Difference between revisions of "Qualitative Methoden der Kultur- und Sozialanthropologie"

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=Qualitative Methoden der Kultur- und Sozialanthropologie=
 
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==Kapitelübersicht==
In verschiedenen Projekten, an denen das Institut für Kultur- und Sozialanthropologie beteiligt war, entstanden 2005 und 2006 hypermediale Lehr- und Lernunterlagen, die online genutzt werden können. 2019 wurden diese von Marlies Madzar und Clemens Schmid in ein aktuelles Wikiformat überführt. Für Anregungen, Hinweise und Kommentare, schreiben Sie bitte ein Mail an eksa.univie.ac.at
 
 
 
 
 
Ernst Halbmayer und Jana Salat<br />
 
Institut für Kultur- und Sozialanthropologie, Universität Wien<br />
 
 
 
 
 
 
 
 
 
== Kapitelübersicht ==
 
 
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==1 Was ist ein Forschungsprojekt?==
 
 
<p>Um die Frage &bdquo;Was ist ein Forschungsprojekt?&ldquo; zu beantworten, ist einerseits zu kl&auml;ren, was ein  Projekt ist und andererseits was unter Forschung verstanden werden kann.</p>
 
<p>Ein <b>Projekt </b>ist eine zeitlich begrenzte und zielgerichtete Unternehmung, die zur Bearbeitung neuer  Fragestellungen bzw. Probleme eingerichtet wird und mit bestimmten, zumeist begrenzten  Ressourcen (Arbeitsmittel, Zeit, Geld, MitarbeiterInnen, Infrastruktur) ausgestattet ist.</p>
 
<p>Unter <b>Forschung </b>versteht man ein spezifisches, zielgerichtetes, von einer Forschungsfrage  geleitetes Verfahren zur Generierung von neuem Wissen und Erkenntnissen. Die inhaltlich-  methodischen Voraussetzungen von Forschung bestehen in einer spezifischen Verbindung von</p>
 
<ul>
 
    <li><b>Theorien,</b></li>
 
    <li><b>Begriffen,</b></li>
 
    <li><b>methodischen Verfahren und</b></li>
 
    <li><b>Daten.</b></li>
 
</ul>
 
<p>Zielgerichtete Forschung wird zumeist projektf&ouml;rmig durchgef&uuml;hrt. Basis sind<b> Projektpl&auml;ne</b>, in  denen neben den inhaltlich-methodischen auch die organisatorischen Voraussetzungen von  Forschungsprojekten festgelegt werden.</p>
 
<p>Organisatorisch sind Forschungsprojekte sowohl <b>zeitlich strukturiert</b>, wie <b>sozial differenziert</b>.  Die Abfolge unterschiedlicher Projektphasen f&uuml;hrt zu einer zeitlichen Strukturierung, w&auml;hrend es  auf der sozialen Ebene zu einer Herausbildung unterschiedlicher Rollen, Funktionen und  Verantwortlichkeiten innerhalb eines Projektes kommt.</p>
 
<p>Komplexe, d.h. zeitlich strukturierte und/oder sozial differenzierte Projekte bed&uuml;rfen einer  Koordination bzw. Steuerung, die auch als <b>Projektmanagement</b> bezeichnet wird.</p>
 
----
 
==1.1 Inhaltlich-methodische Voraussetzungen eines Forschungsprojekts==
 
 
<p>Die inhaltlich-methodischen Voraussetzungen von Forschung bestehen in einer Verbindung von</p>
 
<ul>
 
    <li><b>Theorien</b></li>
 
    <li><b>Begriffen </b></li>
 
    <li><b>methodischen Verfahren und</b></li>
 
    <li><b>Daten</b>.</li>
 
</ul>
 
<p>Im Zuge der Entwicklung eines Forschungsprojektes m&uuml;ssen grundlegende Entscheidungen in  allen vier Bereichen getroffen werden:</p>
 
<p>Ein Ausgangspunkt kann etwa eine etablierte <b>Theorie</b> und von ihr abgeleitete, d.h. deduzierte  Hypothesen sein, die im Zuge eines Forschungsprojektes anhand einer zumeist quantitativen  Untersuchung eines bestimmten Ph&auml;nomenbereichs &uuml;berpr&uuml;ft werden. Aber nicht alle  Forschungsprojekte gehen<b> </b><b>deduktiv[1]</b>  vor und zielen auf <b>Hypothesen- bzw. Theoriepr&uuml;fung</b> ab.  Qualitative Forschungsprojekte zielen vielmehr auf die <b>induktive[2]</b>  <b>Entwicklung von Theorien und  Hypothesen</b> aus qualitativen empirischen Daten ab.</p>
 
<p>Ein anderer Ausgangspunkt eines Forschungsprojektes kann eine Pr&auml;ferenz f&uuml;r eine bestimmte  <b>Form von Daten</b> sein, die im Zuge des Forschungsprojektes produziert werden sollen. Dabei kann  es sich z.B. um qualitative ethnographische Beschreibungen spezifischer Lebenszusammenh&auml;nge  handeln, aber auch um quantitative Daten, die Zusammenh&auml;nge in Zahlen wiedergeben.</p>
 
<p>Je nach Fragestellung und Intention k&ouml;nnen unterschiedliche methodische Verfahren eingesetzt  und auch miteinander <b>kombiniert </b>werden (<b>Methodentriangulation[3]</b>).</p>
 
<p>Den <b>Begriffen</b> kommt in diesem Rahmen eine zentrale Stellung als Schnittstelle zwischen der  Theorie und den Daten zu. Solche Begriffsdefinitionen bzw. -bestimmungen k&ouml;nnen auf  unterschiedliche Art und Weise vorgenommen werden. </p>
 
<p>De facto gibt es zahlreiche M&ouml;glichkeiten die vier genannten Bereiche &uuml;berzeugend aufeinander  abzustimmen. Dies liegt daran, dass in den Kultur- und Sozialwissenschaften zeitgleich  verschiedene</p>
 
<ul>
 
    <li>theoretische Zug&auml;nge</li>
 
    <li>Arten der Begriffsbestimmung bzw. Operationalisierung</li>
 
    <li>Methoden der <b>Datenerhebung[4]</b>  und -analyse sowie</li>
 
    <li><b>Formen von Daten[5]</b>  (z.B. visuelle, auditive, deskriptive, numerische)</li>
 
</ul>
 
<p>Verwendung finden.</p>
 
<p>Weitere M&ouml;glichkeiten ergeben sich dadurch, dass Forschung von jedem der vier oben genannten  Punkte ausgehen kann.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 2.2<br />
 
[2] Siehe Kapitel 2.1<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.1.3<br />
 
[4] Siehe Kapitel 5<br />
 
[5] Siehe Kapitel 4.2<br />
 
 
----
 
==1.2 Literatur==
 
 
<p>Kuster, Huber, Lippmann, Schmid, Schneider, Witschi, W&uuml;st (2006) <i>Handbuch  Projektmanagement</i>. Springer: Berlin.</p>
 
<p>Patzak, Gerold und G&uuml;nter Rattay (2004) <i>Projektmanagement</i>. Linde: Wien.</p>
 
----
 
==2 Arten des Schlussfolgerns==
 
 
<p>Idealtypisch k&ouml;nnen drei Arten des Schlussfolgerns unterschieden werden:</p>
 
<ul>
 
    <li><b>Vom Besonderen auf das Allgemeine[1]</b>  (Induktion)</li>
 
    <li><b>Vom Allgemeinen auf das Besondere[2]</b>  (Deduktion)</li>
 
    <li><b>Vom &Uuml;berraschenden auf ein Fallverst&auml;ndnis und eine Regel[3]</b>  (Abduktion)</li>
 
</ul>
 
<p> </p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 2.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 2.2<br />
 
[3] Siehe Kapitel 2.3<br />
 
 
----
 
==2.1 Induktives Schlussfolgern==
 
 
<p>Als Induktion (vom lat. inductio = hineinf&uuml;hren) bezeichnet man eine Art des <b>Schlussfolgerns</b>, die  <b>vom Besonderen auf das Allgemeine </b>schlie&szlig;t. Es werden allgemeine Erkenntnisse bzw.  Theorien aus der Verallgemeinerung bzw. Abstraktion von Einzelph&auml;nomenen gewonnen.</p>
 
<p><b>Beispiel f&uuml;r die Logik induktiven Schlussfolgerns:</b></p>
 
<p>Amseln, Rotkehlchen, Adler und Enten k&ouml;nnen fliegen. Daraus lie&szlig;e sich der induktive Schluss  ziehen, dass V&ouml;gel fliegen k&ouml;nnen. Dies w&auml;re eine falsifizierbare These, da bei n&auml;herer &Uuml;berpr&uuml;fung  deutlich wird, dass auch V&ouml;gel existieren, die nicht fliegen k&ouml;nnen (Strauss, Pinguin, etc.).</p>
 
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==2.2 Deduktives Schlussfolgern==
 
 
<p>Die Deduktion (vom lat. deducere = herabf&uuml;hren) ist eine Art der <b>Schlussfolgerung</b>, die <b>vom  Allgemeinen auf das Besondere</b> schlie&szlig;t. Es werden Einzelerkenntnisse bzw. Hypothesen aus  allgemeinen Theorien abgeleitet.</p>
 
<p><b>Beispiel f&uuml;r die Logik des deduktiven Schlussfolgerns:</b></p>
 
<p>Alle S&auml;ugetiere sind Warmbl&uuml;ter. Wale sind S&auml;ugetiere. Daraus folgt: Wale sind Warmbl&uuml;ter.  </p>
 
----
 
==2.3 Abduktives Schlussfolgern==
 
 
<p>Die Abduktion (lat. abductio = Wegf&uuml;hrung; engl. abduction) ist eine von <b>Charles S. Peirce</b>  formulierte <b>Schlussweise</b>, die neben der <b>Induktion[1]</b>  und der <b>Deduktion[2]</b> steht.</p>
 
<p>Die Abduktion &bdquo;sucht angesichts &uuml;berraschender Fakten nach einer sinnstiftenden Regel, [...],  welche das &Uuml;berraschende an den Fakten beseitigt&ldquo; (Reichertz 2003: 43) und klar macht, was der  Fall ist. &bdquo;Endpunkt dieser Suche ist eine [...] (sprachliche) Hypothese. Ist diese gefunden, beginnt  der &Uuml;berpr&uuml;fungsprozess&ldquo; (ebd.).</p>
 
<p>Es handelt sich dabei also um ein <b>hypothesen- bzw. regelgenerierendes Verfahren</b>, welches  im Gegensatz zur Deduktion nicht von existierenden Theorien ausgeht, sondern bislang noch nicht  bekannte Regeln bzw. Hypothesen formuliert, die gleichzeitig ein Fallverst&auml;ndnis erm&ouml;glichen. Die  Abduktion schlie&szlig;t somit von einer bekannten Gr&ouml;&szlig;e (<b>&uuml;berraschende Fakten</b>) auf zwei  unbekannte Gr&ouml;&szlig;en, n&auml;mlich auf die Regel und den Fall.</p>
 
<p>Mittels dieser neuen <b>sinnstiftenden Regel</b> wird eine Weltdeutung geschaffen, die &bdquo;w&uuml;rde sie sich  als richtig erweisen, uns bei Problemen handlungsf&auml;hig macht, angesichts derer wir zuvor  handlungsunf&auml;hig waren&ldquo; (Reichertz 2003: 57) und die nun &uuml;berpr&uuml;ft werden muss.</p>
 
<p>Abduktives Folgern ist formallogisch nicht zu begr&uuml;nden, da sich die neue Regel aus dem  &uuml;berraschenden Ereignis nicht logisch stringent ableiten l&auml;sst, sondern <b>nur eine theoretisch  m&ouml;gliche Erkl&auml;rung</b> ist. Ob diese zutreffend ist und inwieweit sie &uuml;ber den konkreten Fall hinaus  <b>G&uuml;ltigkeit</b> beanspruchen kann, muss <b>empirisch &uuml;berpr&uuml;ft</b> werden.</p>
 
<p>Abduktive Schl&uuml;sse beziehen ihre G&uuml;ltigkeit also nicht aus der formalen Logik ihres  Zustandekommens, sondern aus der empirischen &Uuml;berpr&uuml;fung der durch sie generierten Regeln.</p>
 
<p>Literatur:</p>
 
<p>Reichertz, Jo. (2003) <i>Die Abduktion in der qualitativen Sozialforschung</i>. Leske &amp; Budrich: Opladen.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 2.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 2.2<br />
 
 
----
 
==3 Sampling==
 
 
<p>Unter einem Sample (der Stichprobe) versteht man die Auswahl der zu untersuchenden F&auml;lle aus  einer <b>Grundgesamtheit[1]</b>. Wenn z.B. die Studierenden der Universit&auml;t Wien untersucht werden sollen, so sind diese die Grundgesamtheit. Eine Untersuchung wird im Normalfall keine Totalerhebung dieser Grundgesamtheit durchf&uuml;hren, sondern eine Auswahl der zu untersuchenden  Studierenden treffen.</p>
 
<p>In der quantitativen Sozialforschung ist die <b>Repr&auml;sentativit&auml;t</b> der Stichprobe ein zentrales  Qualit&auml;tskriterium. Eine Stichprobe ist dann <b>repr&auml;sentativ[2]</b>, wenn sie ein <b>verkleinertes  unverzerrtes Abbild</b> der Grundgesamtheit darstellt. Dies ist die Voraussetzung, um von einer  untersuchten Stichprobe mit einer gewissen <b>Irrtumswahrscheinlichkeit[3]</b>, auf die Gesamtpopulation  (Grundgesamtheit) schlie&szlig;en zu k&ouml;nnen.</p>
 
<p>Innerhalb der quantitativen Sozialforschung gibt es <b>unterschiedliche Verfahren, </b>um repr&auml;sentative  <b>Stichproben zu ziehen[4]</b>, z.B.:</p>
 
<ul>
 
    <li>Zufallsauswahl (random sampling)</li>
 
    <li>geschichtete Zufallsauswahl</li>
 
    <li>Klumpenauswahl</li>
 
    <li>mehrstufige Stichproben</li>
 
    <li>Quotenverfahren</li>
 
    <li>systematische Auswahl</li>
 
</ul>
 
<p> </p>
 
<p>Innerhalb der qualitativen Sozialforschung, die auf die verstehende Analyse vergleichsweise weniger  F&auml;lle abzielt, werden hingegen in der Regel keine repr&auml;sentativen Stichproben gezogen. Die  Auswahl der zu untersuchenden Einheiten erfolgt vielmehr nach theoretischen &Uuml;berlegungen  (<b>theoretical sampling[5]</b>).</p>
 
<p> </p>
 
<p>Einf&uuml;hrende Literatur:</p>
 
<p>Atteslander, Peter (2000) Stichproben. In: ders. <i>Methoden der empirischen Sozialforschung</i>.  Walter de Gruyter: Berlin, New York. 9.Auflage.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] http://www.univie.ac.at/ksa/elearning/cp/quantitative/quantitative-10.html<br />
 
[2] http://www.univie.ac.at/ksa/elearning/cp/quantitative/quantitative-24.html<br />
 
[3] http://www.univie.ac.at/ksa/elearning/cp/quantitative/quantitative-8.html<br />
 
[4] http://www.univie.ac.at/ksa/elearning/cp/quantitative/quantitative-13.html<br />
 
[5] Siehe Kapitel 3.1<br />
 
 
----
 
==3.1 Theoretisches bzw. gezieltes Sampling==
 
 
<p>Innerhalb der qualitativen Sozialforschung versteht man unter theoretischem Sampling (Glaser und  Strauss 1998 [1967]) die Auswahl einer Datenquelle, eines Falles, einer Stichprobe bzw. eines  Ereignisses vor dem Hintergrund <b>theoretischer &Uuml;berlegungen</b>. Die zentrale Fragestellung ist  dabei, welche Fallauswahl f&uuml;r die Spezifizierung von Konzepten im Rahmen einer zu entwickelnden  Theorie am gewinnbringendsten ist.</p>
 
<p>Die <b>Fallauswahl</b> h&auml;ngt also von den bereits entwickelten <b>Konzepten und Theorien</b> ab und dient  deren <b>Weiterentwicklung</b>.</p>
 
<p>Innerhalb der Grounded Theory steht das theoretische Sampling in engem Zusammenhang mit dem  iterativen Prozess des Forschungsablaufes. Das Sample ist dabei nicht von vornherein festgelegt,  sondern wird vor dem Hintergrund zu l&ouml;sender theoretischer Probleme ausgew&auml;hlt. Diese  Vorgangsweise ist Ausdruck eines zirkul&auml;ren Forschungsablaufs.</p>
 
<p>Will man die allgemeinen Aspekte eines Konzeptes erschlie&szlig;en, so sollte man m&ouml;glichst  heterogene F&auml;lle ber&uuml;cksichtigen. Will man hingegen &uuml;berpr&uuml;fen, ob ein f&uuml;r einen  Ph&auml;nomenbereich (z.B. Primar&auml;rztInnen) entwickeltes Konzept auch f&uuml;r einen anderen (z.B.  Stationsschwestern) G&uuml;ltigkeit besitzt, so wird man bewusst Personen aus diesem Bereich f&uuml;r die  weitere Untersuchung ausw&auml;hlen.</p>
 
<p>Theoretisches Sampling bezieht sich in der Grounded Theory nicht nur auf die Auswahl der zu  untersuchenden Personen oder Ereignisse (Datenerhebung), sondern auch auf die <b>Auswahl jener  Konzepte und Kategorien,</b> die im Zuge der Datenanalyse<b> weiterentwickelt </b>werden.</p>
 
<p>In der neueren Literatur wird auch von &quot;<b><i>gezieltem Sampling</i></b>&quot; gesprochen (Patton 1990).</p>
 
----
 
==3.2 Literatur==
 
 
<p>Atteslander, Peter (2000) <i>Stichproben</i>. In: ders. Methoden der empirischen Sozialforschung. p.  290-302. Walter de Gruyter: Berlin, New York. 9. Auflage.</p>
 
<p>Glaser, Barney und Anselm Strauss (1998) Theoretisches Sampling. In: dies. <i>Grounded Theory.  Strategien qualitativer Forschung</i>. Aldine de Gruyter: New York, S. 53-84.</p>
 
<p>Patton, M.Q. (1990) <i>Qualitative Sampling and Research Methods</i>. Sage: London. 2. Auflage.</p>
 
<p>Strauss, Anselm und Juliet Corbin (1996) <i>Theoretisches Sampling</i>. In: dies. Grundlagen  Qualitativer Sozialforschung.  Beltz, Psychologie Verlags Union: Weinheim, S.148-165.</p>
 
----
 
==4 Daten und Artefakte==
 
 
<p>Unter Daten versteht man im Allgemeinen &bdquo;<b>aus Messungen, Beobachtungen und &Auml;hnlichem</b> gewonnene Angaben und Informationen&ldquo;. Innerhalb der Wissenschaft ist vor allem die  Dokumentation der gewonnenen Informationen f&uuml;r weitere Analysen zentral. Daten sind also kein  &bdquo;Ding an sich&ldquo;, sondern entstehen erst als dokumentierte (z.B. verschriftlichte)  Beobachtungsleistung.</p>
 
<p><b>Wissenschaftliche Daten beruhen auf systematischer Datendokumentation!</b></p>
 
<p>Wenn solche Beobachtungsleistungen im Rahmen wissenschaftlicher Forschungsprojekte  organisiert werden, spricht man von <b>Datenerhebung[1]</b>,  die auf unterschiedlichen Methoden beruhen  kann. Daten k&ouml;nnen in einem Forschungsprojekt selbst erhoben werden, eine Untersuchung kann  aber auch <b>bereits vorliegende Daten[2]</b>  analysieren. Erfolgt die Datenerhebung mittels standardisierter  Instrumente (Waage, Thermometer, Fragebogen etc.), wird sie auch Messung genannt.</p>
 
<p>Da man mit unterschiedlichen Sinnen und Instrumenten beobachten kann, gibt es auch  <b>unterschiedliche Formen von Daten</b>. Einerseits werden qualitative (nicht standardisierte) Daten von quantitativen (standardisierten, numerischen)  unterschieden, andererseits kann man innerhalb  der qualitativen Daten verschiedene Formen unterscheiden. Diese Formen beziehen sich einerseits  auf die menschlichen Sinne (z.B. visuell, akustisch) und andererseits auf die <b>Art der  Datendokumentation[3]</b>  (deskriptiv, auditiv, visuell, audio-visuell).</p>
 
<p>Im Gegensatz zu den anderen Sozialwissenschaften und einigen Geisteswissenschaften erhebt  und analysiert die Kultur- und Sozialanthropologie aber nicht nur qualitative und quantitative Daten, sondern sammelt auch systematisch materielle Artefakte. So werden einerseits von Menschen  produzierte Objekte als Ausdrucksweisen der untersuchten Kulturen gesammelt und in eigenen  <b>Museen[4]</b>  archiviert, wissenschaftlich bearbeitet und ausgestellt.</p>
 
<p>Andererseits werden z.B. in der Ethnobotanik und Ethnomedizin systematisch nat&uuml;rliche  Materialien und Lebewesen (Pflanzen, Tiere, etc.) gesammelt und ihre lokalen Verwendungsweisen  dokumentiert. So werden etwa Herbarien f&uuml;r Pflanzensammlungen angelegt, um diese botanisch  bestimmen und auf Pflanzeninhaltsstoffe untersuchen zu k&ouml;nnen.</p>
 
<p>Diese materiellen Artefakte dienen einerseits als Basis f&uuml;r wissenschaftliche Untersuchungen und  der Produktion von Daten, andererseits werden sie wie Daten (Fotos, Filme, Tonaufnahmen, ...) zur  Repr&auml;sentation soziokultureller Lebensformen eingesetzt.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5<br />
 
[2] Siehe Kapitel 4.3<br />
 
[3] Siehe Kapitel 4.2<br />
 
[4] Siehe Kapitel 4.4<br />
 
 
----
 
==4.1 Qualitative und quantitative  Daten==
 
 
<p>In den<b> Sozialwissenschaften</b> wird im Normalfall zwischen <b>qualitativen</b> und <b>quantitativen Daten</b>  unterschieden. Eine Art der Unterscheidung stellt darauf ab, ob es sich um numerische, das hei&szlig;t  in Zahlen transformierte quantitative Daten handelt oder um nicht-numerische Daten in z.B.  verschriftlichter oder audio-visueller Form. Die andere Unterscheidung, die zumeist aus der  Perspektive der quantitativen Sozialforschung getroffen wird, macht die Unterscheidung zwischen  qualitativen und quantitativen Daten nicht prim&auml;r an der numerischen Auspr&auml;gung, sondern am <b>Skalenniveau[1]</b> der Daten fest. <b>Nominalskalierte[2]</b> Daten werden aus einer solchen Position manchmal als qualitative Daten bezeichnet, auch wenn ihre Auspr&auml;gungen in Zahlenwerten zum Ausdruck kommen.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] http://www.univie.ac.at/ksa/elearning/cp/quantitative/quantitative-49.html<br />
 
[2] http://www.univie.ac.at/ksa/elearning/cp/quantitative/quantitative-51.html<br />
 
 
----
 
==4.2 Formen qualitativer Datendokumentation und Arten qualitativer Daten==
 
 
<p>Im Rahmen der qualitativen Datenerhebung werden mittels bestimmter Verfahren, wie  (teilnehmender) <b>Beobachtung[1]</b>,  <b>Befragung[2]</b>,  <b>Feldforschung[3]</b>,  Experimente etc. <b>Wahrnehmungen,  Aussagen und Erfahrungen zu Daten transformiert.</b> Dabei kann es sich um die eigenen  Wahrnehmungen und Erfahrungen handeln, die in Form von <b>Feldnotizen[4]</b>  verschriftlicht werden, oder  aber um die Wahrnehmungen, Aussagen und Erfahrungen anderer, welche beobachtet werden oder  in Befragungen zum Ausdruck kommen. <br />
 
Zentral ist, dass es im Zuge dieses Prozesses zu einer  <b>mehrfachen Selektion</b> kommt: Erstens haben wir es notgedrungen immer mit selektiven  Wahrnehmungen komplexer Situationen zu tun, und zweitens kommt es w&auml;hrend der  Transformation solcher Wahrnehmungen und Erfahrungen in Aussagen und Daten zu einer weiteren  Auswahl. Wenn der/die ForscherIn die Aussagen dritter dokumentiert und verschriftlicht, kommt es  zu weiteren Selektionen. Die dokumentierten Daten zeigen deshalb immer nur einen von dem/der  ForscherIn und Beforschten gestalteten Ausschnitt der realen Feldsituation in Form von  verschriftlichten Daten, Bildern, Filmen, Fotos, und Tonaufnahmen.</p
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.1.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.1.2<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.2<br />
 
[4] Siehe Kapitel 5.2.3<br />
 
 
----
 
==4.2.1 Schreiben==
 
 
<p>Eine zentrale Strategie, Wahrnehmungen, Aussagen und Erfahrungen in Daten zu transformieren ist,  Verschriftlichungen in Form von <b>Transkripten[1]</b>,  <b>Protokollen[2]</b> und <b>Feldnotizen[3]</b>  anzulegen. Von  Interviews, die mittels audio-visueller Methoden aufgenommen wurden, fertigt man im Normalfall  Transkriptionen an, w&auml;hrend von Gespr&auml;chen und Interviews, die nicht aufgezeichnet wurden,  nachtr&auml;glich Interview- bzw. Gespr&auml;chsprotokolle angefertigt werden. Im Rahmen einer  Feldforschung sind diese Teil der umfassenderen Feldnotizen.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.3.4.4<br />
 
[2] http://www.univie.ac.at/ksa/elearning/cp/schreiben/schreiben-83.html<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.2.3<br />
 
 
----
 
==4.3 Selbst erhobene und bereits vorliegende Daten==
 
 
<p>Neben den mittels unterschiedlicher Datenerhebungsverfahren im Laufe eines  Forschungsprozesses <b>selbsterhobenen Daten</b> k&ouml;nnen auch <b>bereits vorliegende oder von  anderen erhobene Daten</b> im Rahmen eines Forschungsprojektes einer Analyse unterzogen  werden. Zu solchen nicht selbst erhobenen Daten, die mittels eigener analytischer Verfahren  untersucht werden k&ouml;nnen, geh&ouml;ren z.B.:</p>
 
<ul>
 
    <li>Dokumente,</li>
 
    <li>Akten,</li>
 
    <li>Artefakte,</li>
 
    <li>Tageb&uuml;cher,</li>
 
    <li>Teilbereiche unterschiedlicher Medien, wie Zeitungen, Fernsehen, Filme, aber auch das Internet</li>
 
    <li>aber auch vorliegende Daten aus anderen wissenschaftlichen Untersuchungen, die einer  Reanalyse unterzogen werden k&ouml;nnen.</li>
 
</ul>
 
<p> </p>
 
----
 
==4.4 Institutionelle Archivierung kultur- u. sozialanthropologischer Artefakte und Daten==
 
 
<p>Die institutionelle Archivierung kultur- und sozialanthropologischer Artefakte und relevanter Daten  findet auf unterschiedlichen Ebenen statt:</p>
 
<ul>
 
    <li>in <b>ethnologischen bzw. v&ouml;lkerkundlichen Museen[1]</b></li>
 
    <li>in <b>audio-visuellen Archiven[2]</b></li>
 
    <li>in den <b>Sammlungen ethnologischer und kultur- und sozialanthropologischer Institute[3]</b></li>
 
    <li>in <b>spezialisierten Archiven f&uuml;r anthropologische Feldnotizen und Manuskripte[4]</b></li>
 
    <li>sowie zum Teil in naturhistorischen Museen.</li>
 
</ul>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 4.4.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 4.4.2<br />
 
[3] Siehe Kapitel 4.4.3<br />
 
[4] http://www.nmnh.si.edu/naa/<br />
 
 
----
 
==4.4.1 Eine Auswahl ethnographischer Museen==
 
 
<p><b>EUROPA</b></p>
 
<p><em><b>&Ouml;sterreich:</b></em></p>
 
<p><b>Wien:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>Museum f&uuml;r V&ouml;lkerkunde[1]</b></li>
 
    <li><b>Volkskundemuseum[2]</b></li>
 
</ul>
 
<p> <b>Schwaz/Tirol:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>Haus der V&ouml;lker[3]</b></li>
 
</ul>
 
<p> <em><b>Deutschland:</b></em></p>
 
<p><b>Berlin:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>Ethnologisches Museum[4]</b></li>
 
    <li><b>Museum europ&auml;ischer Kulturen[5]</b></li>
 
</ul>
 
<p> <b>Dresden:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>Museum f&uuml;r V&ouml;lkerkunde[6]</b></li>
 
</ul>
 
<p> <b>Frankfurt/Main:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>Museum der Weltkulturen[7]</b></li>
 
</ul>
 
<p> <b>Hamburg:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>Museum f&uuml;r V&ouml;lkerkunde[8]</b></li>
 
</ul>
 
<p><b>Heidelberg:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>V&ouml;lkerkundemuseum[9]</b></li>
 
</ul>
 
<p><b>K&ouml;ln:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>Rautenstrauch-Joest-Museum[10]</b></li>
 
</ul>
 
<p><b>Leipzig:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>Museum f&uuml;r V&ouml;lkerkunde[11]</b></li>
 
</ul>
 
<p><b>M&uuml;nchen:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>Staatliches Museum f&uuml;r V&ouml;lkerkunde[12]</b></li>
 
</ul>
 
<p><b>Stuttgart:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>Linden-Museum[13]</b>,  Staatliches Museum f&uuml;r V&ouml;lkerkunde</li>
 
</ul>
 
<p><b>Wuppertal:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>Archiv- und Museumsstifung der VEM[14]</b></li>
 
</ul>
 
<p> <em><b>Frankreich:</b></em></p>
 
<p><b>Paris:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>Mus&eacute;e du quai Branly[15]</b></li>
 
    <li><b>Mus&eacute;e national des Arts d&rsquo;Afrique et d&rsquo;Oc&eacute;anie[16]</b></li>
 
    <li>Das Mus&eacute;e des arts et traditions populaires (MNATP) in Paris, ein Volkskunde-Museum (franz&ouml;sische Volkskultur), wurde 2005 geschlossen. Die Exponate wurden ins neue Mus&eacute;e des Civilisations de l'Europe et de la M&eacute;diterran&eacute;e (MuCEM) in Marseille &uuml;berf&uuml;hrt.</li>
 
</ul>
 
<p><b>Bordeuax:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>Mus&eacute;e d&rsquo;ethnographie[17]</b></li>
 
</ul>
 
<p><b>Marseille:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>Mus&eacute;e d&rsquo;Arts Africains, Oc&eacute;aniens et Am&eacute;rindiens[18]</b></li>
 
    <li><b>Mus&eacute;e des Civilisations de l'Europe et de la M&eacute;diterran&eacute;e (MuCEM)[19]</b></li>
 
</ul>
 
<p> <em><b>Schweiz:</b> </em>        </p>
 
<p><b>Basel:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>Museum der Kulturen[20]</b></li>
 
</ul>
 
<p><b>Burgdorf:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>Museum f&uuml;r V&ouml;lkerkunde[21]</b></li>
 
</ul>
 
<p><b>Genf:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>Mus&eacute;e d&rsquo;ethnographie de Gen&egrave;ve[22]</b></li>
 
</ul>
 
<p><b>Neuch&acirc;tel:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>Mus&eacute;e d&rsquo;ethnographie de Neuch&acirc;tel[23]</b></li>
 
</ul>
 
<p><b>Z&uuml;rich:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>V&ouml;lkerkundemuseum[24]</b> der Universit&auml;t Z&uuml;rich</li>
 
</ul>
 
<p> <em><b>England:</b></em></p>
 
<p><b>London:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>The British Museum[25]</b></li>
 
</ul>
 
<p><b>Camebridge:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>Peabody Museum of Archaeology and Ethnology[26]</b></li>
 
</ul>
 
<p><b>Liverpool:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>World Museum[27]</b></li>
 
</ul>
 
<p>  <em><b>Portugal:</b></em></p>
 
<p><b>Lissabon:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>National Ethnology Museum[28]</b></li>
 
</ul>
 
<p> <i><b>Niederlande:</b></i></p>
 
<p><b>Leiden:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>Rijksmuseum voor Volkenkunde[29]</b></li>
 
</ul>
 
<p><b>Rotterdam:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>Wereldmuseum - V&ouml;lkerkundemuseum[30]</b></li>
 
</ul>
 
<p> <i><b>Kroatien:</b></i></p>
 
<p><b>Zagreb:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>Ethnographic Museum[31]</b></li>
 
</ul>
 
<p> </p>
 
<p> <b>NORDAMERIKA</b> (<b>Links[32]</b>)</p>
 
<p><i><b>USA:</b></i></p>
 
<p><b>Los Angeles:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>UCLA Fowler Museum of Cultural History[33]</b></li>
 
</ul>
 
<p><b>Washington:</b></p>
 
<ul>
 
    <li>Museen der<b>Smithsonian Institution[34]</b>, insbesondere das <b>Museum of African Art[35]</b></li>
 
</ul>
 
<p><b>Chicago:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>The Field Museum[36]</b></li>
 
</ul>
 
<p> </p>
 
<p> <b>LATEINAMERIKA</b></p>
 
<p><i><b>Mexiko:</b></i></p>
 
<p><b>Mexiko City:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>Museo Nacional de Antropolog&iacute;a[37]</b></li>
 
</ul>
 
<p> <i><b>Kolumbien:</b></i></p>
 
<p><b>Bogot&aacute;:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>Museo del Oro[38]</b></li>
 
</ul>
 
<p> </p>
 
<p><b>ASIEN</b></p>
 
<p><i><b>Japan:</b></i></p>
 
<p><b>Osaka:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>National Museum of Ethnology[39]</b></li>
 
</ul>
 
<p> <i><b>Vietnam:</b></i></p>
 
<p><b>Hanoi:</b></p>
 
<ul>
 
    <li><b>Vietnam Museum of Ethnology[40]</b></li>
 
</ul>
 
<p> </p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] http://www.khm.at/de/museum-fuer-voelkerkunde<br />
 
[2] http://www.volkskundemuseum.at/<br />
 
[3] http://www.hausdervoelker.com<br />
 
[4] http://www.smb.spk-berlin.de/smb/sammlungen/details.php?lang=de&amp;objID=56&amp;n=1&amp;r=4<br />
 
[5] http://www.smb.spk-berlin.de/smb/sammlungen/details.php?objectId=10<br />
 
[6] http://www.voelkerkunde-dresden.de/<br />
 
[7] http://www.mdw-frankfurt.de/Deutsch/<br />
 
[8] http://www.voelkerkundemuseum.com/index.php?id=41<br />
 
[9] http://www.voelkerkundemuseum-vpst.de/<br />
 
[10] http://www.museenkoeln.de/rautenstrauch-joest-museum/<br />
 
[11] http://www.mvl-grassimuseum.de/<br />
 
[12] http://www.voelkerkundemuseum-muenchen.de/inhalt/html/home.html<br />
 
[13] http://www.lindenmuseum.de/html/deutsch/home/home.php<br />
 
[14] http://www.ams-vemission.org//<br />
 
[15] http://www.quaibranly.fr/<br />
 
[16] http://www.museums-of-paris.com/musee_fr.php?code=274<br />
 
[17] http://www.meb.u-bordeaux2.fr/<br />
 
[18] http://www.museoartpremier.com/Marseille-MAAOA.html<br />
 
[19] http://www.musee-europemediterranee.org/fr<br />
 
[20] http://www.mkb.ch/de/home.html<br />
 
[21] http://www.kulturschloss.ch/view.php?n=3&amp;p=5<br />
 
[22] http://www.ville-ge.ch/meg/index.php<br />
 
[23] http://www.men.ch<br />
 
[24] http://www.musethno.uzh.ch/de/museum/das_museum.html<br />
 
[25] http://www.britishmuseum.org/default.aspx<br />
 
[26] http://www.peabody.harvard.edu/<br />
 
[27] http://www.liverpoolmuseums.org.uk/wml/<br />
 
[28] http://www.mnetnologia-ipmuseus.pt/<br />
 
[29] http://www.rmv.nl/<br />
 
[30] http://www.wereldmuseum.nl/<br />
 
[31] http://www.mdc.hr/etno/eng/index.html<br />
 
[32] http://www.cyberpursuits.com/anthro/lib-anth.asp<br />
 
[33] http://www.fowler.ucla.edu/incEngine/?content=main<br />
 
[34] http://www.si.edu/Museums/<br />
 
[35] http://www.nmafa.si.edu/index2.html<br />
 
[36] http://www.fieldmuseum.org/research_collections/anthropology/default.htm<br />
 
[37] http://www.mna.inah.gob.mx/<br />
 
[38] http://www.banrep.org/museo/esp/home.htm<br />
 
[39] http://www.minpaku.ac.jp/english/<br />
 
[40] http://www.vme.org.vn/aboutus_history.asp<br />
 
 
----
 
==4.4.2 Phonogrammarchiv==
 
 
<p>Eine wichtige Institution im Hinblick auf die Archivierung akustischer Daten ist das  <b>Phonogrammarchiv[1]</b>  der <b>&ouml;sterreichischen Akademie der Wissenschaften</b>, welches auch eine  <b>technische Beratung</b> sowie die <b>Unterst&uuml;tzung von Forschungsvorhaben</b> bietet.    </p>
 
<p>Weitere Kontaktstellen im deutschsprachigen Raum sind:</p>
 
<ul>
 
    <li><b>Das Berliner Lautarchiv[2]</b></li>
 
    <li><b>Das Phonogrammarchiv der Universit&auml;t Z&uuml;rich[3]</b></li>
 
</ul>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] http://www.pha.oeaw.ac.at/<br />
 
[2] http://publicus.culture.hu-berlin.de/lautarchiv/<br />
 
[3] http://www.phonogrammarchiv.uzh.ch/index.html<br />
 
 
----
 
==4.4.3 Institut für Kultur- und Sozialanthropologie==
 
 
<p>Auch das Wiener <b>Institut f&uuml;r Kultur- und Sozialanthropologie[1]</b>  besitzt eine Sammlung ausgew&auml;hlter  ethnographischer Objekte, von denen ein Teil in einer kleinen Schausammlung im Sitzungszimmer  des Instituts ausgestellt ist. </p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] http://www.univie.ac.at/ksa/<br />
 
 
----
 
==5 Der Prozess der Datenerhebung==
 
 
<p>Der Prozess der Datenerhebung kann sozialwissenschaftliche Verfahren, wie unterschiedliche  Formen der <b>Beobachtung[1]</b>,  der <b>Befragung[2]</b>,  von Experimenten, aber auch nicht reaktive Verfahren  umfassen.</p>
 
<p>Innerhalb der Kultur- und Sozialanthropologie ist die <b>ethnographische Feldforschung[3]</b>  das  <b>methodische Kernst&uuml;ck der Datenerhebungsverfahren</b>. Innerhalb der ethnographischen  Feldforschung  kommen im Sinne einer impliziten, flexiblen und am Feld orientierten  <b>Methodentriangualtion[4]</b>  <b>unterschiedliche Erhebungsstrategien </b>zum Einsatz, welche die  teilnehmende Beobachtung, unterschiedliche Formen von Befragung, aber auch die Analyse und  Dokumentation von schriftlichen Dokumenten und Artefakten umfasst.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.1.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.1.2<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.2<br />
 
[4] Siehe Kapitel 5.1.3<br />
 
 
----
 
==5.1 Strategien der Datenerhebung==
 
 
<p>Die <b>Strategien der Datenerhebung</b> in der qualitativen Sozialforschung beruhen im Normalfall auf  <b>spezifischen und gezielten Anwendungen von Verfahren</b>, die wir tagt&auml;glich einsetzen, um  uns in unserer sozialen Umwelt zu orientieren und zurechtzufinden sowie Informationen &uuml;ber sie in  Erfahrung zu bringen. Solche Strategien sind zum Beispiel Beobachten, Befragen, Diskutieren,  gezieltes Lesen und Experimentieren.</p>
 
<p>Im Gegensatz zum Alltag werden in der empirischen Sozialforschung solche Verfahren einerseits  bewusst und gezielt eingesetzt, andererseits wurden innerhalb der Bereiche von Beobachtung, Befragung, <b>Gruppendiskussion[1]</b>,  Experiment und Textanalyse unterschiedliche methodische  Strategien entwickelt und normiert.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.1.2.1.2<br />
 
 
----
 
==5.1.1 Formen der Beobachtung==
 
  
<p>Die Beobachtung ist ein Akt der <b>Kenntnisnahme eines Ph&auml;nomens </b>und des Sicherns von  Eindr&uuml;cken und Kenntnissen f&uuml;r wissenschaftliche oder andere Zwecke. Diese Kenntnisnahme  kann auf Basis aller <b>menschlichen Sinne</b> (Sehen, H&ouml;ren, Riechen, Tasten, Schmecken) erfolgen,  aber auch mittels <b>technischer Hilfsmittel</b> wie Photographie, Audio- und Videoaufzeichnungen.</p>
 
<p>Es k&ouml;nnen <b>unterschiedliche Formen der Beobachtung</b> unterschieden werden:</p>
 
<ul>
 
    <li>standardisierte vs. nicht standardisierte Beobachtung</li>
 
    <li>offene vs. verdeckte Beobachtung</li>
 
    <li>teilnehmende vs. nicht teilnehmende Beobachtung</li>
 
    <li>direkte vs. indirekte Beobachtung</li>
 
</ul>
 
<p> </p>
 
 
----
 
----
==5.1.1.1 Standardisierte Formen der Beobachtung==
+
[[#Qualitative Methoden der Kultur- und Sozialanthropologie|&uarr; Nach oben]]
 
 
<p>Wie auch bei anderen Datenerhebungsverfahren (z.B. <b>Befragung[1]</b>) kann Beobachtung sowohl  standardisiert, wie nicht standardisiert durchgef&uuml;hrt werden.</p>
 
<p>Bei einer <b>standardisierten Beobachtung</b> werden im Vorfeld der Beobachtung die <b>relevanten  Indikatoren und Kriterien festgelegt</b> und diese in Form von Beobachtungsb&ouml;gen (z.B. Beobachtungsbogen zur Erstellung eines <b>Entwicklungsprofils von Kindern[2]</b>), die bei der  Datenerhebung zum Einsatz kommen, verschriftlicht. Standardisierte Beobachtung kommt vor  allem im Rahmen der quantitativen Forschung zum Einsatz.</p>
 
<p>Innerhalb der ethnographischen Methoden kommen hingegen zumeist nicht standardisierte Formen  der Beobachtung zum Einsatz.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.1.2<br />
 
[2] Siehe Kapitel <br />
 
 
 
----
 
==5.1.1.1.1 Nicht standardisierte Formen der Beobachtung==
 
 
 
<p>Nicht standardisierte Formen der Beobachtung finden im <b>nat&uuml;rlichen Kontext </b>der  alltagsweltlichen Ereignisse <b>ohne Einschr&auml;nkung </b>durch vorgefertigte Kategorien, Indikatoren oder  spezifisch inszenierte Beobachtungsarrangements wie bei standardisierter Beobachtung,  Experimenten oder Labor-Studien statt.</p>
 
<p>Im Rahmen der <b>ethnographischen Feldforschung[1]</b>  werden nicht standardisierte Formen der  Beobachtung dazu eingesetzt, um die lebensweltlichen Konzepte, Erfahrungen und Strategien von  AkteurInnen im Feld kennen und nachvollziehen zu lernen und <b>deskriptiv dokumentieren[2]</b>  zu k&ouml;nnen.</p>
 
<p>Obwohl diese Form der Beobachtung offen und nicht standardisiert ist, so &auml;ndert sich im Laufe der  Feldforschung das Ausma&szlig; der <b>Fokussierung der Beobachtung</b>. </p>
 
<p>So unterscheiden etwa Adler und Adler (1998: 87)</p>
 
<ul>
 
    <li>Anfangsbeobachtungen</li>
 
    <li>fokussierte Beobachtungen</li>
 
    <li>und selektive Beobachtungen.</li>
 
</ul>
 
<p>Die <b>Anfangsbeobachtung</b> ist prim&auml;r <b>deskriptiv, unfokussiert und generell</b> orientiert. Sie  orientiert sich an allgemeinen Fragestellungen und der/die ForscherIn versucht sich in dieser Phase  eine erste <b>Grundorientierung im Feld </b>zu verschaffen.</p>
 
<p>Wenn man mit dem Feld vertrauter ist und zentrale soziale Gruppen und/oder Personen identifiziert  hat, geht man im Normalfall zu einer <b>fokussierten Beobachtung</b> &uuml;ber. Das hei&szlig;t, um bestimmte  Ph&auml;nomene besser zu verstehen richtet man die Aufmerksamkeit auf einen <b>begrenzteren  Ausschnitt des Feldes</b> um ein tieferes Verst&auml;ndnis von diesem zu erlangen. Im Bezug auf eine  bestimmte Gruppe von Personen kann dies bedeuten, dass man im Detail verstehen und  beschreiben will, wie sie sich verhalten, R&auml;umlichkeiten n&uuml;tzen, Gef&uuml;hle ausdr&uuml;cken, welche  Strukturen sie im Umgang miteinander ausbilden, wie sie die Welt wahrnehmen und ihr gegen&uuml;ber  handeln etc.</p>
 
<p>Auf Basis solcher Beobachtungen werden sich Grundannahmen des/der ForscherIn ver&auml;ndern,  er/sie wird <b>neue Hypothesen</b> f&uuml;r das Verst&auml;ndnis des Feldes generieren, welche schlie&szlig;lich in  <b>selektiven Beobachtungen </b>genauer &uuml;berpr&uuml;ft und verfeinert werden. Die Selektivit&auml;t dieser  Beobachtung besteht also in ihrem Bezug auf expliziten Annahmen und <b>Hypothesen[3]</b> und nicht  unbedingt in einer noch engeren Fokussierung auf begrenzte Teilausschnitte des Feldes.</p>
 
<p>In dieser Phase kann es vielmehr auch darum gehen, Annahmen &uuml;ber Beziehungen zwischen  einzelnen Teilbereichen des Feldes ethnographisch zu &uuml;berpr&uuml;fen und dokumentieren.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.3<br />
 
[3] http://www.univie.ac.at/ksa/elearning/cp/ksamethoden/ksamethoden-49.html<br />
 
 
 
----
 
==5.1.1.2 Teilnehmende und nicht teilnehmende Beobachtung==
 
 
 
<p>Die Unterscheidung zwischen teilnehmender und nicht teilnehmender Beobachtung bezieht sich  auf die <b>Rolle des/der ForscherIn</b> im Feld und das <b>Ausma&szlig; seiner/ihrer Involviertheit</b> in die  dort stattfindenden Aktivit&auml;ten. Diese Unterscheidung ist nicht als dichotome Differenz zu  verstehen, vielmehr handelt es sich um ein Kontinuum, dessen Endpunkte einerseits die reine  Beobachtung und andererseits die v&ouml;llige Teilnahme darstellen.</p>
 
<p>Als ForscherIn kann man also unterschiedliche Beobachtungsrollen einnehmen und diese im Laufe  der Feldforschung auch ver&auml;ndern. &Uuml;blicherweise wechseln sich im Verlauf einer Feldforschung  Phasen der intensiven Teilnahme mit solchen der distanzierteren Beobachtung der Vorkommnisse  im Feld ab.</p>
 
----
 
==5.1.1.2.1 Beobachtungsrollen==
 
 
 
<p>&Uuml;blicherweise nimmt man im Laufe einer Feldforschung<b> zu unterschiedlichen Zeitpunkten  unterschiedliche Rollen</b> ein:</p>
 
<ul>
 
    <li>v&ouml;llige Teilnahme</li>
 
    <li>teilnehmende Beobachtung</li>
 
    <li>beobachtende Teilnahme</li>
 
    <li>nicht teilnehmende Beobachtung</li>
 
</ul>
 
<p>Gerade aus diesem Rollenwechsel zwischen distanzierter Betrachtung und Reflexion und dem  Aufgehen im Feld als lokale/r AkteurIn (going native) entsteht ein umfassendes und vielschichtiges  Bild des untersuchten Feldes.</p>
 
<p>Aus der Sicht ethnographischer Feldforschung sind Beobachtungen, die <b>ausschlie&szlig;lich auf nicht  teilnehmender Beobachtung</b> oder auf <b>v&ouml;lliger Teilnahme</b> beruhen, <b>problematisch</b>.</p>
 
<p>Ausschlie&szlig;lich nicht teilnehmende Beobachtung bedeutet keinerlei direkten Kontakt, emotionale  Beziehungen und pers&ouml;nliche Auseinandersetzungen mit den Personen im Feld einzugehen. Dies  hat im Normalfall ein <b>Festhalten an eigenen Beobachtungskategorien</b> zur Folge, wobei  Chancen f&uuml;r deren interaktive &Uuml;berpr&uuml;fung und Revidierung in direkter Auseinandersetzung mit den  Personen im Feld ungenutzt bleiben.</p>
 
<p>Im Gegensatz dazu birgt die <b>v&ouml;llige Teilnahme</b> ohne Wechsel in andere Rollen die Gefahr in  sich, dass es zwar zu intensivem direktem Kontakt, emotionalen Beziehungen und pers&ouml;nlichen  Auseinadersetzungen kommt, diese aber &uuml;ber die Ebene oft nicht weiter reflektierter, pers&ouml;nlicher  Erfahrungen nicht hinaus gehen. Eine dauerhafte v&ouml;llige Teilnahme ohne <b>systematische (Selbst-)Beobachtung</b> schlie&szlig;t auch aus, dass es zu einer Transformation von gemachten Erfahrungen in  analysierbare Daten kommt. Damit w&auml;re eine zentrale Grundlage der ethnographischen  Feldforschung als Datenerhebungsstrategie nicht gew&auml;hrleistet.  </p>
 
----
 
==5.1.1.3 Direkte und indirekte Beobachtung==
 
 
 
<p>W&auml;hrend sich die Unterscheidung von <b>teilnehmender und nicht teilnehmender Beobachtung[1]</b>  auf das  Ausma&szlig; der Involviertheit des/der ForscherIn im Feld bezieht, geht es bei der Unterscheidung  zwischen direkter und indirekter Beobachtung um die Frage, ob der/die ForscherIn w&auml;hrend der  Beobachtung auch f&uuml;r die Beobachteten wahrnehmbar und pr&auml;sent ist. Bei <b>indirekter  Beobachtung</b> ist eine solche <b>wahrnehmbare Pr&auml;senz nicht gegeben</b>. Dies ist z.B. in  Laborversuchen der Fall oder aber bei Beobachtungen via Audio- bzw. Video&uuml;bertragungen bzw.  von - Aufzeichnungen. Im Normalfall ist eine<b> indirekte</b> also eine <b>nicht teilnehmende</b>  Beobachtung.</p>
 
<p>Im Rahmen ethnographischer Feldforschung haben wir es im Normalfall mit <b>direkten  Beobachtungen</b> zu tun.</p>
 
<p>Unter Bedingungen neuer technischer M&ouml;glichkeiten und Kommunikationsmedien besteht die  M&ouml;glichkeit, dass sich dieses Verh&auml;ltnis im Rahmen der Cyber- und Media Anthropology auch  anders gestaltet.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.1.1.2<br />
 
 
 
----
 
==5.1.1.4 Offene und verdeckte Beobachtung==
 
 
 
<p>Die Unterscheidung zwischen offener und verdeckter Beobachtung bezieht sich auf die  <b>Offenlegung der Rolle des/der ForscherIn</b>. Bei verdeckter Beobachtung sind die Beobachteten  nicht &uuml;ber die Forschungst&auml;tigkeit aufgekl&auml;rt. In wieweit verdeckte Beobachtung legitim ist, ist eine  forschungsethische Frage und h&auml;ngt vom Untersuchungsgegenstand ab. Wenn man sich z.B. der  ethnographischen Erforschung &ouml;ffentlicher Pl&auml;tze widmet, wird und kann die Beobachtung nicht  durchgehend offen erfolgen. Als sensible/r ForscherIn sollte man sich aber bewusst sein, dass die  Grenze zwischen &ouml;ffentlich und privat kulturell unterschiedlich gezogen wird und innerhalb  &ouml;ffentlicher R&auml;ume auch private bzw. intime &quot;Bereichsblasen&quot; (Lofland 1994) geschaffen werden.</p>
 
<p>Jenseits der Unterscheidung von offener und verdeckter Beobachtung stellt sich insbesondere im  Rahmen der ethnographischen Feldforschung die Frage der Informationspolitik gegen&uuml;ber den  Beforschten, deren Zustimmung und M&ouml;glichkeiten zur Mitbestimmung, das hei&szlig;t zur Partizipation  und aktiven Mitgestaltung des Forschungsprozesses.</p>
 
----
 
==5.1.1.5 Literatur==
 
 
 
<p>Lofland, L. (1994) Observations and observers conflict: Field research in the public realm. In S.  Cahill &amp; l. Lofland (Hg.), <i>The community of the streets</i>. Greenwich, CT: JAI.</p>
 
<p>Adler, Patricia A. und Peter Adler (1998) Observational Techniques. In: Denzin, Norman K. &amp;  Yvonna S. Lincoln (Hg.): <i>Handbook of Qualitative Research</i>. Sage: London, S. 377-392.</p>
 
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==5.1.2 Formen von Befragungen==
 
 
 
<p>Grundlage einer Befragung ist mittels <b>sprachlicher</b> <b>Interventionen</b> (m&uuml;ndlich bzw. schriftlich)  <b>Reaktionen bei den Interviewten</b> auszul&ouml;sen, mit dem Ziel, bestimmte <b>inhaltlich thematische  Angaben und Informationen</b> zu gewinnen.</p>
 
<p>In der sozialwissenschaftlichen Methodenliteratur wird eine enorme Vielfalt unterschiedlicher  <b>Befragungstechniken bzw. Interviewarten[1]</b>  unterschieden. Zentrale Dimensionen, die diesen  verschiedenen Befragungsarten zu Grunde liegen, sind:</p>
 
<ul>
 
    <li>Art und Ausma&szlig; der <b>Standardisierung[2]</b></li>
 
    <li><b>Stil der Kommunikation [3]</b></li>
 
    <li><b>Einzel- vs. Gruppeninterview[4]</b></li>
 
    <li><b>Form und Medium[5]</b>  der Kommunikation</li>
 
    <li><b>Zielsetzung[6]</b>  des Interviews</li>
 
</ul>
 
 
 
<p>Die meisten der in der Literatur unterschiedenen Interviewarten beziehen sich zumindest auf eine  der genannten Dimensionen. So verweisen Begriffe wie <b>offenes, teilstandardisiertes </b>oder<b>  standardisiertes Interview</b> auf die erste der oben genannten Dimensionen. Die Unterscheidung  von <b>harten, neutralen und weichen Interviews</b> bezieht sich auf den Stil der Kommunikation,  w&auml;hrend sich z.B. <b>m&uuml;ndliche, schriftliche, postalische, telefonische </b>und<b>  face-to-face  Interviews</b> auf die Form und das verwendete Medium der Kommunikation beziehen. Die  Zielsetzungen von Befragungen k&ouml;nnen sich auf die quantitative Feststellung <b>empirischer Varianz</b>  oder das verstehende <b>Nachvollziehen lebensweltlicher Zusammenh&auml;nge</b> beziehen. Etliche  Interviewarten definieren sich nicht nur in Bezug auf eine dieser Dimensionen, sondern kombinieren  spezifische Auspr&auml;gungen dieser Dimensionen.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.1.2.2<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.1.2.1.1<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.1.2.1.4<br />
 
[4] Siehe Kapitel 5.1.2.1.2<br />
 
[5] Siehe Kapitel 5.1.2.1.3<br />
 
[6] Siehe Kapitel 5.1.2.1.6<br />
 
 
 
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==5.1.2.1 Unterscheidungskriterien qualitativer Interviews==
 
 
 
<p>Qualitative Interviews k&ouml;nnen nach <b>verschiedenen Kriterien </b>unterschieden werden. Dazu z&auml;hlen  insbesondere:</p>
 
<ul>
 
    <li>das <strong>Ausma&szlig; der Standardisierung</strong> (Strukturierung),</li>
 
    <li>die Frage ob eine oder mehrere Personen gleichzeitig interviewt werden (<strong>Einzel- vs.  Gruppeninterview</strong>),</li>
 
    <li>ob die Befragung <strong>m&uuml;ndlich </strong>und<strong> face-to-face</strong> oder <strong>technisch vermittelt</strong> und <strong>schriftlich</strong>  durchgef&uuml;hrt wird (<strong>Form und Medium der Kommunikation</strong>),</li>
 
    <li><strong>Stil der Kommunikation</strong>,</li>
 
    <li>die <strong>Frageform</strong> und</li>
 
    <li>die<strong> Zielsetzung des Interviews</strong>.</li>
 
</ul>
 
----
 
==5.1.2.1.1 Strukturierung==
 
 
 
<p>Befragungen k&ouml;nnen in unterschiedlichem Ausma&szlig; strukturiert sein. So kann man aus der Sicht  des/der InterviewerIn</p>
 
<ul>
 
    <li><b>informelle Gespr&auml;che</b></li>
 
    <li><b>nichtstrukturierte</b></li>
 
    <li><b>teilsturkturierte</b></li>
 
    <li>und<b> vollstrukturierte Interviews</b> unterscheiden.</li>
 
</ul>
 
<p>Je weniger eine Befragung von dem/der InterviewerIn vorstrukturiert ist, desto mehr  Strukturierungsm&ouml;glichkeiten werden im Zuge der Befragung dem/der Interviewten einger&auml;umt.</p>
 
<p>An einem Ende des Kontinuums befinden sich<b> vollstrukturierte schriftliche Frageb&ouml;gen mit  geschlossenen Fragen</b>, das hei&szlig;t vorgegebenen Antwortkategorien. Der Freiheit des/der  Interviewten eigene Ideen, Themen oder Ansichten einzubringen und &uuml;ber diese in eigenen  Kategorien zu berichten wird hier kein Platz einger&auml;umt. Diese Art der vollstandardisierten  Befragung kommt in gro&szlig; angelegten Untersuchungen im Rahmen der quantitativen  Sozialforschung zum Einsatz.</p>
 
<p>Am anderen Ende des Kontinuums befinden sich <b>informelle Interviews bzw. Gespr&auml;che[1]</b>,  die sich  v&ouml;llig <b>unstrukturiert und zuf&auml;llig</b> in unterschiedlichen sozialen Feldern ergeben. Daf&uuml;r werden in  der Literatur unterschiedliche Begrifflichkeiten verwendet. Bernard (2002: 204) spricht vom  informellen Interviewen, Lamnek (2005) vom <b>rezeptiven Interview[2]</b>  und Girtler (2001) vom <b>ero-epischen Gespr&auml;ch[3]</b>. Da diese Gespr&auml;che in keinem speziell vereinbarten Rahmen (Zeitpunkt, Ort des Interviews) stattfinden und die Gespr&auml;chspartnerInnen die Situation nicht immer als  Forschungssituation wahrnehmen, handelt es sich um ungeplant stattfindende Gespr&auml;che im Zuge  der ethnographischen Feldforschung. Eine Strategie, informelle freundschaftliche Gespr&auml;che in  formelle Interviews zu transformieren, stellt das <b>ethnographische Interview[4]</b>  nach Spradley (1979) dar.</p>
 
<p>Im Gegensatz zu diesen ungeplanten Befragungen, empfiehlt es sich, bei <b>geplanten und  vereinbarten Befragungen</b> von Interviews zu sprechen. Diese k&ouml;nnen in unterschiedlichem  Ausma&szlig; und nach unterschiedlichen Kriterien strukturiert sein. Das betrifft das Ausma&szlig; der  Fokussierung auf einen bestimmten Themenbereich, die Anzahl im Vorfeld explizierter Fragen, die  Abfolge dieser Fragen und die Offenheit bzw. Geschlossenheit der Antwortm&ouml;glichkeiten. Bei  unstrukturierten offenen und/oder <b>narrativen Interviews[5]</b>  beschr&auml;nkt sich die Standardisierung auf die<b>  Festlegung eines Themas</b> und die <b>Formulierung eines Eingangsstatements</b>, welches den/die  Interviewte/n auffordert zu erz&auml;hlen. Im weiteren Interviewverlauf werden von dem/der InterviewerIn  Interventionen gesetzt, die den Fortgang des Erz&auml;hlflusses unterst&uuml;tzen, zu weiteren  Spezifizierungen auffordern, etc. Es ist aber der/die Interviewte, welcheR die Strukturierung der  Erz&auml;hlung vornimmt. </p>
 
<p>Bei <strong>teilstrukturierten Interviews</strong> bedient man sich eines Interviewleitfadens, der die Fragen, nicht  aber die Antwortm&ouml;glichkeiten vorgibt. Auch beim Einsatz eines Interviewleitfadens kann in  unterschiedlichem Ausma&szlig; strukturiert bzw. unstrukturiert erfolgen. In seiner unstrukturiertesten  Anwendungsweise stellt der Leitfaden nur einen Pool von Fragen zur Verf&uuml;gung, die nach  M&ouml;glichkeit gestellt werden sollen. In einer strukturierteren Form m&uuml;ssen zumindest alle Fragen  des Leitfadens gestellt werden und in der strukturiertesten Form m&uuml;ssen nicht nur alle Fragen des  Leitfadens gestellt werden, sondern auch eine vom Leitfaden vorgegebene Abfolge der Fragen muss  eingehalten werden.</p>
 
<p>In der qualitativen Sozialforschung kommen Fragen mit bereits im Vorfeld definierten  Antwortkategorien kaum zum Einsatz.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.1.2.2.2<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.1.2.2.2.1<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.1.2.2.2.2<br />
 
[4] Siehe Kapitel 5.1.2.2.4<br />
 
[5] Siehe Kapitel 5.1.2.2.3.3<br />
 
 
 
----
 
==5.1.2.1.2 Einzel- vs. Gruppeninterviews/Diskussionen==
 
 
 
<p>Mittels qualitativer Befragungen k&ouml;nnen sowohl Einzelpersonen wie auch Gruppen untersucht  werden. In Feldforschungssituationen ist diese Trennung nicht immer leicht herzustellen. Wenn  man ganz gezielt <b>Einzelinterviews</b> f&uuml;hren will, sollte man gew&auml;hrleisten, dass diese <b>au&szlig;erhalb  des &uuml;blichen sozialen Umfeldes</b> (Familie, Freunde, etc.) stattfinden. Gr&uuml;nde, die f&uuml;r ein solches  Vorgehen sprechen, k&ouml;nnen sein:</p>
 
<ul>
 
    <li>dass man die <b>pers&ouml;nliche Meinung</b> eines/r Befragten jenseits eines sozialen Gruppendrucks  erkunden will.</li>
 
    <li>Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn man bestimmte Personengruppen (Frauen,  Jugendliche, Kinder,...) befragen will, denen auf Grund existierender<b> soziokultureller  Hierarchien</b> die Kompetenz abgesprochen wird, zu einem bestimmten Thema ihre Meinung  zu &auml;u&szlig;ern.</li>
 
</ul>
 
<p> </p>
 
<p>Gegen eine streng individualisierte Befragung spricht jedoch, dass der nat&uuml;rliche lebensweltliche  soziale Kontext, der selbst eine reichhaltige Informationsquelle darstellt, verloren geht. Bei  <b>Gruppenbefragungen</b> werden immer auch die <b>soziale Dynamik </b>und die<b> sozialen  Beziehungen innerhalb der Gruppe </b>unabh&auml;ngig vom spezifischen Thema der Befragung  sichtbar. Es ist auch zu beachten, dass sich Meinungen, Einstellungen und Orientierungen oft erst  situativ innerhalb des von dem/der ForscherIn initiierten Gruppendiskussionskontextes  herausbilden. Die Kultur- und Sozialanthropologie versucht Gruppeninterviews und  Gruppendiskussionen zumeist <b>innerhalb nat&uuml;rlich vorkommender sozialer Gebilde</b> (Vereine,  Kooperativen, Familien, Freundeskreisen, etc.) durchzuf&uuml;hren und damit die kollektiv verankerten  Orientierungen dieser Gruppe zu ergr&uuml;nden. Im Gegensatz dazu stehen Verfahren, die solche  Gruppen nach bestimmten vorher festgelegten Kriterien zusammensetzen, wie dies etwa bei  <b>Fokusgruppen[1]</b>  der Fall ist.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel <br />
 
 
 
----
 
==5.1.2.1.3 Form und Medium der Befragung==
 
 
 
<p>Die Form der Befragung kann <b>schriftlich </b>oder <b>m&uuml;ndlich</b> erfolgen und sich dabei  <b>unterschiedlicher Medien</b> bedienen.</p>
 
<p>M&uuml;ndliche Befragungen k&ouml;nnen in <b>face-to-face Interaktionen</b> durchgef&uuml;hrt werden, es kann sich  aber auch um <b>technisch vermittelte Befragungen </b>wie Telefoninterviews oder Interviews via  Internet und Webcams handeln. Das hei&szlig;t, qualitative m&uuml;ndliche Befragungen beruhen auf  r&auml;umlicher oder virtueller Kopr&auml;senz, die eine <b>unmittelbare gegenseitige Wahrnehmbarkeit</b>  des/der Interviewten und des/der InterviewerIn erm&ouml;glichen.</p>
 
<p>Nicht- oder teilstrukturierte <b>schriftliche Befragungen</b> k&ouml;nnen innerhalb der qualitativen  Sozialforschung sowohl <b>asynchron</b> z.B. in Form von Briefen, e-Mails, oder Diskussionsforen, wie  auch <b>synchron </b>in Form von Chats zum Einsatz kommen.</p>
 
----
 
==5.1.2.1.4 Stil der Kommunikation==
 
 
 
<p>Man kann Interviews auch nach dem Stil der Kommunikation, also nach dem Interviewerverhalten  unterscheiden.</p>
 
<p>Lamnek (2005: 343f) unterscheidet etwa</p>
 
<ul>
 
    <li><b>weiche</b>,</li>
 
    <li><b>harte</b></li>
 
    <li>und <b>neutrale Interviews</b></li>
 
</ul>
 
<p>und stellt gleichzeitig fest, dass die in der qualitativen Sozialforschung anwendbare Methode &bdquo;nur  die weichen bis neutralen Interviews&ldquo; umfasst. W&auml;hrend das <b>neutrale Interview </b>&bdquo;den  unpers&ouml;nlich-sachlichen Charakter der Befragung, die Einmaligkeit der Kommunikation und die<b>  soziale Distanz zwischen den Befragungspartnern</b> betont&ldquo; (Koolwijk 1994: 17 zit. nach  Lamnek 2005: 344), versucht das <b>weiche Interview </b>&bdquo;das sympathisierende Verst&auml;ndnis f&uuml;r die  spezielle Situation des Befragten zum Ausdruck zu bringen&ldquo; (ebd.: 343) und ein  <b>Vertrauensverh&auml;ltnis zum/zur Befragten </b>zu entwickeln (siehe auch Bernard 1998: 346). </p>
 
----
 
==5.1.2.1.5 Frageformen==
 
 
 
<p>W&auml;hrend in der <b>quantitativen Sozialforschung</b> vorwiegend <b>geschlossene Fragen</b> mit  <b>vorgegebenen Antwortkategorien</b> Verwendung finden, ist der Interviewverlauf innerhalb der  <b>qualitativen Sozialforschung</b> durch die Verwendung <b>offener Fragen</b> charakterisiert. Offene  Fragen geben <b>keine Antwortm&ouml;glichkeiten</b> vor und lassen dem/der Befragten gr&ouml;&szlig;eren  Spielraum mittels eigener Formulierungen, Fakten und  illustrativen Beispielen die f&uuml;r ihn/sie  relevanten Bedeutungszusammenh&auml;nge darzustellen. Bei offenen, unstrukturierten Befragungen,  die wie z.B. das <b>narrative Interview[1]</b> darauf abzielen, Erz&auml;hlungen zu generieren, beschr&auml;nken sich  die Interventionen des/der InterviewerIn auf so genannte erz&auml;hlungsgenerierende Einstiegsfragen  und auf Interesse und Aufmerksamkeit signalisierende &Auml;u&szlig;erungen, die den <b>Erz&auml;hlfluss  stimulieren</b> und aufrechterhalten, aber auch weitere Explikationen anregen sollen.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.1.2.2.3.3<br />
 
 
 
----
 
==5.1.2.1.6 Zielsetzung==
 
 
 
<p>W&auml;hrend in der <b>quantitativen Sozialforschung</b> das Ziel der Befragung die <b>Feststellung der  H&auml;ufigkeit</b> empirischer Auspr&auml;gungen an Hand vordefinierter Indikatoren und Fragestellungen ist,  wird in der <b>qualitativen Forschung</b> das Ziel verfolgt, die <b>Lebenswelten, Sichtweisen und die  emischen Kategorien</b> der Interviewten verstehend zu erschlie&szlig;en.</p>
 
----
 
==5.1.2.2 Beispiele für qualitative Interviewverfahren==
 
 
 
<p>In der sozialwissenschaftlichen und insbesondere soziologischen Methodenliteratur findet sich ein  Wildwuchs unterschiedlicher Interviewarten, von denen hier ohne Anspruch auf Vollst&auml;ndigkeit  exemplarisch einige genannt werden sollen:</p>
 
<ul>
 
    <li><b>ExpertInneninterview[1]</b></li>
 
    <li>ethnographisches Interview</li>
 
    <li>diskursives Interview</li>
 
    <li>episodisches Interview</li>
 
    <li>evaluatives Interview</li>
 
    <li>fokussiertes Interview</li>
 
    <li><b>problemzentriertes Interview[2]</b></li>
 
    <li><b>narratives Interview[3]</b></li>
 
    <li>biografisches Interview</li>
 
    <li>informatorisches Interview</li>
 
    <li>analytisches Interview</li>
 
    <li>diagnostisches Interview</li>
 
    <li>klinisches Interview</li>
 
    <li>Struktur- oder Dilemmainterview</li>
 
    <li><b>rezeptives Interview[4]</b></li>
 
    <li>assoziatives Interview</li>
 
    <li><b>ero-episches Gespr&auml;ch[5]</b></li>
 
    <li>Tiefeninterview</li>
 
    <li>ermittelndes Interview</li>
 
    <li>freies Interview</li>
 
    <li>gelenktes Interview</li>
 
    <li><b>halbstandardisiertes Interview[6]</b></li>
 
    <li><b>hartes Interview[7]</b></li>
 
    <li>individuelles Interview</li>
 
    <li><b>neutrales Interview[8]</b></li>
 
    <li><b>offenes Interview[9]</b></li>
 
    <li>pers&ouml;nliches Interview</li>
 
    <li>postalisches Interview</li>
 
    <li><b>schriftliches Interview[10]</b></li>
 
    <li><b>standardisiertes Interview[11]</b></li>
 
    <li><b>strukturiertes Interview[12]</b></li>
 
    <li><b>unstrukturiertes Interview[13]</b></li>
 
    <li><b>telefonisches Interview[14]</b></li>
 
    <li><b>weiches Interview[15]</b></li>
 
    <li>zentriertes Interview</li>
 
</ul>
 
<p> </p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.1.2.2.3.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.1.2.2.3.2<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.1.2.2.3.3<br />
 
[4] Siehe Kapitel 5.1.2.2.2.1<br />
 
[5] Siehe Kapitel 5.1.2.2.2.2<br />
 
[6] Siehe Kapitel 5.1.2.1.5<br />
 
[7] Siehe Kapitel 5.1.2.1.4<br />
 
[8] Siehe Kapitel 5.1.2.1.4<br />
 
[9] Siehe Kapitel 5.1.2.1.5<br />
 
[10] Siehe Kapitel 5.1.2.1.3<br />
 
[11] Siehe Kapitel 5.1.2.1.5<br />
 
[12] Siehe Kapitel 5.1.2.1.1<br />
 
[13] Siehe Kapitel 5.1.2.1.1<br />
 
[14] Siehe Kapitel 5.1.2.1.3<br />
 
[15] Siehe Kapitel 5.1.2.1.4<br />
 
 
 
----
 
==5.1.2.2.1 Biographische Interviews==
 
 
 
<p><b>Literaturhinweise:</b></p>
 
<p>Fischer-Rosenthal, Wolfram und Gabriele Rosenthal (1997) Narrationsanalyse biographischer  Selbstpr&auml;sentation. In: Hitzler, R.; Honer, A. (Hg.) <i>Sozialwissenschaftliche Hermeneutik. Eine  Einf&uuml;hrung</i>. Opladen, S. 133-165.</p>
 
<p>Fischer-Rosenthal, Wolfram und Gabriele Rosenthal (1997) Warum Biographieforschung und  wie man sie macht. In: <i>Zeitschrift f&uuml;r Sozialisationsforschung und Erziehungssoziologie</i>17, S.  405-427.</p>
 
<p>Sch&uuml;tze, Fritz (1983) Biographieforschung und narratives Interview. In: <i>Neue Praxis</i> 3, S. 283-293.</p>
 
----
 
==5.1.2.2.2 Formen informeller Gespräche==
 
 
 
<p>Hauptkriterium informeller Interviews bzw. Gespr&auml;che ist, dass sie sich <b>zuf&auml;llig in  unterschiedlichen sozialen Feldern </b>ergeben. Sie zeichnen sich durch eine weitgehende  <b>Unstrukturiertheit</b> von Seiten des/der InterviewerIn aus. Es sind vielmehr die <b>Befragten, die den  zentralen Beitrag zur Strukturierung</b> des Gespr&auml;chs leisten.</p>
 
<p>Formen informeller Interviews unterscheiden sich insbesondere durch das <b>Ausma&szlig; der  Beteiligung</b> und des aktiven Beitrags <b>des/der Forschers/in am Gespr&auml;ch</b>. W&auml;hrend sich beim <strong>rezeptiven Interview</strong> der/die InterviewerIn als SprecherIn weitgehend zur&uuml;cknimmt und zuh&ouml;rt, hat  er/sie beim <strong>ero-epischen Gespr&auml;ch</strong> eine aktive Rolle inne und bringt seine/ihre eigene Geschichte  und Meinung ins Gespr&auml;ch mit ein. Das Konzept des ero-epischen Gespr&auml;chs geht davon aus,  dass man seine <b>Rolle als FeldforscherIn[1]</b>  im Feld bereits definiert und explizit gemacht hat, weshalb  diese im Rahmen des Gespr&auml;chs thematisiert werden kann, aber nicht zum Thema werden muss.  Das rezeptive Interview kann hingegen auch verdeckt eingesetzt werden.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.1.1.2.1<br />
 
 
 
----
 
==5.1.2.2.2.1 Das rezeptive Interview==
 
 
 
<p>
 
Das rezeptive Interview (nach Kleining 1988) zeichnet sich, wie der Name bereits impliziert,
 
dadurch aus, dass die <b>interviewende Person vornehmlich als ZuhörerIn auftritt</b> und sich <b>als
 
FragestellerIn vollkommen zurück nimmt</b>. Somit kann es in seiner <b>einseitigen
 
Kommunikationsbeziehung als eine Extremform der qualitativen Befragung</b> betrachtet
 
werden, da es durch seine Befragtenzentriertheit neben den Antwortmöglichkeiten sogar die
 
Themenwahl den befragten Personen überlässt und somit vollkommen von deren Lebenswelt
 
determiniert ist.
 
</p>
 
<p>
 
Voraussetzung für diese Form des einseitigen Gesprächs ist ein lockeres und nicht autoritäres
 
Klima zwischen ForscherIn und befragter Person, da ohne diese eine <b>asymmetrische
 
Kommunikation</b>, in der &quot;der/die Interviewte&quot; einfach erzählt und der/die InterviewerIn nur zuhört,
 
unwahrscheinlich ist.
 
</p>
 
<p>
 
Der Intervieweinstieg kann von der Auskunftsperson selbst übernommen werden, in dem sie von
 
sich aus ein Gespräch beginnt oder aber die/der ForscherIn leitet durch eine sehr allgemeine, aber
 
gleichzeitig gegenstandsorientierte Frage ein Gespräch ein, das sich in Folge in ein rezeptives
 
Interview transformiert. Für beides gilt, dass sich die ForscherInnen zurücknehmen, verbal
 
möglichst wenig eingreifen und den Erzählfluss durch aktives Zuhören (eine positiv bestärkende
 
Mimik und Gestik) stimulieren. Vor allem sollte der Eindruck vermieden werden, dass die befragte
 
Person &#8222;ausgehorcht&#8220; (Lamnek 2005: 379) wird.
 
</p>
 
<p>
 
In seiner an Alltagskommunikation orientierter Form eignet sich das rezeptive Interview besonders
 
für<b> schwer zugängliche und tabuisierte Untersuchungsgegenstände</b> und besitzt
 
<b>exploratives Potential</b>.
 
</p>
 
<p>
 
Im Unterschied zu den meisten anderen Interviewtechniken werden die Personen im rezeptiven
 
Interview nicht über Inhalt, Gegenstand und Form der Befragung aufgeklärt, was laut Kleining den
 
Vorteil bringt, dass die Natürlichkeit des sozialen Feldes nicht verändert wird und somit die sonst
 
gegebene Reaktivität und den Einfluss des/der Befragenden minimal gehalten werden können.
 
Insofern wird es auch im Rahmen <b>verdeckter Forschung [1]</b> eingesetzt, die besondere ethische
 
Probleme aufwirft.
 
</p>
 
<p>
 
</p>
 
<p>
 
Lamnek, Siegfried (2005) <i>Qualitative Sozialforschung</i>. Beltz PVU: Weinheim, Basel. S. 373-382.
 
</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.1.1.4<br />
 
 
 
----
 
==5.1.2.2.2.2 Das ero-epische Gespräch==
 
 
 
<p>
 
Der Begriff des <b>ero-epischen Gesprächs</b> (nach Girtler) setzt sich aus den zwei altgriechischen
 
Wörtern Erotema (Frage) bzw. erotemai (fragen, befragen, nachforschen) und Epos (Erzählung,
 
Nachricht, Kunde, aber auch Götterspruch) zusammen.
 
</p>
 
<p>
 
Grundlegend für diese Art des Forschungsgesprächs ist, dass sich sowohl der/die Befragte als
 
auch der/die ForscherIn öffnen und ins Gespräch einbringen. Dadurch, dass der/die ForscherIn
 
auch von sich erzählt (z.B. über die Arbeitsweise, das Forschungsinteresse oder von eigenen
 
Erlebnissen das Thema betreffend) wird einerseits eine <b>lockere, vertraute und persönliche
 
Gesprächsebene</b> geschaffen und gleichzeitig der/die GesprächspartnerIn angeregt, von sich
 
selbst zu erzählen. Die Fragen ergeben sich aus der Situation und werden nie im Vorhinein
 
festgelegt. Zudem bringt der/die Fragende das Gegenüber nie in Zugzwang und unter Antwortdruck
 
(wie es bei anderen Interviewarten wie z.B. dem <b>narrativen Interview[1]</b> der Fall ist), die Personen sollen von selbst zu erzählen beginnen, wobei sich der/die ForscherIn von dem/der
 
GesprächspartnerIn leiten lässt. Problematisch ist, dass laut Girtler auch die Anwendung von
 
<b>Suggestivfragen </b>erlaubt ist, was zu tendenziösen Forschungsergebnissen führen kann. Girtler
 
hingegen betrachtet Suggestivfragen als oftmals sehr aufschlussreich, da sie zu weiteren bisher
 
noch nicht gegebenen Informationen ermuntern können (&quot;Suggestivfragen bzw. ähnliche das
 
Gespräch diktierende Fragen sind auch dann zu empfehlen, wenn der Interviewer durch eine
 
bewusst falsche Unterstellung den Interviewten zu weiteren Informationen anregen will.&quot; [Girtler
 
2001: 160]). Bedeutend ist jedoch, den/die Befragte/n als <b>gleichwertige/n GesprächspartnerIn
 
und ExpertenIn des Feldes</b> anzusehen.
 
</p>
 
<p>
 
</p>
 
<p>
 
Girtler, Roland (2001) <i>Methoden der Feldforschung</i>. Böhlau: Wien, S. 147-168.
 
   
 
 
 
</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.1.2.2.3.3<br />
 
 
 
----
 
==5.1.2.2.3 Formen formeller Interviews==
 
 
 
<p>
 
Im Gegensatz zur Unstrukturierteheit und dem zufälligen Zustandekommen der informellen
 
Gespräche zeichnen sich <b>formelle Interviews</b> durch eine <b>bewusste Planung</b> aus. Diese beginnt
 
mit der Vereinbarung eines Interviewtermins bzw. der gemeinsamen Definition einer
 
Interviewsituation. Sowohl InterviewerIn wie Interviewte/r sind sich also darüber im Klaren, dass es
 
sich um ein Interview, das heißt eine Befragungssituation handelt, die sich von üblichen
 
alltagsweltlichen Kommunikationsformen unterscheidet. Die Gestaltung dieser
 
Befragungssituationen kann deutliche Unterschiede aufweisen, in Bezug auf
 
<ul>
 
<li>die <b>Strukturierung [1]</b> des Interviews,</li>
 
<li>die <b>Anzahl der interviewten Personen[2]</b>,</li>
 
<li>die eingesetzten <b>Medien und die Form der Befragung[3]</b>,</li>
 
<li>den <b>Stil der Kommunikation[4]</b>,</li>
 
<li>die <b>Frageformen[5]</b>,</li>
 
<li>und die <b>Zielsetzungen[6]</b>.</li>
 
</ul>
 
</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.1.2.1.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.1.2.1.2<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.1.2.1.3<br />
 
[4] Siehe Kapitel 5.1.2.1.4<br />
 
[5] Siehe Kapitel 5.1.2.1.5<br />
 
[6] Siehe Kapitel 5.1.2.1.6<br />
 
 
 
----
 
==5.1.2.2.3.1 Das ExpertInneninterview==
 
 
 
<p>Bei ExpertInneninterviews handelt es sich im Normalfall um <b>Leitfaden gest&uuml;tzte, offene  Interviews</b>, das hei&szlig;t, man versucht im Vorfeld eine Vorstrukturierung zentraler Fragestellungen  und Themen vorzunehmen, um gegen&uuml;ber den ExpertenInnen auch als kompetente/r  Gespr&auml;chspartnerIn auftreten zu k&ouml;nnen. Der Leitfaden wird in der Regel flexibel und nicht als  standardisiertes Frageschema eingesetzt. Als InterviewerIn ist man offen f&uuml;r neue Themen und  Inhalte, die durch den/die Interviewte/n eingebracht werden.</p>
 
<p>Die Unterscheidung zwischen ExpertInnen und Laien ist nicht immer eindeutig und einfach zu  treffen, im Normalfall geht man davon aus, dass<b> ExpertInnen </b>&uuml;ber eine besondere Expertise und  damit verbundenes <b>Sonderwissen</b> verf&uuml;gen, welches oft an bestimmte <b>sozial institutionalisierte  Rollen</b> (Berufe, DorfvorsteherIn, HeilerInnen etc.) gebunden ist. Zudem wird der/die ExpertIn nicht  als Einzelfall, sondern als <b>Repr&auml;sentantIn einer Gruppe</b> bestimmter ExpertInnen betrachtet.</p>
 
<p>Eine kritische Auseinandersetzung mit dem ExpertInneninterview als eigenst&auml;ndige Interviewform  findet sich unter <br />
 
<b>http://www.qualitative-research.net/organizations/or-exp-d.htm[1]</b>.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] http://217.160.35.246/organizations/<br />
 
 
 
----
 
==5.1.2.2.3.2 Das problemzentrierte Interview==
 
 
 
<p>Im Gegensatz zum <b>narrativen Interview[1]</b>,  bei dem methodologisch streng induktiv vorgegangen wird  (d.h. eine anf&auml;ngliche konzeptuelle Festlegung durch den/die ForscherIn vermieden wird), zeichnet  sich das problemzentrierte Interview durch einen Mittelweg aus. Das problemzentrierte Interview  kombiniert <b>induktives[2]</b>  und <b>deduktives[3]</b>  Vorgehen, indem die ForscherInnen zwar mit einem  <b>theoretisch wissenschaftlichen Vorverst&auml;ndnis</b> in die Befragung gehen, die &Auml;u&szlig;erungen der  Befragten jedoch von grundlegender Bedeutung f&uuml;r die weitere <b>Modifikation der Konzepte</b> sind.  Die ForscherInnen bleiben offen f&uuml;r die Bedeutungsstrukturierung des Problembereichs/der sozialen  Lebenswelt durch die befragte Person und teilen ihr theoretisches Konzept im Interview nicht mit,  da es nur vorl&auml;ufig ist und die Interviewten nicht suggestiv beeinflussen soll.</p>
 
<p>Nach der einleitenden Eingrenzung des Problembereiches regen die InterviewerInnen durch ein  Erz&auml;hlbeispiel oder eine offene Frage die narrative Phase des Interviews an. Zentral f&uuml;r die  ForscherInnen ist es, die Erz&auml;hlsequenzen und Darstellungen der Befragten nachzuvollziehen und  zu verstehen. Dies k&ouml;nnen sie auf drei verschiedene Arten tun:</p>
 
<ul>
 
    <li>In Form einer <b>Zur&uuml;ckspiegelung </b>teilen die InterviewerInnen in eigenen Worten eine  Interpretation der Ausf&uuml;hrungen mit und bieten so den Befragten die M&ouml;glichkeit, die  Interpretationen der ForscherInnen zu korrigieren und zu modifizieren</li>
 
    <li>die ForscherInnen k&ouml;nnen aber auch mittels <b>Verst&auml;ndnisfragen </b>Widerspr&uuml;che oder  ausweichende Aussagen thematisieren, oder aber</li>
 
    <li>die Befragten direkt mit den aufgetretenen Ungereimtheiten <b>konfrontieren</b><i>.</i></li>
 
</ul>
 
<p> </p>
 
<p>Abschlie&szlig;end kann der/die InterviewerIn mittels <b>Ad-hoc-Fragen</b> von den Befragten bisher noch  nicht angesprochene Themenbereiche behandeln. Hierf&uuml;r kann ein im Vorhinein festgelegter  Leitfaden als Ged&auml;chtnisst&uuml;tze und Orientierungsrahmen fungieren.</p>
 
<p>Am Beginn des problemzentrierten Interviews kann den zu befragenden Personen auch ein  standardisierter Kurzfragebogen vorgelegt werden, um eine erste inhaltliche Auseinandersetzung  mit den in der Befragung geplanten Problembereichen anzuregen und um den Einstieg in das  Gespr&auml;ch zu vereinfachen.</p>
 
<p> </p>
 
<p>Literatur:</p>
 
<p>Lamnek, Siegfried (2005) <i>Qualitative Sozialforschung</i>. Beltz PVU: Weinheim, Basel, S. 363-368.</p>
 
<p>Witzel, Andreas (2000) Das problemzentrierte Interview. In: <i>Forum: Qualitative Sozialforschung</i>  1(1). <br />
 
<b>http://www.qualitative- research.net/fqs-texte/1-00/1-00witzel-d.htm[4]</b></p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.1.2.2.3.3<br />
 
[2] Siehe Kapitel 2.1<br />
 
[3] Siehe Kapitel 2.2<br />
 
[4] http://www.qualitative-research.net/index.php/fqs/article/view/1132<br />
 
 
 
----
 
==5.1.2.2.3.3 Das narrative Interview==
 
 
 
<p>Im narrativen Interview wird von den Befragten eine Erz&auml;hlung erwartet, in welcher einerseits die  Orientierungsmuster ihres Handelns deutlich werden und zugleich r&uuml;ckblickend Interpretationen  dieses Handelns erzeugt werden.</p>
 
<p>In vertrauter kollegial freundschaftlicher Atmosph&auml;re und mit einem <b>weichen bis neutralen[1]</b>  Interviewstil wird versucht, <b>biographische Erz&auml;hlungen</b> der Befragten anzuregen, wobei der  Detaillierungsgrad der Ausf&uuml;hrungen vollkommen den interviewten Personen &uuml;berlassen bleibt. Im  Idealfall beginnen die ForscherInnen die Datenerhebung ohne ein im Vorhinein festgelegtes  wissenschaftliches Konzept und entwickeln dieses <b>induktiv[2]</b>  aus den &Auml;u&szlig;erungen der Befragten.</p>
 
<p>Nach einer <b>Erkl&auml;rungs- und Einleitungsphase</b>, in der die Interviewten &uuml;ber Erwartungen der  ForscherInnen in punkto Erz&auml;hlrahmen, wichtige Dimensionen und Aspekte in der Geschichte  aufgekl&auml;rt werden, soll eine <b>m&ouml;glichst offen formulierte Einstiegsfrage</b> die befragten Personen  zum zwanglosen Erz&auml;hlen bewegen und ihnen gen&uuml;gend Raum f&uuml;r ihre Beschreibungen und  Begr&uuml;ndungen geben. Die <b>Erz&auml;hlphase </b>kann durchaus von Pausen und Schweigen durchdrungen  sein, den InterviewerInnen kommt die Rolle der aufmerksamen Zuh&ouml;renden zu, die versuchen den  Erz&auml;hlfluss durch Aufmerksamkeit bezeugende &Auml;u&szlig;erungen (&bdquo;hm, hm&ldquo;) oder Gesten (Kopfnicken)  zu unterst&uuml;tzen. Die Erz&auml;hlphase gilt erst dann als beendet, wenn der/die Befragte selbst darauf  hinweist. Falls erforderlich, k&ouml;nnen in einer <b>Nachfragephase</b> noch unklar gebliebene Fragen oder  Widerspr&uuml;chlichkeiten der Erz&auml;hlung klargestellt werden und abschlie&szlig;end in einer  <b>Bilanzierungsphase</b> direkt die Motivation und Intention der interviewten Personen angesprochen  werden und der Sinn der Erz&auml;hlung mit den Personen gemeinsam beleuchtet und diskutiert  werden.</p>
 
<p> </p>
 
<p>Literatur:</p>
 
<p>Lamnek, Siegfried (2005) <i>Qualitative Sozialforschung</i>. Beltz PVU: Weinheim, Basel S. 357-361.</p>
 
<p>Zu den Narrativen Methoden im Allgemeinen, ihren theoretischen Perspektiven, methodischen  Verfahren, der Oral history und zur Performanz von Narrationen siehe:</p>
 
<p>Atkinson, Paul  und Sara Delamont (Hg.) (2005) <i>Narrative methods</i>. SAGE: London.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.1.2.1.4<br />
 
[2] Siehe Kapitel 2.1<br />
 
 
 
----
 
==5.1.2.2.4 Das ethnographische Interview==
 
 
 
<p>
 
Das ethnographische Interview ist an die Feldforschungssituation angepasst und gibt methodische
 
Anweisungen, wie freundliche Unterhaltungen und sich ergebende Gespräche im Feld zu Interviews
 
gestaltet werden können. Ausgehend von einer <b>informellen Gesprächssituation</b> versucht man
 
sowohl einen expliziten Zweck des Gespräches einzuführen, wie die GesprächspartnerInnen über
 
das Ziel des Projektes zu informieren. Dazu gehören auch Informationen warum man welche
 
Informationen aufzeichnet und wie man das Interview führt. Man macht im Zuge eines solchen
 
Gesprächs auch die eigene Rolle als ForscherIn transparent. Im Gegensatz zu einer freundlichen
 
Unterhaltung oder einem <b>rezeptiven Interview[1]</b>  übernimmt im ethnographischen Interview allerdings
 
der/die <b>ForscherIn die Strukturierung des Gesprächs </b>und stellt fast alle Fragen.
 
</p>
 
<p>
 
Ein Ziel des ethnographischen Interviews ist das sich im Zuge eines Gesprächs oft einstellende
 
Gefühl eines (scheinbaren) gegenseitigen Verständnisses, durch den Einsatz von Wiederholungen
 
und verschiedenen Fragearten, zu unterlaufen.
 
</p>
 
<p>
 
Durch den bewussten <b>Einsatz von Wiederholungen</b> (von Fragen und Aussagen des/der
 
InformantIn), statt deren im normalen Gespräch üblichen Vermeidung. Ziel dieser Wiederholungen
 
ist es, weitere Ausführungen und Explikationen anzuregen. Anstatt sich kurz zu halten, regt der/die
 
EthnographIn die InformantInnen dazu an, möglichst ausführlich und detailreich zu erzählen. Die
 
Interpretation des Gesagten wird somit nicht zu einem anderen Zeitpunkt und wie manche
 
Interpretationsstrategien vorschlagen, von anderen Personen vorgenommen. Vielmehr wird diese in
 
Auseinandersetzung mit den InformantInnen im Zuge des ethnographischen Interviews von diesen
 
selbst vorgenommen. 
 
</p>
 
<p>
 
Spradley unterscheidet drei zentrale <b>Arten von Fragen</b>:
 
<ul>
 
<li>deskriptive Fragen </li>
 
<li>strukturelle Fragen und</li>
 
<li>Kontrastfragen.</li>
 
</ul>
 
</p>
 
<p>
 
Bei den <b>deskriptiven Fragen </b>ist es notwendig zumindest einen Bereich zu kennen, in dem
 
der/die InformantIn <b>routinemäßige Handlungen</b> ausführt und sich diese <b>beschreiben</b> zu lassen.
 
</p>
 
<p>
 
Ziel von <b>strukturellen Fragen</b> ist es herauszufinden, wie der/die InformantIn sein/ihr <b>Wissen</b> in
 
bestimmten kulturellen Bereichen (domains) <b>organisiert</b>.
 
</p>
 
<p>
 
Bei den <b>Kontrastfragen</b> geht es darum herauszufinden, was der/die InformantIn mit den
 
verschiedenen <b>Begrifflichkeiten</b> meint, die er/sie in seiner/ihrer Sprache verwendet und wie sich
 
diese von einander unterscheiden.
 
</p>
 
<p>
 
</p>
 
<p>
 
Literatur:
 
</p>
 
<p>
 
Spradley J. P. (1979) <i>The ethnographic interview</i>. Holt, Rinehart &amp; Winston:New York.
 
</p>
 
<p>
 
Flick, Uwe (2002) <i>Qualitative Sozialforschung. Eine Einführung</i>. Rowohlt: Reinbeck bei Hamburg.
 
   
 
 
 
</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.1.2.2.2.1<br />
 
 
 
----
 
==5.1.2.3 Formen der Transkription von qualitativen Interviews==
 
 
 
<p>Um qualitative Interviews <b>analysieren </b>zu k&ouml;nnen ist es notwendig, eine <b>schriftliche  Transkription der Interviews</b> anzufertigen. Hierf&uuml;r existieren unterschiedlich genaue  <b>Transkriptionssysteme</b> (siehe dazu Dittmar 2004; Kowal u. O&acute;Connell 2003), ohne dass sich ein  verbindlicher Standard durchgesetzt h&auml;tte. Dies liegt vor allem auch daran, dass unterschiedliche  textanalytische Verfahren verschiedene Transkriptionsstandards erfordern. Somit ist vor dem  Hintergrund der <b>jeweiligen Analysemethode </b>zu entscheiden, welche <b>Form der Transkription  </b>gew&auml;hlt werden sollte. Insgesamt ist ein pragmatisches Vorgehen ratsam und sollte der  Genauigkeitsgrad der Transkription (L&auml;nge der Pausen, Tonfall, Tonst&auml;rke, nonverbale Aspekte der  Kommunikation, Interaktion zwischen InterviewerIn und interviewter Person etc.) &uuml;ber das  notwendige Ma&szlig; des Forschungsinteresses und der Analysemethode nicht hinausgehen.  Froschauer &amp; Lueger (2003: 223) f&uuml;hren einige einfache und pragmatische Richtlinien f&uuml;r die  Gespr&auml;chstranskription an. Dazu geh&ouml;ren:</p>
 
<ul>
 
    <li>die Zeilennummerierung</li>
 
    <li>die Kodierung der Gespr&auml;chsteilnehmerInnen z.B. f&uuml;r InterviewerInnen I1, I2...; f&uuml;r Befragte B1,  B2,...)</li>
 
    <li>Pausen (pro Sekunde ein Punkt) = . .. . (oder Zeitangabe)</li>
 
    <li>Nichtverbale &Auml;u&szlig;erungen wie Lachen oder Husten in runder Klammer angeben = (B1 lacht)</li>
 
    <li>situationsspezifische Ger&auml;usche in spitzer Klammer angeben = &gt;Telefon l&auml;utet&lt;</li>
 
    <li>H&ouml;rersignale bzw. gespr&auml;chsgenerierende Beitr&auml;ge als normalen Text angeben = mhm, &auml;h</li>
 
    <li>Auff&auml;llige Betonung unterstreichen = <u>etwa so</u></li>
 
    <li>Unverst&auml;ndliches als Punkte in Klammer, wobei jeder Punkt eine Sekunde markiert = (.. .)</li>
 
    <li>Vermuteter Wortlaut bei schlechtverst&auml;ndlichen Stellen in Klammer schreiben = (etwa so)</li>
 
    <li>sehr gedehnte Sprechweise mit Leerzeichen zwischen den Buchstaben = e t w a  s o</li>
 
</ul>
 
<p> </p>
 
<p>Ein weiterer Hinweis dieser AutorInnen, die Interviews m&ouml;glichst exakt unter Beibehaltung sprachlicher  Besonderheiten <b>ohne Ann&auml;herung an die Schriftsprache</b> vorzunehmen, macht auf die  besondere Situation und Problematik von Transkriptionen innerhalb der Kultur- und  Sozialanthropologie aufmerksam. Denn in der Kultur- und Sozialanthropologie &quot;A transcription  always raises questions about <b><i>translation</i></b>.&quot; (Clifford 1990: 58). Sehr oft werden Interviews in einer  Sprache durchgef&uuml;hrt, die nicht die Muttersprache des/r InterviewerIn ist und in der zumeist auch  die Forschungsergebnisse nicht publiziert werden. Die F&auml;higkeit, Interviews zu f&uuml;hren und vor allem  auch die kulturspezifischen Nuancen von Aussagen der InterviewpartnerInnen zu verstehen, h&auml;ngt  also von der Sprachkompetenz des/der ForscherIn ab. Oft wird insbesondere in der Anfangsphase  der Feldforschung auch mit ausgew&auml;hlten mehrsprachigen InformantInnen und &Uuml;bersetzerInnen  gearbeitet. Bei der Transkription stellt sich die Frage, ob die Interviews in der Sprache, in der sie  gef&uuml;hrt wurden, transkribiert werden, oder ob &Uuml;bersetzungen angefertigt werden.</p>
 
<p>Bei ausreichenden <b>Sprachkenntnissen[1]</b>,  deren Erwerb oft eine zentrale Aufgabe zu Beginn der  Feldforschung ist, sollten - insofern es sich um eine Schriftsprache handelt - die Transkriptionen in  der Originalsprache vorgenommen werden. Schwieriger gestaltet sich die Transkription von  Befragungen und Erz&auml;hlungen in Sprachen, die keine Schriftsprachen sind. Hier gilt es, in einem  ersten Schritt ausfindig zu machen, ob lokale Notationssysteme entwickelt wurden, auf die man  zur&uuml;ckgreifen kann oder ob man eine <b>phonetische Transkription[2]</b>  der Texte vornimmt, was aber nur  im Bereich der linguistischen Anthropologie und ethnolinguistischer Arbeiten absolut notwendig  ist. </p>
 
<p>Mittlerweile stehen auch unterschiedliche <b>Softwareprogramme zur Transkription</b> von  Sprachaufnahmen zur Verf&uuml;gung. Eine hilfreiche Freeware zur Segmentierung und Transkription  von aufgenommenen Interviews ist z.B. der <b>Transcriber[3]</b>.</p>
 
<p> </p>
 
<p>Literatur:</p>
 
<p>Dittmar, Norbert (2004) <i>Transkription. Ein Leitfaden mit Aufgaben f&uuml;r Studenten, Forscher und  Laien</i>. VS Verlag f&uuml;r Sozialwissenschaften: Wiesbaden.</p>
 
<p> </p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.2.1.1.5<br />
 
[2] http://www.langsci.ucl.ac.uk/ipa/<br />
 
[3] http://trans.sourceforge.net/en/presentation.php<br />
 
 
 
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==5.1.2.4 Literatur zum Thema Befragungen==
 
 
 
<p><b> http://www.qualitative-research.net/organizations/or-exp-d.htm[1]</b>.</p>
 
<p>Bernard, H. Russell (2002) Interviewing: Unstructured and Semistructured In: ders. <i>Research  Methods in Anthropology</i>. Altamira Press: Walnut Creek, CA, S. 210-250.</p>
 
<p>Bogner, Alexander (Hg.) (2005) <i>Das Experteninterview</i>. Verlag f&uuml;r Sozialwissenschaften:  Wiesbaden.</p>
 
<p>Fontana, Andrea und James H. Frey (1994) Interviewing. In: Denzin, Norman K. &amp; Yvonna S. Lincoln  (Hg.) <i>Handbook of Qualitative Research</i>. Sage: London, S. 361-376.</p>
 
<p>Froschauer, Ulrike und Manfred Lueger (2003) <i>Das qualitative Interview</i>. WUV UTB: Wien.</p>
 
<p>Flick, Uwe (2002) <i>Qualitative Sozialforschung. Eine Einf&uuml;hrung</i>. Rowohlt: Reinbeck bei Hamburg.</p>
 
<p>Girtler, Roland (2001) <i>Methoden der Feldforschung</i>. B&ouml;hlau: Wien, S. 147-211; 168.</p>
 
<p>Lamnek, Siegfried (2005) Qualitatives Interview. In: ders.<i>Qualitative Sozialforschung</i>. Beltz PVU:  Weinheim, Basel, S. 329-402.</p>
 
<p>Levy, Robert I. und Douglas W. Hollan (1998) Person-centered Interviewing and Observation. In:  Bernard, H. Russell (Hg.) <i>Handbook of Methods in Cultural Anthropology</i>. Altamira Press: Walnut  Creek, CA, S.333-364.</p>
 
<p>Spradley J. P. (1979) <i>The ethnographic interview</i>. Holt, Rinehart &amp; Winston: New York .</p>
 
<p>Witzel, Andreas (2000) Das problemzentrierte Interview. In: <i>Forum: Qualitative Sozialforschung</i>  1(1). <br />
 
<b>http://www.qualitative- research.net/fqs- texte/1-00/1-00witzel-d.htm[2]</b></p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] http://217.160.35.246/organizations/<br />
 
[2] http://www.qualitative-research.net/index.php/fqs/article/view/1132<br />
 
 
 
----
 
==5.1.3 Methodentriangulation==
 
 
 
<p>Unter Methodentriangulation versteht man den bewussten <b>Einsatz unterschiedlicher  Erhebungsverfahren[1]</b> (<b>Beobachtung[2]</b>,  <b>Befragung[3]</b>,  Experiment, etc.) im Rahmen eines  Forschungsprojektes, was in der englischsprachigen Literatur auch als <b>mixed methods  approach</b> bezeichnet wird. </p>
 
<p> </p>
 
<p>Literatur:</p>
 
<p>Flick, Uwe (2004) <i>Triangulation. Eine Einf&uuml;hrung</i>. Verlag f&uuml;r Sozialwissenschaft: Opladen. </p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] http://www.univie.ac.at/ksa/elearning/cp/quantitative/quantitative-2.html<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.1.1<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.1.2<br />
 
 
 
----
 
==5.2 Ethnographie als Prozess der Datenerhebung==
 
 
 
<p>Eine ethnographische Untersuchung zielt in der Regel darauf ab, Menschen &uuml;ber einen l&auml;ngeren  Zeitraum in ihrem allt&auml;glichen Leben zu beforschen. Das hei&szlig;t, der/die EthnographIn bzw.  FeldforscherIn nimmt physisch mit der Gesamtheit seiner/ihrer Person &uuml;ber einen <b>l&auml;ngeren  Zeitraum an ausgew&auml;hlten Lebenswelten</b> teil, mit dem Ziel, <b>Daten zu erheben </b>und  <b>Beschreibungen</b> anzufertigen, die als Grundlage f&uuml;r sp&auml;tere <b>Analysen</b> dienen.</p>
 
<p>Ethnographische Feldforschung ist, wie andere sozialwissenschaftliche Verfahren (z.B.  Fragenbogenerhebung, teilstrukturierte Interviews,...), eine Methode der Datenerhebung, die sich  aber in zumindest zwei Bereichen grundlegend von anderen Verfahren unterscheidet. Diese  ergeben sich daraus, dass Methoden nicht nur <b>Verfahren der Datenerhebung </b>sind, sondern  auch <b>Verfahren der In-Beziehung-Setzung</b> zum Feld. Das hei&szlig;t, Methoden legen bestimmte  Formen der Interaktion mit dem Untersuchungsfeld nahe. Ethnographische Feldforschung zeichnet  sich durch eine besonders intensive und langfristige, &uuml;ber die reine Datenerhebung hinausgehende  In-Beziehung-Setzung zum Untersuchungsfeld aus. Dies ist ein zentrales Qualit&auml;tskriterium  ethnographischer Forschung. Ethnographische Feldforschung ist somit nicht nur ein Verfahren der  Datenerhebung, sondern vor allem auch ein <b>Verfahren zur Generierung von Erfahrungen und  Erlebnissen</b>, welche den/die FeldforscherIn zunehmend zu einem Teil des Feldes machen.</p>
 
<p>Ein zentrales Moment des Feldforschungsprozesses besteht darin, diese Erfahrungen und  Erlebnisse durch das systematische <b>Anlegen und Ausarbeiten von Feldnotizen[1]</b>  in Daten zu  transformieren. Im Gegensatz zu anderen Methoden determiniert bei der ethnographischen  Feldforschung das Feld selbst in einem viel gr&ouml;&szlig;eren Ausma&szlig; den Einsatz und die Anwendbarkeit  von Forschungsstrategien und Methoden.  </p>
 
<p>Insgesamt bedarf ethnographische Feldforschung einer gezielten <b>Vorbereitung[2]</b>,  welche unter  anderem den Erwerb von <b>sachlichem[3]</b>  und <b>regionalem Know-How[4]</b>  und <b>sprachlich-kommunikativen  Kompetenzen[5]</b> umfasst. Am Beginn der Feldforschung steht die Herausforderung, einen Zugang  zum Feld zu finden, die <b>Definition der eigenen Rolle[6]</b> in Auseinandersetzung mit dem Feld vorzunehmen und die Zusammenarbeit mit InformantInnen auf eine tragf&auml;hige Basis zu stellen.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.3<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.2.1<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.2.2.1.1.4<br />
 
[4] Siehe Kapitel 5.2.2.1.1.3<br />
 
[5] Siehe Kapitel 5.2.2.1.1.5<br />
 
[6] Siehe Kapitel 5.1.1.2.1<br />
 
 
 
----
 
==5.2.1 Forschungsdesign klassischer Ethnographien==
 
 
 
<p>
 
Das <b>Forschungsdesign</b> einer Ethnographie wird bestimmt durch:
 
<ul>
 
<li>das Forschungsziel,</li>
 
<li>die theoretischen Grundannahmen,</li>
 
<li>die methodische Ausrichtung und ihre entsprechenden Techniken</li>
 
<li>sowie die gesellschaftspolitischen Voraussetzungen im Forschungs- wie Ursprungsland der
 
EthnographIn.</li>
 
</ul>
 
</p>
 
<p>
 
Unterschiedliche Forschungsdesigns klassischer Ethnographien werden an folgenden Beispielen deutlich.
 
</p>
 
----
 
==5.2.1.1 Historischer Partikularismus - Franz Boas==
 
 
 
<p>
 
Der <b>historische Partikularismus</b> wurde Ende des 19. Jahrhundert von <b>Franz Boas[1]</b>  im <b>Gegensatz
 
zu</b> den spekulativen Rekonstruktionen der <b>Evolutionisten</b> und ihrer vergleichenden Methode
 
(<i>comparative method) </i> entwickelt.
 
</p>
 
<p>
 
Er forderte bei der historischen Rekonstruktion von Kulturen die Beschränkung auf eine bestimmte
 
Kultur bzw. auf ein Kulturareal. (<b>Theoretische Grundannahmen des historischen Partikularismus[2]</b>)
 
</p>
 
<p>
 
Boas forderte ein <b>induktives Vorgehen</b> in der Kulturanthropologie; allgemeine Schlussfolgerungen
 
seien nur auf Grund ausreichend gesammelten Feldforschungsmaterials zulässig. (<b>Methoden und Techniken des historischen Partikularismus[3]</b>)
 
   
 
 
 
</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.1.1.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.1.1.2<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.2.1.1.3<br />
 
 
 
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==5.2.1.1.1 Franz Boas==
 
 
 
<p>Franz Boas (1858 - 1942) wurde in Deutschland geboren und <b>naturwissenschaftlich ausgebildet</b>  (Physik, Geographie und Mathematik).</p>
 
<p>Schon bei seinen ersten (geographischen) Forschungen 1883 bei den Inuit auf Baffin Island und ab  1886 bei den NW-K&uuml;stenindianern British Columbia's (haupts&auml;chlich den Kwakiutl) erkennt Boas,  dass <b>kulturelle Faktoren</b> eine <b>wesentlichere Rolle</b> spielen <b>als geographische</b>.</p>
 
<p>Er habilitiert bei A. Bastian in Berlin und geht <b>ab 1887 in die USA</b>. Dort unterrichtet er ab 1896 an  der <b>Columbia University</b> in New York und wird zur dominanten Figur in der amerikanischen  Anthropologie und patriarchalischer Lehrer mehrerer Sch&uuml;lerInnengenerationen, welche ihm an  Bedeutung und Prominenz kaum nachstehen (Benedict, Kroeber, Sapir, Herskovits, Lowie, Radin,  Wissler, Mead u.v.a.).</p>
 
<p><span class="imgbox imgleft" style="width:207px; .word-wrap:break-word; "><img height="289" border="0" align="bottom" width="207" alt="Franz Boas" src="images/qualitative-54_1.jpg" /><span class="imgcaption">Abbildung: Franz Boas. Quelle: Mead 1972: 126</span>
 
</span></p>
 
<p>Boas vertritt die so genannte <b><i>four-field-anthropology</i></b>. Darunter ist eine allgemeine Anthropologie  bestehend aus <b>Rasse/physische Anthropologie, Sprache, Kultur und Arch&auml;ologie</b> zu  verstehen, wobei jeder dieser Teilbereiche getrennt und mit jeweils anderen Methoden zu studieren  ist. (<b>Methoden und Techniken des historischen Partikularismus[1]</b>)</p>
 
<p>Im Rahmen der Kulturanthropologie wendet er sich <b>gegen</b> die spekulativen Erkenntnisse der  <b>Evolutionisten</b> und fordert eine Beschr&auml;nkung der historischen Rekonstruktion auf eine bestimmte  Kultur bzw. ein Kulturareal.</p>
 
<p>Unter Boas wird das <b>intensive Sammeln von ethnographischem Material</b> durch die  Feldforschung zur unerl&auml;sslichen Basis der Kulturanthropologie; erst bei ausreichender Datenlage  und unter gebotener Vorsicht k&ouml;nnen Generalisierungen ins Auge gefasst werden. (<b>Theoretische  Grundlagen des historischen Partikularismus[2]</b>)</p>
 
<p>Boas war Begr&uuml;nder der <i>American Anthropological Association </i>und gab die Zeitschrift<i> American  Anthropologist </i>heraus.</p>
 
<p>Seine <b>bedeutendsten Werke</b> sind  <i>The Central Eskimo </i>(1888), <i>The Social Organization and  Secret Societies of the Kwakiutl Indians </i>(1897), <i>The Mind of Primitive Man</i> (1911), <i>Primitive Art  </i>(1927), <i>Anthropology and Modern Life </i>(1928), <i>Race, Language and Culture </i>(1940), <i>Race and  Democratic Society </i>(1945).</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.1.1.3<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.1.1.2<br />
 
 
 
----
 
==5.2.1.1.2 Theoretische Grundannahmen des historischen Partikularismus==
 
 
 
<p>Die <b>Grundz&uuml;ge</b> des historischen Partikularismus nach <b>Franz Boas[1]</b>  bestanden aus folgenden  theoretischen Grundannahmen:</p>
 
<ul>
 
    <li>Im <b>Gegensatz</b> zu den spekulativen <b>Rekonstruktionen der Evolutionisten</b> und ihrer  vergleichenden Methode sind nur auf eine bestimmte Kultur oder ein Kulturareal (<i>culture area</i>)  begrenzte historische Rekonstruktionen zu vertreten.</li>
 
    <li>Jede Kultur besteht aus <b>Kulturelementen</b>, welche durch <b>Diffusion</b> von anderen Kulturen  &uuml;bertragen wurden.</li>
 
    <li>Jedes durch Diffusion &uuml;bernommene <b>Kulturelement wird &uuml;berformt</b>, um in die neue Kultur  zu passen.</li>
 
    <li>Dieser Prozess verl&auml;uft aber nie vollst&auml;ndig, so dass <b>Kultur</b> immer nur ein <b>lose organisiertes  Gebilde</b> und <b>kein</b> eng gekn&uuml;pftes <b>System</b> darstellt.</li>
 
    <li>Das soziale Leben wird bestimmt von <b>Sitten und Gebr&auml;uchen</b> (nicht von Rationalit&auml;t und  N&uuml;tzlichkeit).</li>
 
    <li><b>Jede Kultur ist einzigartig,</b> da sie das Resultat von diffusionistischen Prozessen und lokalen  Bed&uuml;rfnissen darstellt.</li>
 
    <li>Wenn jede Kultur einzigartig ist, k&ouml;nnen <b>keine allgemeinen Urteile</b> &uuml;ber eine bestimmte  Kultur gef&auml;llt werden; sie kann nur aus dem kulturellen Kontext, in dem sie situiert ist,  verstanden werden.</li>
 
    <li><b>Betonung der emischen Analyse</b> (Perspektive der AkteurInnen einer Kultur) <b>gegen&uuml;ber der  etischen</b> (Perspektive der ForscherInnen von au&szlig;en); bedeutend sind die Werte, Normen und  Emotionen der untersuchten Kultur.</li>
 
    <li>Deshalb k&ouml;nnen auch nur schwer Verallgemeinerungen zwischen Kulturen getroffen werden;  wenn, dann nur mit Vorsicht und bei ausreichender Datenlage.</li>
 
    <li><b>Betonung der Feldforschung</b>, um m&ouml;glichst viele Daten zu sammeln.</li>
 
    <li><b>Induktives Vorgehen</b>; ohne vorgefasste Theorien in die Feldforschungssituation; wenn  allgemeine Erkl&auml;rungen erfolgten, dann nur auf Grund einer gro&szlig;en Menge an gesammelten  Daten (<b>Methoden und Techniken des historischen Partikularismus[2]</b>).</li>
 
</ul>
 
<p> </p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.1.1.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.1.1.3<br />
 
 
 
----
 
==5.2.1.1.3 Methoden und Techniken des historischen Partikularismus==
 
 
 
<p> </p>
 
<ul>
 
    <li>Im <b>Gegensatz zu</b> den spekulativen <b>Rekonstruktionen der Evolutionisten</b> und ihrer  vergleichenden Methode beschr&auml;nkt <b>Franz Boas[1]</b>  die <b>historische Rekonstruktion auf eine  bestimmte Kultur</b> bzw. ein Kulturareal.</li>
 
    <li>Die Feldforschung wird betont, um m&ouml;glichst <b>viele empirische Daten zu sammeln und  Spekulationen zu vermeiden</b> (positivistisch).</li>
 
    <li>Im Sinne eines<b> induktiven Vorgehens geht</b> Boas ohne vorgefasste Theorien in die  Feldforschungssituation und trifft nur bei ausreichendem Datenmaterial sehr vorsichtig  formulierte generalisierende Aussagen.</li>
 
    <li>Boas vertritt die sog. <b><i>four-field-anthropology</i></b>. Darunter ist eine allgemeine Anthropologie  bestehend aus Rasse/physische Anthropologie, Sprache, Kultur und Arch&auml;ologie zu  verstehen, wobei <b>jeder dieser Teilbereiche getrennt und mit jeweils anderen Methoden  zu studieren ist</b>.</li>
 
    <li>Kultur wird von ihm bzw. seinen Sch&uuml;lerInnen nach <b>Verbreitungsmerkmalen (Diffusion) von  Kulturelementen</b> und nach <b>holistischen Mustern (patterns)</b> untersucht</li>
 
    <li>Boas nimmt eine Vielzahl an <b>indigenen Texten</b> (Mythen, Erz&auml;hlungen, Erinnerungen an die  Vergangenheit u.a.) in der <b>Originalsprache</b> auf, versehen <b>mit interlinearer englischer  &Uuml;bersetzung</b> durch <b>InformantInnen oder DolmetscherInnen</b>.  </li>
 
    <li>Boas' wichtigster Mitarbeiter wird George Hunt, ein Mann von schottischer und Tlingit Herkunft,  der in einem Kwakiutl-Dorf herangewachsen und der Kwakwala-Sprache m&auml;chtig war. Er wird  von Boas in der richtigen Aufnahme der Texte und ihrer Transkription unterwiesen, in einigen  der publizierten Texte fungiert er auch als Co-Autor. Der Kontakt von Boas zu Hunt bleibt auch  nach dieser Zusammenarbeit &uuml;ber mehr als 30 Jahre aufrecht.</li>
 
    <li>Weitere von Boas angewandte Techniken sind <b>(teilnehmende) Beobachtung, Aufnahme  von Lebensgeschichten (</b><b><i>life histories</i></b><b>), unstrukturierte Interviews</b>.</li>
 
</ul>
 
<p> </p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.1.1.1<br />
 
 
 
----
 
==5.2.1.2 Funktionalismus - Bronislaw Malinowski==
 
 
 
<p><b>Bronislaw Malinowski[1]</b> gilt als <b>Begr&uuml;nder der modernen ethnographischen Datenerhebung</b>.</p>
 
<p>Entgegen den spekulativen Rekonstruktionen der <i>armchair-anthropologists </i>wird durch ihn das  <b>Sammeln von first-hand Daten im Feld</b> zum g&uuml;ltigen Standard und die von Malinowski  programmierte <b><i>participant observation </i></b><b>zu &bdquo;der&ldquo; Methode der Kultur- und  Sozialanthropologie </b>(<b>Methoden und Techniken des Funktionalismus[2]</b>).</p>
 
<p>Der (strukturale) Funktionalismus als theoretische Str&ouml;mung wird ab dem Beginn des 20.  Jahrhunderts (1922) zur zentralen Ausrichtung innerhalb der <b>britischen Sozialanthropologie</b>.  W&auml;hrend Malinowski's Kulturtheorie bereits gegen Ende der 1930er Jahre abgelehnt wird, beh&auml;lt  der strukturale Funktionalismus von Radcliffe-Brown bis in die 1960er Jahre seine Bedeutung.</p>
 
<p>Von <b>naturwissenschaftlichen Vorstellungen</b> geleitet geht der Funktionalismus von der  Beziehung (Funktion) einzelner Teile innerhalb einer &uuml;bergeordneten Ganzheit bzw. zu dieser aus  (Organismusanalogie). (<b>Theoretische Grundannahmen des Funktionalismus[3]</b>)</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.1.2.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.1.2.3<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.2.1.2.2<br />
 
 
 
----
 
==5.2.1.2.1 Bronislaw Malinowski==
 
 
 
<p>Bronislaw Malinowski (1884 - 1942) z&auml;hlt <b>gemeinsam mit A. R. Radcliffe-Brown zu den  Begr&uuml;ndern der britischen Sozialanthropologie</b>. Sein Bekanntheitsgrad reicht weit &uuml;ber das  Fach hinaus, so greift u.a. S. Freud auf Malinowskis Arbeiten zur&uuml;ck.</p>
 
<p>Malinowski gilt als der <b>Initiator der modernen ethnographischen Datenerhebung</b> und des  <b>Funktionalismus</b> als theoretische Str&ouml;mung innerhalb der Sozialanthropologie. (<b>Theoretische Grundannahmen des Funktionalismus[1]</b>)</p>
 
<p><span class="imgbox imgright" style="width:276px; .word-wrap:break-word; "><img height="364" border="0" align="bottom" width="276" alt="Bronislaw Malinowski" src="images/qualitative-58_1.jpg" /><span class="imgcaption">Abbildung: Bronislaw Malinowski. Quelle: Silverman 1981: 100</span>
 
</span></p>
 
<p>Er studiert zun&auml;chst Mathematik, Physik und Philosophie in seiner Geburtsstadt Krakau, danach  in Leipzig bei W. Wundt Psychologie und schlie&szlig;lich in London Anthropologie bei E. Westermarck  und C. G. Seligman.</p>
 
<p>1914 findet seine erste <b>Feldforschung</b> bei den <b>Mailu (Australien)</b> statt, gefolgt von  mehrmonatigen Aufenthalten auf den <b>Trobriand Inseln (PNG)</b>. Mit Ausbruch des 1. Weltkrieges  wird Malinowski auf Grund seiner polnischen Nationalit&auml;t (Polen war zu diesem Zeitpunkt der K&amp;K  Monarchie &Ouml;sterreich-Ungarn eingegliedert) zum Staatsfeind, der zwar nicht ausreisen, aber seinen  Forschungen frei nachgehen darf.</p>
 
<p>Dieser unfreiwillig verl&auml;ngerte Aufenthalt legt den Grundstein f&uuml;r den Mythos Malinowski: Er  entwickelt die sog. <b><i>participant observation </i></b><b>(teilnehmende Beobachtung)</b>, welche ein &uuml;ber  einen l&auml;ngeren Zeitraum hinweg intensives Zusammenleben mit der untersuchten Bev&ouml;lkerung  vorsieht. (<b>Methoden und Techniken des Funktionalismus[2]</b>)</p>
 
<p>Sp&auml;ter unternimmt Malinowski k&uuml;rzere Feldforschungen in verschiedene Gebieten Afrikas (meist im  Rahmen von Besuchen seiner forschenden StudentInnen) und in Mexiko.</p>
 
<p>Von 1923 bis 1938 unterrichtet Malinowski an der <b>London School of Economics</b> (ab 1927 als  Professor) und wird zum charismatischen Lehrer bedeutender VertreterInnen der  Sozialanthropologie (z.B. Firth, Evans-Pritchard, Nadel, Meyer-Fortes, Schapera, Richards,  Kaberry u.v.a.). Ab 1939 bis zu seinem Tode lehrt er in <b>Yale, New Haven, in den Vereinigten  Staaten</b>.</p>
 
<p>Seine <b>bedeutendsten Werke</b> sind <i>Argonauts of the Western Pacific </i>(1922), <i>Crime and Custom in  Savage Society </i>(1926), <i>Sex and Repression in Savage Society</i> (1927), <i>The Sexual Life of Savages  in North-Western Melanesia </i>(1929), <i>Coral Gardens and Their Magic </i>(1935), <i>A Scientific Theory of  Culture </i>(1944), <i>Freedom and Civilization </i>(1944), <i>Magic, Science and Religion </i>(1948), <i>A Diary in the  Strict Sense of the Term </i>(1967).</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.1.2.2<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.1.2.3<br />
 
 
 
----
 
==5.2.1.2.2 Theoretische Grundannahmen des Funktionalismus==
 
 
 
<p>
 
Die <b>Grundzüge</b> des (strukturalen) Funktionalismus sind:
 
<ul>
 
<li>Wie die <b>Theoretischen Grundannahmen des historischen Partikularismus[1]</b> richtete sich der Funktionalismus <b>gegen die spekulativen Rekonstruktionen der Evolutionisten</b> und die
 
vergleichenden Methode der <i>armchair-anthropologists.</i></li>
 
<li>Entgegen den Annahmen von <b>Franz Boas[2]</b>  ist der Funktionalismus  <b>ahistorisch</b> eingestellt, da
 
die historische Perspektive nur bei Vorhandensein exakter schriftlicher Belege angestrebt
 
werden kann.</li>
 
<li><b>Organismusanalogie</b>: die Gesellschaft wird mit einem biologischen Organismus verglichen,
 
in dem die einzelnen Organe zusammenwirken müssen <b>(Funktion)</b>, um den Erhalt des
 
gesamten Körpers <b>(Struktur)</b> sicherzustellen. </li>
 
<li>Gesellschaften bzw. ihre Teile zielen <b>nach Ordnung (Equilibrium)</b> und verlaufen nach
 
bestimmten Mustern; der harmonische Zustand ist relativ stabil, Konflikte tendieren zu einem
 
neuerlichen Equilibriumszustand. </li>
 
<li>Das soziale Leben ist empirisch mittels <b>ethnographischer Datenerhebung fassbar</b> und für
 
wissenschaftliche Analysen geeignet
 
(<b>Methoden und Techniken des Funktionalismus[3]</b>).</li>
 
<li>Ziel ist das Herausfinden von <b>Gesetz- bzw. Regelmäßigkeiten</b> des sozialen Lebens im
 
naturwissenschaftlichen Sinne.</li>
 
<li>Im Mittelpunkt der Forschungen stehen die sog. <b>Institutionen</b> als Kristallisationspunkte (nach
 
Durkheim); die Kulturtheorie von <b>Bronislaw Malinowski[4]</b> leitet die wesentlichen Institutionen als
 
<b>Kulturreaktionen auf menschliche Grundbedürfnisse</b> ab</li>
 
</ul>
 
</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.1.1.2<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.1.1.1<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.2.1.2.3<br />
 
[4] Siehe Kapitel 5.2.1.2.1<br />
 
 
 
----
 
==5.2.1.2.3 Methoden und Techniken des Funktionalismus==
 
 
 
<p><b>Bronislaw Malinowski[1]</b> gilt als <b>Begr&uuml;nder der modernen ethnographischen Datenerhebung</b>.</p>
 
<p>Gem&auml;&szlig; den <b>theoretischen Grundannahmen des Funktionalismus[2]</b>  wird in der britischen  Sozialanthropologie die empirische Datengewinnung zum Ausgangspunkt aller wissenschaftlichen  Analysen &uuml;ber das soziale Leben.</p>
 
<p>Jede/r Forscher/in hatte zun&auml;chst m&ouml;glichst viel Material &uuml;ber ein bestimmtes Areal oder eine  Ethnie zusammenzutragen <b>(induktives Vorgehen)</b>, woraus eine Vielzahl an bemerkenswerten  <b>&quot;Stammesmonographien&quot;</b> resultierte.</p>
 
<p>Als <b>Feldforschungsgebiete</b> dienten die <b>ehemaligen britischen Kolonien</b> in den  &Uuml;berseegebieten.</p>
 
<p>Obwohl Malinowski seinen eigenen Anspr&uuml;chen &uuml;ber die Qualit&auml;t einer Ethnographie nicht immer  gerecht werden konnte (vgl. seine Tagebuchnotizen in <i>A Diary in the Strict Sense of the Word</i>,  1967 posthum ohne Zustimmung publiziert), gelten diese auch heute noch als Standard.</p>
 
<p>Malinowski's <b>Richtlinien f&uuml;r ethnographische Erhebungen</b> lauteten:</p>
 
<ul>
 
    <li><b>Feldaufenthal</b>t &uuml;ber einen l&auml;ngeren Zeitraum hinweg (<b>zumindest f&uuml;r ein Jahr</b>, um den  gesamten Jahreszyklus dokumentieren zu k&ouml;nnen);</li>
 
    <li>planm&auml;&szlig;iger <b>Abbruch</b> aller Kontakte des/r Forschers/in <b>zur eigenen Kultur</b>;</li>
 
    <li><b>Erlernen der &quot;Eingeborenensprache&quot;</b>;</li>
 
    <li>zum Kernst&uuml;ck wird die sog. <b><i>participant observation</i></b><b> (teilnehmende Beobachtung)</b>, die zu  einem weitgehenden Einleben und Verstehen der fremden Kultur durch den/die ForscherIn f&uuml;hren  soll (<i>&quot;We have to become They&quot;</i>);</li>
 
    <li>Ziel ist die <b>vollst&auml;ndige Integration des/der Forschers/in</b> in die untersuchte Kultur; die  Anwesenheit des/der Ethnographen/in muss so selbstverst&auml;ndlich sein, dass er/sie nicht mehr als  st&ouml;rend empfunden wird;</li>
 
    <li>die <b>Person</b> des/der Forschers/in wird zum <b>Messinstrument</b> im Feld (im naturwissenschaftlichen  Sinn);</li>
 
</ul>
 
<p> </p>
 
<p>Trotz dieser hohen Anspr&uuml;che war auch Malinowski auf die <b>Mitarbeit von InformantInnen und  DolmetscherInnen</b> angewiesen.</p>
 
<p>Neben der teilnehmenden Beobachtung f&uuml;hrte er (&uuml;blicherweise <b>unstrukturierte) Interviews,  sammelte Genealogien und Lebensgeschichten (life histories).</b></p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.1.2.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.1.2.2<br />
 
 
 
----
 
==5.2.1.3 Human Relations Area Files (HRAF) - George P. Murdock==
 
 
 
<p>
 
Die <i>Human Relations Area Files (HRAF) </i>sind eine <b>Datenbank</b>, in welcher systematisch
 
geordnetes ethnographisches Datenmaterial von rund 400 Kulturen für weitere statistische
 
Auswertungen zur Verfügung steht. (<b>Theoretische Grundannahmen, Methoden und Techniken der HRAF[1]</b>)
 
</p>
 
<p>
 
Die HRAF wurden 1949 von <b>George P. Murdock[2]</b> gegründet und gingen aus dem 1937 entwickelten
 
<i>Cross-Cultural Survey </i>hervor.
 
   
 
 
 
</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.1.3.2<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.1.3.1<br />
 
 
 
----
 
==5.2.1.3.1 George P. Murdock==
 
 
 
<p>
 
George Peter Murdock (1897 - 1985) war ein <b>amerikanischer Anthropologe</b>, der zum
 
Schülerkreis von <b>Franz Boas[1]</b> zählte. Im Gegensatz zu seinem Lehrer versuchte er die
 
<b>vergleichende Methode </b>(<i>comparative method</i>) wieder <b>in die Anthropologie</b> einzuführen und
 
diese als <b>nomothetische Wissenschaft</b> zu etablieren.
 
</p>
 
<p>
 
Murdock lehrte in <b>Yale und Pittsburgh</b>. 1937 richtete er in Yale den <b><i>Cross-Cultural Survey </i></b><b>als
 
Datenbank</b> für ethnographisches Material ein, aus welchem <b>1949 die </b><b><i>Human Relations Area
 
Files (HRAF)</i></b><i> </i> hervorgingen. (<b>Human Relations Area Files (HRAF) - George P. Murdock[2]</b>, 
 
<b>Theoretische Grundannahmen, Methoden und Techniken der HRAF[3]</b>)
 
</p>
 
<p>
 
1962 gründete Murdock die Zeitschrift <i>Ethnology</i> mit dem Ziel, die ethnographische
 
Datenproduktion und -kommunikation zu steigern.
 
</p>
 
<p>
 
Ebenso förderte er ethnographische Datenerhebungen im Pazifik und entwickelte ein Programm,
 
das vom <i>Office of Naval Research </i>unterstützt wurde.
 
</p>
 
<p>
 
Seine <b>bedeutendsten Werke</b> sind <i>Our Primitive Contemporaries </i>(1934), <i>Social Structure </i>(1949),
 
<i>Outline of South American Cultures </i>(1951), <i>Outline of World Cultures </i>(1954), <i>Africa: Its People
 
and Their Cultural History </i>(1959), <i>Culture and Society </i>(1965), <i>Atlas of World Cultures </i>(1981).
 
   
 
 
 
</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.1.1.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.1.3<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.2.1.3.2<br />
 
 
 
----
 
==5.2.1.3.2 Theoretische Grundannahmen, Methoden und Techniken der HRAF==
 
 
 
<p>Im Gegensatz zu seinem Lehrer <b>Franz Boas[1]</b>  bem&uuml;hte sich <b>George P. Murdock[2]</b> um eine  Wiedereinf&uuml;hrung der <b>vergleichenden Methode</b> (<i>comparative method</i>) im Sinne von Morgan und  Tylor in die Anthropologie und um deren Ausrichtung als <b>nomothetische Wissenschaft</b>.</p>
 
<p>Zu diesem Zweck entwickelte er 1937 zun&auml;chst den <i>Cross-Cultural Survey</i>, aus welchem 1949 die  <i>Human Relations Area Files (HRAF)</i> hervorgingen. Bei beiden handelt es sich um eine <b>Datenbank</b>,  in der systematisch (nach einem ethnographischen Index) gesammeltes <b>Material von rund 400  Kulturen</b> bereitgestellt ist.</p>
 
<p>Das Datenmaterial sollte anderen ForscherInnen <b>f&uuml;r statistische Auswertungen</b> zur Verf&uuml;gung  stehen, um <b>Verteilungen von Kulturmerkmalen</b> und <b>historische Beziehungen f&uuml;r bestimmte  Kulturareale</b> oder f&uuml;r &auml;hnliche Kulturtypen zu konstruieren.</p>
 
<p>In seinem <b>bekanntesten Werk</b>, <i>Social Structure</i> (1949), untersucht Murdock ein <b>Sample von 250  repr&auml;sentativen Gesellschaften</b> z.B. nach dem Zusammenhang von Deszendenzregeln und  postmaritalen Heiratsregelungen. So kann er bereits fr&uuml;her vermutete Zusammenh&auml;nge zwischen  patrilinearer Deszendenz und virilokaler Residenz bzw. zwischen matrilinearer Deszendenz und  uxori-lokaler oder viri-avunculokaler Residenz mittels pr&auml;ziser Korrelationen best&auml;tigen. Diese  Muster setzt er wiederum statistisch zu anderen Mustern (z.B. Subsistenzformen oder  Verwandtschaftsterminologien) in Beziehung, um (multi-)evolutionshistorische Entwicklungen  aufzuzeigen.</p>
 
<p>Die <i>Files</i> bieten eine wertvolle Basis f&uuml;r vergleichende quantifizierende Untersuchungen in der  Kultur- und Sozialanthropologie.</p>
 
<p>Ihre <b>Vorteile</b> liegen in:</p>
 
<ul>
 
    <li><b>Zugriffsm&ouml;glichkeit</b> f&uuml;r alle Subskribenten (Institutionen, WissenschaftlerInnen) auf Xerox  oder Mikrofiche-Basis; neuere Teile sind unter <b>eHRAF[3]</b> abrufbar.</li>
 
    <li><b>identes Ausgangsmaterial</b> f&uuml;r vergleichende Studien, u.a. basierend auf einem  einheitlichen Kodeschema, dem so genannten Outline of Cultural Materials  (<b>Inhaltsverzeichnis[4]</b>).</li>
 
    <li><b>umfangreiches Datenmaterial</b></li>
 
    <li><b>Qualit&auml;t und Tiefe</b> der Informationen gingen bereits in der Initialphase &uuml;ber das bisherige  Niveau hinaus, da nach einem ethnographischen Index gesammelt wurde</li>
 
    <li>das Anwachsen der <i>Files</i> war mit der zunehmenden <b>Bereitschaft von EthnographInnen</b>  verbunden, auch <b>quantifizierende Methoden</b> in ihre Forschungen miteinzubeziehen</li>
 
</ul>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.1.1.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.1.3.1<br />
 
[3] http://www.library.illinois.edu/edx/hrafgui.htm<br />
 
[4] http://www.library.illinois.edu/edx/hraf_ocm.pdf<br />
 
 
 
----
 
==5.2.1.4 Interpretative Anthropologie - Clifford Geertz==
 
 
 
<p>
 
Der amerikanische Kulturanthropologe <b>Clifford Geertz[1]</b> vergleicht die <b>Feldforschungssituation</b> mit
 
einem <b>literarischen Text</b>, voll von Bedeutungen, die der/die ForscherIn <b>eher interpretieren als
 
erklären</b> kann (<b>Theoretische Grundannahmen, Methoden und Techniken der interpretativen Anthropologie[2]</b>).
 
</p>
 
<p>
 
Die in den 1970er Jahren formulierte interpretative Anthropologie leitete das <b>Postmoderne Denken</b>
 
in der Kulturanthropologie ein und führte zu einer Betonung von Schreiben und Text, Bedeutung
 
(<i>meaning</i>) und Interpretation im Gegensatz zu Struktur und Kausalität.
 
</p>
 
<p>
 
Geertz richtet sein Augenmerk weg von generalisierenden Aussagen auf die tiefe Durchdringung
 
einzelner Fälle (<b>thick description</b> oder <b>dichte Beschreibung[3]</b>).
 
   
 
 
 
</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.1.4.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.1.4.2<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.2.1.4.2.1<br />
 
 
 
----
 
==5.2.1.4.1 Clifford Geertz==
 
 
 
<p>
 
Clifford Geertz (1926 - 2006) war ein bedeutender <b>amerikanischer Kulturanthropologe</b>, der über
 
sein Fach hinaus Beachtung erlangte und Einfluss auf Philosophie, Literaturwissenschaft,
 
Geschichte, Geographie, Ökologie, Politikwissenschaft u.a. nahm.
 
</p>
 
<p>
 
Ausgebildet in Harvard unterrichtete er zunächst in <b>Berkeley und Chicago</b>, ab 1970 bis zu
 
seinem Tode (als Emeritus) an der School of Social Science at the Institute for Advanced Study an
 
der <b>Universität von Princeton, N.Y.</b>.
 
</p>
 
<p>
 
Seine <b>Themenschwerpunkte</b> waren u.a. Kultur (allgemein), Religion (speziell der Islam),
 
ökonomische Entwicklungen, traditionelle politische Strukturen, Dorf- und Familienleben.
 
</p>
 
<p>
 
Geertz führte intensive <b>ethnographische Forschungen</b> auf <b>Java, Bali und in Marokko </b>durch.
 
</p>
 
<p>
 
Er vergleicht die <b>Feldforschungssituation</b> mit einem <b>literarischen Text</b>, voll von Bedeutungen,
 
die der/die ForscherIn eher interpretieren als erklären kann. Den Höhepunkt seines Schaffens
 
erreicht Geertz in den 1970er und 80er Jahren mit der Begründung der <b>interpretativen
 
Anthropologie.</b> (<b>Theoretische Grundannahmen, Methoden und Techniken der interpretativen Anthropologie[1]</b>)
 
</p>
 
<p>
 
Er richtet sein Augenmerk weg von generalisierenden Aussagen auf die tiefe Durchdringung
 
einzelner Fälle (<b>thick description</b> oder <b>dichte Beschreibung[2]</b>).
 
</p>
 
<p>
 
Seine <b>bedeutendsten Werke</b> sind <i>The Religion of Java</i> (1960), <i>Agricultural Involution</i> (1963),
 
<i>Islam Observed: Religious Development in Morocco and Indonesia </i>(1968), <i>The Interpretation of
 
Cultures: Selected Essays </i>(1973, 2000), <i>Negara: The Theatre State in Nineteenth Century Bali</i>
 
(1980), <i>Works and Lives: The Anthropologist as Author</i> (1988), <i>The Politics of Culture, Asian
 
Identities in a Splintered World </i>(2002).
 
   
 
 
 
</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.1.4.2<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.1.4.2.1<br />
 
 
 
----
 
==5.2.1.4.2 Theoretische Grundannahmen, Methoden und Techniken der interpretativen Anthropologie==
 
 
 
<p>Ausgangspunkt f&uuml;r <b>Clifford Geertz[1]</b> bildet die <b>symbolische Anthropologie</b>, wonach jede Kultur eine  relativ autonome Ganzheit, ein System von Bedeutungen darstellt, welches der/die Anthropologe/in durch  <b>dekodieren und interpretieren</b> erschlie&szlig;en kann.</p>
 
<p>In seinem Werk <i>The Interpretation of Cultures </i>(1973) vergleicht Geertz die <b>ethnographische  Analyse</b> mit der Durchdringung eines <b>literarischen Dokumentes</b>, voll von Bedeutungen, die  der/die ForscherIn eher interpretieren als schl&uuml;ssig erkl&auml;ren kann. (deshalb die Bezeichnung  <b>interpretative Anthropologie</b>).</p>
 
<p>Die in einer Ethnographie dargestellte Kultur ist als ein <b>Zusammenbau verschiedener Texte</b> zu  verstehen:</p>
 
<ul>
 
    <li>der <b>Interpretationen der untersuchten Personen </b>&uuml;ber Ph&auml;nomene ihrer Lebenswelt in Zeit  und Raum; Geertz bezeichnet diese als Interpretationen <b>erster Ordnung</b></li>
 
    <li>der <b>Interpretationen der InformantInnen</b> &uuml;ber Ph&auml;nomene der Lebenswelt in Zeit und Raum;  Geertz bezeichnet diese als Interpretationen <b>erster oder zweiter Ordnung</b></li>
 
    <li>der <b>Interpretationen der EthnographInnen</b> &uuml;ber Ph&auml;nomene von Lebenswelten, die von  deren intellektuellem Hintergrund in Zeit und Raum geleitet werden; Geertz bezeichnet diese  als Interpretationen <b>zweiter oder dritter Ordnung.</b> </li>
 
</ul>
 
<p> </p>
 
<p>Die Zusammenf&uuml;hrung und &Uuml;berlagerung dieser einzelnen Interpretationen nennt Geertz <b>thick  description </b>oder <b>dichte Beschreibung[2]</b>.</p>
 
<p><b>Dichte Beschreibungen</b> sind nach Geertz <b>keine &bdquo;einfachen Beschreibungen&ldquo;</b>, sondern eine  Kombination von <b>Beschreibung und Interpretation</b>.</p>
 
<p>Den Ausdruck <b>thick description</b> &uuml;bernimmt Geertz vom Sprachphilosophen <b>Gilbert Ryle</b>, der  damit eine schnelle Augenlidbewegung in einer Runde von Knaben beschreibt: nur das  interpretative, schnelle Erfassen der Gesamtsituation l&auml;sst Wesentliches von Irrelevantem  unterscheiden. Ebenso verf&auml;hrt der/die EthnographIn bei der Zusammenf&uuml;hrung aller verf&uuml;gbaren  Interpretationen.</p>
 
<p>Der <b>tiefen, mikroskopisch genauen Durchdringung einzelner F&auml;lle</b> (dichtes Beschreiben) gibt  Geertz den Vorzug <b>gegen&uuml;ber generalisierenden Aussagen.</b></p>
 
<p>Wesentliche Bedeutung f&uuml;r die Pr&auml;sentation der Ethnographie kommt dem Akt und der <b>Art des  Schreibens </b>zu, durch den die dichten Beschreibungen zum Ausdruck kommen.  <b>Ethnographische Schriften</b> sind nach Geertz <b>Fiktionen</b>, weil sie etwas k&uuml;nstlich Geschaffenes  sind, m&uuml;ssen aber nicht unbedingt falsch sein. Geertz vertritt die Ansicht, dass auch  Interpretationen wissenschaftlich sein k&ouml;nnen.</p>
 
<p>Die interpretative Anthropologie <b>leitete das Postmoderne Denken in der Kulturanthropologie  ein</b> und f&uuml;hrte zu einer Betonung von Schreiben und Text, Bedeutung (<i>meaning</i>) und Interpretation  im Gegensatz zu Struktur und Kausalit&auml;t.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.1.4.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.1.4.2.1<br />
 
 
 
----
 
==5.2.1.4.2.1 Beispiel für eine dichte Beschreibung==
 
 
 
<p>
 
<b>Textprobe</b> für eine &quot;dichte Beschreibung&quot; nach <b>Clifford Geertz[1]</b> (siehe auch <b>Theoretische
 
Grundannahmen, Methoden und Techniken der interpretativen Anthropologie[2]</b>):
 
</p>
 
<p>
 
<i>&quot;Der Kampf.</i>
 
</p>
 
<p>
 
<i>Hahnenkämpfe (tetadjen; sabungan) werden in einem Ring abgehalten, der ungefähr fünfzig Fuß
 
im Quadrat mißt. Gewöhnlich beginnen sie am späteren Nachmittag und dauern drei oder vier
 
Stunden bis zum Sonnenuntergang. Was den allgemeinen Ablauf betrifft, so sind die Kämpfe
 
völlig gleich: es gibt keinen Hauptkampf, keinen Zusammenhang zwischen den einzelnen
 
Kämpfen, keine formalen Unterschiede nach Größen, und ein jeder wird völlig ad hoc arrangiert.
 
Sobald ein Kampf zuende ist und die emotionalen Trümmer beiseite geräumt sind - die Wetten
 
ausbezahlt, die Flüche ausgesprochen und die toten Hähne in Besitz genommen -, begeben sich
 
sieben, acht, vielleicht ein Dutzend Männer unauffällig mit ihren Hähnen in den Ring, um dort einen
 
passenden Gegner für sie zu finden. Dieser Vorgang, der selten weniger als zehn Minuten dauert,
 
oft sogar länger, findet in einer sehr scheuen, verstohlenen, oft sogar verheimlichenden Weise
 
statt. Die nicht unmittelbar Beteiligten schenken dem Ganzen eine allenfalls versteckte, beiläufige
 
Beachtung; diejenigen, die - zu ihrer Verlegenheit - beteiligt sind, tun irgendwie so, als geschähe
 
das alles überhaupt nicht.</i>
 
</p>
 
<p>
 
<i>Wenn ein Paar zusammengestellt ist, ziehen sich die anderen Aspiranten mit derselben betonten
 
Gleichgültigkeit zurück. Dann legt man den ausgewählten Hähnen ihre Sporen (tadji) an -
 
rasiermesserscharfe, spitze Stahldolche von vier oder fünf Zoll Länge  ...</i>
 
</p>
 
<p>
 
<i>Sind die Sporen angelegt, werden die Hähne in der Mitte des Ringes von den Hahnenführern (die
 
nicht immer identisch mit den Besitzern sind) einander gegenüber in Stellung gebracht. Eine
 
Kokosmuß, in die ein kleines Loch gebohrt ist, wird in einen Eimer mit Wasser geworfen, in dem
 
sie etwa nach einundzwanzig Sekunden untergeht, eine Zeitspanne, die tjeng genannt wird und
 
deren Anfang und Ende durch das Schlagen eines Schlitzgongs angezeigt wird. Während dieser
 
einundzwanzig Sekunden ist es den Führern (pengangkeb) nicht gestattet, ihre Hähne zu
 
berühren. Wenn es, was zuweilen geschieht, in dieser Zeit zu keinem Kampf zwischen den Tieren
 
gekommen ist, nimmt man sie wieder an sich, sträubt ihre Federn, zieht an ihnen, sticht sie und
 
ärgert sie noch auf andere Weise, und setzt sie dann zurück in die Mitte des Ringes, wo der
 
Vorgang von neuem beginnt. Manchmal weigern sie sich selbst dann noch zu kämpfen, oder einer
 
rennt ständig davon; in solch einem Falle werden sie zusammen unter einen Korbkäfig gesteckt,
 
was sie dann für gewöhnlich zum Kämpfen bringt.</i>
 
</p>
 
<p>
 
<i>In den meisten Fällen jedoch fliegen die Hähne beinahe sofort aufeinander los, in einer
 
flügelschlagenden, kopfstoßenden und um sich tretenden Explosion tierischer Wut, so rein, so
 
absolut und auf ihre Weise so schön, dass sie fast abstrakt zu nennen wäre, ein platonischer
 
Begriff des Hasses.&quot;</i>
 
</p>
 
<p>
 
in: Geertz, Clifford (1983) &quot;Deep Play&quot;: Bemerkungen zum balinesischen Hahnenkampf. In: ders. <i>Dichte Beschreibung.</i> Frankfurt am Main: Suhrkamp (orig. engl. 1973), S. 214-216
 
   
 
 
 
</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.1.4.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.1.4.2<br />
 
 
 
----
 
==5.2.1.5 Anthropology at Home==
 
 
 
<p>
 
<b>Anthropology at Home</b><i> </i>oder <b>auto-anthropology</b><i> </i>(nach Edward Ardener) bedeutet
 
<b>ethnographische Forschung</b>, die im Heimatgebiet der EthnographInnen durchgeführt wird.
 
</p>
 
<p>
 
Anthropology at Home<b> </b>kann als <b>Überbegriff </b>für unterschiedliche kultur- und
 
sozialanthropologische Studien verstanden werden (siehe <b>Vor- und Nachteile der Anthropology at Home[1]</b>), der sich aus den <b>gesellschaftspolitischen Voraussetzungen[2]</b> des Forschungskontextes ableitet.
 
</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.1.5.2<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.1.5.1<br />
 
 
 
----
 
==5.2.1.5.1 Gesellschaftspolitische Voraussetzungen von Anthropology at Home==
 
 
 
<p>Im Gegensatz zur sog. <i>exotischen Anthropologie</i>, welche ihre Forschungsgebiete vornehmlich in  &Uuml;berseel&auml;ndern suchte, betreibt die <b>Anthropology at Home[1]</b> <i> </i>ihre Untersuchungen im <b>Heimatgebiet  der EthnographInnen</b>.</p>
 
<p>Trotz einzelner Studien f&uuml;hrte die mainstream Kultur- und Sozialanthropologie bis zu Beginn der  1970er Jahre ihre Erhebungen vorwiegend in &Uuml;berseegebieten durch.</p>
 
<p><b>Einreisebeschr&auml;nkungen</b> in viele der ehemaligen (kolonialen) Forschungsl&auml;nder, bei  gleichzeitigem rasantem <b>Ansteigen an ausgebildeten AnthropologInnen</b> f&uuml;hrten vermehrt dazu,  den ethnographischen Blick weg von exotischen Gebieten auf die eigene Kultur/Subkulturen zu  richten. Zudem begannen immer mehr <b>indigene, an westlichen Universit&auml;ten ausgebildete  Kultur- und SozialanthropologInnen</b>, ihre eigenen Heimatgebiete zu erforschen.</p>
 
<p>Stanley R. Barrett unterscheidet nach den gesellschaftspolitischen Voraussetzungen der  Forschungsbedingungen unterschiedliche<b> Typen </b>von<b> </b>Anthropology at Home:</p>
 
<ul>
 
    <li><b><i>Insider Anthropology</i></b> wird von EthnographInnen betrieben, die <b>aus</b> den das Forschungsgebiet  <b>dominierenden Gruppen</b> stammen.</li>
 
    <li><b><i>Native Anthropology </i></b>wird von EthnographInnen betrieben, die <b>aus Minderheiten-Gruppen</b>  im Forschungsgebiet stammen.</li>
 
    <li><b><i>Indigenous Anthropology </i></b>wird von so genannten &bdquo;<b>3.Welt-AnthropologInnen</b>&ldquo; betrieben, die  Forschung in ihrem Heimatland betreiben.</li>
 
</ul>
 
<p> </p>
 
<p>Bei dieser Dreiteilung von Barrett wird deutlich, dass sich die Differenz zwischen Insider und Native  Anthropology innerhalb der Indigenous Anthropology der 3.Welt-AnthropologInnen wiederholt.</p>
 
<p><b>Anthropology at Home</b> kann als <b>&Uuml;berbegriff </b>f&uuml;r unterschiedliche kultur- und  sozialanthropologische Studien verstanden werden (siehe <b>Vor- und Nachteile der Anthropology at Home[2]</b>).</p>
 
<p> </p>
 
<p>Literatur:</p>
 
<p>Barrett, Stanley R. (1996) <i>Anthropology. A Student&acute;s Guide to Theory and Method. Toronto:  University of Toronto Press</i></p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.1.5<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.1.5.2<br />
 
 
 
----
 
==5.2.1.5.2 Vor- und Nachteile der Antrhopology at Home==
 
 
 
<p>
 
<a href="./" >Anthropology at Home</a>  kann als <b>Überbegriff </b>für unterschiedliche kultur- und
 
sozialanthropologische Studien verstanden werden, der sich aus den <a href="./" >gesellschaftspolitischen
 
Voraussetzungen</a>  des Forschungskontextes ableitet.
 
</p>
 
<p>
 
Im Rahmen der <i>Anthropology at Home </i>können bei ethnographischen Untersuchungen sowohl
 
<b>qualitative wie quantitative Methoden</b> herangezogen werden.
 
</p>
 
<p>
 
<br/>
 
</p>
 
<p>
 
Die <b>Vorteile </b>für Anthropology at Home sind:
 
<ul>
 
<li>Wegfall langer Anreisen und erheblicher Reisekosten,</li>
 
<li>linguistische Kompetenz,</li>
 
<li>kein bedingungsloses Angewiesensein auf InformantInnen,</li>
 
<li>als Insider leichteres Verständnis der kulturellen Problematik, </li>
 
<li>sowie größere Kapazität, kulturelle Nuancen von non-verbalen und verbalen Daten
 
wahrzunehmen.</li>
 
</ul>
 
</p>
 
<p>
 
<br/>
 
</p>
 
<p>
 
Die <b>Nachteile</b> für Anthropology at Home sind:
 
<ul>
 
<li>Auf Grund der Vertrautheit werden viele Dinge des Alltagslebens von den ForscherInnen nicht
 
hinterfragt und analysiert.</li>
 
<li>Zu geringe soziale Distanz zur untersuchten Gruppe kann einem unparteiischen Verhalten der
 
ForscherInnen entgegenstehen.</li>
 
<li>Fehler im Verhalten der EthnographInnen werden nicht toleriert, da erwartet wird, dass die
 
sozialen Regeln bekannt sind.</li>
 
</ul>
 
   
 
 
 
</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel <br />
 
[2] Siehe Kapitel <br />
 
 
 
----
 
==5.2.2 Die praktische Umsetzung einer ethnographischen Feldforschung==
 
 
 
<p>Die praktische Umsetzung einer ethnographischen Feldforschung beginnt bereits zuhause im  Rahmen einer gezielten Vorbereitung. Vor Ort kommt die Umsetzung der Feldforschung nicht nur  im <b>Einsatz verschiedener Forschungsmethoden[1]</b>  und dem <b>Anlegen von Feldnotizen[2]</b> zum Ausdruck  sondern auch im Umgang und der Zusammenarbeit mit InformantInnen, der Definition der eigenen  Rolle im Feld und dem Aufbau eines Netzwerkes pers&ouml;nlicher Beziehungen.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.3<br />
 
 
 
----
 
==5.2.2.1 Worin besteht die richtige Vorbereitung für eine Feldforschung?==
 
 
 
<p>
 
Vor dem Beginn einer empirischen Datenerhebung im Feld sollten Sie sich bereits zu Hause mit
 
<ul>
 
<li>der <b>fachlich-wissenschaftlichen Vorbereitung[1]</b>,  </li>
 
<li>der <b>praktisch-organisatorischen Vorbereitung[2]</b>, </li>
 
<li>sowie ihrer <b>persönlichen Vorbereitung[3]</b>  beschäftigen und über diese Bereiche Klarheit gewinnen.</li>
 
</ul>
 
</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.2.1.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.2.1.2<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.2.2.1.3<br />
 
 
 
----
 
==5.2.2.1.1 Fachlich-wissenschaftliche Vorbereitung==
 
 
 
<p>
 
Die fachlich-wissenschaftliche Vorbereitung der Feldforschung soll durch Literatur- und
 
Sprachstudium zur Herausbildung eines wissenschaftlichen Vorverständnisses des gewählten
 
Themas beitragen.
 
</p>
 
<p>
 
Zum wissenschaftlichen Vorverständnis zählen die <b>Ausarbeitung der wissenschaftstheoretischen Position[1]</b>, die <b>Ausarbeitung der anzuwendenden Methode(n) und Techniken[2]</b>, der <b>Erwerb von Regionalkenntnissen[3]</b>,  der <b> Erwerb von Sachkenntnissen[4]</b> sowie <b>sprachliche Vorkenntnisse[5]</b>.
 
</p>
 
<p>
 
Neben der fachlich-wissenschaftlichen Vorbereitung müssen die <b>praktisch-organisatorische
 
Vorbereitung[6]</b> und die <b>persönliche Vorbereitung[7]</b>  einer Feldforschung durchgeführt werden.
 
   
 
 
 
</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.2.1.1.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.2.1.1.2<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.2.2.1.1.3<br />
 
[4] Siehe Kapitel 5.2.2.1.1.4<br />
 
[5] Siehe Kapitel 5.2.2.1.1.5<br />
 
[6] Siehe Kapitel 5.2.2.1.2<br />
 
[7] Siehe Kapitel 5.2.2.1.3<br />
 
 
 
----
 
==5.2.2.1.1.1 Ausarbeitung der wissenschaftstheoretischen Position==
 
 
 
<p>
 
Zur Herausarbeitung eines wissenschaftlichen Vorverständnisses des Forschungsthemas zählt die<b>
 
Abklärung der wissenschaftstheoretischen Position</b>, die der Feldforschung zu Grunde liegt.
 
</p>
 
<p>
 
Wenn ich z.B. eine Mythenforschung plane, wird zunächst mein theoretischer Zugang (historisch,
 
strukturalistisch etc.) festzulegen sein.
 
</p>
 
<p>
 
Die gewählte theoretische Ausrichtung bestimmt die <b>Ausarbeitung der anzuwendenden Methode(n)
 
und Techniken[1]</b>.
 
   
 
 
 
</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.2.1.1.2<br />
 
 
 
----
 
==5.2.2.1.1.2 Ausarbeitung der anzuwendenden Methode(n) und Techniken==
 
 
 
<p>
 
Zur Herausarbeitung eines wissenschaftlichen Vorverständnisses des Forschungsthemas zählt
 
nach erfolgter <b>Ausarbeitung einer wissenschaftstheoretischen Position[1]</b> die <b>Ausarbeitung der anzuwendenden Methode(n) und Techniken</b>.
 
</p>
 
<p>
 
Wenn ich z.B. eine Mythenforschung im Sinne der theoretischen Position des Strukturalismus
 
plane, werde ich mich bei meinen Erhebungen der strukturalistischen Methode und ihrer Techniken
 
bedienen.
 
</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.2.1.1.1<br />
 
 
 
----
 
==5.2.2.1.1.3 Erwerb von Regionalkenntnissen==
 
 
 
<p>
 
Zur Herausarbeitung eines wissenschaftlichen Vorverständnisses des gewählten Themas zählt die
 
Aneignung von <b>umfassenden Regionalkenntnissen des Gebietes</b>, wo die Feldforschung
 
stattfinden wird.
 
</p>
 
----
 
==5.2.2.1.1.4 Erwerb von Sachkenntnissen==
 
 
 
<p>
 
Zur Herausarbeitung eines wissenschaftlichen Vorverständnisses des gewählten
 
Forschungsthemas zählt die Aneignung von <b>umfassenden Sachkenntnissen</b> jener Themen,
 
welche im Rahmen der Feldforschung untersucht werden sollen, wie z.B. Migration, Religion,
 
Kunst etc.
 
</p>
 
----
 
==5.2.2.1.1.5 Sprachliche Vorkenntnisse==
 
 
 
<p>Zur Herausarbeitung eines wissenschaftlichen Vorverst&auml;ndnisses des gew&auml;hlten Themas z&auml;hlt die  Aneignung von <b>Vorkenntnissen jener Sprache(n)</b>, welche <b>im Forschungsgebiet gesprochen</b>  wird (werden).</p>
 
<p>Die Sprache ist das erste und <b>wichtigste Kommunikationsmittel</b> zwischen ForscherIn und  untersuchter Gesellschaft. Sie vermittelt den <b>Zugang zu jener sozialen Realit&auml;t</b>, welche studiert  werden soll.</p>
 
<p>Kultur- und SozialanthropologInnen stehen im Rahmen der weltweit <b>&uuml;ber 6900 lebenden Sprachen[1]</b>  in der Regel <b>mehrere M&ouml;glichkeiten zur verbalen Kommunikation</b> offen:</p>
 
<ul>
 
    <li>die Arbeit mit einer auch lokal verbreiteten <b>Sprache europ&auml;ischen Ursprungs[2]</b>,</li>
 
    <li>die Arbeit mit einer <b>lokalen Verkehrssprache[3]</b></li>
 
    <li>oder die Arbeit in der <b>lokalen bzw. indigenen Sprache[4]</b>,  welche im Forschungsgebiet  gesprochen wird.</li>
 
</ul>
 
<p> </p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] http://www.ethnologue.com/web.asp<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.2.1.1.5.1<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.2.2.1.1.5.2<br />
 
[4] Siehe Kapitel 5.2.2.1.1.5.3<br />
 
 
 
----
 
==5.2.2.1.1.5.1 Sprachen europäischen Ursprungs==
 
 
 
<p>
 
Im Zuge des Kolonialismus wurden europäische Sprachen (z.B. Englisch, Spanisch, Französisch,
 
Portugiesisch, Russisch etc.) in weiten Teilen der Welt verbreitet und auch zu offiziellen Sprachen
 
der neu entstandenen Nationalstaaten.
 
</p>
 
<p>
 
Die Arbeit mit einer auch lokal verbreiteten Sprache europäischen Ursprungs hat den Vorteil, dass
 
sie den ForscherInnen <b>leicht zugänglich</b> ist. Der Nachteil der Kommunikation mit der
 
europäischen Sprache liegt darin, dass sie in der Regel die Bildungssprache nur bestimmter, oft
 
privilegierter Schichten ist. Einem/einer ForscherIn, die nur in dieser Sprache kommuniziert, ist der
 
Zugang zu all jenen (Alltags-)Bereichen und Personengruppen verwehrt, innerhalb derer andere
 
Sprachen gesprochen werden.
 
</p>
 
<p>
 
Die Notwendigkeit des Erwerbs unterschiedlicher Sprachkenntnisse hat sich deshalb immer am zu
 
untersuchenden Feld zu orientieren. Ohne Kenntnis der im Alltag verwendeten Sprachen ist es
 
nicht möglich, die lokalen Konzepte und Strategien der Akteure zu erfassen.
 
</p>
 
<p>
 
Deshalb ist neben der Kommunikation in der Sprache europäischen Ursprungs der Erwerb von
 
sprachlichen Vorkenntnissen in einer <b>lokalen Verkehrssprache[1]</b>  und/oder der <b>indigenen Sprache[2]</b> sinnvoll.
 
   
 
 
 
</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.2.1.1.5.2<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.2.1.1.5.3<br />
 
 
 
----
 
==5.2.2.1.1.5.2 Lokale Verkehrssprachen und Pidgin==
 
 
 
<p>Der Erwerb von Vorkenntnissen der <b>lokalen Verkehrssprache </b>(<b>lingua franca </b>bzw.<b> Pidgin</b>),  welche im Forschungsgebiet gesprochen wird, ist neben der Verwendung einer <b>Sprache  europ&auml;ischen Ursprungs[1]</b>  und der <b>lokalen bzw. indigenen Sprache[2]</b> eine M&ouml;glichkeit zur Kommunikation im Rahmen der Feldforschung.</p>
 
<p>Lokale Verkehrssprachen werden in einem <b>weiten Regionalgebiet als Handelssprachen</b> und  zur <b>interethnischen Kommunikation</b> von mehreren Gruppen verwendet, die aber an sich jede  eine andere Sprache sprechen. Lingua franca bzw. Pidgin sind deshalb aus der Sicht der SprecherInnen  immer Zweitsprachen und keine Muttersprache.</p>
 
<p>So gilt z.B. das Arabische in weiten Teilen Ost-Afrikas als lingua franca; ebenso das Spanische  bzw. Portugiesische f&uuml;r gewisse Indigene in Meso- und S&uuml;d-Amerika.</p>
 
<p>Der Nachteil der Arbeit mittels einer Verkehrssprache besteht darin, dass zwar interethnische  Kontaktsituationen verstanden und erforscht werden k&ouml;nnen, der muttersprachliche Alltag ohne die  Kenntnis der lokalen bzw. indigenen Sprache aber nicht bzw. nur unzureichend erfasst werden  kann.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.2.1.1.5.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.2.1.1.5.3<br />
 
 
 
----
 
==5.2.2.1.1.5.3 Lokale bzw. indigene Sprachen==
 
 
 
<p>Neben der Arbeit mittels <b>Sprache europ&auml;ischen Ursprungs[1]</b> und <b>lokaler Verkehrssprache[2]</b> besteht die M&ouml;glichkeit zur Kommunikation in der <b>lokalen bzw. indigenen Sprache</b>. Dabei kann es sich auch um <b>Creol-Sprachen[3]</b> handeln, die zur Muttersprache bestimmter Bev&ouml;lkerungsgruppen geworden sind.</p>
 
<p>Die Arbeit mit der indigenen Sprache hat den Vorteil der <b>unverzerrten Artikulation</b> seitens der  untersuchten Personen, wodurch die dahinter liegenden Denkkategorien ungefiltert zum Ausdruck  kommen und erforscht werden k&ouml;nnen.</p>
 
<p>Ein weiterer Vorteil liegt in der <b>besseren sozialen Einbindung der ForscherIn</b> in die Gruppe, da  das Sprechen der Muttersprache oft als ein Akt der H&ouml;flichkeit und des Interesses gewertet und  honoriert wird.</p>
 
<p>Der Nachteil besteht darin, dass die M&ouml;glichkeit des Lernens einer indigenen Sprache, die nicht  schriftlich fixiert ist, nur selten vor der Abreise zur Feldforschung gegeben ist. </p>
 
<p>In diesem Falle lohnt sich als Vorbereitung die <b>Aneignung bestimmter Lerntechniken</b> im  Rahmen der allgemeinen Sprachwissenschaft (z.B. Gudschinsky, Sahra C. [1971] <i>How to Learn an  Unwritten Language</i>. New York: Holt, Rinehart und Winston).</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.2.1.1.5.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.2.1.1.5.2<br />
 
[3] http://www.ethnologue.com/15/show_family.asp?subid=90083<br />
 
 
 
----
 
==5.2.2.1.2 Praktisch-organisatorische Vorbereitung==
 
 
 
<p>
 
Neben der <b>fachlich-wissenschaftlichen Vorbereitung[1]</b> und der <b>persönlichen Vorbereitung[2]</b> einer
 
Feldforschung ist ebenso die <b>praktisch-organisatorische Vorbereitung</b> durchzuführen.
 
</p>
 
<p>
 
Die praktisch-organisatorische Vorbereitung einer Feldforschung umfasst in erster Linie
 
<b>administrative Tätigkeiten</b>. Diese sollten am besten in Form einer <b>check-list</b> zunächst
 
übersichtlich dargestellt und im Zuge der Vorbereitung nach Erledigung abgehakt werden.
 
</p>
 
<p>
 
Die check-list soll zumindest die detaillierten Rubriken <b>Projektanträge[3]</b>,  <b>Kontakte zu Institutionen im Forschungsland[4]</b>, <b>Empfehlungsschreiben[5]</b>, <b>Reisemodalitäten[6]</b>, <b>Unterbringungsmöglichkeiten[7]</b>,
 
<b>medizinische Maßnahmen[8]</b> und <b>technische Ausrüstung[9]</b>  umfassen.
 
</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.2.1.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.2.1.3<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.2.2.1.2.1<br />
 
[4] Siehe Kapitel 5.2.2.1.2.2<br />
 
[5] Siehe Kapitel 5.2.2.1.2.3<br />
 
[6] Siehe Kapitel 5.2.2.1.2.4<br />
 
[7] Siehe Kapitel 5.2.2.1.2.5<br />
 
[8] Siehe Kapitel 5.2.2.1.2.6<br />
 
[9] Siehe Kapitel 5.2.2.1.2.7<br />
 
 
 
----
 
==5.2.2.1.2.1 Projektanträge==
 
 
 
<p>Projektantr&auml;ge auf die <b>Gew&auml;hrung von F&ouml;rdermitteln, </b>etwa im Rahmen von <b>Stipendien[1]</b>,  f&uuml;r das  Forschungsvorhaben sollen m&ouml;glichst fr&uuml;h bei den zust&auml;ndigen Stellen eingereicht werden, um  &uuml;ber den finanziellen Rahmen des Projektes Bescheid zu wissen.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] http://studieren.univie.ac.at/?id=33<br />
 
 
 
----
 
==5.2.2.1.2.2 Kontakte zu Institutionen im Forschungsland==
 
 
 
<p>
 
Es ist empfehlenswert, bereits vom Heimatort aus Verbindung zu österreichischen Botschaften,
 
Kulturinstituten, Handelsdelegationen etc. sowie Universitäten im Land, wo die Feldforschung
 
stattfinden soll, aufzunehmen.
 
</p>
 
<p>
 
Diese Kontakte können sich für <b>wertvolle Forschungshinweise</b>, aber auch für
 
<b>Unterbringungsmöglichkeiten[1]</b>  oder im Falle von Krankheit oder anderen Schwierigkeiten als sehr
 
wertvoll erweisen.
 
</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.2.1.2.5<br />
 
 
 
----
 
==5.2.2.1.2.3 Empfehlungsschreiben==
 
 
 
<p>
 
Empfehlungsschreiben maßgeblicher österreichischer Institutionen (z.B. der Universität Wien)
 
können sich im Forschungsland als überaus nützlich erweisen.
 
</p>
 
<p>
 
Sie umreißen kurz das <b>wissenschaftliche Anliegen</b> des geplanten Projektes und ersuchen um
 
weitest gehende <b>Unterstützung der ForscherIn</b>.
 
   
 
 
 
</p>
 
----
 
==5.2.2.1.2.4 Reisemodalitäten==
 
 
 
<p>
 
Zeitgerecht vor Antritt der Feldforschung ist die (kostengünstigste) <b>An- und
 
Rückreisemöglichkeit</b> bzw. die <b>Reiseroute</b> festzulegen.
 
</p>
 
<p>
 
Beachten Sie unbedingt die <b>Einreisebedingungen</b> des Forschungslandes (z.B. Visum,
 
Aufenthaltsgenehmigung etc.)!
 
   
 
 
 
</p>
 
----
 
==5.2.2.1.2.5 Unterbringungsmöglichkeiten==
 
 
 
<p>
 
Es ist empfehlenswert, bereits vor Antritt der Reise die <b>Unterbringungsmöglichkeiten im
 
Forschungsland</b> (zumindest für die ersten Tage) zu organisieren.
 
</p>
 
<p>
 
<b>Kontakte zu Institutionen im Forschungsland[1]</b>  können sich diesbezüglich als nützlich erweisen.
 
</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.2.1.2.2<br />
 
 
 
----
 
==5.2.2.1.2.6 Medizinische Maßnahmen==
 
 
 
<p>
 
Informieren Sie sich rechtzeitig, welche <b>ärztlichen Vorsorgemaßnahmen</b> (z.B. Impfungen) für ihr
 
Forschungsland vorgeschrieben sind!
 
</p>
 
<p>
 
Diesbezügliche Informationen erteilen die Gesundheitsämter der Gemeinden, die Wiener Tropen-
 
bzw. Hygiene-Institute u.a. öffentliche und private Stellen.
 
</p>
 
<p>
 
Da einige <b>Impfungen</b> eine längere Vorlaufzeit brauchen bzw. wiederholt werden müssen, um
 
wirksamen Schutz zu bieten, ist unbedingt auf eine <b>zeitgerechte Durchführung</b> zu achten!
 
</p>
 
<p>
 
Ebenfalls ist die Zusammenstellung einer geeigneten <b>Reiseapotheke</b> zu planen, da in manchen
 
Feldforschungsgebieten die medizinische Versorgung kaum oder nur mangelhaft gewährleistet ist.
 
   
 
 
 
</p>
 
----
 
==5.2.2.1.2.7 Technische Ausrüstung==
 
 
 
<p>
 
Überprüfen Sie vor Antritt der Feldforschung unbedingt die <b>Funktionstüchtigkeit der technischen
 
Ausrüstung</b> (Notebook, Fotoapparat, Filmkamera, Diktiergerät etc.) und achten Sie auf das nötige
 
Zusatzmaterial.
 
   
 
 
 
</p>
 
----
 
==5.2.2.1.3 Persönliche Vorbereitung: Selbstreflexion der ForscherIn==
 
 
 
<p>Neben der <b>fachlich-wissenschaftlichen Vorbereitung[1]</b> und der <b>praktisch-organisatorischen  Vorbereitung [2]</b> einer Feldforschung ist auch die <b>pers&ouml;nliche Vorbereitung</b> der ForscherInnen in  Form einer <b>Selbstreflexion</b> von Bedeutung:</p>
 
<p>Die Zeit der Feldforschung bedeutet f&uuml;r alle ForscherInnen auch eine gro&szlig;e pers&ouml;nlich-menschliche  Erfahrung, die vielfach mit einer <b>Initiationsphase</b> verglichen wird.</p>
 
<p>Wie letztere birgt sie viele neue Erfahrungen, Unerwartetes, physisch wie psychisch Belastendes.</p>
 
<p>Deshalb empfehlen insbesondere amerikanische Methodenlehrb&uuml;cher sich vor einer Feldforschung  einer Analyse bei einem/einer Therapeuten/In zu unterziehen, um eigene Aggressionspunkte, Projektionen  etc. auszuloten.</p>
 
<p>Zur Selbstreflexion der EthnographInnen siehe auch folgende Literatur: Barrett, Stanley R. (1996) <i>A  Student&acute;s Guide to Theory and Method. </i>Toronto: University of Toronto Press; Davies, Charlotte Aull  (2007) <i>Reflexive Ethnography. A guide to researching selves and others.</i> London: Routledge.</p>
 
<p>Auch ohne fachliche Unterst&uuml;tzung empfiehlt es sich in jedem Falle mittels Selbstreflexion seine  <b>eigenen Schw&auml;chen und St&auml;rken und die daraus resultierenden Reaktionen</b> unter  un&uuml;blichen Konditionen kennen zu lernen.</p>
 
<p>Auch w&auml;hrend des Feldforschungsaufenthaltes sollte diese <b>Selbsttherapie</b> durch die F&uuml;hrung  eines <b>pers&ouml;nlichen Tagebuches</b> fortgesetzt werden.</p>
 
<p>Durch das spontane Aufschreiben aller pers&ouml;nlichen Betroffenheiten, Emotionen und Handlungen  des abgelaufenen Tages l&auml;sst sich somit eine gewisse Distanz schaffen, um <b>individuelle  Befindlichkeiten</b> und <b>wissenschaftliche Fakten</b> zu <b>entwirren</b>.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.2.1.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.2.1.2<br />
 
 
 
----
 
==5.2.3 Wie schreibt man Feldnotizen?==
 
 
 
<p>
 
Das <b>Verfassen von Feldnotizen</b> gehört neben anderen Strategien (Aufnehmen von Interviews,
 
Fotografieren, Filmen, etc.) zu den <b>zentralen ethnografischen Verfahren der
 
Datendokumentation</b>. Der Kern dieses Verfahrens besteht darin, Erfahrungen, Erlebnisse und
 
Beobachtungen, die man als FeldforscherIn im Feld macht, systematisch in brauchbare Daten zu
 
transformieren. Dabei stellen sich unterschiedliche Fragen:
 
<ul>
 
<li>Wie stellt sich das <b>Verhältnis von verschriftlichten Daten und Erinnerungen[1]</b>  dar? </li>
 
<li>Was kann ich tun, damit ich mich an das <b>Beobachtete und Erlebte wieder erinnere[2]</b> ?</li>
 
<li>Wie kann ich die Beobachtungen zu vernünftigen <b>schriftlichen Feldnotizen ausarbeiten[3]</b> ?</li>
 
<li>Aus welchen <b>Textgattungen[4]</b>  bestehen Feldnotizen?</li>
 
</ul>
 
   
 
 
 
</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.3.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.3.4.1<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.2.3.4.2.1<br />
 
[4] Siehe Kapitel 5.2.3.4<br />
 
 
 
----
 
==5.2.3.1 Headnotes und Fieldnotes==
 
 
 
<p>
 
Ein zentrales Moment des Feldforschungsprozesses besteht in der Transformation von
 
Feldforschungserfahrungen in verschriftlichte Feldforschungsnotizen, die dann für weitere Analysen
 
verwendet werden können. Als FeldforscherIn kommt man aber nicht nur mit <b>fieldnotes</b> aus dem
 
Feld zurück, sondern auch mit &quot;<b>headnotes</b>&quot;, das heißt sowohl mit verschrifltichten Daten, wie mit
 
einem Pool von Erfahrungen und Erinnerungen. Während die verschriftlichten Daten bleiben wie sie
 
sind, ändern sich die headnotes im Laufe der Zeit und damit auch die retrospektive Interpretation
 
der fieldnotes. Wie Sanjek (1990: 93) unter Verweis auf Ottenberg feststellt, ist <b>Ethnographie</b>
 
daher ein Produkt dieses <b>Wechselverhältnisses</b> zwischen fieldnotes und headnotes.
 
   
 
 
 
</p>
 
----
 
==5.2.3.2 Von der ethnographischen Erfahrung zu den Feldnotizen==
 
 
 
<p>
 
Nachdem der Zugang zu einem Feld geschaffen wurde, beginnt man auf unterschiedliche Art und
 
Weise in diesem zu interagieren und zu partizipieren. Dabei kann es sich zu Beginn um informelle
 
Gespräche und Beobachtungen handeln, welche zu einem allmählichen Kennenlernen von lokalen
 
Routinen und einem lokalen Alltagsverständnis führen. Dies führt in weiterer Folge zu einem
 
&quot;Eintauchen&quot; in andere Lebenswelten und die lokale Kultur. Die zentrale Strategie ist eine
 
&quot;<b>teilnehmende Beobachtung[1]</b> &quot;, wobei der Anteil der Beobachtung und der Teilnahme sich je nach
 
Phase der Feldforschung unterschiedlich gestalten wird.
 
</p>
 
<p>
 
Im Zuge dieser ethnographischen Erfahrung wird nicht nur <b>explizites Wissen</b> generiert, sondern
 
auch <b>implizites</b>, so genanntes &quot;<b>tacit knowledge</b>&quot;, das heißt verinnerlichtes Wissen, welches zu
 
einem Teil der Persönlichkeit des/der ForscherIn wird und mit der Übernahme von Regeln und
 
Verhaltensweisen der jeweiligen Kultur einhergeht. Bei diesem impliziten &quot;tacit konwledge&quot; handelt
 
es sich um eine zum Teil unbewusste bzw. halb-bewusste <b>Verinnerlichung (</b><b><i>embodyment</i></b><b>)
 
anderer kultureller Praktiken</b>. Im Gegensatz dazu stehen die bewussten Erfahrungen und die
 
sich im Laufe der Zeit verändernden Erinnerungen (<b>headnotes[2]</b>).   
 
</p>
 
<p>
 
Der zentrale Punkt der diese ethnographische Erfahrung zu einem Teil eines wissenschaftlichen,
 
methodischen Vorgehens macht, besteht darin, diese Erfahrung fest zu halten, explizit zu machen
 
und zu verschriftlichen. In diesem Prozess werden diese Erfahrungen in Daten in Form von
 
Feldnotizen transformiert. Methodisch betrachtet handelt es sich dabei um einen<b> Kernprozess der
 
Feldforschung.</b>
 
   
 
 
 
</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.1.1.2<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.3.1<br />
 
 
 
----
 
==5.2.3.3 Feldnotizen als Daten==
 
 
 
<p>
 
Wie alle anderen Daten beinhalten auch Feldnotizen sowohl<b> Informationen, Beschreibungen
 
und Aussagen über ein Feld</b>, als auch über die <b>Art der Beobachtung,</b> in diesem Fall des/der
 
EthnographIn. Deshalb beinhalten Feldnotizen durchaus auch <b>intime Informationen</b> über den/die
 
FeldforscherIn, seine/ihre Befindlichkeit, Ängste, Wünsche und Hoffnungen.
 
</p>
 
<p>
 
Innerhalb eines Forschungsprozesses machen Feldnotizen retrospektiv die eigenen Vorannahmen
 
deutlich. Dies kommt z.B. dadurch zum Ausdruck, dass man beschreibt was man als neu und
 
überraschend erlebt. Aus einem analytischen Blickwinkel macht dies <b>(implizite)
 
Erwartungshaltungen</b> und möglicherweise <b>unbewusste Grundannahmen</b> sowie <b>eigene
 
Kategorien und Bewertungsschemata</b> deutlich.
 
</p>
 
<p>
 
Feldnotizen veranschaulichen aber auch die Sensibilitäten des/der FeldforscherIn. Sie machen
 
deutlich, was man zu Beginn einer Feldforschung wahrgenommen hat und was gegen Ende, was
 
man zu gewissen Zeiten noch nicht bzw. nicht mehr - weil es selbstverständlich geworden ist -
 
gesehen hat. Sie veranschaulichen, wofür man sensibilisiert wurde und was man in Interaktion mit
 
dem Feld gelernt hat.
 
</p>
 
<p>
 
Feldnotizen machen aber auch die interaktiven Prozesse der <b>Rollendefinition</b>, das heißt das
 
&quot;<b>role making</b>&quot; und &quot;<b>role taking</b>&quot;, des/der FeldforscherIn deutlich. Welche Rollen sind im Feld für
 
den/die ForscherIn vorhanden, welche bekommt er/sie zugeschrieben, wie geht er/sie damit um,
 
was heißt dies für die Möglichkeiten der Forschung und Datengewinnung und wie verändert sich die
 
Rolle, die man als FeldforscherIn einnimmt im Laufe der Zeit?
 
</p>
 
<p>
 
Feldnotizen können die ethnographische Erfahrung aber nie ungefiltert wieder geben. Die
 
ethnographische Erfahrung selbst beruht bereits auf einer <b>selektiven Wahrnehmung</b> von den im
 
Feld stattfindenden Ereignissen. Im Zuge einer Feldforschung ändert sich die Selektivität mit der
 
man Ereignisse im Feld wahrnimmt, da diese von Wissen und Erfahrung abhängig sind. 
 
</p>
 
<p>
 
Bei der Transformation der ethnographischen Erfahrung in verschriftlichte Daten kommt es
 
unweigerlich zu einer weiteren Selektion: Einerseits werden nicht alle Erfahrungen verschriftlicht
 
(d.h. sie bleiben im besten Fall <b>headnotes[1]</b>,  z.B. weil gewisse Ereignisse als nicht relevant
 
erscheinen), andererseits bieten sich unterschiedliche Möglichkeiten der Beschreibung einer
 
Erfahrung bzw. eines Ereignisses. Es stellt sich also die Frage, welche <b>Strategien[2]</b>  man sowohl im
 
Feld, wie beim <b>Ausarbeiten der Feldnotizen am Schreibtisch[3]</b>  anwenden kann, um möglichst
 
qualitätsvolle Aufzeichnungen zu produzieren. 
 
   
 
 
 
</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.3.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.3.4.2.2<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.2.3.4.2.1<br />
 
 
 
----
 
==5.2.3.4 Fieldnotes als unterschiedliche Textsorten==
 
 
 
<p>
 
Der <b>Charakter von Feldnotizen </b>unterscheidet sich nicht nur <b>individuell </b>und<b> Anlass bezogen</b> je
 
nach ForscherIn und Projekt, sondern fieldnotes bestehen im Normalfall aus sehr unterschiedlichen
 
und sich gegenseitig ergänzenden <b>Formen des Schreibens</b> und resultierender <b>Textsorten</b>.
 
</p>
 
<p>
 
So unterscheidet Clifford (1990) drei Arten des Schreibens:
 
</p>
 
<p>
 
<b>1) </b><b>aufschreiben[1]</b>  <b>(inscribing)</b>: das Aufschreiben eines Wortes oder einer Phrase, um eine
 
Beobachtung festzuhalten oder um sich daran zu erinnern, was jemand gesagt hat.
 
</p>
 
<p>
 
<b>2)</b> <b>transkribieren[2]</b> <b> (transcribing)</b>: das Verschriftlichen von Erzählungen, Mythen, Erklärungen etc.
 
mit Hilfe von InformantInnen und/oder vom Band.
 
</p>
 
<p>
 
<b>3) </b><b>beschreiben[3]</b> <b> (describing)</b>: die Produktion einer mehr oder weniger kohärenten Repräsentation
 
der beobachteten kulturellen Realität.
 
</p>
 
<p>
 
Zu den Textsorten, welche die fieldnotes umfassen, gehören u.a.:
 
<ul>
 
<li><b>Stichwörter[4]</b>, </li>
 
<li><b>ausgearbeitete Feldnotizen[5]</b>, </li>
 
<li><b>Transkripte[6]</b>, </li>
 
<li><b>spezialisierte Datensammlungen[7]</b>, </li>
 
<li><b>Memos[8]</b>,  </li>
 
<li>eine <b>Metadatendokumentation[9]</b>  sowie</li>
 
<li><b>schriftliche Interaktionen aus dem Feld[10]</b>.  </li>
 
</ul>
 
   
 
 
 
</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.3.4.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.3.4.4<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.2.3.4.2.1<br />
 
[4] Siehe Kapitel 5.2.3.4.1<br />
 
[5] Siehe Kapitel 5.2.3.4.2<br />
 
[6] Siehe Kapitel 5.2.3.4.4<br />
 
[7] Siehe Kapitel 5.2.3.4.5<br />
 
[8] Siehe Kapitel 5.2.3.5.4<br />
 
[9] Siehe Kapitel 5.2.3.4.6<br />
 
[10] Siehe Kapitel 5.2.3.4.7<br />
 
 
 
----
 
==5.2.3.4.1 Stichwortzettel==
 
 
 
<p>Ein zentraler Aspekt der Verschirftlichung und des Ausarbeitens von Feldnotizen ist die  Notwendigkeit sich an die Ereignisse und Erlebnisse so detailgetreu wie m&ouml;glich zu erinnern.  Neben Mnemotechniken kommen dabei auch andere <b>Erinnerungshilfen</b>, wie z.B. das  Aufschreiben (<b>inscribing[1]</b>) von Stichw&ouml;rtern, zum Einsatz. Klassischerweise macht man sich auf  kleinen Stichwortzetteln Notizen, die das nachtr&auml;gliche <b>Ausarbeiten der Feldnotizen  unterst&uuml;tzen</b>. Heutzutage kann es sich aber auch um kurze, in ein Diktierger&auml;t gesprochene  S&auml;tze oder in ein Handy getippte Notizen handeln. Je nach Feldsituation ist zu entscheiden, ob,  wann, wie offen und <b>wie[2]</b>  solche Erinnerungshilfen angelegt werden k&ouml;nnen. </p>
 
<p><span class="imgbox imgcenter" style="width:640px; .word-wrap:break-word; "><img height="785" border="0" align="bottom" width="640" src="images/qualitative-96_2.jpg" alt="" /><span class="imgcaption">Abbildung: Stichwortzettel von Margaret Mead vom Feldforschungsaufenthalt bei den Tchambuli im
 
Frühling 1933. <a class="x" href="http://www.loc.gov/exhibits/mead/images/mm0140bp1s.jpg ">Quelle</a></span>
 
</span></p>
 
<p><span class="imgbox imgcenter" style="width:640px; .word-wrap:break-word; "><img height="784" border="0" align="bottom" width="640" src="images/qualitative-96_3.jpg" alt="" /><span class="imgcaption">Abbildung: Stichwortzettel von Margaret Mead vom Feldforschungsaufenthalt bei den Tchambuli im
 
Frühling 1933. <a class="x" href="http://www.loc.gov/exhibits/mead/images/mm0140bp2s.jpg">Quelle</a></span>
 
</span></p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.3.4<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.3.4.1<br />
 
 
 
----
 
==5.2.3.4.1.1 Empfehlungen für das Festhalten von Stichwörtern==
 
 
 
<p>
 
Um möglichst lebendige und beschreibende fieldnotes zu produzieren geben Emerson et al (1995:
 
32ff) folgende Empfehlungen für das Festhalten von Stichwörtern. Man sollte:
 
<ul>
 
<li><b>Kernelemente</b> beobachteter Szenen und Interaktionen <b>festhalten</b>, etwa Fragmente von
 
Handlungen bzw. Gesprächen;</li>
 
<li>allgemeine <b>generalisierende Charakterisierungen vermeiden</b>, z.B. einen Arbeitsprozess
 
nicht als &quot;geschickt&quot; bzw. &quot;ungeschickt&quot; charakterisieren, sondern Stichwörter festhalten, die
 
es erlauben den Prozess als solchen zu beschreiben; </li>
 
<li><b>konkrete Sinneseindrücke</b> im Bezug auf Handlungen und Gespräche <b>festhalten</b>, z.B. nicht
 
bloß behaupten, dass jemand verärgert ist, sondern seine/ihre Reaktionen und Äußerungen
 
beschreiben und dadurch den emotionalen Zustand nachvollziehbar machen. Der Fokus sollte
 
darauf liegen, wie Gefühle zum Ausdruck gebracht werden und nicht darauf, was vermeintliche
 
Gefühle sind.</li>
 
<li>jene <b>Sinneseindrücke</b> festhalten, die zentral sind, aber <b>die man leicht vergessen würde</b>.
 
Dazu ist es notwendig, die Selektivität der eigenen Erinnerung kennen zu lernen.</li>
 
<li>Stichwörter sollen <b>generelle Eindrücke und Gefühle signalisieren</b> auch wenn man sich in
 
der Situation noch nicht über deren Relevanz im Klaren ist.  </li>
 
</ul>
 
   
 
 
 
</p>
 
----
 
==5.2.3.4.2 Ausgearbeitete fieldnotes==
 
 
 
<p>Im Gegensatz zu den Erinnerungen (<b>headnotes)[1]</b>,  dem erworbenen &quot;<b>tacit knwoledge[2]</b> &quot; und den  <b>Stichwortzetteln[3]</b>  handelt es sich bei den ausgearbeiteten fieldnotes nicht um rohe, einfach nur  aufgeschriebene Daten, sondern um die Produktion einer <b>koh&auml;renten Beschreibung</b>. Diese ist  zentral im Feldforschungsprozess und solche Beschreibungen m&uuml;ssen produziert werden, k&ouml;nnen  akkumuliert, sp&auml;ter kodiert bzw. indiziert werden und bilden die <b>Grundlage f&uuml;r jedwede weitere  Analyse</b>. Ausgearbeitete fieldnotes repr&auml;sentieren somit nicht nur mechanisch Erinnertes, vielmehr  sind die pr&auml;sentierten Fakten ausgew&auml;hlt, fokussiert und bereits ansatzweise interpretiert.      </p>
 
<p>Sie entstehen nicht nur aus einem Prozess des Auf- bzw. Niederschreibens (write down bzw.  <b>inscription[4]</b>) sondern in einem schriftlichen Ausformulieren (wirte up bzw. description), welches  bewusst zusammengesetzte (dichte) Beschreibungen produziert. Im Prozess der Ausarbeitung  k&ouml;nnen <b>unterschiedliche Schreibstile und Strategien[5]</b> angewandt werden.</p>
 
<p> </p>
 
<p>&quot;<i>PARTIAL TRANSCRIPTION OF PAGE:</i> <br />
 
<br />
 
<i>Consider difference [between?] boys + girls in affective vs. cognitive culture.</i> <i>Diff. strong Arapesh, Mundugumor</i> <i>Tjambuli (less)</i><i>? <br />
 
<br />
 
Iatmul</i> <i>Diff. slighter - Manus(?)  <br />
 
<br />
 
Bali Samoa</i> <i>Manus and Tj. are borderline cases.</i> <br />
 
<br />
 
<i>Due to early affective assimilation of girls to adult female standard</i> <i>-impossible for boys-</i> <i>Perhaps differential intellectual curiosity of boys + girls may be partly laid to this rather than to  drive.&quot;</i> <br />
 
<br />
 
(Quelle: <b>http://www.loc.gov/exhibits/mead/...[6]</b>  06.04.2007)</p>
 
<p><span class="imgbox imgcenter" style="width:384px; .word-wrap:break-word; "><img height="640" border="0" align="center" width="384" src="images/qualitative-98_1.jpg" alt="Abbildung: Fieldnotes von Magaret Mead" /><span class="imgcaption"><p>Abbildung: Fieldnotes von Margaret Mead, <i>&quot;Iatmul field notes for May 5, 1938.</i></p></span>
 
</span></p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.3.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.3.2<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.2.3.4.1<br />
 
[4] Siehe Kapitel 5.2.3.4<br />
 
[5] Siehe Kapitel 5.2.3.4.2.2<br />
 
[6] http://www.loc.gov/exhibits/mead/field-iatmul.html<br />
 
 
 
----
 
==5.2.3.4.2.1 Das Ausarbeiten der Fieldnotes==
 
 
 
<p>Das <b>Ausarbeiten der fieldnotes</b> ist im Normalfall ein <b>zeitaufwendiger Prozess</b> und man sollte  davon ausgehen, dass f&uuml;r jede Stunde Beobachtungszeit zumindest eine weitere Stunde ben&ouml;tigt  wird um die Beobachtungen in einer schriftlichen Form auszuarbeiten. Heute k&ouml;nnen solche  fieldnotes zum Teil mittels Spracherkennungssoftware diktiert werden. In der Literatur findet sich  die Empfehlung, fieldnotes <b>so rasch wie m&ouml;glich zu verfassen</b>, damit der Eindruck des Erlebten  m&ouml;glichst &bdquo;frisch&ldquo; und unver&auml;ndert ist. Gespr&auml;che &uuml;ber erlebte Ereignisse f&uuml;hren dazu, das  <b>Verst&auml;ndnis des Erlebten zu transformieren</b> bzw. bereits <b>selektiv zu interpretieren</b>, weshalb  empfohlen wird, die Feldnotizen zu verfassen, bevor eine solche Transformation stattfindet. In der  Praxis eines permanenten Feldaufenthaltes erweist es sich zumeist als schwierig, mit seinen  fieldnotes up to date zu sein und erfordert oft &auml;u&szlig;erste Disziplin.</p>
 
<p>Die Art und Weise, wie die fieldnotes verfasst werden, ist nat&uuml;rlich auch vom intendierten bzw.  imaginierten Publikum abh&auml;ngig. Also von der Frage, ob sie anderen zur Verf&uuml;gung gestellt werden,  oder ob es sich um rein pers&ouml;nliche und intime Aufzeichnungen handelt. Wichtig ist, dass die  fieldnotes auch <b>ausreichende Details und Hintergrundinformationen</b> beinhalten, so dass sie  auch nach Jahren noch <b>sinnvoll interpretierbar</b> sind, wenn der unmittelbare Eindruck der  Feldsituation bereits verblasst ist. Wenn man Feldnotizen im Bewusstsein verfasst, dass diese f&uuml;r  ein breiteres Publikum bestimmt sind, so werden die Aufzeichnungen im Normalfall reichhaltiger  sein, mehr Hintergrund- und Kontextinformationen beinhalten und vermeintlich selbstverst&auml;ndliche  Details expliziter ausf&uuml;hren.  </p>
 
<p><span class="imgbox imgcenter" style="width:539px; .word-wrap:break-word; "><img height="369" border="0" align="bottom" width="539" src="images/qualitative-99_1.jpg" alt="Abbildung: G. Bateson und M. Mead" /><span class="imgcaption">Abbildung: Gregory Bateson und Margaret Mead beim Ausarbeiten der Fieldnotes im R22;MoskitozimmerR20;
 
bei den Iatmul 1938. <a class="x" href="http://www.loc.gov/exhibits/mead/field-iatmul.html">Quelle</a></span>
 
</span></p>
 
----
 
==5.2.3.4.2.2 Stile und Strategien des Verfassens von Fieldnotes==
 
 
 
<p>Es existieren <b>unterschiedliche Strategien</b>, die Feldnotizen auszuarbeiten. Ausgangspunkt des  Ausarbeitens sind die <b>Stichw&ouml;rter[1]</b>  und Notizen, welche man z.B. im Laufe eines Tages  verfasst  hat. Ausgehend davon kann man <b>chronologisch vorgehen</b> und die Ereignisse des Tages in ihrer  Abfolge beschreiben oder aber das Ausarbeiten der Feldnotizen nach <b>thematischen Prinzipien</b>  organisieren. Dar&uuml;ber hinaus kann man auch mit einer m&ouml;glichst detaillierten lebendigen  <b>Beschreibung besonderer Ereignisse</b> beginnen, welche dann im Rahmen der sonstigen  Tagesereignisse bzw. thematischen Zusammenh&auml;nge verankert werden. </p>
 
<p>Ziel ist, aus der fragmentierten und zerst&uuml;ckelten Information, welche die Stichw&ouml;rter darstellen,  eine koh&auml;rente Beschreibung anzufertigen. Dabei ist zu beachten, dass der Gro&szlig;teil der  Information der zu erstellenden Beschreibung nicht in den Stichw&ouml;rtern festgehalten wurde, denn  diese stellen nur Hilfen dar, um Erinnerungen reaktualisieren und verschriftlichen zu k&ouml;nnen.  Dementsprechend werden direkte Zitate in diesen Beschreibungen nur dann eingesetzt, wenn es  sich um Aussagen handelt, die direkt im Feld aufgezeichnet wurden, nicht aber, wenn es sich um  eine ged&auml;chtnisgest&uuml;tzte Rekonstruktion des Gesagten handelt. Beim Ausarbeiten der fieldnotes  handelt es sich bereits um eine <b>erste vorl&auml;ufige Interpretation </b>in der Erfahrungen geordnet und  Interaktionsmuster benannt werden. M&ouml;glicherweise werden nicht alle stichwortartigen  Aufzeichnungen in die ausgearbeiteten fieldnotes inkludiert, da sie zu einem gewissen Zeitpunkt  noch keinen Sinn machen, das hei&szlig;t noch nicht sinnvoll interpretiert werden k&ouml;nnen. Mit gro&szlig;er  Wahrscheinlichkeit k&ouml;nnen sie aber zu einem sp&auml;teren Zeitpunkt f&uuml;r die Analyse des Materials  relevant werden. Deshalb ist es ratsam auch vage, scheinbar unwichtige, nicht oder nur  ansatzweise verstandene Details festzuhalten, da diese auf Ph&auml;nomene verweisen k&ouml;nnen, die  sich zu einem sp&auml;teren Zeitpunkt als zentral erweisen. </p>
 
<p>Die konkreten Beschreibungen k&ouml;nnen auf doppelte Weise unterschiedlich organisiert sein:  Einerseits kann die Beschreibung aus <b>unterschiedlichen Perspektiven[2]</b>  erfolgen, andererseits kann  der <b>zeitliche Ablauf[3]</b>  der Beschreibung variieren. Weiters kann man <b>Szenen mittels  unterschiedlicher Verfahren darstellen[4]</b>  und diese <b>Szenen miteinander in Beziehung setzten[5]</b>.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.3.4.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.3.4.2.2.1<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.2.3.4.2.2.2<br />
 
[4] Siehe Kapitel 5.2.3.4.2.2.3<br />
 
[5] Siehe Kapitel 5.2.3.4.2.2.4<br />
 
 
 
----
 
==5.2.3.4.2.2.1 Beschreibungsperspektiven==
 
 
 
<p>Die <b>Beschreibung </b>kann grunds&auml;tzlich aus <b>drei unterschiedlichen Perspektiven</b> erfolgen: aus  der Perspektive des Ich- Erz&auml;hlers, aus der Position dritter Personen bzw. aus einer &bdquo;Allwissenden  Perspektive&ldquo; (Emerson et al 1995: 52ff):</p>
 
<ul>
 
    <li>Aus der <b>Perspektive des Ich-Erz&auml;hlers</b> kann man als EthnographIn die eigene Geschichte  darstellen, in dem man festh&auml;lt, was man wei&szlig;, erfahren und gef&uuml;hlt hat, w&auml;hrend man mit  Anderen interagiert hat. Diese Perspektive erm&ouml;glicht es, die eigenen <b>Erfahrungen und  Reaktionen</b> in Auseinandersetzung mit den Handlungen und Gespr&auml;chen im Feld  darzustellen. Wie Emerson et al feststellen, ist diese Perspektive besonders effizient, wenn  der/die <b>EthnographIn ein Mitglied jener Gruppe ist</b>, die er/sie studiert. Die Perspektive des  Ich-Erz&auml;hlers erm&ouml;glicht in diesem Fall eine &bdquo;<b>Insider-Sichtweise</b> auf Handlungen, die durch  ihr ethnographisches Interesse gefiltert ist&ldquo; (Emerson et al 1995:53). Durch diese Perspektive  kann auch der nat&uuml;rliche Fluss der Ereignisse aus der Sicht des Gruppenmitglieds dargestellt  werden. Man kann nicht nur festhalten, was Personen im Feld getan oder gesagt haben,  sondern auch vermitteln, wie man sich angesichts dieser Handlungen und Aussagen gef&uuml;hlt  hat und wie man darauf reagiert hat. Diese Position macht es m&ouml;glich, die Erfahrung des/der  AutorIn, nicht nur als Mitglied einer Gruppe, sondern auch als involvierte/r teilnehmende/r  BeobachterIn, im Sinne einer <b>Selbst-Reflexionen &uuml;ber diese teilnehmende Beobachtung</b>  darzustellen.</li>
 
    <li>Aus der<b> Positionen der dritten Person</b> beschreibt man, was die anderen tun und sagen.  Man berichtet dabei, was man von Anderen im Zuge der Beobachtung gesehen oder geh&ouml;rt  hat. Dabei kann sich der/die <b>SchreiberIn als teilnehmende/r BeobachterIn in die Szene  inkludieren</b> und die eigenen Antworten und Reaktionen in Nebenbemerkungen anf&uuml;hren, die  wiederum in der ersten Person geschrieben sind. Beim Schreiben aus der Position der dritten  Person, sollte man Andere nur durch jene Aktivit&auml;ten und Aussagen charakterisieren, die man  wirklich gesehen und geh&ouml;rt hat. <b>Interpretationen </b>sind zu <b>vermeiden</b>. Die Beschreibung  fokussiert darauf, was Personen gesehen, gesagt und getan haben. Man sollte vermeiden &uuml;ber  die Motive oder die Gedanken der Anderen zu spekulieren, die Beschreibung auf tats&auml;chlich  Beobachtetes beschr&auml;nken und zeigen, was getan und gesagt wurde. Die w&ouml;rtliche  Wiedergabe von Aussagen gemeinsam mit einer Beschreibung der Gesten und der Mimik ist  eines der effektivsten Mittel, um eine Person zu portraitieren. Durch diese Strategie stellt man  eine andere Person ins Zentrum der Beobachtung und charakterisiert sie durch ihre  Handlungen und &Auml;u&szlig;erungen. Dies f&uuml;hrt zu einer Beschreibung aus einer &bdquo;<b><i>fokussierten  Position der dritten Person</i></b>&ldquo; (Emerson et al 1995: 57). Ethnographische Beschreibungen  k&ouml;nnen auch so organisiert sein, dass man unterschiedliche solcher fokussierten Positionen  dritter Personen gegen&uuml;berstellt und dadurch die unterschiedlichen Standpunkte und  <b>multiplen Stimmen im Feld</b> vermittelt. </li>
 
    <li>Im Gegensatz zur Position des Ich-Erz&auml;hlers oder jener der dritten Person, nimmt man in der  &bdquo;<b>Allwissenden Perspektive</b>&ldquo; eine losgel&ouml;ste <b>Position &bdquo;&uuml;ber bzw. au&szlig;erhalb&ldquo; der  Ereignisse</b> ein. Man kann frei von einem Ort oder Zeitpunkt zum anderen sowie zwischen den  Charakteren wechseln. Bei dieser Position werden realistische Erz&auml;hlungen in einem  &bdquo;objektiven&ldquo; Tonfall und Stil erstellt, in denen nicht nur ein Zugang zu den offenkundigen  Handlungen und Aussagen der AkteurInnen m&ouml;glich ist, sondern auch zu ihren Gedanken,  Gef&uuml;hlen und Motiven. Es w&auml;re nicht m&ouml;glich eine solche allwissende Darstellung zu  verfassen, h&auml;tte man nicht viele Stunden damit verbracht die Leute zu interviewen und sie auch  in Bezug auf ihre Gedanken, Gef&uuml;hle und Wahrnehmungen &uuml;ber bestimmte Ereignisse zu  befragen. Dieser allwissende Stil produziert Feldnotizen, in welchen sich die partizipative  Erfahrung des/der EthnographIn mit den Berichten der anderen vermischt. Sie <b>reduziert und  verbindet multiple Perspektiven</b> und Beschreibungen und bringt so eine einzige,  allwissende Stimme zum Ausdruck, was allerdings dazu f&uuml;hrt, die unterschiedlichen  Interpretationen konkurrierender Versionen der Welt zu ignorieren.
 
    <p>Bei der Ausarbeitung von Feldnotizen sind diese Perspektiven unterschiedlich einsetzbar und auch  miteinander <b>kombinierbar</b>. Insgesamt sollten die Feldnotizen eine Balance zwischen der  Sensitivit&auml;t gegen&uuml;ber der Erfahrung der Anderen im Feld und einer selbst-reflexiven  Aufmerksamkeit des/der FeldforscherIn im Bezug auf die eigenen Wahrnehmungen und Reaktionen  diesen Anderen gegen&uuml;ber zum Ausdruck bringen. Der Wechsel zwischen unterschiedlichen  Perspektiven und Positionen, die in den Feldnotizen zum Ausdruck kommen, verdeutlicht diese  <b>selbst-reflexive Sensitivit&auml;t gegen&uuml;ber den Anderen</b>.</p>
 
    <p>Neben der M&ouml;glichkeit, die Beschreibung aus unterschiedlichen Perspektiven vorzunehmen, kann  auch der <b>zeitliche Ablauf[1]</b>  der Beschreibung variieren.</p>
 
    </li>
 
</ul>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.3.4.2.2.2<br />
 
 
 
----
 
==5.2.3.4.2.2.2 Echtzeit- und Endpunkt-Beschreibungen==
 
 
 
<p>Die konkreten Beschreibungen k&ouml;nnen unterschiedlich organisiert sein, so kann etwa der <b>zeitliche  Ablauf der Beschreibung </b>variieren:</p>
 
<ul>
 
    <li>Beschreibungen k&ouml;nnen in <b>Echtzeit</b> angefertigt werden, das hei&szlig;t, den <b>realen Verlauf der  Ereignisse</b> nachvollziehbar machen. Diese Nachvollziehbarkeit beruht auf einer zum Zeitpunkt  des Ereignisses jeweils <b>unvollst&auml;ndigen Perspektive</b> und einem nur teilweisen Verst&auml;ndnis  der Situation. In diesem Fall versucht man die Ereignisse zu charakterisieren, indem man die  Entwicklung des Ereignisses selbst von einem Standpunkt aus nachvollziehbar macht, der  immer nur das jeweilige Vorverst&auml;ndnis miteinschlie&szlig;t, welches man selbst zu diesem  Zeitpunkt hatte.</li>
 
    <li>Im Gegensatz dazu wird eine <b>Endpunkt-Beschreibung</b> von dem Verst&auml;ndnis aus angefertigt,  welches man letztlich von einem Ereignis erlangt hat. Hier werden also gezielt Fakten oder  Interpretationen eingef&uuml;hrt, um vor deren Hintergrund zu beschreiben und zu charakterisieren,  was in fr&uuml;heren Phasen des Ereignisses vor sich gegangen ist.</li>
 
</ul>
 
<p> </p>
 
<p>Bei Beschreibungen kann nicht nur der zeitliche Ablauf variieren, sondern diese k&ouml;nnen auch aus  <b>unterschiedlichen Perspektiven[1]</b>  erfolgen.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.3.4.2.2.1<br />
 
 
 
----
 
==5.2.3.4.2.2.3 Die Darstellung von Szenen==
 
 
 
<p>Zentrales Anliegen eines/r EthnographIn ist es, eine soziale Welt und ihre Menschen zu  beschreiben, was durch die Darstellung unterschiedlicher Szenen dieser Welt geschehen kann.</p>
 
<p>Bei der Darstellung solcher Szenen geht es um eine <b>Veranschaulichung der grundlegenden  Charakteristika des Umfelds[1]</b>,  um in diesem die <b>wichtigsten Personen des Feldes[2]</b>  zu  charakterisieren und den <b>Dialog zwischen den Personen[3]</b>  darzustellen.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.3.4.2.2.3.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.3.4.2.2.3.3<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.2.3.4.2.2.3.2<br />
 
 
 
----
 
==5.2.3.4.2.2.3.1 Veranschaulichung==
 
 
 
<p>Die <b>Veranschaulichung</b> der Charakteristika des Umfelds erfolgt durch die <b>Vermittlung konkreter  sinnlicher Details</b> der grundlegenden</p>
 
<ul>
 
    <li>Szenen,</li>
 
    <li>Menschen,</li>
 
    <li>Objekte</li>
 
    <li>sowie der Handlungen,</li>
 
</ul>
 
<p> </p>
 
<p>die beobachtet werden. Diese m&ouml;glichst bildhaften Beschreibungen sind ein Teil der  Dokumentation von Tagesereignissen. In der Schilderung dieser Aspekte stehen konkrete sinnliche  Details im Zentrum, wie z.B. Farbe, Form, Gr&ouml;&szlig;e, Besonderheiten der Ger&auml;usche oder des  Klangs, der Ger&uuml;che, der Gesten, Bewegungen und Gesichtsausdr&uuml;cke. Solche sinnlichen  Eindr&uuml;cke werden miteinander kombiniert, um eine Szene <b>m&ouml;glichst bildhaft und lebendig </b>zu  beschreiben. Eine Szene sollte auch durch ihre <b>Interaktion</b> dargestellt werden. Bei l&auml;ngeren  Szenen sollte man <b>&Uuml;bergangsmarkierungen</b> ben&uuml;tzen, wenn Zeit, Platz oder Personen sich  abwechseln.</p>
 
<p>Es ist manchmal besonders schwierig, solche Beschreibungen in einer lebendigen und  aussagekr&auml;ftigen Art und Weise anzufertigen, was daran liegt, dass wir Fremde auf <b>stereotype Art  und Weise wahrnehmen</b> und sie z.B. nur in Bezug auf Geschlecht, Alter, Hautfarbe oder andere  physische Merkmale charakterisieren. So liest man oft von &bdquo;einer jungen Frau&ldquo; einem &bdquo;&auml;lteren  Mann mit grauen kurzen Haaren&ldquo;.</p>
 
<p><span class="imgbox imgright" style="width:370px; .word-wrap:break-word; "><img height="279" border="0" align="bottom" width="370" src="images/qualitative-104_1.jpg" alt="Foto: Istvan" /><span class="imgcaption">Foto: Istvan. <a class="x" href="http://www.budapester.eu/Magazin/obdachlose/obdachlos__Custom_.jpg">Quelle</a></span>
 
</span></p>
 
<p><b>Auszug aus einer Beschreibung einer Szene:  </b></p>
 
<p><i>... Istvan sitzt, wie jeden Tag, am Fu&szlig;e des Denkmals und l&auml;sst sich von der Seite die  Morgensonne auf den R&uuml;cken scheinen. Mit angezogenen Beine, leicht vorgebeugt und die H&auml;nde  auf seine Knie gest&uuml;tzt, blickt er mit halbgeschlossenen Augen auf die am fr&uuml;hen Morgen nicht all  zu h&auml;ufigen Passanten. Sein entspannter Gesichtsausdruck und sein zahnloses Oberkiefer  lassen in seinem unrasierten Gesicht das Kinn markant nach vorne und im Profil vor die Nase  treten. Wie immer, wenn er aus dem Obdachlosenheim hierher kommt, ist er mit einer Decke,  seiner warmen Jacke und, wenn er am Vortag Gl&uuml;ck hatte und es sich leisten konnte, mit einer  Packung Zigaretten ausger&uuml;stet. Seine Kleidung, eine alte dunkle Hose und ebensolche  Turnschuhe, sind ebenso wie seine Jacke hellgrau bis schwarz. Die orange Wolldecke - die er  gemeinsam mit seiner Jacke ordentlich zu einer Sitzunterlage gefaltet hat - ist der einzige  Farbakzent in seiner Erscheinung. Zu dem gesellt sich neben der roten Zigarettenpackung noch  ein rot-wei&szlig;er McDonald&rsquo;s-Becher, den er sich, bevor er hier Stellung bezieht, von der Filiale auf der  anderen Seite des Platzes von einem der Tabletts besorgt und der ihm f&uuml;r den Rest des Tages als  zentrales Arbeitsmittel dient, mit dem er schweigend die Spenden der Passanten sammelt ...</i></p>
 
----
 
==5.2.3.4.2.2.3.2 Dialog==
 
 
 
<p><b>Dialoge</b> sollten so <b>exakt wie m&ouml;glich wiedergegeben</b> werden. <br />
 
Dies kann durch <b>direkte Zitate[1]</b>  und  <b>indirekte Zitate[2]</b>, durch die <b>Wiedergabe der Aussagen Dritter </b>durch Anwesende im Feld (z.B. Die  Lisi sagte, dass Peter gestern gemeint hat, dass das Ganze &quot;nur ein Schm&auml;h&quot; war.) sowie durch  <b>Paraphrasierung</b> geschehen. Dabei sollte nicht nur der verbale Verlauf des Gespr&auml;chs  wiedergegeben werden, sondern auch Gesten, K&ouml;rperhaltungen, Gesichtsausdr&uuml;cke etc.  mitber&uuml;cksichtigt werden. Dies kann besondere Schwierigkeiten erzeugen, solange der/die  ForscherIn nicht die Sprache der Personen im Feld spricht und auch die Bedeutung der Gesten  noch nicht richtig interpretieren kann. Eine M&ouml;glichkeit diese Problematik in der Anfangsphase  einer Feldforschung zu umgehen besteht darin, neben den Feldnotizen <b>Tonband- und  Videoaufnahmen</b> zu machen und diese dann (mit Hilfe eines/einer InformantIn) zu <b>transkribieren[3]</b>  und interpretieren. Unklarheiten k&ouml;nnen so durch zus&auml;tzliche Fragen er&ouml;rtert und gekl&auml;rt werden.</p>
 
<p>Um Dialoge m&ouml;glichst exakt rekonstruieren zu k&ouml;nnen, sollten wenn m&ouml;glich, <b>Stichworte[4]</b>  von den  zentralen Interaktionssequenzen notiert werden. </p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] http://www.univie.ac.at/ksa/elearning/cp/schreiben/schreiben-44.html<br />
 
[2] http://www.univie.ac.at/ksa/elearning/cp/schreiben/schreiben-45.html<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.2.3.4.4<br />
 
[4] Siehe Kapitel 5.2.3.4.1<br />
 
 
 
----
 
==5.2.3.4.2.2.3.3 Charakterisierung==
 
 
 
<p>Eine Person nur zu beschreiben ist niemals so effektiv, als darzustellen, wie sie tats&auml;chlich lebt  und dies kann durch eine <b>Interaktion</b> besser gezeigt werden, als durch eine isolierte  Beschreibung. F&uuml;r gew&ouml;hnlich werden Personen, die aktiv im Vordergrund des Ereignisses stehen  detaillierter beschrieben als andere. Eine solche Beschreibung inkludiert auch die Bemerkungen  dritter Personen im Feld zur Charakterisierung einer Person. Wenn bereits Charakterisierungen  einer Person im Rahmen der fieldnotes vorliegen, kann sich die Darstellung einer neuen Situation  auf die aktuellen Aussagen und Verhaltensweisen dieser Person beschr&auml;nken.</p>
 
----
 
==5.2.3.4.2.2.4 In-Beziehung-Setzung von Szenen==
 
 
 
<p>Umfassende Beschreibungen einer Szene k&ouml;nnen verschiedene Momente umfassen. <b>Skizzen</b>  umfassen einen <b>Ausschnitt des Lebens</b>, wie er in einer bestimmten Szene beobachtet wurde,  w&auml;hrend <b>Episoden</b> und <b>ausf&uuml;hrlichere Erz&auml;hlungen</b> &uuml;ber Interaktionen und Ereignisse einer sich  entwickelnden und <b>dynamischen Ereignisabfolge</b> berichten.</p>
 
<ul>
 
    <li>Bei den <b>Skizzen</b> handelt es sich daher eher um <b>statische &quot;Schnappsch&uuml;sse&quot;</b> bzw. Stillleben  (Emerson et al 1995: 86f), in denen die Abfolge der Aktionen keine dominante Rolle spielt.</li>
 
    <li>In einer <b>Episode</b> schildert der/die FeldforscherIn einen <b>Vorfall als kontinuierliche Handlung  </b>oder Interaktion, z.B. bei simultanen, aber unterschiedlichen Interaktionen zur selben Zeit am  gleichen Ort, wie sie etwa bei Beobachtung einer Schulklasse auftreten.</li>
 
    <li>Bei <b>Erz&auml;hlungen</b> handelt es sich um <b>zusammenh&auml;ngende Episoden</b>, die aufgrund der  AkteurInnen oder &auml;hnlicher Aktivit&auml;ten chronologisch gereiht sind. Dabei ist es nicht zentral,  eine einheitliche Geschichte zu erz&auml;hlen, vielmehr geht es darum zusammenh&auml;ngende  Episoden nebeneinander zu stellen. Es handelt sich dabei um einen lose strukturierten  &quot;episodic (...) string of action chunks put down on the page one after an other&quot; (Emerson et al  1995: 90).</li>
 
</ul>
 
<p> </p>
 
----
 
==5.2.3.4.2.2.3.4 Bedeutungen der lokalen AkteurInnen==
 
 
 
<p>Eine zentrale Aufgabe der Feldnotizen ist es, die <b>Bedeutung, welche die lokalen AkteurInnen  mit ihren Handlungen verbinden</b>, zu dokumentieren.</p>
 
<p>Dabei sollte man vermeiden, in den<b> klassischen Ethnozentrismus</b> zu verfallen und Kategorien,  Standards oder Bedeutungen der eigenen Kultur zu verwenden, um Ereignisse in einer anderen zu  beschreiben. Ebenso sollte man vermeiden, die Kategorien einer lokalen Kultur zur Beschreibung  einer anderen lokalen Kultur zu verwenden. Weiters sollte vermieden werden, eine <b>(ab)wertende  Haltung </b>gegen&uuml;ber den Bedeutungen der lokalen AkteurInnen einzunehmen und diese etwa als  vage, widerspr&uuml;chlich oder tr&uuml;gerisch zu interpretieren. Dies kann verhindern, die Alltagseffizienz  dieser Auffassungen zu erfassen. Weitere Hindernisse die Bedeutung, welche die lokalen  AkteurInnen mit ihren Handlungen verbinden, zu erfassen, bestehen in einer <b>normativen  Voreingenommenheit</b>, welche festlegt, was die offizielle, authentischen bzw. legitime Version  eines Ph&auml;nomens ist. Ein weiteres Problem kann eine <b>theoretische Voreingenommenheit  </b>darstellen, die theoretische Unterscheidungen und Kategorien auf das Feld projiziert, welche vor  Ort in dieser Form jedoch keine Relevanz besitzen.</p>
 
<p>Die lokalen Bedeutungen kommen auf vielf&auml;ltige Art und Weise in allt&auml;glichen Interaktionen zum  Ausdruck:</p>
 
<ul>
 
    <li>Dies beginnt bereits bei<b> Anrede- und Gru&szlig;formen</b>, welche den relativen Status der  AkteurInnen in Begrifflichkeiten der Hierarchie, der N&auml;he, des gegenseitigen Respekts, der  gegenseitigen Achtung aber auch der Freundschaft und Feindschaft zum Ausdruck bringen.</li>
 
    <li>F&uuml;r<b> allt&auml;gliche Fragen</b> (z.B. Wie geht es?) und die <b>Antworten</b>, die darauf gegeben werden,  gilt &Auml;hnliches. Sie bringen das Verh&auml;ltnis der AkteurInnen zum Ausdruck und vermitteln  Einsichten in die Relevanz zentraler Themen, wie etwa Familie, Gesundheit, Arbeit, etc. </li>
 
    <li>Weiters ist man als EthnographIn mit nat&uuml;rlich vorkommenden <b>Beschreibungen</b> der  AkteurInnen im Feld konfrontiert. Die AkteurInnen liefern z.B. solche Beschreibungen ihrer  Umwelt, ihres Wohnorts bzw. ihrer Familie, wenn sie Au&szlig;enstehende in diese Bereiche  einf&uuml;hren und ihnen die Besonderheiten dieser vorf&uuml;hren.</li>
 
    <li>Solche Beschreibungen k&ouml;nnen aber auch w&auml;hrend <b>allt&auml;glicher Gespr&auml;che</b> zum Ausdruck  kommen und sie zeigen sich insbesondere, wenn Au&szlig;enstehenden erkl&auml;rt wird, &bdquo;wie Dinge zu  tun sind&ldquo;. Dabei sollte der/die FeldforscherIn aber nicht von vornherein davon ausgehen, dass  &uuml;ber dieses &bdquo;WIE&ldquo; bei allen AkteurInnen im Feld eine einheitliche Meinung besteht.</li>
 
    <li>Lokale Bedeutungen kommen auch in <b>Geschichten der AkteurInnen </b>zum Ausdruck, in  denen sie z.B. Ereignisse beschreiben, die sie beobachtet oder erlebt haben und/oder die  Taten anderer kommentieren (Tratsch).</li>
 
    <li>In den Berichten und Aussagen der AkteurInnen kommen auch <b>spezifische Termini, Typen  und Typologien</b> zum Ausdruck, die auf zentrale lokale Unterscheidungen verweisen. Diese  k&ouml;nnen aber von unterschiedlichen AkteurInnen im Feld mit verschiedenen  Bedeutungshorizonten verwendet werden.</li>
 
    <li>Ein weiterer Punkt sind <b>indigene Kontraste</b>, welche Einsichten in die Wahrnehmung und  Beurteilungen der AkteurInnen im Feld erm&ouml;glichen.</li>
 
    <li>Als EthnographIn sollte man aber auch danach trachten, <b>komplexere lokale Erkl&auml;rungen</b>  wann, wie und warum bestimmte Dinge auf bestimmte Art und Weise gemacht werden, zu  erhalten und nach M&ouml;glichkeit die <b>lokalen Theorien und Rationalisierungen</b> f&uuml;r diese  T&auml;tigkeiten in Erfahrung bringen.</li>
 
</ul>
 
<p> </p>
 
----
 
==5.2.3.4.3 Organisation der fieldnotes==
 
 
 
<p>Die <b>Organisation der fieldnotes</b> kann auf unterschiedliche Art und Weise erfolgen und beginnt  textintern bereits mit der unterschiedlichen <b>Darstellung und Verkn&uuml;pfung von Szenen[1]</b>.</p>
 
<p>In Bezug auf die Organisation eines gr&ouml;&szlig;eren und im Laufe der Feldforschung wachsenden Pools  von Feldnotizen k&ouml;nnen <b>unterschiedliche Strategien</b> verfolgt werden. Die Grundlogik des  Verfassens der fieldnotes ist in vielen F&auml;llen eine <b>chronologische</b>, gleichzeitig empfiehlt es sich,  parallel dazu auch eine <b>thematische Ordnungslogik</b> zu entwickeln. Diesbez&uuml;glich existieren  unterschiedliche Strategien:</p>
 
<p>Manche FeldforscherInnen verwenden von Beginn an bereits<b> existierende, standardisierte  Ordnungslogiken</b> bzw. Kodeschemata, wie z.B. das <b>Outline of Cultural Materials[2]</b>  (siehe auch  <b>Theoretische Grundannahmen, Methoden und Techniken der HRAF[3]</b>). Andere hingegen entwickeln  <b>eigene Kodeschemata</b> im Zuge der Analyse der eigenen fieldnotes. Die Verwendung solcher  Kodes variiert und reicht von einer simplen Indizierung des Materials. Dabei werden die  urspr&uuml;nglichen Feldnotizen mit Hinweisen in Form zentraler Begriffe oder Zahlen, die diesen  begriffen zugeordnet sind, versehen, um innerhalb des Materials relevante thematische Stellen  rasch auffindbar und miteinander verkn&uuml;pfbar zu machen. Am anderen Ende des Spektrums stehen  unterschiedliche Kodierstrategien als Teil eines analytischen Prozesses, der z.B. im Sinne der  Grounded Theory darauf abzielt, Kategorien und Konzepte und in letzter Konsequenz  gegenstandsbezogene Theorien zu entwickeln.</p>
 
<p>Wie solche chronologischen und thematischen Ordnungslogiken praktisch umgesetzt werden  k&ouml;nnen ist auch <b>abh&auml;ngig von der Infrastruktur</b>, die im Feld zur Verf&uuml;gung steht. Solange  Elektrizit&auml;t vorhanden ist, k&ouml;nnen elektronische Formen der Textverarbeitung verwendet werden,  welche das Kopieren und Reorganisieren gewisser Ausschnitte der Feldnotizen einfach machen  und sich mit besonderer Software, wie etwa <b>Atlas.ti[4]</b>,  besonders effizient gestalten lassen.  Schwieriger ist es, wenn man nur mit Papier, Bleistift bzw. Schreibmaschine arbeiten kann. In  diesem Fall empfiehlt es sich, ein Karteikarten- bzw. Zettelkastensystem anzulegen und entweder  Eintr&auml;ge sofort auf Karteikarten, versehen mit Ort, Datum und thematischem Schlagwort zu  verfassen oder chronologisch in Form eines Tagebuchs verfasste Aufzeichnungen nachtr&auml;glich  mittels Verweisen und Zettelkasten zu erschlie&szlig;en.</p>
 
<p><span class="imgbox imgcenter" style="width:640px; .word-wrap:break-word; "><img height="281" border="0" align="center" width="640" src="images/qualitative-109_1.jpg" alt="" /><span class="imgcaption">Abbildung: Margaret Mead&rsquo;s Notizen zum Brautpreis bei den Arapesh, 25. März 1932. <a class="x" href="http://www.loc.gov/exhibits/mead/images/mm0136cs.jpg">Quelle</a></span>
 
</span></p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.3.4.2.2.3<br />
 
[2] http://www.library.illinois.edu/edx/hraf_ocm.pdf<br />
 
[3] Siehe Kapitel <br />
 
[4] http://www.atlasti.com/de/<br />
 
 
 
----
 
==5.2.3.4.4 Transkripte==
 
 
 
<p>Neben dem <b>Aufschreiben von Stichw&ouml;rtern[1]</b>  (write down) in der Feldsituation und dem Ausformulieren und Beschreiben (write up) im Rahmen des Ausarbeitens der fieldnotes,  transkribiert man im Rahmen der Feldforschung auch unterschiedliche Arten von Texten (write  over). Dabei kann es sich um die <b>Transkription von Interviews[2]</b>,  aber auch von Mythen, Ges&auml;ngen,  rituellen Texten und anderen Formen von Oralliteratur handeln. Im Prinzip stehen zumindest <b>zwei  grundlegende Formen der Transkription</b> zur Verf&uuml;gung:</p>
 
<ul>
 
    <li>Die Transkription von <b>audio-visuell dokumentiertem Material</b>;</li>
 
    <li>Die Transkription <b>ohne audio-visuelle Dokumentation</b>, in Zusammenarbeit mit  InformantInnen und FeldassistentInnen; Schirftkundige InformantInnen k&ouml;nnen nach einer  Einschulung in grundlegende Transkriptionsregeln auch dazu angeregt werden, eigenst&auml;ndige  Transkriptionen solcher Texte vorzunehmen. </li>
 
</ul>
 
<p> </p>
 
<p>Transkribierte Texte m&uuml;ssen immer auch Informationen &uuml;ber den/die InformantIn, den Ort, das  Datum und die Situation und Art der Aufnahme des Textes beinhalten.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.3.4<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.1.2.3<br />
 
 
 
----
 
==5.2.3.4.5 Spezialisierte Datensammlungen==
 
 
 
<p>Im Rahmen einer Feldforschung ist es h&ouml;chst wahrscheinlich, dass nicht nur <b>Stichwortzettel[1]</b>,  <b>ausgearbeitete fieldnotes[2]</b>  und <b>transkribierte Texte[3]</b>  als Daten produziert werden, sondern auch  dar&uuml;ber hinausgehende <b>spezialisierte Datensammlungen</b> angelegt werden.</p>
 
<p>Je nach <b>thematischer Orientierung</b> der Feldforschung werden diese Datensammlungen einen  <b>unterschiedlichen Charakter</b> annehmen. So kann es sich dabei z.B.</p>
 
<ul>
 
    <li>um eigene Aufzeichnungen zur lokalen Sprache,</li>
 
    <li>um standardisierte Frageb&ouml;gen,</li>
 
    <li>um systematische Datenerhebungen in Bezug auf Demographie, Haushaltsstrukturen und -Zusammensetzungen in einer bestimmten Region,</li>
 
    <li>um standardisierte Tests (z.B. zur Farbwahrnehmung oder anderer kognitiver oder  psychologischer Prozesse),</li>
 
    <li>um Zeitverwendungsprotokolle im Rahmen von &quot;time allocation studies&quot;,</li>
 
    <li>um die systematische Dokumentation der Aneignung und Verwendung von nat&uuml;rlichen  Ressourcen,</li>
 
    <li>um unterschiedliche verwandtschaftsethnologische Methoden,</li>
 
    <li>oder um visuelle Methoden (Foto, Film) zur Dokumentation bestimmter Bereiche der lokalen  Kultur handeln.</li>
 
</ul>
 
<p>Innerhalb der Kultur- und Sozialanthropologie existieren eine ganze Reihe unterschiedlicher  methodischer Verfahren zur Erforschung, d.h. zur Datendokumentation und -Analyse ausgew&auml;hlter  Sachbereiche, welche die hier skizzierten allgemeinen und grundlegenden Feldforschungspraktiken  erg&auml;nzen und die sich an thematischen Ausdifferenzierungen der Disziplin orientieren, wie z.B. der  Ethnosoziologie und Kinship Studies, der &Ouml;konomischen Anthropologie, der Rechtsanthropologie,  der Linguistischen Anthropologie, der Ritual- und Mythenforschung, der Kunstanthropologie, der  Medizinanthropologie und Ethnomedizin, der Medienanthropologie, der Globalisierungs- und  Transnationalismusforschung, der Organisationsanthropologie, der Friedens- und Konfliktforschung,  der Migrationsforschung, der Kognitiven Anthropologie, der Anthropologie der Natur und Umwelt,  der Religions- und Bewusstseinsforschung etc.</p>
 
<p><span class="imgbox imgcenter" style="width:350px; .word-wrap:break-word; "><img height="800" border="0" align="center" width="350" src="images/qualitative-111_1.jpg" alt="" /><span class="imgcaption">Abbildung: Margaret Mead&acute;s &quot;Tchambuli Language Memorizing Book,&quot; ca. 1933. <a class="x" href="http://www.loc.gov/exhibits/mead/images/mm0178s.jpg">Quelle</a></span>
 
</span></p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.3.4.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.3.4.2<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.2.3.4.4<br />
 
 
 
----
 
==5.2.3.4.6 Metadatendokumentation==
 
 
 
<p>Da im Zuge der Feldforschung unterschiedliche Methoden der Datenerhebung und  Datendokumentation eingesetzt werden, ist es hilfreich eine <b>systematische  Metadatendokumentation</b> vorzunehmen. Deren Ziel ist, in einer <b>chronologischen Abfolge</b> die  unterschiedlichen Daten und Dokumentationsstrategien auf eine nachvollziehbare Art und Weise  mit einander zu verkn&uuml;pfen, so dass auch zu einem sp&auml;teren Zeitpunkt nachvollziehbar ist, welche  Fotografien oder Tonaufnahmen mit welchen Feldnotizen oder Transkripten in Beziehung stehen  und an welchem Ort, zu welchem Zeitpunkt und mit welchen Personen die jeweilige Datenerhebung  durchgef&uuml;hrt wurde.</p>
 
<p>Parallel dazu kann es sinnvoll sein, eigene <b>Dateien f&uuml;r einzelne Personen im Feld</b> anzulegen,  welche Grundinformationen in Bezug auf grundlegende Sozialdaten, wie Alter, Ort der Geburt,  n&auml;chste Verwandtschaft, besondere Funktionen und biographische Besonderheiten enthalten.  </p>
 
<p>Folgender Ausschnitt aus Margaret Meads Feldnotizen stellt eine derartige Verkn&uuml;pfung zwischen  Fotografien, Filmaufnahmen und konkreten chronologischen Ereignissen im Feld exemplarisch dar.</p>
 
<p><span class="imgbox imgcenter" style="width:505px; .word-wrap:break-word; "><img height="653" border="0" width="505" src="images/qualitative-112_1.jpg" alt="" /><span class="imgcaption">Abbildung: Margaret Mead&rsquo;s &quot;Bathing I Sami (Sama)&quot; fieldnotes 30. April 1937. Bajoeng Gedé, Bali. <a class="x" href="http://www.loc.gov/exhibits/mead/images/mm0204gs.jpg">Quelle</a></span>
 
</span></p>
 
----
 
==5.2.3.4.7 Schriftliche Interaktionen aus dem Feld==
 
 
 
<p>Neben den systematisch produzierten Feldnotizen, Transkripten und spezialisierten  Datensammlungen werden im Laufe einer Feldforschung noch weitere Texte produziert, die als  Daten dienen k&ouml;nnen. Dabei handelt es sich um <b>schriftliche Darstellungen der Situation vor  Ort</b>, die im Laufe der Feldforschung an Dritte (Familie, Bekannte, FreundInnen, KollegInnen, SponsorInnen  und AuftraggeberInnen etc.) &uuml;bermittelt werden. Dabei kann es sich um Briefe und Berichte, aber auch  um eMails oder um Informationen, die z.B. auf Weblogs gestellt werden, handeln.</p>
 
----
 
==5.2.3.4.8 Literatur==
 
 
 
<p>
 
Clifford, James (1990) Notes on (Field)notes. In <i>Fieldnotes. The Makings of Anthropology</i>. Ed.
 
Sanjek, Roger. Ithaca, London: Cornell University Press.
 
</p>
 
<p>
 
Emerson, Robert M., Rachel I. Fretz, Linda L. Shaw (1995) <i>Writing Ethnographic Fieldnotes.</i>
 
Chicago, London: Chicago University Press.
 
</p>
 
<p>
 
Sanjek, Roger<i> </i>(ed.) (1990)<i> Fieldnotes. The Makings of Anthropology</i>. Ithaca, London: Cornell
 
University Press.
 
</p>
 
<p>
 
Sanjek, Roger (1990) A Vocabulary for Fieldnotes. In <i>Fieldnotes. The Makings of Anthropology</i>.
 
Ed. Sanjek, Roger. Ithaca, London: Cornell University Press.
 
</p>
 
----
 
==5.2.3.5 Analyse der Fieldnotes==
 
 
 
<p>Neben der systematischen Datenerhebung empfiehlt es sich, nach einiger Zeit analytische Phasen  im Forschungsprozess vorzusehen. Bei l&auml;ngeren Feldforschungen sollte man auch Phasen des  R&uuml;ckzugs vom Feld einplanen und mit der Analyse der gesammelten Daten bereits vor Ort  beginnen. Das hei&szlig;t, l&auml;ngere Feldforschungen sind nicht nur reine Datenerhebungszeiten, sondern  inkludieren neben der systematischen Ausarbeitung der Feldnotizen auch deren erste Analyse.</p>
 
<p>Zu einer ersten Analyse der eigenen Feldnotizen geh&ouml;rt:</p>
 
<ul>
 
    <li><b>das Lesen des gesamten Korpus der Aufzeichnungen[1]</b>,</li>
 
    <li><b>das Stellen von Fragen an die Fieldnotes[2]</b>,</li>
 
    <li><b>das Kodieren der Feldnotizen[3]</b>,</li>
 
    <li><b>das Verfassen von Memos[4]</b>.</li>
 
</ul>
 
<p> </p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.3.5.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.3.5.2<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.2.3.5.3<br />
 
[4] Siehe Kapitel 5.2.3.5.4<br />
 
 
 
----
 
==5.2.3.5.1 Das Lesen der Feldnotizen als Daten==
 
 
 
<p>Im Gegensatz zum Aufschreiben und dem systematischen Anfertigen detaillierter Beschreibungen  beim Erstellen der <b>Fieldnotes </b>werden diese im Zuge der Analyse als Datenset behandelt und  <b>analytisch, d.h. mit einem Blick von au&szlig;en gelesen</b>. Dies impliziert eine emotionale Distanz  zu den eigenen Aufzeichnungen &quot;and requires the ethnographer to approach her notes as if they  had been written by a stranger&quot; (Emerson et al. 1995: 145). Dieses gr&uuml;ndliche und systematische  Lesen der eigenen Aufzeichnungen dient dazu, <b>Themen, Muster und Variationen </b>innerhalb der  Fieldnotes zu <b>identifizieren</b>. Es kann also dazu eingesetzt werden, analoge Ph&auml;nomene bzw.  Ereignisse zu identifizieren. Diese <b>Ereignisse bzw. Ph&auml;nomene</b> k&ouml;nnen nun durch das Lesen  miteinander in Verbindung gebracht werden. Dieses <b>In-Beziehung-Setzen</b> kann durch <b>Kodes[1]</b>  ausgedr&uuml;ckt werden. Man kann aber nicht nur &Auml;hnlichkeiten, sondern auch alternative  Handlungsstrategien und lokale Interpretationen identifizieren.</p>
 
<p>Dieser Prozess des analytischen Lesens der eigenen Feldnotizen erm&ouml;glicht dem/der  EthnographIn in einem relativ kurzen Zeitraum aufzunehmen, was alles beobachtet und  aufgezeichnet wurde. Dadurch k&ouml;nnen auch Ver&auml;nderungen in den Beziehungen mit den Menschen  im Feld &uuml;ber die Zeit hinweg festgestellt werden. Dieses <i>close reading </i>erm&ouml;glicht es, Muster zu  erkennen und zu vergleichen. Gleichzeitig werden durch das Lesen der gesamten Aufzeichnungen  <b>neue Einsichten, Hypothesen und Interpretationen</b> in Bezug auf einzelne Personen und  Ereignisse generiert. Im Normalfall werden auch <b>L&uuml;cken im Datenmaterial</b> identifiziert sowie  <b>neue Fragestellungen</b> aufgeworfen, welche die weiteren Forschungsschritte anleiten.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.3.5.3<br />
 
 
 
----
 
==5.2.3.5.2 Das Stellen von Fragen an die Fieldnotes==
 
 
 
<p>Neben dem <b>analytischen Lesen[1]</b>  kann man, sobald <b>konkrete Fragestellungen </b>identifiziert sind, im  vorliegenden Datenmaterial auch ganz konkret und <b>selektiv nach Informationen suchen</b>. Der  Unterschied zwischen dem allgemeinen analytischen Lesen und dem gezielten Stellen von Fragen  besteht in der Selektivit&auml;t, mit der die Fieldnotes gelesen werden. Vor dem Hintergrund  spezifischer Fragen geht es nicht darum, das Gesamtspektrum der Daten zu erfassen, sondern  man interessiert sich im Detail f&uuml;r ausgew&auml;hlte Teile der gesamten Aufzeichnungen.</p>
 
<p>Beide Vorgehensweisen kommen auch in unterschiedlichen Strategien, die Fieldnotes zu <b>kodieren[2]</b>  zum Ausdruck. In den Fragen, die man zu Beginn an die Aufzeichnungen stellt, kommen bereits  spezifische Erkenntnisinteressen und Analyserichtungen zum Ausdruck. Manche davon werden im  Laufe der Analyse und der weiteren Datenerhebung weiterverfolgt, vertieft und verfeinert, andere  werden sich vor dem Hintergrund des Erkenntnisinteresses und der weiteren Forschung als wenig  ertragreich erweisen und nicht weiter verfolgt werden.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.3.5.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.3.5.3<br />
 
 
 
----
 
==5.2.3.5.3 Das Kodieren der Feldnotizen==
 
 
 
<p>Unter dem Kodieren der gesammelten Daten versteht man einen Prozess, bei dem Teile der Daten  z.B. <b>bestimmte Textausschnitte</b> aus den Feldnotizen <b>mit ausgew&auml;hlten Begriffen bzw.  Kategorien verkn&uuml;pft</b> werden. Diese Begriffe bzw. Kategorien werden Kodes genannt. In der  Bezeichnung des Kodes kommt der <b>Inhalt des Datenausschnitts</b> <b>auf</b> eine kurze, pr&auml;gnante und  vergleichsweise <b>abstrakte Weise zum Ausdruck</b>.</p>
 
<p>Kodes k&ouml;nnen von au&szlig;en, im Sinne etischer Kategorien, an das zu analysierende Material  herangetragen werden. In diesem Fall werden die Kategorien zum Beispiel aus bestehenden  Theorien &uuml;bernommen oder bereits existierende standardisierte Kodeschemata verwendet (z.B. das  <b>Outline of Cultural Materials[1]</b>).</p>
 
<p>Analysestrategien, die an der <b>Entwicklung von Theorien</b> bzw. an der ethnographischen  Darstellung und Analyse lokal verwendeter, emischer Kategorien und Verhaltensweisen interessiert  sind, entwickeln <b>eigene Kodeschemata</b>. Die Verwendung solcher Kodes variiert. Es kann sich  einerseits um eine Indizierung des Materials handeln, d.h. die urspr&uuml;nglichen Feldnotizen werden  mit Hinweisen in Form zentraler Begriffe versehen, um innerhalb des Materials relevante  thematische Stellen rasch auffindbar und miteinander verkn&uuml;pfbar zu machen. Andererseits k&ouml;nnen  unterschiedliche Kodierstrategien als Teil eines analytischen Prozesses angewendet werden, die  im Sinne der Grounded Theory aber auch der Ethnographie darauf abzielen, Kategorien und  Konzepte zu entwickeln.</p>
 
<p>Die in den Kodes zum Ausdruck kommenden Kategorien k&ouml;nnen also</p>
 
<ul>
 
    <li>auf externe Ordnungslogiken und Theorien, die an die Daten herangetragen werden, verweisen,</li>
 
    <li>zur Entwicklung gegenstandsbezogener Theorien im Sinne der Grounded Theory gen&uuml;tzt  werden,</li>
 
    <li>oder aber ethnographisch auf Konzepte lokaler AkteurInnen und emische Kategorien als Ausdruck  einer spezifischen Kultur verweisen.</li>
 
</ul>
 
<p> </p>
 
<p>Aus einer ethnographischen Perspektive besteht beim Herantragen externer Ordnungslogiken,  Begriffe und Theorien die Gefahr lokale Bedeutungen, Ordnungslogiken und Theorien zu ignorieren  oder zu verkennen und deshalb <b>eurozentristisch[2]</b>  zu interpretieren. </p>
 
<p>Dar&uuml;ber hinaus verweisen Kodes auf spezifische Betrachtungsweisen des Inhalts, d.h. in ihnen  kommt bereits eine analytische Perspektive zum Ausdruck. <b>Eine Textstelle kann auch mit  mehreren Kodes belegt werden</b>, da in ihr mehrere Inhalte zum Ausdruck kommen k&ouml;nnen oder  sie vor dem Hintergrund mehrerer analytischer Perspektiven relevant sein kann. In welcher Form  kodiert wird und wie man zu den Kodes kommt, h&auml;ngt also von der methodologischen  Vorgangsweise und der theoretischen Orientierung ab.</p>
 
<p>Die Strategien des <b>offenen Kodierens[3]</b>,  des <b>Kodierens vor dem Hintergrund von Fragestellungen[4]</b>,  sowie <b>vor dem Hintergrund der Konzeptualisierung einer ethnographischen Erz&auml;hlung[5]</b>  werden dann  angewandt, wenn man eigene Kodes aus den empirischen Daten entwickelt.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] http://www.library.illinois.edu/edx/hraf_ocm.pdf<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.3.4.2.2.3.4<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.2.3.5.3.1<br />
 
[4] Siehe Kapitel 5.2.3.5.3.3<br />
 
[5] Siehe Kapitel 5.2.3.5.3.4<br />
 
 
 
----
 
==5.2.3.5.3.1 Offenes Kodieren==
 
 
 
<p>Ausgangspunkt des offenen Kodierens ist das Lesen der Texte und das <b>Markieren von  Textstellen</b> <b>durch</b> <b>kurze, pr&auml;gnante und vergleichsweise abstrakte Konzepte </b>(Kodes), die  den Inhalt der jeweiligen Textstelle charakterisieren. Im Laufe des Lesens wird man eine Vielzahl  solcher Kodes entwickeln und einzelnen Textstellen zuordnen. Man gewinnt dadurch eine Liste  potentieller Kodes, welche die zu analysierenden Ph&auml;nomenbereiche abbilden. Dadurch, dass man  verschiedenen Textstellen denselben Kode zuweist, <b>stellt man systematische Beziehungen  zwischen unterschiedlichen und bis dato nicht miteinander verbundenen  Datenausschnitten her</b>. Beim offenen Kodieren wird man relativ schnell zu einer vergleichsweise  langen Liste unterschiedlicher Kodes kommen. Eine solche Kodeliste veranschaulicht die aus den  Daten entwickelten Konzepte, welche weiter analysiert werden k&ouml;nnen. Gleichzeitig kann entlang  dieser Konzepte auf das Datenmaterial zugegriffen werden, das hei&szlig;t alle Textstellen, die mit  einem Kode belegt wurden, k&ouml;nnen leicht identifiziert und f&uuml;r die weitere Analyse dieses Konzepts  herangezogen werden.</p>
 
<p>Der Kode selbst kann aus einem einzigen Wort oder aus mehreren m&ouml;glichst pr&auml;gnanten W&ouml;rtern  bestehen.</p>
 
<p><b>Kodes sollten m&ouml;glichst einheitlich und eindeutig verwendet werden</b>. Deshalb ist es  sinnvoll, die Kodes pr&auml;zise zu definieren d.h. festzulegen, welche Datenausschnitte mit solchen  Kodes belegt werden k&ouml;nnen. Dies ist insbesondere auch deshalb wichtig, weil sich die Bedeutung  einzelner Kodes im Laufe der Analyse ver&auml;ndern kann und man sonst nicht feststellen k&ouml;nnte,  dass man vor einiger Zeit mit einem bestimmten Kode noch anderes d.h. oft Allgemeineres oder  Spezifischeres verbunden hat. Unterschiedliche Kodes sollten Unterschiedliches bezeichnen.</p>
 
----
 
==5.2.3.5.3.2 Rekodieren: von allegemeinen zu spezifischen Kodes oder umgekehrt?==
 
 
 
<p>Eine weitere Frage, die sich beim Kodieren stellt, ist, wie allgemein bzw. spezifisch die jeweiligen  Kodes sein sollen.</p>
 
<p>Prinzipiell ist hier ein mittlerer Weg zu empfehlen. Kodes, die so spezifisch sind, dass sie nicht auf  mehrere Textstellen anwendbar sind, sind ebenso unbrauchbar wie allgemeine Kodes, unter die  sich gro&szlig;e Teile des Materials subsumieren lassen.</p>
 
<p>Wenn man zu Beginn sehr spezifische Kodes vergibt, kann man in der weiteren Analyse  &uuml;berlegen, welche dieser<b> spezifischen Kodes zu &uuml;bergeordneten Kategorien  zusammengefasst werden k&ouml;nnen</b>. So ist es m&ouml;glich, solche Kodes in einem neuen  &uuml;bergeordneten Kode zusammenzufassen, d.h. eine <b>Rekodierung im Sinne einer Kodefusion  </b>vorzunehmen.</p>
 
<p>Wenn man im Gegensatz dazu tendiert, vergleichsweise abstrakte Kodes zu vergeben, wird man  sich in einem n&auml;chsten Schritt mit einer Analyse all der Textstellen befassen, die mit einem  solchen Kode belegt wurden. Bei dieser Analyse wird man bemerken, dass Unterschiedliches mit  demselben Kode belegt wurde, was in weiterer Folge dazu f&uuml;hren wird, den <b>urspr&uuml;nglichen Kode  zu verfeinern</b>, das hei&szlig;t <b>in unterschiedliche Kodes aufzusplitten</b>. Wenn es inhaltlich  gerechtfertigt ist, kann der urspr&uuml;ngliche Kode als &Uuml;berkategorie beibehalten werden, der nun  mehrere Subkategorien, die als eigene Kodes fungieren, zugeordnet sind. In diesem Sinne h&auml;tte  man erste <b>Relationen zwischen einzelnen Kodes</b> im Sinne einer <b>Kodehierarchie</b> etabliert.</p>
 
<p>Beim Rekodieren, sowohl beim Kodesplitting wie bei der Kodefusion, muss das gesamte Material  mittels der neu entwickelten Kodes nochmals kodiert werden. Es m&uuml;ssen also alle Stellen im  Material identifiziert werden, die mit den urspr&uuml;nglichen Kodes belegt waren und diese m&uuml;ssen auf  Basis des neuen Kodierschemas rekodiert werden.</p>
 
----
 
==5.2.3.5.3.3 Kodieren vor dem Hintergrund von Konzepten und Fragestellungen==
 
 
 
<p>Wenn man zumindest einen Teil der vorliegenden Daten <b>offen kodiert[1]</b>  hat, gibt es unterschiedliche  Strategien, mit der Analyse fortzufahren. Erstens kann man sich ausgehend von<b> Kodes bzw.  Konzepten, die </b>einem <b>besonders interessant oder zentral erscheinen</b>, dazu entscheiden an  diesen weiterzuarbeiten, ohne dass man in einem ersten Schritt das gesamte vorliegende Material  offen kodiert h&auml;tte. Man kann nun <b>in den weiteren Fieldnotes systematisch nach Daten  suchen</b>, die mit dem ausgew&auml;hlten Konzept in Beziehung gebracht werden k&ouml;nnen.</p>
 
<p>In weiterer Folge kann man entlang spezifischer Fragestellungen kodieren. Emerson et al. (1995:  146) identifizieren unter anderem folgende Fragen, welche das Kodieren anleiten k&ouml;nnen:</p>
 
<ul>
 
    <li>Was tun die Leute? Was versuchen sie zu erreichen/schaffen?</li>
 
    <li>Wie tun sie das genau? Welche spezifischen Mittel bzw. Strategien verwenden sie?</li>
 
    <li>Wie sprechen, charakterisieren u. verstehen Mitglieder was passiert?</li>
 
    <li>Welche Annahmen haben sie?</li>
 
</ul>
 
<p> </p>
 
<p>Mit der Hilfe solcher Fragen lassen sich unterschiedliche Gruppen von AkteurInnen in Bezug auf ihre  Handlungsstrategien und Intentionen, sowie ihre Interpretation von Ereignissen charakterisieren.  Vor dem Hintergrund solcher Fragen lassen sich also ethnographische, lokalspezifische kulturelle  Konzepte und emische Kategorien ergr&uuml;nden.</p>
 
<p>In den Fragestellungen, entlang derer kodiert wird, kommt der Analysefokus der jeweiligen  Untersuchung zum Ausdruck. Innerhalb der Grounded Theory legt die Strategie des <b>axialen  Kodierens[2]</b>  nach Anselm Strauss bereits einen spezifischen Analysefokus fest. F&uuml;r vergleichende  Analysen hat Uwe Flick die Strategie des <b>thematischen Kodierens [3]</b> entwickelt.</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.3.5.3.1<br />
 
[2] Siehe Kapitel 5.2.3.5.3.3.1<br />
 
[3] Siehe Kapitel 5.2.3.5.3.3.2<br />
 
 
 
----
 
==5.2.3.5.3.3.1 Axiales Kodieren in der Grounded Theory==
 
 
 
<p>Im Gegensatz zur Ergr&uuml;ndung lokalspezifischer, emischer kultureller Konzepte stellt die Grounded  Theory auf die <b>Entwicklung gegenstandsbezogener Theorien </b>ab. Dies tut sie ausgehend von  Ph&auml;nomenen, an welche nach Anselm Strauss und Juliet Corbin (1996)  verschiedene Fragen  gerichtet werden:</p>
 
<ul>
 
    <li>Was sind die urs&auml;chlichen Bedingungen des Ph&auml;nomens?</li>
 
    <li>Was ist der Kontext?</li>
 
    <li>Was sind die intervenierenden Bedingungen?</li>
 
    <li>Was sind die Handlungs- und interaktionalen Strategien?</li>
 
    <li>Was sind die Konsequenzen?</li>
 
</ul>
 
<p> </p>
 
<p>Diese Fragen bringen das so genannte <b>Kodierparadigma </b>zum Ausdruck, welches das axiale  Kodieren innerhalb der Grounded Theory anleitet und ausgehend von einem Ph&auml;nomen  systematisch versucht, unterschiedliche Kodes/Kategorien miteinander in Beziehung setzen.  Dieses In-Beziehung-Setzen unterschiedlicher Kodes und Kategorien ist ein wichtiger Schritt auf  dem Weg zur Entwicklung einer gegenstandsbezogenen Theorie.</p>
 
<p><span class="imgbox imgcenter" style="width:800px; .word-wrap:break-word; "><img height="492" border="0" align="middle" width="800" src="images/qualitative-122_1.jpg" alt="" /><span class="imgcaption">Abbildung: Kodierparadigma in Anlehung an Strauss. Quelle: Disselkamp-Niewiarra (2000: 504)</span>
 
</span></p>
 
<p> </p>
 
<p>Literatur:</p>
 
<p>Anselm Strauss &amp; Juliet Corbin (1996) <i>Grounded Theory: Grundlagen Qualitativer Sozialforschung</i>.  Beltz Psychologie Verlags Union, Weinheim; insbesondere p. 75-93.</p>
 
----
 
==5.2.3.5.3.3.2 Thematisches Kodieren==
 
 
 
<p>Flick (1996; 2002: 271ff) hingegen entwickelt f&uuml;r vergleichende Studien das Konzept des  <b>thematischen Kodierens</b>. Hier werden <b>ausgehend von einer Fragestellung vorab festgelegte  Gruppen vergleichend untersucht</b>. Der Forschungsgegenstand ist die soziale Verteilung von  Perspektiven auf ein Ph&auml;nomen oder einen Prozess und basiert auf der Annahme, dass in  unterschiedlichen sozialen Welten bzw. Gruppen<b> differierende Sichtweisen</b> anzutreffen sind.  Dies modifiziert grundlegende Annahmen der Grounded Theory,  da sich das <b>Sampling[1]</b> nicht am  jeweiligen Stand der Interpretation bereits analysierter Daten orientiert. Es steht aber auch im  Gegensatz zur klassischen Ethnographie, die ihre Samplingstrategie an der Dynamik, den  AkteurInnen und den Strukturen des jeweiligen Feldes ausrichtet. </p>
 
<p>Das Vorgehen orientiert sich an einer <b>vertiefenden Analyse einzelner F&auml;lle</b>, bei dem zun&auml;chst  ein <b>Kategoriensystem f&uuml;r den einzelnen Fall entwickelt </b>wird. In der weiteren Ausarbeitung des  Kategoriensystems wird zun&auml;chst offen, dann selektiv kodiert. Selektive Kodierung bezieht sich auf  die Generierung von Kategorien und thematischen Bereichen f&uuml;r den einzelnen Fall. Diese werden  <b>in einem n&auml;chsten Schritt zwischen den einzelnen F&auml;llen abgeglichen</b>, woraus eine  thematische Struktur resultiert, die f&uuml;r die Analyse weiterer F&auml;lle zu Grunde gelegt wird. Die  <b>Struktur wird also aus den ersten F&auml;llen entwickelt und an allen weiteren F&auml;llen &uuml;berpr&uuml;ft  und weiter modifiziert</b> und dient dem Fall- und Gruppenvergleich.</p>
 
<p>Im Gegensatz zum Vorgehen der Grounded Theory werden im ersten Schritt fallbezogene  Analysen und erst im zweiten Schritt fall&uuml;bergreifende Gruppenvergleiche durchgef&uuml;hrt. (Flick 2002:  271ff)</p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 3<br />
 
 
 
----
 
==5.2.3.5.3.4 Kodieren vor dem Hintergrund der Konzeptualisierung einer erthnographischen Erzählung==
 
 
 
<p>
 
Nach der analytischen Bearbeitung einzelner Themenbereiche bzw. Fragestellungen stellt sich die
 
Frage, wie diese miteinander verknüpft und als zusammenhängende Ethnographie präsentiert
 
werden können. Dazu ist es notwendig, <b>einen roten Faden der Erzählung zu entwickeln</b> und
 
die einzelnen Themenbereiche mit diesem in Beziehung zu setzen. Innerhalb der Methodenliteratur
 
liegen dazu <b>unterschiedliche Empfehlungen und Strategien</b> vor. Diese reichen von
 
<ul>
 
<li>der <b>Entwicklung einer Kernkategorie</b> mittels selektiven Kodierens (Grounded Theory).
 
Diese Kernkategorie bezeichnet das zentrale Phänomen, um das herum alle anderen
 
Kategorien integriert sind (Strauss &amp; Corbin 1996: 94-117)</li>
 
<li>dem Umsetzen von Feldnotizen in eine Ethnographie, welche auf den Schritten:</li>
 
</ul>
 
<blockquote>
 
</p>
 
<p>
 
1) der Auswahl der Feldnotizexzerpte,
 
</blockquote>
 
<blockquote>
 
</p>
 
<p>
 
2) der Erarbeitung von Erläuterungen und Verbindungen zwischen den Feldnotizen,
 
</blockquote>
 
<blockquote>
 
</p>
 
<p>
 
3) dem Kreieren von &quot;Exzerpt-Kommentar-Einheiten&quot;,
 
</blockquote>
 
<blockquote>
 
</p>
 
<p>
 
4) dem Editieren der Exzerpte,
 
</blockquote>
 
<blockquote>
 
</p>
 
<p>
 
5) dem Ordnen &quot;Exzerpt-Kommentar-Einheiten&quot; innerhalb eines Abschnitts sowie
 
</blockquote>
 
<blockquote>
 
</p>
 
<p>
 
6) dem Schreiben einer Einleitung,
 
</blockquote>
 
<blockquote>
 
</p>
 
<p>
 
7) der Herstellung eines Bezugs zu anderen Forschungen,
 
</blockquote>
 
<blockquote>
 
</p>
 
<p>
 
8) der Vorstellung der Methoden und des Settings, sowie
 
</blockquote>
 
<blockquote>
 
</p>
 
<p>
 
9) dem Verfassen einer Zusammenfassung
 
</blockquote>
 
<blockquote>
 
</p>
 
<p>
 
beruht (Emerson et al. 1995: 169 - 210).
 
</blockquote>
 
<ul>
 
<li>den eher schreibtechnischen Anweisungen zum Verfassen einer Ethnographie, die auf
 
folgenden Schritten beruht:</li>
 
</ul>
 
<blockquote>
 
</p>
 
<p>
 
1) der Auswahl des Publikums,
 
</blockquote>
 
<blockquote>
 
</p>
 
<p>
 
2) der Auswahl einer These,
 
</blockquote>
 
<blockquote>
 
</p>
 
<p>
 
3) der Erstellung einer Liste von Themen und eines ersten Entwurfes ihrer Abfolge in einem
 
Inhaltsverzeichnis,
 
</blockquote>
 
<blockquote>
 
</p>
 
<p>
 
4) dem Schreiben einer groben Erstversion jedes Kapitels,
 
</blockquote>
 
<blockquote>
 
</p>
 
<p>
 
5) der Überarbeitung und Verfeinerung des Inhaltsverzeichnisses,
 
</blockquote>
 
<blockquote>
 
</p>
 
<p>
 
6) dem Editieren des Grobentwurfes,
 
</blockquote>
 
<blockquote>
 
</p>
 
<p>
 
7) dem Schreiben der Einleitung und der Zusammenfassung,
 
</blockquote>
 
<blockquote>
 
</p>
 
<p>
 
8) dem Überarbeiten und Verfeinern der ausgewählten ethnographischen Beispiele und
 
Beschreibungen,
 
</blockquote>
 
<blockquote>
 
</p>
 
<p>
 
9) dem Schreiben der Endversion.
 
</blockquote>
 
<blockquote>
 
</p>
 
<p>
 
(Spradley 1979: 204-234).
 
</blockquote>
 
   
 
 
 
</p>
 
----
 
==5.2.3.5.4 Das Verfassen von Memos==
 
 
 
<p>Neben den unterschiedlichen Formen des <b>Kodierens der Feldnotizen[1]</b>  ist das Verfassen von Memos  eine zentrale <b>Strategie</b> in der Analyse der Fieldnotes und <b>der Entwicklung allgemeiner  ethnographischer und/oder theoretischer Aussagen</b>. Unter Memos versteht man <b>schriftliche  Protokolle, die den jeweiligen Stand der Analyse in Bezug auf bestimmte Ph&auml;nomene,  Kategorien bzw. Ereignisse darstellen. </b></p>
 
<p>Innerhalb der Grounded Theory (siehe Strauss &amp; Corbin 1996: 169-192) werden verschiedene  Memoarten unterschieden, so etwa:</p>
 
<ul>
 
    <li><b>Kodenotizen</b>, die sich z.B. auf einzelne konzeptuelle Begriffe beziehen.</li>
 
    <li><b>Theoretische Notizen</b>, die &bdquo;die Produkte des <b>induktiven [2]</b> und <b>deduktiven[3]</b>  Denkens &uuml;ber  tats&auml;chlich oder m&ouml;glicherweise relevante Kategorien, ihre Eigenschaften, Dimensionen,  Beziehungen, Variationen&ldquo; etc. enthalten (ebd.: 169).</li>
 
    <li><b>Planungsnotizen</b>, die Handlungsanweisungen beinhalten, welche z.B. die Fallauswahl, die  Interviewgestaltung, m&ouml;gliche Vergleiche und weiter zu verfolgende Ideen enthalten (ebd.).</li>
 
</ul>
 
<p> </p>
 
<p>Emerson et al. (1995: 142-168) unterscheiden im Rahmen der Ethnographie <b>Initial- und  Integrationsmemos</b>.</p>
 
<ul>
 
    <li><b>Initialmemos</b> kommen in fr&uuml;hen Phasen der Datenanalyse zum Einsatz, wo zu einer Reihe  separater Ph&auml;nomenen, Themen und Kategorien <b>anf&auml;ngliche Ideen und Einsichten</b>  ausgearbeitet werden.</li>
 
    <li><b>Integrationsmemos</b> werden zu einem sp&auml;teren Zeitpunkt im Forschungsablauf verfasst,  wenn bereits eine Themenauswahl stattgefunden hat und vor deren Hintergrund selektiv  kodiert wurde. Integrationsmemos haben einen fokussierteren Charakter und verbinden u.  integrieren fr&uuml;her getrennte Daten und Analysepunkte. Eine solche Verbindung wird z.B.  hergestellt, wenn unterschiedliche Ereignisse als Ausdruck des gleichen Themas verstanden  werden oder aber einen ethnographisch bzw. theoretisch wichtigen Kontrast  veranschaulichen. Zentrale Aufgabe der integrativen Memos &quot;is to <b>develop theoretical  connections between fieldnote excerpts</b>&quot; (ebd.: 164).</li>
 
</ul>
 
<p> </p>
 
<p> </p>
 
<p />
 
<b>Verweise in diesem Kapitel:</b><br />
 
[1] Siehe Kapitel 5.2.3.5.3<br />
 
[2] Siehe Kapitel 2.1<br />
 
[3] Siehe Kapitel 2.2<br />
 
 
 
----
 
==5.2.4 Literatur==
 
 
 
<p>
 
Atkinson, Paul; Amanda Coffey, Sara Delamont, John Lofland, Lyn Lofland (eds.) (2001) <i>Handbook
 
of Ethnography</i>. London, Thousand Oaks, New Dehli: Sage.
 
</p>
 
<p>
 
Beer, Bettina (ed.) (2003)<i> Methoden und Techniken der Feldforschung</i>. Berlin: Reimer.
 
</p>
 
<p>
 
Berg, Eberhard; Martin Fuchs (eds.) (1993) <i>Kultur, soziale Praxis, Text. Die Krise der
 
ethnographischen Repräsentation. </i>Frankfurt am Main: Suhrkamp.
 
</p>
 
<p>
 
Bryman, Alan (ed.) (2001) Ethnography. Thousand Oaks, CA: Sage. 4 Vols.
 
</p>
 
<p>
 
Denzin, Norman K.; Y. S. Lincoln (eds.) (1994) <i>Handbook of qualitative research.</i> Thousand Oaks,
 
CA: Sage.
 
</p>
 
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Emerson, Robert M.; Rachel I. Fretz, Linda L. Shaw (1995) <i>Writing Ethnographic Fieldnotes.
 
</i>Chicago, London: Chicago University Press
 
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Disselkamp-Niewiarra, Solveigh (2000) Rekonstruktion subjektiver Gewalttheorien von
 
Jugendlichen. In: Kraimer, Klaus (ed.) <i>Die Fallrekonstruktion. Sinnverstehen in der
 
sozialwissenschaftlichen Forschung. </i>Frankfurt am Main: Suhrkamp.
 
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Flick, Uwe (2004) <i>Triangulation. Eine Einführung. </i>Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften
 
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Flick, Uwe (2002) <i>Qualitative Sozialforschung. Eine EInführung. </i>Reinbek bei Hamburg: Rowohlt
 
Taschenbuchverlag
 
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Geertz, Clifford. (1987) <i>Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme. </i>
 
Frankfurt am Main: Suhrkamp.
 
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Hirschauer, Stefan; Klaus Amann (eds.) (1997) <i>Die Befremdung der eigenen Kultur. Zur
 
ethnographischen Herausforderung soziologischer Empirie.</i> Frankfurt am Main: Suhrkamp.
 
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Sanjek, Roger<i> </i>(ed.) (1990)<i> Fieldnotes. The Makings of Anthropology</i>. Ithaca, London: Cornell
 
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Spradley, James (1979) <i>The Ethnographic Interview. </i>Fort Worth [u.a.]: Holt, Rinehart and Winston
 
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Strauss, Anselm ; Juliet Corbin (1996) <i>Grounded Theory: Grundlagen Qualitativer Sozialforschung</i>.
 
Beltz Psychologie Verlags Union, Weinheim;
 
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van Maanen, John (1988) <i>Tales of the Field. On Writing Ethnography</i>. Chicago/London: The
 
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Latest revision as of 14:29, 24 September 2020

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Qualitative Methoden der Kultur- und Sozialanthropologie

Verfasst von Ernst Halbmayer und Jana Salat
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Kapitel dieser Lernunterlage

1. Was ist ein Forschungsprojekt?
2. Arten des Schlussfolgerns
3. Sampling
4. Daten und Artefakte
5. Der Prozess der Datenerhebung

Kapitelübersicht

1. Was ist ein Forschungsprojekt?

1.1 Inhaltlich-methodische Voraussetzungen eines Forschungsprojekts
1.2 Literatur

2. Arten des Schlussfolgerns

2.1 Induktives Schlussfolgern
2.2 Deduktives Schlussfolgern
2.3 Abduktives Schlussfolgern

3. Sampling

3.1 Theoretisches bzw. gezieltes Sampling
3.2 Literatur

4. Daten und Artefakte

4.1 Qualitative und quantitative Daten
4.2 Formen qualitativer Datendokumentation und Arten qualitativer Daten
4.2.1 Schreiben
4.3 Selbst erhobene und bereits vorliegende Daten
4.4 Institutionelle Archivierung kultur- u. sozialanthropologischer Artefakte und Daten
4.4.1 Eine Auswahl ethnographischer Museen
4.4.2 Phonogrammarchiv
4.4.3 Institut für Kultur- und Sozialanthropologie

5. Der Prozess der Datenerhebung

5.1 Strategien der Datenerhebung
5.1.1 Formen der Beobachtung
5.1.1.1 Standardisierte Formen der Beobachtung
5.1.1.1.1 Nicht standardisierte Formen der Beobachtung
5.1.1.2 Teilnehmende und nicht teilnehmende Beobachtung
5.1.1.2.1 Beobachtungsrollen
5.1.1.3 Direkte und indirekte Beobachtung
5.1.1.4 Offene und verdeckte Beobachtung
5.1.1.5 Literatur
5.1.2 Formen von Befragungen
5.1.2.1 Unterscheidungskriterien qualitativer Interviews
5.1.2.1.1 Strukturierung
5.1.2.1.2 Einzel- vs. Gruppeninterviews/Diskussionen
5.1.2.1.3 Form und Medium der Befragung
5.1.2.1.4 Stil der Kommunikation
5.1.2.1.5 Frageformen
5.1.2.1.6 Zielsetzung
5.1.2.2 Beispiele für qualitative Interviewverfahren
5.1.2.2.1 Biographische Interviews
5.1.2.2.2 Formen informeller Gespräche
5.1.2.2.2.1 Das rezeptive Interview
5.1.2.2.2.2 Das ero-epische Gespräch
5.1.2.2.3 Formen formeller Interviews
5.1.2.2.3.1 Das ExpertInneninterview
5.1.2.2.3.2 Das problemzentrierte Interview
5.1.2.2.3.3 Das narrative Interview
5.1.2.2.4 Das ethnographische Interview
5.1.2.3 Formen der Transkription von qualitativen Interviews
5.1.2.4 Literatur zum Thema Befragungen
5.1.3 Methodentriangulation
5.2 Ethnographie als Prozess der Datenerhebung
5.2.1 Forschungsdesign klassischer Ethnographien
5.2.1.1 Historischer Partikularismus - Franz Boas
5.2.1.1.1 Franz Boas
5.2.1.1.2 Theoretische Grundannahmen des historischen Partikularismus
5.2.1.1.3 Methoden und Techniken des historischen Partikularismus
5.2.1.2 Funktionalismus - Bronislaw Malinowski
5.2.1.2.1 Bronislaw Malinowski
5.2.1.2.2 Theoretische Grundannahmen des Funktionalismus
5.2.1.2.3 Methoden und Techniken des Funktionalismus
5.2.1.3 Human Relations Area Files (HRAF) - George P. Murdock
5.2.1.3.1 George P. Murdock
5.2.1.3.2 Theoretische Grundannahmen, Methoden und Techniken der HRAF
5.2.1.4 Interpretative Anthropologie - Clifford Geertz
5.2.1.4.1 Clifford Geertz
5.2.1.4.2 Theoretische Grundannahmen, Methoden und Techniken der interpretativen Anthropologie
5.2.1.4.2.1 Beispiel für eine dichte Beschreibung
5.2.1.5 Anthropology at Home
5.2.1.5.1 Gesellschaftspolitische Voraussetzungen von Anthropology at Home
5.2.1.5.2 Vor- und Nachteile der Antrhopology at Home
5.2.2 Die praktische Umsetzung einer ethnographischen Feldforschung
5.2.2.1 Worin besteht die richtige Vorbereitung für eine Feldforschung?
5.2.2.1.1 Fachlich-wissenschaftliche Vorbereitung
5.2.2.1.1.1 Ausarbeitung der wissenschaftstheoretischen Position
5.2.2.1.1.2 Ausarbeitung der anzuwendenden Methode(n) und Techniken
5.2.2.1.1.3 Erwerb von Regionalkenntnissen
5.2.2.1.1.4 Erwerb von Sachkenntnissen
5.2.2.1.1.5 Sprachliche Vorkenntnisse
5.2.2.1.1.5.1 Sprachen europäischen Ursprungs
5.2.2.1.1.5.2 Lokale Verkehrssprachen und Pidgin
5.2.2.1.1.5.3 Lokale bzw. indigene Sprachen
5.2.2.1.2 Praktisch-organisatorische Vorbereitung
5.2.2.1.2.1 Projektanträge
5.2.2.1.2.2 Kontakte zu Institutionen im Forschungsland
5.2.2.1.2.3 Empfehlungsschreiben
5.2.2.1.2.4 Reisemodalitäten
5.2.2.1.2.5 Unterbringungsmöglichkeiten
5.2.2.1.2.6 Medizinische Maßnahmen
5.2.2.1.2.7 Technische Ausrüstung
5.2.2.1.3 Persönliche Vorbereitung: Selbstreflexion der ForscherIn
5.2.3 Wie schreibt man Feldnotizen?
5.2.3.1 Headnotes und Fieldnotes
5.2.3.2 Von der ethnographischen Erfahrung zu den Feldnotizen
5.2.3.3 Feldnotizen als Daten
5.2.3.4 Fieldnotes als unterschiedliche Textsorten
5.2.3.4.1 Stichwortzettel
5.2.3.4.1.1 Empfehlungen für das Festhalten von Stichwörtern
5.2.3.4.2 Ausgearbeitete fieldnotes
5.2.3.4.2.1 Das Ausarbeiten der Fieldnotes
5.2.3.4.2.2 Stile und Strategien des Verfassens von Fieldnotes
5.2.3.4.2.2.1 Beschreibungsperspektiven
5.2.3.4.2.2.2 Echtzeit- und Endpunkt-Beschreibungen
5.2.3.4.2.2.3 Die Darstellung von Szenen
5.2.3.4.2.2.3.1 Veranschaulichung
5.2.3.4.2.2.3.2 Dialog
5.2.3.4.2.2.3.3 Charakterisierung
5.2.3.4.2.2.3.4 Bedeutungen der lokalen AkteurInnen
5.2.3.4.2.2.4 In-Beziehung-Setzung von Szenen
5.2.3.4.3 Organisation der fieldnotes
5.2.3.4.4 Transkripte
5.2.3.4.5 Spezialisierte Datensammlungen
5.2.3.4.6 Metadatendokumentation
5.2.3.4.7 Schriftliche Interaktionen aus dem Feld
5.2.3.4.8 Literatur
5.2.3.5 Analyse der Fieldnotes
5.2.3.5.1 Das Lesen der Feldnotizen als Daten
5.2.3.5.2 Das Stellen von Fragen an die Fieldnotes
5.2.3.5.3 Das Kodieren der Feldnotizen
5.2.3.5.3.1 Offenes Kodieren
5.2.3.5.3.2 Rekodieren: von allegemeinen zu spezifischen Kodes oder umgekehrt?
5.2.3.5.3.3 Kodieren vor dem Hintergrund von Konzepten und Fragestellungen
5.2.3.5.3.3.1 Axiales Kodieren in der Grounded Theory
5.2.3.5.3.3.2 Thematisches Kodieren
5.2.3.5.3.4 Kodieren vor dem Hintergrund der Konzeptualisierung einer erthnographischen Erzählung
5.2.3.5.4 Das Verfassen von Memos
5.2.4 Literatur



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