''matrilineare Gesellschaft'''. Kinder werden der Lineage der Mutter zugeordnet und ein diesbezügliches Sprichwort der ''Imuhar'' unterstützt diese Annahme: &quot;Der Mutterleib färbt das Kind&quot; (Bissuel 1888: 20).
  
[[File:imuhar-21_1.gif|579x628px|Gebiet der Imuhar. Karte: Anja Fischer.]]  
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==Inhaltsverzeichnis==
 
==Inhaltsverzeichnis==
  
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:[[Lokalisierung_von_Kel_Ahaggar-NomadInnen/Sahara#1.2 Sahara: Umwelt der Extreme|1.2 Sahara: Umwelt der Extreme]]<br/>
 
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'''[[Lokalisierung_von_Kel_Ahaggar-NomadInnen/Struktur_eines_Nomadenlagers#1.1 Struktur eines Nomadenlagers|Nächstes Kapitel: 1.1 Struktur eines Nomadenlagers]]'''<br/>
 
'''[[Lokalisierung_von_Kel_Ahaggar-NomadInnen/Struktur_eines_Nomadenlagers#1.1 Struktur eines Nomadenlagers|Nächstes Kapitel: 1.1 Struktur eines Nomadenlagers]]'''<br/>
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=1.1 Struktur eines Nomadenlagers=
 
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<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
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Klimatische Bedingungen und Geografie bestimmen maßgeblich die '''Nomadenlagergröße'''.
 
Klimatische Bedingungen und Geografie bestimmen maßgeblich die '''Nomadenlagergröße'''.
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Das Zelt stellt eine Familien-, Produktions- und Konsumtionseinheit dar (Becker 1976). Es ist nach Süden immer geöffnet, da rasches Handeln erforderlich ist, falls Schwierigkeiten in der vor dem Zelt lagernden Kleinviehherde aufkommen.
 
Das Zelt stellt eine Familien-, Produktions- und Konsumtionseinheit dar (Becker 1976). Es ist nach Süden immer geöffnet, da rasches Handeln erforderlich ist, falls Schwierigkeiten in der vor dem Zelt lagernden Kleinviehherde aufkommen.
  
[[File:imuhar-33_1.gif|595x436px|Nomadenlager. Skizze: Anja Fischer.]]  
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[[File:imuhar-33_1.gif|thumb|595x436px|right|Nomadenlager. Skizze: Anja Fischer.]]  
  
 
'''Verweise:'''<br />
 
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[[Ökonomische_Handlungsfelder_von_Frauen/Mobilitaet#2.7 Mobilität|[1] Siehe Kapitel 2.7]]<br />
 
[[Ökonomische_Handlungsfelder_von_Frauen/Mobilitaet#2.7 Mobilität|[1] Siehe Kapitel 2.7]]<br />
 
 
  
  
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'''[[Lokalisierung_von_Kel_Ahaggar-NomadInnen/Struktur_eines_Nomadenlagers#1.1 Struktur eines Nomadenlagers|Vorheriges Kapitel: 1.1 Struktur eines Nomadenlagers]]'''
 
'''[[Lokalisierung_von_Kel_Ahaggar-NomadInnen/Struktur_eines_Nomadenlagers#1.1 Struktur eines Nomadenlagers|Vorheriges Kapitel: 1.1 Struktur eines Nomadenlagers]]'''
 
 
=1.2 Sahara: Umwelt der Extreme=
 
=1.2 Sahara: Umwelt der Extreme=
 
<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
  
 
'''Geomorphologie'''
 
'''Geomorphologie'''
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'''Klima'''
 
'''Klima'''
  
Starke Temperaturschwankungen prägen das '''aride Klima[http://www.lateinamerika-studien.at/content/natur/natur/natur-1010.html &#91;1&#93;]'''. Während es im Winter nachts zu Frost kommen kann, steigen die Temperaturen am Vormittag rasch bis 30°C an, um nachmittags langsam wieder abzusinken. In den Sommermonaten kann es zu Temperaturen um 50°C tagsüber kommen und die relative Luftfeuchtigkeit auf 5 % fallen. Der ständig wehende Nordostpassat verursacht ein permanentes Wüstenklima. Die Regenniederschlagsmenge beträgt durchschnittlich 5-50 mm im Jahr, wobei es sich meist um kurzzeitigen Starkregen handelt und Regenfälle für Jahre auch ausbleiben können (Cropp 1992). Ein klimaorientiertes ökonomisches Handeln ist erforderlich.
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Starke Temperaturschwankungen prägen das '''aride Klima[[Klimatologie_oder_Klimatische_Grundstrukturen_und_-prozesse_in_Lateinamerika/Dynamische_Klimatologie#4.2.4.1 Ursachen von Trockenheit|[1]]]'''. Während es im Winter nachts zu Frost kommen kann, steigen die Temperaturen am Vormittag rasch bis 30°C an, um nachmittags langsam wieder abzusinken. In den Sommermonaten kann es zu Temperaturen um 50°C tagsüber kommen und die relative Luftfeuchtigkeit auf 5 % fallen. Der ständig wehende Nordostpassat verursacht ein permanentes Wüstenklima. Die Regenniederschlagsmenge beträgt durchschnittlich 5-50 mm im Jahr, wobei es sich meist um kurzzeitigen Starkregen handelt und Regenfälle für Jahre auch ausbleiben können (Cropp 1992). Ein klimaorientiertes ökonomisches Handeln ist erforderlich.
  
[[File:imuhar-34_1.jpg|300x438px|Sanddüne]]
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[[File:imuhar-34_1.jpg|thumb|300x438px|right|Sanddüne. Foto: Anja Fischer]]
  
 
Nur 20% der Sahara sind mit Sand bedeckt.
 
Nur 20% der Sahara sind mit Sand bedeckt.
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Schwarzkäfer, Ameisen, Echsen, Mäuse, Wüstenfüchse, Vögel und Gazellen sind Teil des reichhaltigen Spektrums der saharischen Tierwelt. NomadInnen fürchten den Schakal, da er Ziegen und Schafe aus ihren Herden reißt. Dem Menschen können Skorpione und Giftschlangen gefährlich werden, sodass vor allem in den Sommermonaten '''erhöhte Wachsamkeit[[Ökonomische_Handlungsfelder_von_Frauen/Erziehung#2.6 Erziehung|[2]]]''' erforderlich ist (Cropp 1992). Mensch und Tier leben in einer von Extremen geprägten Umwelt, in der nur durch Wissen um ihre Zusammenhänge ein Überleben gesichert ist.
 
Schwarzkäfer, Ameisen, Echsen, Mäuse, Wüstenfüchse, Vögel und Gazellen sind Teil des reichhaltigen Spektrums der saharischen Tierwelt. NomadInnen fürchten den Schakal, da er Ziegen und Schafe aus ihren Herden reißt. Dem Menschen können Skorpione und Giftschlangen gefährlich werden, sodass vor allem in den Sommermonaten '''erhöhte Wachsamkeit[[Ökonomische_Handlungsfelder_von_Frauen/Erziehung#2.6 Erziehung|[2]]]''' erforderlich ist (Cropp 1992). Mensch und Tier leben in einer von Extremen geprägten Umwelt, in der nur durch Wissen um ihre Zusammenhänge ein Überleben gesichert ist.
  
[[File:imuhar-34_2.jpg|300x452px|Nomadenlager. Foto: Anja Fischer.]]
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[[File:imuhar-34_2.jpg|thumb|300x452px|right|Nomadenlager. Foto: Anja Fischer.]]
  
 
'''Verweise:'''<br />
 
'''Verweise:'''<br />
[http://www.lateinamerika-studien.at/content/natur/natur/natur-1010.html &#91;1&#93; http://www.lateinamerika-studien.at/content/natur/natur/natur-1010.html]<br />
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[[Klimatologie_oder_Klimatische_Grundstrukturen_und_-prozesse_in_Lateinamerika/Dynamische_Klimatologie#4.2.4.1 Ursachen von Trockenheit|[1] Siehe Kapitel 4.2.4.1 der Lernunterlage ''Naturräume Lateinamerikas - Von Feuerland bis in die Karibik'']]]]<br />
 
[[Ökonomische_Handlungsfelder_von_Frauen/Erziehung#2.6 Erziehung|[2] Siehe Kapitel 2.6]]<br />
 
[[Ökonomische_Handlungsfelder_von_Frauen/Erziehung#2.6 Erziehung|[2] Siehe Kapitel 2.6]]<br />
 
 
  
  
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=2 Ökonomische Handlungsfelder von Frauen=
 
=2 Ökonomische Handlungsfelder von Frauen=
 
<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
  
 
Für ''Kel Ahaggar''-NomadInnen hat das Dromedar wenig direkten ökonomischen Wert, während die Ziegenprodukte eine umfassende Rolle in ihrer Ernährung spielen (Nicolaisen 1963: 404).
 
Für ''Kel Ahaggar''-NomadInnen hat das Dromedar wenig direkten ökonomischen Wert, während die Ziegenprodukte eine umfassende Rolle in ihrer Ernährung spielen (Nicolaisen 1963: 404).
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Arbeitsorganisation unter extremsten '''klimatischen und geographischen Bedingung[[Lokalisierung_von_Kel_Ahaggar-NomadInnen/Sahara#1.2 Sahara: Umwelt der Extreme|[1]]]''' erfordert effiziente Planung. Nomadinnen der ''Kel Ahaggar'', die in ihrer Sprache (''Tamahaq'') keinen eigenen Begriff für &quot;Arbeit&quot; kennen, erwirtschaften ihre Subsistenz in verschiedenen Handlungsfeldern.
 
Arbeitsorganisation unter extremsten '''klimatischen und geographischen Bedingung[[Lokalisierung_von_Kel_Ahaggar-NomadInnen/Sahara#1.2 Sahara: Umwelt der Extreme|[1]]]''' erfordert effiziente Planung. Nomadinnen der ''Kel Ahaggar'', die in ihrer Sprache (''Tamahaq'') keinen eigenen Begriff für &quot;Arbeit&quot; kennen, erwirtschaften ihre Subsistenz in verschiedenen Handlungsfeldern.
  
[[File:imuhar-22_1.jpg|398x600px|Stampfen von getrockneten Tomaten. Foto: Anja Fischer.]]
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[[File:imuhar-22_1.jpg|thumb|398x600px|right|Stampfen von getrockneten Tomaten. Foto: Anja Fischer.]]
  
 
'''Verweise:'''<br />
 
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:[[Ökonomische_Handlungsfelder_von_Frauen/Mobilitaet#2.7 Mobilität|2.7 Mobilität]]<br/>
 
:[[Ökonomische_Handlungsfelder_von_Frauen/Mobilitaet#2.7 Mobilität|2.7 Mobilität]]<br/>
 
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'''[[Ökonomische_Handlungsfelder_von_Frauen/Milchökonomie#2.1 Milchökonomie|Nächstes Kapitel: 2.1 Milchökonomie]]'''<br/>
 
'''[[Ökonomische_Handlungsfelder_von_Frauen/Milchökonomie#2.1 Milchökonomie|Nächstes Kapitel: 2.1 Milchökonomie]]'''<br/>
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=2.1 Milchökonomie=
 
=2.1 Milchökonomie=
 
<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
  
 
'''''&quot;Aman iman, ach isudar.&quot;''''' (Wasser ist Leben, Milch ernährt). ''Imuhar-'' Sprichwort
 
'''''&quot;Aman iman, ach isudar.&quot;''''' (Wasser ist Leben, Milch ernährt). ''Imuhar-'' Sprichwort
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Kommt man in ein '''Nomadenlager[[Lokalisierung_von_Kel_Ahaggar-NomadInnen/Struktur_eines_Nomadenlagers#1.1 Struktur eines Nomadenlagers|[1]]]''' auf Besuch, wird als erstes eine Schüssel mit Milch gereicht. Für ''Imuhar'' gilt die Milch als Basis der Ernährung, da sie gleichzeitig als Getränk und als Mahlzeit eingesetzt wird. Milch bedeutet '''Mittel zum Leben''' und dient ausschließlich dem Eigenbedarf (Klute 1992). Bei den ''Kel Ahaggar'' bedeutet das Verschütten von Milch Unheil. Die Frauen haben die Kontrolle über die Milchökonomie und so das wichtigste Element der Subsistenz der NomadInnen in ihren Händen.
 
Kommt man in ein '''Nomadenlager[[Lokalisierung_von_Kel_Ahaggar-NomadInnen/Struktur_eines_Nomadenlagers#1.1 Struktur eines Nomadenlagers|[1]]]''' auf Besuch, wird als erstes eine Schüssel mit Milch gereicht. Für ''Imuhar'' gilt die Milch als Basis der Ernährung, da sie gleichzeitig als Getränk und als Mahlzeit eingesetzt wird. Milch bedeutet '''Mittel zum Leben''' und dient ausschließlich dem Eigenbedarf (Klute 1992). Bei den ''Kel Ahaggar'' bedeutet das Verschütten von Milch Unheil. Die Frauen haben die Kontrolle über die Milchökonomie und so das wichtigste Element der Subsistenz der NomadInnen in ihren Händen.
  
[[File:imuhar-35_1.jpg|600x398px|Butterherstellung. Foto: Anja Fischer.]]
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[[File:imuhar-35_1.jpg|thumb|600x398px|right|Butterherstellung. Foto: Anja Fischer.]]
  
 
'''Verweise:'''<br />
 
'''Verweise:'''<br />
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Die Frauen melken mit den älteren Burschen am Morgen zunächst die '''Dromedarstuten''', die sich beim Lager aufhalten. Das Melken von Stuten erfordert einiges Geschick, da das Fohlen zum Euter der Mutter geführt werden muss, damit sie bereit ist, Milch zu geben. Rechtzeitig muss man das Fohlen nun abdrängen um zu melken. Danach melken die Frauen und Mädchen die '''Ziegen''' und '''Schafe'''. Abends, wenn die Herde wieder zum Lager zurückkommt, wird kurz vor Sonnenuntergang nochmals gemolken.
 
Die Frauen melken mit den älteren Burschen am Morgen zunächst die '''Dromedarstuten''', die sich beim Lager aufhalten. Das Melken von Stuten erfordert einiges Geschick, da das Fohlen zum Euter der Mutter geführt werden muss, damit sie bereit ist, Milch zu geben. Rechtzeitig muss man das Fohlen nun abdrängen um zu melken. Danach melken die Frauen und Mädchen die '''Ziegen''' und '''Schafe'''. Abends, wenn die Herde wieder zum Lager zurückkommt, wird kurz vor Sonnenuntergang nochmals gemolken.
  
[[File:imuhar-36_1.jpg|393x217px|Melken. Foto: Anja Fischer.]]
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[[File:imuhar-36_1.jpg|thumb|393x217px|right|Melken. Foto: Anja Fischer.]]
  
  
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In einem Ziegenledersack stellen die Nomadinnen durch kräftiges Schütteln Butter aus Ziegenmilch her. Diese '''Ziegenbutter''' ist flüssig und wird vor allem bei Festessen und bei Gastmählern gegessen. Frauen verarbeiten Ziegenmilch zu lang haltbarem '''Trockenkäse''', der zerbröselt und mit Wasser vermischt konsumiert wird. Aus Dromedarmilch lässt sich weder Butter noch Käse produzieren.
 
In einem Ziegenledersack stellen die Nomadinnen durch kräftiges Schütteln Butter aus Ziegenmilch her. Diese '''Ziegenbutter''' ist flüssig und wird vor allem bei Festessen und bei Gastmählern gegessen. Frauen verarbeiten Ziegenmilch zu lang haltbarem '''Trockenkäse''', der zerbröselt und mit Wasser vermischt konsumiert wird. Aus Dromedarmilch lässt sich weder Butter noch Käse produzieren.
  
[[File:imuhar-37_1.jpg|398x600px|Käseproduktion. Foto: Anja Fischer.]]
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[[File:imuhar-37_1.jpg|thumb|398x600px|right|Käseproduktion. Foto: Anja Fischer.]]
  
  
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Wenn Dürre herrscht, wie zum Beispiel im Winter 2004/2005, und die Tiere durch die trockenen Weiden geschwächt sind, produzieren sie nur wenig Milch. Die Ziegen bekommen in '''Harz getränkte Stoffstücke''' fest um die Zitzen gewickelt um die Zicklein daran zu hindern zu trinken. Den Dromedarstuten bindet man ein Netz um ihren Euter, damit die Milchabnahme streng kontrolliert werden kann. Immer mehr lässt sich beobachten, dass NomadInnen in der Nähe von Oasen zu '''Milchpulver''' aus Europa greifen, was aber gleichzeitig zu einer Zunahme von Allergien führt.
 
Wenn Dürre herrscht, wie zum Beispiel im Winter 2004/2005, und die Tiere durch die trockenen Weiden geschwächt sind, produzieren sie nur wenig Milch. Die Ziegen bekommen in '''Harz getränkte Stoffstücke''' fest um die Zitzen gewickelt um die Zicklein daran zu hindern zu trinken. Den Dromedarstuten bindet man ein Netz um ihren Euter, damit die Milchabnahme streng kontrolliert werden kann. Immer mehr lässt sich beobachten, dass NomadInnen in der Nähe von Oasen zu '''Milchpulver''' aus Europa greifen, was aber gleichzeitig zu einer Zunahme von Allergien führt.
  
[[File:imuhar-38_1.jpg|450x318px|Ziege mit Trinkschutz in Dürreperiode. Foto: Anja Fischer.]]
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[[File:imuhar-38_1.jpg|thumb|450x318px|right|Ziege mit Trinkschutz in Dürreperiode. Foto: Anja Fischer.]]
 
 
  
  
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=2.2 Viehzucht=
 
=2.2 Viehzucht=
 
<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
  
 
Von den ''Kel Ahaggar'' werden '''Dromedare''', '''Ziegen''' und neuerdings auch immer mehr '''Schafe''' gezüchtet. Esel hält man für den Transport. Eine Dromedarstute wirft im 6. Lebensjahr ihr erstes Fohlen, während eine Ziege im gleichen Zeitraum bereits 17 Ziegen als Nachwuchs hat (Spittler 1998: 259). Gerade nach Dürrezeiten, in denen die Herden stark dezimiert werden können, ist die schnelle Reproduktion der Ziege ein wesentlicher Vorteil gegenüber dem Dromedar.
 
Von den ''Kel Ahaggar'' werden '''Dromedare''', '''Ziegen''' und neuerdings auch immer mehr '''Schafe''' gezüchtet. Esel hält man für den Transport. Eine Dromedarstute wirft im 6. Lebensjahr ihr erstes Fohlen, während eine Ziege im gleichen Zeitraum bereits 17 Ziegen als Nachwuchs hat (Spittler 1998: 259). Gerade nach Dürrezeiten, in denen die Herden stark dezimiert werden können, ist die schnelle Reproduktion der Ziege ein wesentlicher Vorteil gegenüber dem Dromedar.
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Der Besitz von Vieh kennzeichnet die Stellung der Person innerhalb der '''sozialen Gruppe'''. Kindern werden bei besonderen Gelegenheiten Tiere geschenkt, womit sie schon von klein auf ihren Besitz durch Zucht vermehren können.
 
Der Besitz von Vieh kennzeichnet die Stellung der Person innerhalb der '''sozialen Gruppe'''. Kindern werden bei besonderen Gelegenheiten Tiere geschenkt, womit sie schon von klein auf ihren Besitz durch Zucht vermehren können.
  
[[File:imuhar-39_1.jpg|600x398px|Dromedarstute mit Neugeborenen. Foto: Anja Fischer.]]
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[[File:imuhar-39_1.jpg|thumb|600x398px|right|Dromedarstute mit Neugeborenen. Foto: Anja Fischer.]]
  
 
==Inhalt==
 
==Inhalt==
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Eine Ziege, die im Winter geboren wird, kann schon im darauffolgenden Winter ihrerseits ein Zicklein werfen und da die '''Trächtigkeitsperiode''' nur fünf Monate beträgt, kann die Ziege in einem Jahr zweimal werfen (Vgl. Spittler 1998: 258).
 
Eine Ziege, die im Winter geboren wird, kann schon im darauffolgenden Winter ihrerseits ein Zicklein werfen und da die '''Trächtigkeitsperiode''' nur fünf Monate beträgt, kann die Ziege in einem Jahr zweimal werfen (Vgl. Spittler 1998: 258).
  
[[File:imuhar-40_1.jpg|600x398px|Ziege mit Jungtier. Foto: Anja Fischer.]]
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[[File:imuhar-40_1.jpg|thumb|600x398px|right|Ziege mit Jungtier. Foto: Anja Fischer.]]
  
  
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Wenn '''Dürre''' herrscht, gehen die Frauen mit den Zicklein und Lämmern tagsüber zu den Akazienbäumen und schlagen mühsam kleine Blätter mit '''langen Stangen[[Kollektive_Ökonomie_als_integrativer_sozialer_Wert#6 Kollektive Ökonomie als integrativer sozialer Wert|[2]]]''' (''Askum'') von den Ästen herunter, an denen sich die Kleinen satt fressen (vgl. Spittler 1998: 280-283). Bei Trockenheit verteilen die Frauen Zusatzfutter (Getreide) an ausgewählte Ziegen und Schafe.
 
Wenn '''Dürre''' herrscht, gehen die Frauen mit den Zicklein und Lämmern tagsüber zu den Akazienbäumen und schlagen mühsam kleine Blätter mit '''langen Stangen[[Kollektive_Ökonomie_als_integrativer_sozialer_Wert#6 Kollektive Ökonomie als integrativer sozialer Wert|[2]]]''' (''Askum'') von den Ästen herunter, an denen sich die Kleinen satt fressen (vgl. Spittler 1998: 280-283). Bei Trockenheit verteilen die Frauen Zusatzfutter (Getreide) an ausgewählte Ziegen und Schafe.
  
[[File:imuhar-41_1.jpg|600x398px|Ziegenhüten. Foto: Anja Fischer.]]
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[[File:imuhar-41_1.jpg|thumb|600x398px|right|Ziegenhüten. Foto: Anja Fischer.]]
  
 
'''Verweise:'''<br />
 
'''Verweise:'''<br />
 
[[Ökonomische_Handlungsfelder_von_Frauen/Milchökonomie#2.1.1 Melkzeiten|[1] Siehe Kapitel 2.1.1]]<br />
 
[[Ökonomische_Handlungsfelder_von_Frauen/Milchökonomie#2.1.1 Melkzeiten|[1] Siehe Kapitel 2.1.1]]<br />
 
[[Kollektive_Ökonomie_als_integrativer_sozialer_Wert#6 Kollektive Ökonomie als integrativer sozialer Wert|[2] Siehe Kapitel 7]]<br />
 
[[Kollektive_Ökonomie_als_integrativer_sozialer_Wert#6 Kollektive Ökonomie als integrativer sozialer Wert|[2] Siehe Kapitel 7]]<br />
 
  
  
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An Tränktagen gibt man zuerst den Eseln Wasser, dann der Herde und zuletzt erst zieht man das eigene Trinkwasser herauf. In '''Wintermonaten''' nach ausgiebigen Regenfällen ist es nicht notwendig zu tränken, da die Weiden saftig genug sind.
 
An Tränktagen gibt man zuerst den Eseln Wasser, dann der Herde und zuletzt erst zieht man das eigene Trinkwasser herauf. In '''Wintermonaten''' nach ausgiebigen Regenfällen ist es nicht notwendig zu tränken, da die Weiden saftig genug sind.
  
[[File:imuhar-42_1.jpg|398x600px|Am Brunnen. Foto: Anja Fischer.]]
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[[File:imuhar-42_1.jpg|thumb|398x600px|right|Am Brunnen. Foto: Anja Fischer.]]
  
  
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Die ''Imuhar'' schlachten und verkaufen meist nur die männliche Schafe und Ziegen, da die Weiblichen für die '''Milchwirtschaft[[Ökonomische_Handlungsfelder_von_Frauen/Milchökonomie#2.1 Milchökonomie|[1]]]''' und Reproduktion benötigt werden.
 
Die ''Imuhar'' schlachten und verkaufen meist nur die männliche Schafe und Ziegen, da die Weiblichen für die '''Milchwirtschaft[[Ökonomische_Handlungsfelder_von_Frauen/Milchökonomie#2.1 Milchökonomie|[1]]]''' und Reproduktion benötigt werden.
  
[[File:imuhar-43_1.jpg|600x398px|Schlachtung. Foto: Anja Fischer.]]
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[[File:imuhar-43_1.jpg|thumb|600x398px|right|Schlachtung. Foto: Anja Fischer.]]
  
 
Für den Eigenbedarf schneidet man der Ziege die Kehle durch. Das Innere wird über die Halsöffnung herausgenommen, damit die Haut noch für die Sackherstellung geeignet bleibt. Danach kochen die Frauen das Fleisch oder legen es zum Trocknen auf Büschen aus. Obwohl NomadInnen ständig von Vieh umgeben sind, konsumieren sie '''frisches Fleisch[[Kollektive_Ökonomie_als_integrativer_sozialer_Wert#6 Kollektive Ökonomie als integrativer sozialer Wert|[2]]]''' meist nur bei Festessen und Gastmählern.
 
Für den Eigenbedarf schneidet man der Ziege die Kehle durch. Das Innere wird über die Halsöffnung herausgenommen, damit die Haut noch für die Sackherstellung geeignet bleibt. Danach kochen die Frauen das Fleisch oder legen es zum Trocknen auf Büschen aus. Obwohl NomadInnen ständig von Vieh umgeben sind, konsumieren sie '''frisches Fleisch[[Kollektive_Ökonomie_als_integrativer_sozialer_Wert#6 Kollektive Ökonomie als integrativer sozialer Wert|[2]]]''' meist nur bei Festessen und Gastmählern.
  
[[File:imuhar-43_2.jpg|600x905px|Zubereitung eines Festessens. Foto: Anja Fischer.]]
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[[File:imuhar-43_2.jpg|thumb|600x905px|right|Zubereitung eines Festessens. Foto: Anja Fischer.]]
  
 
'''Verweise:'''<br />
 
'''Verweise:'''<br />
 
[[Ökonomische_Handlungsfelder_von_Frauen/Milchökonomie#2.1 Milchökonomie|[1] Siehe Kapitel 2.1]]<br />
 
[[Ökonomische_Handlungsfelder_von_Frauen/Milchökonomie#2.1 Milchökonomie|[1] Siehe Kapitel 2.1]]<br />
 
[[Kollektive_Ökonomie_als_integrativer_sozialer_Wert#6 Kollektive Ökonomie als integrativer sozialer Wert|[2] Siehe Kapitel 7]]<br />
 
[[Kollektive_Ökonomie_als_integrativer_sozialer_Wert#6 Kollektive Ökonomie als integrativer sozialer Wert|[2] Siehe Kapitel 7]]<br />
 
 
  
  
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=2.3 Nahrungsversorgung=
 
=2.3 Nahrungsversorgung=
 
<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
  
 
Die Nahrungszubereitung und die Trinkwasserorganisation obliegt der Nomadin.
 
Die Nahrungszubereitung und die Trinkwasserorganisation obliegt der Nomadin.
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Keinesfalls sind die ''Kel Ahaggar'' zu &quot;arm&quot; um sich andere Nahrung wie Reis kaufen zu können. Von Ihrem Standpunkt aus sehen sie in der ''Tagella'' die Vollkommenheit. Dies entspricht dem Konzept der &quot;einfachen Bedürfnisse&quot; (Spittler 1991).
 
Keinesfalls sind die ''Kel Ahaggar'' zu &quot;arm&quot; um sich andere Nahrung wie Reis kaufen zu können. Von Ihrem Standpunkt aus sehen sie in der ''Tagella'' die Vollkommenheit. Dies entspricht dem Konzept der &quot;einfachen Bedürfnisse&quot; (Spittler 1991).
  
[[File:imuhar-44_1.jpg|600x346px|''Tagella'' (Brot) mit Fleischsosse. Foto: Anja Fischer.]]
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[[File:imuhar-44_1.jpg|thumb|600x346px|right|''Tagella'' (Brot) mit Fleischsosse. Foto: Anja Fischer.]]
  
 
==Inhalt==
 
==Inhalt==
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Traditionellerweise waren diese Wassersäcke aus Leder, heute jedoch sind vorwiegend Autoreifenschläuche von Lastkraftwagen in Verwendung. Die schwarzen Kautschukschläuche sind zwar robuster als Ledersäcke, haben aber einen starken Eigengeschmack.
 
Traditionellerweise waren diese Wassersäcke aus Leder, heute jedoch sind vorwiegend Autoreifenschläuche von Lastkraftwagen in Verwendung. Die schwarzen Kautschukschläuche sind zwar robuster als Ledersäcke, haben aber einen starken Eigengeschmack.
  
[[File:imuhar-45_1.jpg|398x600px|Wassertransport ins Lager. Foto: Anja Fischer.]]
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[[File:imuhar-45_1.jpg|thumb|398x600px|right|Wassertransport ins Lager. Foto: Anja Fischer.]]
  
 
'''Verweise:'''<br />
 
'''Verweise:'''<br />
 
[[Ökonomische_Handlungsfelder_von_Frauen/Viehzucht#2.2.3 Tränktage|[1] Siehe Kapitel 2.2.3]]<br />
 
[[Ökonomische_Handlungsfelder_von_Frauen/Viehzucht#2.2.3 Tränktage|[1] Siehe Kapitel 2.2.3]]<br />
 
 
  
  
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=2.4 Organisation des Environments=
 
=2.4 Organisation des Environments=
 
<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
  
 
''Kel Ahaggar''-Nomadinnen sind die Verwalterinnen eines '''mobilen Haushaltes[[Ökonomische_Handlungsfelder_von_Frauen/Mobilitaet#2.7 Mobilität|[1]]]'''. Ihr Arbeits- und '''Aktionsradius[[Genderspezifische_Aktionsradien#4 Genderspezifische Aktionsradien|[2]]]''' konstruiert sich rund um das Zelt. Es stellt eine Residenzeinheit dar, die als Produktions- und Konsumptionseinheit fungiert (Rössler 1999: 149).
 
''Kel Ahaggar''-Nomadinnen sind die Verwalterinnen eines '''mobilen Haushaltes[[Ökonomische_Handlungsfelder_von_Frauen/Mobilitaet#2.7 Mobilität|[1]]]'''. Ihr Arbeits- und '''Aktionsradius[[Genderspezifische_Aktionsradien#4 Genderspezifische Aktionsradien|[2]]]''' konstruiert sich rund um das Zelt. Es stellt eine Residenzeinheit dar, die als Produktions- und Konsumptionseinheit fungiert (Rössler 1999: 149).
  
[[File:imuhar-46_1.jpg|600x398px|Stoffzelt. Foto: Anja Fischer.]]
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[[File:imuhar-46_1.jpg|thumb|600x398px|right|Stoffzelt. Foto: Anja Fischer.]]
  
 
'''Verweise:'''<br />
 
'''Verweise:'''<br />
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Morgens, Mittags und Abends wird jeweils '''Feuer zum Kochen''' angezündet. Im Winter dient das abendliche Feuer auch zum Wärmen und in mondlosen Nächten zur Beleuchtung.
 
Morgens, Mittags und Abends wird jeweils '''Feuer zum Kochen''' angezündet. Im Winter dient das abendliche Feuer auch zum Wärmen und in mondlosen Nächten zur Beleuchtung.
  
[[File:imuhar-47_1.jpg|600x398px|Sammeln von Brennholz. Foto: Anja Fischer.]]
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[[File:imuhar-47_1.jpg|thumb|600x398px|right|Sammeln von Brennholz. Foto: Anja Fischer.]]
  
  
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Jeden Abend richten die Frauen den Schlafplatz her. In der linken Hälfte des Zeltes schlafen die Kinder und in der rechten Hälfte die Eltern. Morgens werden die Decken ausgeschüttelt, zusammengelegt und auf dem Sattel der Frau verwahrt. Das Zelt aufräumen und sauber machen ist Aufgabe der Nomadin. Auch Reparaturen am Zelt führt sie aus. Sie bestimmt, ob ein Windschutz vor dem Zelt aufgestellt wird oder nicht, und wo man die Gestelle für die Vorräte errichtet.
 
Jeden Abend richten die Frauen den Schlafplatz her. In der linken Hälfte des Zeltes schlafen die Kinder und in der rechten Hälfte die Eltern. Morgens werden die Decken ausgeschüttelt, zusammengelegt und auf dem Sattel der Frau verwahrt. Das Zelt aufräumen und sauber machen ist Aufgabe der Nomadin. Auch Reparaturen am Zelt führt sie aus. Sie bestimmt, ob ein Windschutz vor dem Zelt aufgestellt wird oder nicht, und wo man die Gestelle für die Vorräte errichtet.
  
[[File:imuhar-48_1.jpg|600x398px|Schlafdecken auf einem Frauensattel. Foto: Anja Fischer.]]
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[[File:imuhar-48_1.jpg|thumb|600x398px|right|Schlafdecken auf einem Frauensattel. Foto: Anja Fischer.]]
  
  
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Einmal in der Woche gehen am frühen Nachmittag die Frauen und Mädchen der ''Kel Ahaggar'' an die '''Wasserstelle[[Ökonomische_Handlungsfelder_von_Frauen/Nahrungsversorgung#2.3.1 Trinkwasserversorgung|[1]]]''' um die Wäsche mit Kernseife zu waschen. Während die Wäsche zum Trocknen auf Steinplatten oder Büschen ausliegt, erfolgt eine gründliche Körperreinigung. Ein kommunikativer weiblicher Raum bildet sich um die Wasserstelle.
 
Einmal in der Woche gehen am frühen Nachmittag die Frauen und Mädchen der ''Kel Ahaggar'' an die '''Wasserstelle[[Ökonomische_Handlungsfelder_von_Frauen/Nahrungsversorgung#2.3.1 Trinkwasserversorgung|[1]]]''' um die Wäsche mit Kernseife zu waschen. Während die Wäsche zum Trocknen auf Steinplatten oder Büschen ausliegt, erfolgt eine gründliche Körperreinigung. Ein kommunikativer weiblicher Raum bildet sich um die Wasserstelle.
  
[[File:imuhar-49_1.jpg|600x398px|Wäsche waschen. Foto: Anja Fischer.]]
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[[File:imuhar-49_1.jpg|thumb|600x398px|right|Wäsche waschen. Foto: Anja Fischer.]]
  
 
'''Verweise:'''<br />
 
'''Verweise:'''<br />
 
[[Ökonomische_Handlungsfelder_von_Frauen/Nahrungsversorgung#2.3.1 Trinkwasserversorgung|[1] Siehe Kapitel 2.3.1]]<br />
 
[[Ökonomische_Handlungsfelder_von_Frauen/Nahrungsversorgung#2.3.1 Trinkwasserversorgung|[1] Siehe Kapitel 2.3.1]]<br />
 
  
  
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Durch den sinnvollen Umgang mit Resten kommt es zu einer kreativer Wiederverwendung.
 
Durch den sinnvollen Umgang mit Resten kommt es zu einer kreativer Wiederverwendung.
  
[[File:imuhar-50_1.jpg|600x398px|Strickherstellung aus Altkleidung. Foto: Anja Fischer.]]
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[[File:imuhar-50_1.jpg|thumb|600x398px|right|Strickherstellung aus Altkleidung. Foto: Anja Fischer.]]
 
 
  
  
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=2.5 Handwerk=
 
=2.5 Handwerk=
 
<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
  
 
Am späten Nachmittag, während des gemeinsamen Teetrinkens, erledigen ''Kel Ahaggar''-Frauen handwerkliche Tätigkeiten. Wissen und Geschick kann öffentlich präsentiert, ausgetauscht und kommentiert werden. '''Jugendliche''' lernen dabei unter Aufsicht der Mütter handwerkliches Können zu entwickeln. Freizeit im europäischen Sinne ist nicht existent. Müssiggang wird von der sozialen Gruppe durchaus getadelt.
 
Am späten Nachmittag, während des gemeinsamen Teetrinkens, erledigen ''Kel Ahaggar''-Frauen handwerkliche Tätigkeiten. Wissen und Geschick kann öffentlich präsentiert, ausgetauscht und kommentiert werden. '''Jugendliche''' lernen dabei unter Aufsicht der Mütter handwerkliches Können zu entwickeln. Freizeit im europäischen Sinne ist nicht existent. Müssiggang wird von der sozialen Gruppe durchaus getadelt.
  
[[File:imuhar-51_1.jpg|398x600px|Nachmittagstee. Foto: Anja Fischer.]]
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[[File:imuhar-51_1.jpg|thumb|398x600px|right|Nachmittagstee. Foto: Anja Fischer.]]
  
 
==Inhalt==
 
==Inhalt==
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<div><ul>
 
<div><ul>
<li style="display: inline-block;">[[File:imuhar-52_1.jpg|600x398px|Rinde zum Gerben von Häuten. Foto: Anja Fischer.]]</li>
+
<li style="display: inline-block;">[[File:imuhar-52_1.jpg|thumb|600x398px|right|Rinde zum Gerben von Häuten. Foto: Anja Fischer.]]</li>
<li style="display: inline-block;">[[File:imuhar-52_2.jpg|600x398px|Ziegenhaut. Foto: Anja Fischer.]]</li>
+
<li style="display: inline-block;">[[File:imuhar-52_2.jpg|thumb|600x398px|right|Ziegenhaut. Foto: Anja Fischer.]]</li>
 
</ul></div>
 
</ul></div>
  
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Aus Holz fertigen Nomadinnen zum Beispiel Zeltpfosten oder Gestelle für den Wassersack oder Vorräte. Die Frauen zeigen dabei mit ihren einfachen Werkzeugen viel Geschick. Sie legen Wert darauf, selbst das passende Holz auszusuchen.
 
Aus Holz fertigen Nomadinnen zum Beispiel Zeltpfosten oder Gestelle für den Wassersack oder Vorräte. Die Frauen zeigen dabei mit ihren einfachen Werkzeugen viel Geschick. Sie legen Wert darauf, selbst das passende Holz auszusuchen.
  
[[File:imuhar-53_1.jpg|398x600px|Fertigung eines Holzgestells. Foto: Anja Fischer.]]
+
[[File:imuhar-53_1.jpg|thumb|398x600px|right|Fertigung eines Holzgestells. Foto: Anja Fischer.]]
  
  
Line 476: Line 451:
 
Nomadinnen stellen ihre Kleidung nicht selbst her, sondern diese wird aus der Oase bezogen. Frauen tragen einen indigofarbenen Stoff (5x2 m) um den Körper gewickelt, der stark glitzert und abfärbt. Insbesondere bei Kinderkleidung führen Nomadinnen Flickarbeiten selbst durch. Alte Kleidung wird nicht weggeworfen, sondern zum Beispiel beim Zeltbau verwendet. Ein ''Asedekan'' (Stoffzelt) gilt als kühl und für die heissen Sommermonate bestens geeignet.
 
Nomadinnen stellen ihre Kleidung nicht selbst her, sondern diese wird aus der Oase bezogen. Frauen tragen einen indigofarbenen Stoff (5x2 m) um den Körper gewickelt, der stark glitzert und abfärbt. Insbesondere bei Kinderkleidung führen Nomadinnen Flickarbeiten selbst durch. Alte Kleidung wird nicht weggeworfen, sondern zum Beispiel beim Zeltbau verwendet. Ein ''Asedekan'' (Stoffzelt) gilt als kühl und für die heissen Sommermonate bestens geeignet.
  
[[File:imuhar-54_1.jpg|600x398px|Reparatur von einem Stoffzelt. Foto: Anja Fischer.]]
+
[[File:imuhar-54_1.jpg|thumb|600x398px|right|Reparatur von einem Stoffzelt. Foto: Anja Fischer.]]
 
 
  
  
Line 488: Line 462:
 
=2.6 Erziehung=
 
=2.6 Erziehung=
 
<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
  
 
''Moula-Moula, maijan abahin?'' (''Moula-Moula'', was macht mein Vater?) fragt der kleine Toto den schwarzen Vogel, immer wenn er vorbei fliegt.
 
''Moula-Moula, maijan abahin?'' (''Moula-Moula'', was macht mein Vater?) fragt der kleine Toto den schwarzen Vogel, immer wenn er vorbei fliegt.
Line 494: Line 467:
 
Seine Mutter Suda ist hochschwanger. Sie hat drei Kinder im Alter von zwei, vier und sechs Jahren. Ihr Mann ist durch die Arbeit mit den Dromedaren oft abwesend. Abends wenn ihre dreissigköpfige Herde zurück ins Lager kommt, gilt es, die Zicklein einzufangen, zu melken, Brennholz zu sammeln, Feuer zu machen, Brot zu backen und eben auch ihre drei kleinen Kinder im Auge zu behalten. Keine leichte Aufgabe in der '''Sahara[[Lokalisierung_von_Kel_Ahaggar-NomadInnen/Sahara#1.2 Sahara: Umwelt der Extreme|[1]]]''', in der Giftschlangen und Skorpione zum Alltag gehören.
 
Seine Mutter Suda ist hochschwanger. Sie hat drei Kinder im Alter von zwei, vier und sechs Jahren. Ihr Mann ist durch die Arbeit mit den Dromedaren oft abwesend. Abends wenn ihre dreissigköpfige Herde zurück ins Lager kommt, gilt es, die Zicklein einzufangen, zu melken, Brennholz zu sammeln, Feuer zu machen, Brot zu backen und eben auch ihre drei kleinen Kinder im Auge zu behalten. Keine leichte Aufgabe in der '''Sahara[[Lokalisierung_von_Kel_Ahaggar-NomadInnen/Sahara#1.2 Sahara: Umwelt der Extreme|[1]]]''', in der Giftschlangen und Skorpione zum Alltag gehören.
  
[[File:imuhar-55_1.jpg|600x398px|Hamadi, Saina und Raquia vor ihrem Zelt. Foto: Anja Fischer.]]
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[[File:imuhar-55_1.jpg|thumb|600x398px|right|Hamadi, Saina und Raquia vor ihrem Zelt. Foto: Anja Fischer.]]
  
 
'''Verweise:'''<br />
 
'''Verweise:'''<br />
Line 512: Line 485:
 
Kinder lernen von klein auf, ihre späteren Aufgaben zu erfüllen. Die Mütter vermitteln Wissen über Pflanzen und Tiere, das zum Überleben in extremer Umwelt unumgänglich ist. In Algerien besteht zwar für jedes Kind Schulpflicht, jedoch werden nur vereinzelt Burschen zu Verwandten in die Oase gegeben um die Schule zu besuchen.
 
Kinder lernen von klein auf, ihre späteren Aufgaben zu erfüllen. Die Mütter vermitteln Wissen über Pflanzen und Tiere, das zum Überleben in extremer Umwelt unumgänglich ist. In Algerien besteht zwar für jedes Kind Schulpflicht, jedoch werden nur vereinzelt Burschen zu Verwandten in die Oase gegeben um die Schule zu besuchen.
  
[[File:imuhar-56_1.jpg|600x398px|Kinder arbeiten von klein auf mit. Foto: Anja Fischer.]]
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[[File:imuhar-56_1.jpg|thumb|600x398px|right|Kinder arbeiten von klein auf mit. Foto: Anja Fischer.]]
  
 
'''Verweise:'''<br />
 
'''Verweise:'''<br />
 
[[Ökonomische_Handlungsfelder_von_Frauen/Organisation_des_Environments#2.4.1 Versorgung mit Brennstoff|[1] Siehe Kapitel 2.4.1]]<br />
 
[[Ökonomische_Handlungsfelder_von_Frauen/Organisation_des_Environments#2.4.1 Versorgung mit Brennstoff|[1] Siehe Kapitel 2.4.1]]<br />
 
  
  
Line 523: Line 495:
 
Die Spiele der Kinder sind geschlechtsspezifisch. Spätere ökonomischen Handlungsfelder lassen sich schon darin ablesen. Während kleine Mädchen aus Stoffresten und Holz Zelte konstruieren, werden von den Burschen aus Unterkiefern von Ziegen, Stöcken und Stoffresten Dromedarreiter simuliert. Gespielt wird ebenfalls meist nach Geschlechtern getrennt.
 
Die Spiele der Kinder sind geschlechtsspezifisch. Spätere ökonomischen Handlungsfelder lassen sich schon darin ablesen. Während kleine Mädchen aus Stoffresten und Holz Zelte konstruieren, werden von den Burschen aus Unterkiefern von Ziegen, Stöcken und Stoffresten Dromedarreiter simuliert. Gespielt wird ebenfalls meist nach Geschlechtern getrennt.
  
[[File:imuhar-57_1.jpg|600x398px|Spielzeugauto. Foto: Anja Fischer.]]
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[[File:imuhar-57_1.jpg|thumb|600x398px|right|Spielzeugauto. Foto: Anja Fischer.]]
 
 
  
  
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=2.7 Mobilität=
 
=2.7 Mobilität=
 
<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
  
 
Verknappung der regenerierbaren Ressourcen erfordert Mobilität. Kompakter Besitz als solches effizient organisiert, lässt rasches Reagieren auf wechselnde klimatische Bedingungen in '''extremer Umwelt[[Lokalisierung_von_Kel_Ahaggar-NomadInnen/Sahara#1.2 Sahara: Umwelt der Extreme|[1]]]''' zu. Die Planung, Organisation und Durchführung des Standortwechsels übernimmt die ''Kel Ahaggar''-Frau.
 
Verknappung der regenerierbaren Ressourcen erfordert Mobilität. Kompakter Besitz als solches effizient organisiert, lässt rasches Reagieren auf wechselnde klimatische Bedingungen in '''extremer Umwelt[[Lokalisierung_von_Kel_Ahaggar-NomadInnen/Sahara#1.2 Sahara: Umwelt der Extreme|[1]]]''' zu. Die Planung, Organisation und Durchführung des Standortwechsels übernimmt die ''Kel Ahaggar''-Frau.
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Das effiziente Management der Frauen der ''Kel Ahaggar'' schafft eine strukturierte Mobilität.
 
Das effiziente Management der Frauen der ''Kel Ahaggar'' schafft eine strukturierte Mobilität.
  
[[File:imuhar-58_1.jpg|398x600px|Übersiedlung der Lämmer. Foto: Anja Fischer.]]
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[[File:imuhar-58_1.jpg|thumb|398x600px|right|Übersiedlung der Lämmer. Foto: Anja Fischer.]]
  
 
'''Verweise:'''<br />
 
'''Verweise:'''<br />
 
[[Lokalisierung_von_Kel_Ahaggar-NomadInnen/Sahara#1.2 Sahara: Umwelt der Extreme|[1] Siehe Kapitel 1.2]]<br />
 
[[Lokalisierung_von_Kel_Ahaggar-NomadInnen/Sahara#1.2 Sahara: Umwelt der Extreme|[1] Siehe Kapitel 1.2]]<br />
 
[[Lokalisierung_von_Kel_Ahaggar-NomadInnen/Struktur_eines_Nomadenlagers#1.1 Struktur eines Nomadenlagers|[2] Siehe Kapitel 1.1]]<br />
 
[[Lokalisierung_von_Kel_Ahaggar-NomadInnen/Struktur_eines_Nomadenlagers#1.1 Struktur eines Nomadenlagers|[2] Siehe Kapitel 1.1]]<br />
 
 
  
  
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=3 Tagesablauf einer Nomadin=
 
=3 Tagesablauf einer Nomadin=
 
<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
  
 
Schematischer Tagesablauf einer schwangeren Frau mit drei Kleinkindern im Winter 2003:
 
Schematischer Tagesablauf einer schwangeren Frau mit drei Kleinkindern im Winter 2003:
  
6.15 h Steht auf, schaut nach den Tieren, macht Feuer
+
{|class="wikitable"
 
+
|06.15h
6.45 h Melkt mit Burschen die Kamelstuten
+
| Steht auf, schaut nach den Tieren, macht Feuer
 
+
|-
7.15 h Melkt mit anderen Frauen Kleinvieh, die Dromedarstuten werden weggetrieben
+
|06.45h
 
+
| Melkt mit Burschen die Kamelstuten
7.45 h Fängt mit Kindern Jungtiere ein und bindet sie an
+
|-
 
+
|07.15h
8.15 h Herde verlässt das Lager
+
| Melkt mit anderen Frauen Kleinvieh, die Dromedarstuten werden weggetrieben
 
+
|-
8.30 h Macht Tee, gibt Kindern Datteln und Milch, trinkt Tee
+
|07.45h
 
+
| Fängt mit Kindern Jungtiere ein und bindet sie an
9.00 h Schüttelt den Buttersack, verstaut die Milch, spült Geschirr, räumt Decken vom Nachtlager weg, bindet Jungvieh los, Kinder gehen mit Jungvieh weg, sortiert Küchenutensilien, tauscht den Sand, in dem Brot gebacken wurde, aus
+
|-
 
+
|08.15h
12.00 h Knetet Mehl, Salz und Wasser zu Teig, macht Feuer, bäckt Brot
+
| Herde verlässt das Lager
 
+
|-
13.00 h Reißt Brot klein, und übergießt es mit Milch, isst mit Kindern zu Mittag
+
|08.30h
 
+
| Macht Tee, gibt Kindern Datteln und Milch, trinkt Tee
13.30 h Spült Geschirr, verstaut Utensilien, knetet Käse, formt Käse und legt ihn zum Trocknen auf dem Dach aus
+
|-
 
+
|09.00h
14.30 h Geht zur Nachbarin und trifft sich dort mit allen Frauen, näht am Ledersack, der in Wasser und Rinde eingelegt ist, unterhält sich, trinkt Tee
+
| Schüttelt den Buttersack, verstaut die Milch, spült Geschirr, räumt Decken vom Nachtlager weg, bindet Jungvieh los, Kinder gehen mit Jungvieh weg, sortiert Küchenutensilien, tauscht den Sand, in dem Brot gebacken wurde, aus
 
+
|-
16.15 h Geht Brennholz sammeln
+
|12.00h
 
+
| Knetet Mehl, Salz und Wasser zu Teig, macht Feuer, bäckt Brot
16.45 h Fängt Jungtiere ein und bindet sie an
+
|-
 
+
|13.00h
17.15 h Herde kommt zurück, melkt Ziegen, holt Jungtiere und lässt sie kurz trinken, schaut Herde durch
+
| Reißt Brot klein, und übergießt es mit Milch, isst mit Kindern zu Mittag
 
+
|-
17.45 h Gibt Kindern Milch, verstaut Restmilch, macht Feuer, knetet Teig, backt Brot, stampft trockene Tomaten und gibt sie mit Knochen und Wasser in einen Topf über das Feuer, melkt Dromedarstuten mit den Burschen, legt kleines Kind ins Zelt zum Schlafen
+
|13.30h
 
+
| Spült Geschirr, verstaut Utensilien, knetet Käse, formt Käse und legt ihn zum Trocknen auf dem Dach aus
19.30 h Isst mit Kindern Brot mit Sauce, Kinder trinken Milch und werden zum Schlafen gebracht
+
|-
 
+
|14.30h
20.15 h Räumt Küchenutensilien zusammen, schaut Herde durch, kurze Unterhaltung mit Nachbarin
+
| Geht zur Nachbarin und trifft sich dort mit allen Frauen, näht am Ledersack, der in Wasser und Rinde eingelegt ist, unterhält sich, trinkt Tee
 
+
|-
21.00 h Legt sich zum Schlafen hin, Kind schreit, beruhigt Kind, Jungtier verfängt sich in Strick, steht auf und befreit es, legt sich wieder hin
+
|16.15h
 
+
| Geht Brennholz sammeln
 +
|-
 +
|16.45h
 +
| Fängt Jungtiere ein und bindet sie an
 +
|-
 +
|17.15h
 +
| Herde kommt zurück, melkt Ziegen, holt Jungtiere und lässt sie kurz trinken, schaut Herde durch
 +
|-
 +
|17.45h
 +
| Gibt Kindern Milch, verstaut Restmilch, macht Feuer, knetet Teig, backt Brot, stampft trockene Tomaten und gibt sie mit Knochen und Wasser in einen Topf über das Feuer, melkt Dromedarstuten mit den Burschen, legt kleines Kind ins Zelt zum Schlafen
 +
|-
 +
|19.30h
 +
| Isst mit Kindern Brot mit Sauce, Kinder trinken Milch und werden zum Schlafen gebracht
 +
|-
 +
|20.15h
 +
| Räumt Küchenutensilien zusammen, schaut Herde durch, kurze Unterhaltung mit Nachbarin
 +
|-
 +
|21.00h
 +
| Legt sich zum Schlafen hin, Kind schreit, beruhigt Kind, Jungtier verfängt sich in Strick, steht auf und befreit es, legt sich wieder hin
 +
|}
  
  
Line 616: Line 602:
 
=4 Genderspezifische Aktionsradien=
 
=4 Genderspezifische Aktionsradien=
 
<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
+
[[File:imuhar-27_1.gif|thumb|600x408px|right|Aktionsradien. Grafik: Anja Fischer]]
 +
[[File:imuhar-28_1.jpg|thumb|600x408px|right|Aufbruch der Männer in die Oase. Foto: Anja Fischer.]]
  
 
NomadInnen der Sahara sind antiautark (Khazanov 1984: 3, Klute 1992: 36).
 
NomadInnen der Sahara sind antiautark (Khazanov 1984: 3, Klute 1992: 36).
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Sie sind über den Markthandel mit der sesshaften Bevölkerung der Oasen vernetzt und durch die angebotenen Güter des lokalen Marktes mit einer '''globalen Wirtschaft[[Lokale_Vereinnahmung_des_Globalen#7 Lokale Vereinnahmung des Globalen|[1]]]''' verbunden.
 
Sie sind über den Markthandel mit der sesshaften Bevölkerung der Oasen vernetzt und durch die angebotenen Güter des lokalen Marktes mit einer '''globalen Wirtschaft[[Lokale_Vereinnahmung_des_Globalen#7 Lokale Vereinnahmung des Globalen|[1]]]''' verbunden.
  
Ausschließlich Männer tauschen auf den '''Märkten[http://www.lateinamerika-studien.at/content/wirtschaft/ipo/ipo-48.html &#91;2&#93;]''' Vieh gegen Geld, womit sie wiederum Weizen, Datteln, Kleidung, Tee und weitere benötigte Konsumgüter einkaufen.
+
Ausschließlich Männer tauschen auf den '''Märkten[[[Oekonomische Theorien/Neoklassik#2.2.5.5 Markt|[2]]]''' Vieh gegen Geld, womit sie wiederum Weizen, Datteln, Kleidung, Tee und weitere benötigte Konsumgüter einkaufen.
  
 
Durch den Viehhandel ergibt sich eine rein männlich besetzte monetäre Ökonomie.
 
Durch den Viehhandel ergibt sich eine rein männlich besetzte monetäre Ökonomie.
 
[[File:imuhar-27_1.gif|600x408px|Aktionsradien]]
 
 
Aktionsradien. Grafik: Anja Fischer
 
  
 
'''Verweise:'''<br />
 
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[[Lokale_Vereinnahmung_des_Globalen#7 Lokale Vereinnahmung des Globalen|[1] Siehe Kapitel 7]]<br />
 
[[Lokale_Vereinnahmung_des_Globalen#7 Lokale Vereinnahmung des Globalen|[1] Siehe Kapitel 7]]<br />
[http://www.lateinamerika-studien.at/content/wirtschaft/ipo/ipo-48.html &#91;2&#93; http://www.lateinamerika-studien.at/content/wirtschaft/ipo/ipo-48.html]<br />
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[[Oekonomische Theorien/Neoklassik#2.2.5.5 Markt|[2] Siehe Kapitel 2.2.5.5 der Lernunterlage ''Internationale Politische Ökonomie'']]<br />
 
 
 
 
  
  
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=5 Rezente weibliche Konsumtionsmuster=
 
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<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
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Jeden Mittag pünktlich um 12 Uhr piepst die Armbanduhr von Suda, ein Hinweis auf das derzeit begehrteste Prestigegut bei ''Kel Ahaggar''–Frauen. Das Tragen einer digitalen Armbanduhr verschafft seiner Trägerin eine quot;herausragende Position&quot;, obwohl die Bemessung der Zeit nach Minuten keine Relevanz im Alltag besitzt und zudem die Uhren meist nicht funktionieren.
 
Jeden Mittag pünktlich um 12 Uhr piepst die Armbanduhr von Suda, ein Hinweis auf das derzeit begehrteste Prestigegut bei ''Kel Ahaggar''–Frauen. Das Tragen einer digitalen Armbanduhr verschafft seiner Trägerin eine quot;herausragende Position&quot;, obwohl die Bemessung der Zeit nach Minuten keine Relevanz im Alltag besitzt und zudem die Uhren meist nicht funktionieren.
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'''Konsumtion[[Konsumption#Konsumption|[1]]]''' ist einerseits Teil eines umfassenden kulturellen Universums und anderseits eine '''&quot;Strategie der Eigendefinition&quot;''' des Konsumenten innerhalb seiner sozialen Umgebung (Friedman 1994a: 22, Rössler 1999: 159).
 
'''Konsumtion[[Konsumption#Konsumption|[1]]]''' ist einerseits Teil eines umfassenden kulturellen Universums und anderseits eine '''&quot;Strategie der Eigendefinition&quot;''' des Konsumenten innerhalb seiner sozialen Umgebung (Friedman 1994a: 22, Rössler 1999: 159).
  
[[File:imuhar-29_1.jpg|398x600px|Suda mit Sohn und Armbanduhr. Foto: Anja Fischer.]]
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[[File:imuhar-29_1.jpg|thumb|398x600px|right|Suda mit Sohn und Armbanduhr. Foto: Anja Fischer.]]
  
 
'''Verweise:'''<br />
 
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[[Konsumption#Konsumption|[1] Siehe die Lernunterlage ''Konsumption'']]<br />
 
[[Konsumption#Konsumption|[1] Siehe die Lernunterlage ''Konsumption'']]<br />
 
 
 
  
  
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=6 Kollektive Ökonomie als integrativer sozialer Wert=
 
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<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
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Fatimas Ziege hat am Abend unbeabsichtigt zuviel Brot gegessen und muss am nächsten Tag geschlachtet werden. Fatima teilte der Zeltanzahl des Lagers entsprechend das Fleisch und die Innereien in fünf Haufen auf. Die anderen Frauen reagieren unzufrieden, da sie die Haufen nicht für gleichwertig empfinden. Bilata teilt das Fleisch neu auf.
 
Fatimas Ziege hat am Abend unbeabsichtigt zuviel Brot gegessen und muss am nächsten Tag geschlachtet werden. Fatima teilte der Zeltanzahl des Lagers entsprechend das Fleisch und die Innereien in fünf Haufen auf. Die anderen Frauen reagieren unzufrieden, da sie die Haufen nicht für gleichwertig empfinden. Bilata teilt das Fleisch neu auf.
  
[[File:imuhar-30_1.jpg|600x398px|Sorgfälltiges Teilen von Fleisch. Foto: Anja Fischer.]]
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[[File:imuhar-30_1.jpg|thumb|600x398px|right|Sorgfälltiges Teilen von Fleisch. Foto: Anja Fischer.]]
  
 
'''Gemeinsam''' gehen die Frauen zu den Akazienbäumen um in mühevoller Arbeit mit einer langen Stange (''Askum'') Blätter als Futter für die Jungtiere von den Ästen zu schlagen. Nur hochschwangere Frauen brauchen sich nicht an dieser Arbeit beteiligen.
 
'''Gemeinsam''' gehen die Frauen zu den Akazienbäumen um in mühevoller Arbeit mit einer langen Stange (''Askum'') Blätter als Futter für die Jungtiere von den Ästen zu schlagen. Nur hochschwangere Frauen brauchen sich nicht an dieser Arbeit beteiligen.
  
[[File:imuhar-30_2.jpg|398x600px|Gemeinschaftsarbeit: Füttern der Ziegen. Foto: Anja Fischer.]]
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[[File:imuhar-30_2.jpg|thumb|398x600px|right|Gemeinschaftsarbeit: Füttern der Ziegen. Foto: Anja Fischer.]]
  
 
Solidarisches Teilen und kollektives Arbeiten zeigen eine '''soziale Wertehaltung''', die bei Nichteinhaltung durchaus Tadeln hervorruft. Kollektives Handeln stellt eine Risikominimierung dar, die integrativen Charakter aufweist.
 
Solidarisches Teilen und kollektives Arbeiten zeigen eine '''soziale Wertehaltung''', die bei Nichteinhaltung durchaus Tadeln hervorruft. Kollektives Handeln stellt eine Risikominimierung dar, die integrativen Charakter aufweist.
 
  
  
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=7 Lokale Vereinnahmung des Globalen=
 
=7 Lokale Vereinnahmung des Globalen=
 
<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
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Der kleine Baka trägt ein Pokemon T-Shirt, während seine Mutter grünen Tee aus China in der Wüste trinkt.
 
Der kleine Baka trägt ein Pokemon T-Shirt, während seine Mutter grünen Tee aus China in der Wüste trinkt.
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Bis in abgelegene Winkel der Zentralsahara hat es die weltweit vermarktete Spielzeugmarke &quot;Pokemon&quot; getragen. Von den NomadInnen kennt jedoch keine das Spielzeug an sich.
 
Bis in abgelegene Winkel der Zentralsahara hat es die weltweit vermarktete Spielzeugmarke &quot;Pokemon&quot; getragen. Von den NomadInnen kennt jedoch keine das Spielzeug an sich.
  
Eine Glas starker grüner Tee, ein ehemaliges Prestigegut, ist mittlerweile zu einem Subsistenzgut des täglichen '''Konsums[1]''' geworden. Der bevorzugte chinesische Tee der ''Kel Ahaggar'' ist derzeit &quot;''Tee de sable''&quot; auf dessen Dose ein teetrinkender &quot;''Tuareg''&quot; abgebildet ist.
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Eine Glas starker grüner Tee, ein ehemaliges Prestigegut, ist mittlerweile zu einem Subsistenzgut des täglichen '''Konsums[[Der_Begriff_Konsumption#1 Der Begriff "Konsum(ption)"|[1]]]''' geworden. Der bevorzugte chinesische Tee der ''Kel Ahaggar'' ist derzeit &quot;''Tee de sable''&quot; auf dessen Dose ein teetrinkender &quot;''Tuareg''&quot; abgebildet ist.
  
 
''Kel Ahaggar''-NomadInnen nutzen Produkte aus globalen Netzwerken, jedoch stark selektiv und versehen mit neuer lokal-kulturellen Bedeutung.
 
''Kel Ahaggar''-NomadInnen nutzen Produkte aus globalen Netzwerken, jedoch stark selektiv und versehen mit neuer lokal-kulturellen Bedeutung.
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'''In wirtschaftlicher Hinsicht ist es eine globale Vereinnahmung des Lokalen, in kultureller Hinsicht jedoch ist es eine lokale Vereinnahmung des Globalen''' (Friedman1994b: 12).
 
'''In wirtschaftlicher Hinsicht ist es eine globale Vereinnahmung des Lokalen, in kultureller Hinsicht jedoch ist es eine lokale Vereinnahmung des Globalen''' (Friedman1994b: 12).
  
[[File:imuhar-31_1.jpg|398x600px|Kind in globalisierter Markenware. Foto: Anja Fischer.]]
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[[File:imuhar-31_1.jpg|thumb|398x600px|right|Kind in globalisierter Markenware. Foto: Anja Fischer.]]
  
 
'''Verweise:'''<br />
 
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[http://oeku.net/cp/konsum/konsum-1.html &#91;1&#93; http://oeku.net/cp/konsum/konsum-1.html]<br />
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[[Der_Begriff_Konsumption#1 Der Begriff "Konsum(ption)"|[1] Siehe Kapitel 1 der Lernunterlage ''Konsumption'']]<br/>
  
  
 
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'''[[Imuhar_Bibliographie#8 Bibliographie|Nächstes Kapitel: 8 Bibliographie]]'''<br/>
 
 
'''[[Bibliographie#8 Bibliographie|Nächstes Kapitel: 8 Bibliographie]]'''<br/>
 
 
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[[#7 Lokale Vereinnahmung des Globalen|&uarr; Nach oben]]<br/>
 
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=8 Bibliographie=
 
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<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
<sup>verfasst von Anja Fischer</sup>
 
  
 
* Azarya, Victor. 2002: The Nomadic Factor in Afrika: Dominance or Marginality. In A. Khazanov, A. Wink (Hrsg.): ''Nomads in the Sedentary World''. Richmond: Curzon. S. 250-285.
 
* Azarya, Victor. 2002: The Nomadic Factor in Afrika: Dominance or Marginality. In A. Khazanov, A. Wink (Hrsg.): ''Nomads in the Sedentary World''. Richmond: Curzon. S. 250-285.
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* Spittler, Gerd 1998: ''Hirtenarbeit. Die Welt der Kamelhirten und Ziegenhirtinnen von Timia''. Köln: Rüdiger Köppe Verlag.
 
* Spittler, Gerd 1998: ''Hirtenarbeit. Die Welt der Kamelhirten und Ziegenhirtinnen von Timia''. Köln: Rüdiger Köppe Verlag.
 
* Stühler, Hans Joachim 1978: ''Soziale Schichtung und gesellschaftlicher Wandel bei den Ajjer-Twareg in Südostalgerien''. Wiesbaden: Franz Steiner Verlag.
 
* Stühler, Hans Joachim 1978: ''Soziale Schichtung und gesellschaftlicher Wandel bei den Ajjer-Twareg in Südostalgerien''. Wiesbaden: Franz Steiner Verlag.
 
 
  
  
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[[#8 Bibliographie|&uarr; Nach oben]]<br/>
 
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Latest revision as of 19:36, 28 September 2020

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Kel Ahaggar-NomadInnen

verfasst von Anja Fischer
Standortwechsel. Foto: Anja Fischer.

OEKU-Online: Finanziert durch den Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank (Projekt 10707, Jubiläumsfonds).

Imuhar-Nomadinnen: Kollektives Handeln in Extremen - Momentaufnahmen pastoraler Ökonomie in der Sahara

Wenn der Nomade Seaton mit seinen Ziegen und Dromedaren nach tagelangem Ritt in der Oase eintrifft um Handel zu betreiben, wird er von den arabischen Bewohnern als "Tuareg" bezeichnet. Seine Frau Schona, die noch nie in der Oase war, kennt die Fremdbezeichnung Tuareg" nicht. Sie nennen sich Imuhar (Sg.w. Tamahaq Sg.m. Amahar).

Kel Ahaggar-NomadInnen, eine Untergruppe der Imuhar um die es in dieser Studie geht, leben in der algerische Sahara[1] und betreiben horizontalen Nomadismus mit Dromedaren, Ziegen und Schafen. Sie produzieren nicht nur für ihre eigene Subsistenz, sondern interagieren auch mit weiteren Wirtschaftsystemen.

Pastorale Ökonomie ist durch alters- und geschlechtspezifische Arbeitsteilung bestimmt. Bis dato wurde in Studien vor allem die Arbeitsorganisation der Männer als Hirtennomaden der Sahara hervorgehoben (Klute 1992, Nicolaisen 1963). Mehr und mehr wird jedoch die Bedeutung des wirtschaftlichen Handelns der Imuhar-Frauen erkannt (Spittler 1998).

Nomadinnen, als Managerinnen eines wandernden Kleinviehzuchtbetriebes, sichern in einer extremen Umwelt die Subsistenz.


Verweise:
[1] Siehe Kapitel 1.2


Kapitelübersicht


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