Difference between revisions of "STEOP - Denkweisen-Kroell"
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− | <sup>Verfasst von Friedhelm Kröll und Nicole Pesendorfer</sup>[[file:Logo_Denkweisen.gif|right]] | + | <sup>Verfasst von Friedhelm Kröll und Nicole Pesendorfer; Fakultät für Sozialwissenschaften, Universität Wien</sup>[[file:Logo_Denkweisen.gif|right]] |
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Ziel der Lernunterlage ist die Beleuchtung der Eigenart der Sozialwissenschaften sowie eine tiefer gehende Beschäftigung mit deren Terminologien und Erkenntnisprogrammen. Dabei baut die Lernunterlage auf den Inhalten des Buches '''"Einblicke. Grundlagen sozialwissenschaftlichen Denkens" von Friedhelm Kröll''' (Wien: Braumüller, 2009) auf. | Ziel der Lernunterlage ist die Beleuchtung der Eigenart der Sozialwissenschaften sowie eine tiefer gehende Beschäftigung mit deren Terminologien und Erkenntnisprogrammen. Dabei baut die Lernunterlage auf den Inhalten des Buches '''"Einblicke. Grundlagen sozialwissenschaftlichen Denkens" von Friedhelm Kröll''' (Wien: Braumüller, 2009) auf. | ||
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+ | [[Erkenntnisstrategien#1 Erkenntnisstrategien innerhalb der Sozialwissenschaften|1 Erkenntnisstrategien innerhalb der Sozialwissenschaften]]<br/> | ||
+ | [[Eigenart_der_Sozialwissenschaften#2 Die Eigenart der Sozialwissenschaften im Lichte des Dualismus von Natur- und Geisteswissenschaften|2 Die Eigenart der Sozialwissenschaften im Lichte des Dualismus von Natur- und Geisteswissenschaften]]<br/> | ||
+ | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla#3 Sozialwissenschaftliche Terminologie - Exempla|3 Sozialwissenschaftliche Terminologie - Exempla]]<br/> | ||
+ | [[Literatur-Denkweisen-Kroell#4 Literatur|4 Literatur]]<br/> | ||
==Kapitelübersicht== | ==Kapitelübersicht== | ||
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* Wird der Kategorie des "Sozialen" (bzw. der "Gesellschaft") ein essentieller Status zuerkannt, d.h. wird die '''Eigenart des Sozialen[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3 Eigenart des Sozialen|[1]]]''' als eine überpersönliche Faktizität bestimmt, die nicht rückführbar ist auf das Verhalten und die Eigenschaften der Einzelmenschen? | * Wird der Kategorie des "Sozialen" (bzw. der "Gesellschaft") ein essentieller Status zuerkannt, d.h. wird die '''Eigenart des Sozialen[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3 Eigenart des Sozialen|[1]]]''' als eine überpersönliche Faktizität bestimmt, die nicht rückführbar ist auf das Verhalten und die Eigenschaften der Einzelmenschen? | ||
* Wird der '''Praxis''' der menschlichen Subjekte, wird der sozialanthropologischen Dimension der Verschränkung von Kultur und Natur eine fundierende Rolle bei der Reproduktion des gesellschaftlichen Lebens zugemessen? Oder werden die gesellschaftlichen Individuen als bloße Einheiten reizgesteuerten Verhaltens betrachtet? | * Wird der '''Praxis''' der menschlichen Subjekte, wird der sozialanthropologischen Dimension der Verschränkung von Kultur und Natur eine fundierende Rolle bei der Reproduktion des gesellschaftlichen Lebens zugemessen? Oder werden die gesellschaftlichen Individuen als bloße Einheiten reizgesteuerten Verhaltens betrachtet? | ||
− | * Wird der Aspekt der '''Konstitution''' von Gesellschaft, also die Frage nach der Erzeugung des sozialen Lebensprozesses und damit auch die Frage nach den '''Wandlungs- und Transformationsprozessen[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | * Wird der Aspekt der '''Konstitution''' von Gesellschaft, also die Frage nach der Erzeugung des sozialen Lebensprozesses und damit auch die Frage nach den '''Wandlungs- und Transformationsprozessen[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Konflikt_und_Wandel#3.5.2 Wandel|[2]]]''' von Gesellschaft, Kultur und Individuen aufgenommen? |
− | * Wird die sozialwissenschaftliche Erkenntnisstrategie primär unter dem Gesichtspunkt des menschlichen Handelns ('''handlungstheoretische Perspektive[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | * Wird die sozialwissenschaftliche Erkenntnisstrategie primär unter dem Gesichtspunkt des menschlichen Handelns ('''handlungstheoretische Perspektive[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.2 Handeln - Philosophische Anthropologie als Fundierung handlungstheoretischer Sozialwissenschaften|[3]]]''') oder unter dem Gesichtspunkt des sozialen Systems (systemtheoretische Perspektive) konzipiert? Oder wird versucht, in der Grundkonzeption den '''Doppelcharakter des Sozialen''', Handlung und System, Prozess und Struktur, Rechnung zu tragen? |
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[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3 Eigenart des Sozialen|[1] Siehe Kapitel 2.3]]<br/> | [[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3 Eigenart des Sozialen|[1] Siehe Kapitel 2.3]]<br/> | ||
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Konflikt_und_Wandel#3.5.2 Wandel|[2] Siehe Kapitel 3.5.2]]<br/> |
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.2 Handeln - Philosophische Anthropologie als Fundierung handlungstheoretischer Sozialwissenschaften|[3] Siehe Kapitel 3.1.2]]<br/> |
==Inhaltsverzeichnis== | ==Inhaltsverzeichnis== | ||
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* Objektivistischen Erkenntnisstrategien geht es darum, '''Regelmäßigkeiten''' des menschlichen Verhaltens zu beobachten und zu erklären, unter Verzicht auf Verstehen von Regeln im zwischenmenschlichen Verhalten und Handeln. | * Objektivistischen Erkenntnisstrategien geht es darum, '''Regelmäßigkeiten''' des menschlichen Verhaltens zu beobachten und zu erklären, unter Verzicht auf Verstehen von Regeln im zwischenmenschlichen Verhalten und Handeln. | ||
* Objektivistische Erkenntnisstrategien finden sich unter verschiedenen Namen, beispielsweise Rational-Choice-Modelle oder Behaviorismus. Heute erscheint der behavioristische Ansatz eher unter "verhaltenstheoretische Sozialwissenschaften bzw. Soziologie". | * Objektivistische Erkenntnisstrategien finden sich unter verschiedenen Namen, beispielsweise Rational-Choice-Modelle oder Behaviorismus. Heute erscheint der behavioristische Ansatz eher unter "verhaltenstheoretische Sozialwissenschaften bzw. Soziologie". | ||
− | * Naturwissenschaften werden zum wissenschaftstheoretischen Vorbild erkoren. Objektivistische Sozialwissenschaften terminieren in '''verhaltenswissenschaftlichen Modellen[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | * Naturwissenschaften werden zum wissenschaftstheoretischen Vorbild erkoren. Objektivistische Sozialwissenschaften terminieren in '''verhaltenswissenschaftlichen Modellen[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.1 Verhalten - Zur verhaltenstheoretischen Konzeptualisierung der Sozialwissenschaften|[1]]]''' (vgl. Literaturhinweis '''Karl-Dieter Opp und Reinhard Wippler[[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[2]]]'''). |
− | * Verhaltenswissenschaften bestimmen ihren Gegenstandsbereich indem sie von der symbolisch-sinnhaften Vorstrukturierung der gesellschaftlichen Wirklichkeit methodisch absehen, allein die Beschreibung beobachtbarer Regelmäßigkeiten gelten lassen und die Erklärung von deren Zusammenhängen an "nomologische Hypothesen" in der Form: "Immer wenn - dann" binden. Der Standort der Beobachtung ist eine Außenperspektive. '''Handeln[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1 Handeln und Norm|[3]]]''' wird auf '''Verhalten[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | * Verhaltenswissenschaften bestimmen ihren Gegenstandsbereich indem sie von der symbolisch-sinnhaften Vorstrukturierung der gesellschaftlichen Wirklichkeit methodisch absehen, allein die Beschreibung beobachtbarer Regelmäßigkeiten gelten lassen und die Erklärung von deren Zusammenhängen an "nomologische Hypothesen" in der Form: "Immer wenn - dann" binden. Der Standort der Beobachtung ist eine Außenperspektive. '''Handeln[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1 Handeln und Norm|[3]]]''' wird auf '''Verhalten[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.1 Verhalten - Zur verhaltenstheoretischen Konzeptualisierung der Sozialwissenschaften|[4]]]''' reduziert. Probleme der Konstitution des gesellschaftlichen Lebensprozesses werden vernachlässigt. |
* Die Kategorie "Sinn" bzw. "intentional- sinnhaftes Handeln" steht unter Metaphysik- Verdacht; ebenso die transpersonale Faktizität des Sozialen. Alles soll und muss auf die Beobachtungseinheit "Individuum" rückführbar sein: '''Methodologischer Individualismus'''. | * Die Kategorie "Sinn" bzw. "intentional- sinnhaftes Handeln" steht unter Metaphysik- Verdacht; ebenso die transpersonale Faktizität des Sozialen. Alles soll und muss auf die Beobachtungseinheit "Individuum" rückführbar sein: '''Methodologischer Individualismus'''. | ||
* Von den Anfängen der modernen Sozialwissenschaften an haben die Objektivisten den Zustand beklagt, dass die Wissenschaften vom Sozialen noch in den Kinderschuhen steckten. Von dieser Sichtweise aus wird bis heute den Sozialwissenschaften empfohlen, den Naturwissenschaften nachzueifern. | * Von den Anfängen der modernen Sozialwissenschaften an haben die Objektivisten den Zustand beklagt, dass die Wissenschaften vom Sozialen noch in den Kinderschuhen steckten. Von dieser Sichtweise aus wird bis heute den Sozialwissenschaften empfohlen, den Naturwissenschaften nachzueifern. | ||
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'''Verweise:''' | '''Verweise:''' | ||
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.1 Verhalten - Zur verhaltenstheoretischen Konzeptualisierung der Sozialwissenschaften|[1] Siehe Kapitel 3.1.1]]<br/> |
[[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[2] Siehe Kapitel 4.2]]<br/> | [[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[2] Siehe Kapitel 4.2]]<br/> | ||
[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1 Handeln und Norm|[3] Siehe Kapitel 3.1]]<br/> | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1 Handeln und Norm|[3] Siehe Kapitel 3.1]]<br/> | ||
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.1 Verhalten - Zur verhaltenstheoretischen Konzeptualisierung der Sozialwissenschaften|[4] Siehe Kapitel 3.1.1]]<br/> |
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* Gemeinsamkeit des Wachstums; | * Gemeinsamkeit des Wachstums; | ||
* Zunahme von Differenzierung und Komplexität; | * Zunahme von Differenzierung und Komplexität; | ||
− | * fortschreitende Differenzierung der '''Strukturen[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | * fortschreitende Differenzierung der '''Strukturen[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Struktur_und_Funktion#3.3.1 Struktur|[3]]]''' im Zuge einer fortschreitenden Auffächerung der '''Funktionen[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Struktur_und_Funktion#3.3.2 Funktion|[4]]]'''; |
* Zunahme von Systembildung durch fortschreitende Differenzierung; d.h. Zunahme der wechselseitigen Abhängigkeit der Einzelelemente. | * Zunahme von Systembildung durch fortschreitende Differenzierung; d.h. Zunahme der wechselseitigen Abhängigkeit der Einzelelemente. | ||
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<blockquote>"The society exists for the benefit of its members; not its members for the benefit of the society".</blockquote> | <blockquote>"The society exists for the benefit of its members; not its members for the benefit of the society".</blockquote> | ||
− | Spencer konzeptualisiert ein Paradigma der Individualisierung und dessen Implikat: Soziale Evolution ist gesteuert von Selektions- und Ausleseprozessen. Die Spencersche Version des Evolutionismus hat dazu geführt, den okzidental-imperialen Blick auf die außerokzidentalen '''Kulturen[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | Spencer konzeptualisiert ein Paradigma der Individualisierung und dessen Implikat: Soziale Evolution ist gesteuert von Selektions- und Ausleseprozessen. Die Spencersche Version des Evolutionismus hat dazu geführt, den okzidental-imperialen Blick auf die außerokzidentalen '''Kulturen[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Institution_und_Kultur#3.2.2 Kultur|[5]]]''' und Formen der Vergesellschaftung weiter auszuprägen; sinnfällig an Formeln wie "primitive Gesellschaften bzw. Kulturen" oder gar "Naturvölker". |
'''Evolutionistische Konzeptbildungen tendieren zu:''' | '''Evolutionistische Konzeptbildungen tendieren zu:''' | ||
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[http://de.wikipedia.org/wiki/Charles_Darwin [1]]&& http://de.wikipedia.org/wiki/Charles_Darwin]<br/> | [http://de.wikipedia.org/wiki/Charles_Darwin [1]]&& http://de.wikipedia.org/wiki/Charles_Darwin]<br/> | ||
[http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/spencer/44bio.htm [2]]&& http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/spencer/44bio.htm]<br/> | [http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/spencer/44bio.htm [2]]&& http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/spencer/44bio.htm]<br/> | ||
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Struktur_und_Funktion#3.3.1 Struktur|[3] Siehe Kapitel 3.3.1]]<br/> |
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'''Entnaturalisierung, d.h. Kulturalisierung der sozialwissenschaftlichen Denkweise.''' | '''Entnaturalisierung, d.h. Kulturalisierung der sozialwissenschaftlichen Denkweise.''' | ||
− | Das menschliche, gesellschaftliche Leben ist zwar eingründet in die äußere und innere, leibliche Natur der Menschen, begründet aber im Wege des tätigen Stoffwechsels mit der Natur, eine '''Zweite Natur[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | Das menschliche, gesellschaftliche Leben ist zwar eingründet in die äußere und innere, leibliche Natur der Menschen, begründet aber im Wege des tätigen Stoffwechsels mit der Natur, eine '''Zweite Natur[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Institution_und_Kultur#3.2.2 Kultur|[2]]]'''. Zweite Natur meint: Kultur, Gesellschaft, Persönlichkeit als Kunstprodukte des menschlichen Handelns. In diesem Prozess bilden sich '''Formen''' des gesellschaftlichen Lebens aus, werden '''Strukturen[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Struktur_und_Funktion#3.3.1 Struktur|[3]]]''' auskristallisiert. Um jene Strukturen zu gewährleisten, bedarf es verschiedener '''Funktionen[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Struktur_und_Funktion#3.3.2 Funktion|[4]]]''' und Funktionskreise. '''Struktur und Funktion[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Struktur_und_Funktion#3.3 Struktur und Funktion|[5]]]''' sind im Strukturfunktionalismus aufeinander und auf die Idee der Bestandsgarantie sozialer Ordnung bezogen. |
Die '''Werkgeschichte Emile Durkheims[[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[6]]]''' zeigt die Wende vom evolutionistischen zum strukturfunktionalistischen Denken: vom Naturalismus zum Kulturalismus (im engeren Soziologismus) - vom Fokus der Entwicklung zu dem der Ordnung. | Die '''Werkgeschichte Emile Durkheims[[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[6]]]''' zeigt die Wende vom evolutionistischen zum strukturfunktionalistischen Denken: vom Naturalismus zum Kulturalismus (im engeren Soziologismus) - vom Fokus der Entwicklung zu dem der Ordnung. | ||
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[[Erkenntnisstrategien/Evolutionistische#1.2 Evolutionistische Erkenntnisstrategien|[1] Siehe Kapitel 1.2]]<br/> | [[Erkenntnisstrategien/Evolutionistische#1.2 Evolutionistische Erkenntnisstrategien|[1] Siehe Kapitel 1.2]]<br/> | ||
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[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Struktur_und_Funktion#3.3 Struktur und Funktion|[5] Siehe Kapitel 3.3]]<br/> | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Struktur_und_Funktion#3.3 Struktur und Funktion|[5] Siehe Kapitel 3.3]]<br/> | ||
[[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[6] Siehe Kapitel 4.2]]<br/> | [[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[6] Siehe Kapitel 4.2]]<br/> | ||
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Die pragmatistische Erkenntnisstrategie setzt am menschlichen Handeln an und rückt die Konzeptualisierung des sozialen Handelns ins Zentrum. Ihr Ursprung liegt in der US- amerikanischen Geistes- und Wissenschaftsgeschichte der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sozialwissenschaftliche Gestalt hat der Pragmatismus bei '''George Herbert Mead[http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/mead/32bio.htm [1]]''' angenommen, der an der University of Chicago gelehrt hat, weshalb das '''Theorieprogramm Meads[[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[2]]]''' - der "'''Symbolische Interaktionismus'''" - gerne mit dem Markenzeichen "Chicago School" versehen wird. | Die pragmatistische Erkenntnisstrategie setzt am menschlichen Handeln an und rückt die Konzeptualisierung des sozialen Handelns ins Zentrum. Ihr Ursprung liegt in der US- amerikanischen Geistes- und Wissenschaftsgeschichte der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sozialwissenschaftliche Gestalt hat der Pragmatismus bei '''George Herbert Mead[http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/mead/32bio.htm [1]]''' angenommen, der an der University of Chicago gelehrt hat, weshalb das '''Theorieprogramm Meads[[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[2]]]''' - der "'''Symbolische Interaktionismus'''" - gerne mit dem Markenzeichen "Chicago School" versehen wird. | ||
− | Denkansätze, die im Zeichen pragmatistischer Philosophie des Sozialen operieren, gehen von der Eigenart des Sozialen als '''Zweite Natur[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | Denkansätze, die im Zeichen pragmatistischer Philosophie des Sozialen operieren, gehen von der Eigenart des Sozialen als '''Zweite Natur[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Institution_und_Kultur#3.2.2 Kultur|[3]]]''' aus, die nicht auf die Gesetze und Gesetzmäßigkeiten der ersten Natur reduktibel ist. Vielmehr wird versucht, die Eigenart des Sozialen aus der '''Verschränkung von Natur- und Kulturgeschichte''' heraus zu rekonstruieren. (Nicht zuletzt dies hat '''Arnold Gehlen[[Literatur-Denkweisen-Kroell/zur_sozialwissenschaftlichen Terminologie#4.1 Literatur zur sozialwissenschaftlichen Terminologie|[4]]]''' dazu bewogen, die Theorien von Meads in seine handlungstheoretische Sozialanthropologie und Soziologie einzuflechten.) |
[[File:denkensoz-5_1.jpg "Fußgängerampel"|frame|right|Foto: Fußgängerampel. Sebastian Wieschowski, [www.youthmedia.eu](http://www.youthmedia.eu), 2005 ]] | [[File:denkensoz-5_1.jpg "Fußgängerampel"|frame|right|Foto: Fußgängerampel. Sebastian Wieschowski, [www.youthmedia.eu](http://www.youthmedia.eu), 2005 ]] | ||
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* den Ansatz der Konzeptualisierung der Sozialtheorie am '''sozialen''' '''Handeln'''; | * den Ansatz der Konzeptualisierung der Sozialtheorie am '''sozialen''' '''Handeln'''; | ||
* die Betonung der Sinnhaftigkeit menschlichen Handelns; | * die Betonung der Sinnhaftigkeit menschlichen Handelns; | ||
− | * die Öffnung der Sozialtheorie für die Perspektive '''sozialen Wandels[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | * die Öffnung der Sozialtheorie für die Perspektive '''sozialen Wandels[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Konflikt_und_Wandel#3.5.2 Wandel|[7]]]'''; |
* die beharrliche Anstrengung, die '''Eigenart des Sozialen[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3 Eigenart des Sozialen|[8]]]''' herauszuarbeiten. | * die beharrliche Anstrengung, die '''Eigenart des Sozialen[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3 Eigenart des Sozialen|[8]]]''' herauszuarbeiten. | ||
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[http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/mead/32bio.htm [1] http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/mead/32bio.htm]<br/> | [http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/mead/32bio.htm [1] http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/mead/32bio.htm]<br/> | ||
[[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[2] Siehe Kapitel 4.2]]<br/> | [[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[2] Siehe Kapitel 4.2]]<br/> | ||
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Institution_und_Kultur#3.2.2 Kultur|[3] Siehe Kapitel 3.2.2]]<br/> |
[[Literatur-Denkweisen-Kroell/zur_sozialwissenschaftlichen Terminologie#4.1 Literatur zur sozialwissenschaftlichen Terminologie|[4] Siehe Kapitel 4.1]]<br/> | [[Literatur-Denkweisen-Kroell/zur_sozialwissenschaftlichen Terminologie#4.1 Literatur zur sozialwissenschaftlichen Terminologie|[4] Siehe Kapitel 4.1]]<br/> | ||
[[Erkenntnisstrategien/Objektivistische#1.1 Objektivistische Erkenntnisstrategien|[5] Siehe Kapitel 1.1]]<br/> | [[Erkenntnisstrategien/Objektivistische#1.1 Objektivistische Erkenntnisstrategien|[5] Siehe Kapitel 1.1]]<br/> | ||
[[Erkenntnisstrategien/Kommunikationstheoretische#1.7 Kommunikationstheoretische Erkenntnisstrategien|[6] Siehe Kapitel 1.7]]<br/> | [[Erkenntnisstrategien/Kommunikationstheoretische#1.7 Kommunikationstheoretische Erkenntnisstrategien|[6] Siehe Kapitel 1.7]]<br/> | ||
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Konflikt_und_Wandel#3.5.2 Wandel|[7] Siehe Kapitel 3.5.2]]<br/> |
[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3 Eigenart des Sozialen|[8] Siehe Kapitel 2.3]]<br/> | [[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3 Eigenart des Sozialen|[8] Siehe Kapitel 2.3]]<br/> | ||
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<sup>Verfasst von Friedhelm Kröll und Nicole Pesendorfer</sup> | <sup>Verfasst von Friedhelm Kröll und Nicole Pesendorfer</sup> | ||
− | In den phänomenologischen Erkenntnisstrategien fließen mehrere Denktraditionen zusammen: phänomenologische Bewusstseinsphilosophie, '''Philosophische Anthropologie[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | In den phänomenologischen Erkenntnisstrategien fließen mehrere Denktraditionen zusammen: phänomenologische Bewusstseinsphilosophie, '''Philosophische Anthropologie[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.2 Handeln - Philosophische Anthropologie als Fundierung handlungstheoretischer Sozialwissenschaften|[1]]]''' sowie pragmatistische Ansätze, wie '''Symbolischer Interaktionismus[[Erkenntnisstrategien/Pragmatistische#1.4 Pragmatistische Erkenntnisstrategien|[2]]]''', verknüpft mit '''sozialkonstruktivistischen Denkfiguren[[Erkenntnisstrategien/Sozialkonstruktivistische#1.5 Sozialkonstruktivistische Erkenntnisstrategien|[3]]]'''. Die phänomenologische Bewusstseinsphilosophie bildete sich bald nach 1900 und ist mit dem Namen Edmund Husserl verbunden. Statt mit vorausgesetzten theoretischen Konstrukten zu beginnen, votiert Husserl für eine Rückbesinnung auf die '''Wahrnehmungsperspektive''' des einzelmenschlichen Bewusstseins. Den Ansatzpunkt von Wissenschaft bildet demnach das '''alltägliche''' Wahrnehmungs- und Erfahrungsfeld des einzelmenschlichen Bewusstseins. Der Blick richtet sich auf die gewöhnlichen Erscheinungsformen der alltäglichen Lebenswelt. |
[[File:denkensoz-7_1.jpg "Fußballspiel im Stadion"|frame|right|Foto: Fußballspiel im Stadion. Tina Glindemann, [www.youthmedia.eu](http://www.youthmedia.eu), 2008]] | [[File:denkensoz-7_1.jpg "Fußballspiel im Stadion"|frame|right|Foto: Fußballspiel im Stadion. Tina Glindemann, [www.youthmedia.eu](http://www.youthmedia.eu), 2008]] | ||
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'''Charakteristika:''' | '''Charakteristika:''' | ||
− | * Rückbezug auf die moderne '''Philosophische Anthropologie[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | * Rückbezug auf die moderne '''Philosophische Anthropologie[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.2 Handeln - Philosophische Anthropologie als Fundierung handlungstheoretischer Sozialwissenschaften|[4]]]''': Beachtung der Verschränkung menschlicher Natur und gesellschaftlicher Kultur bzw. der Konstitution spezifisch menschlicher Vergesellschaftung. |
* Die soziale Welt / die sozialen Lebenswelten werden von Beginn an als (Deutungs- und Verstehens-)Leistungen der gesellschaftlichen Individuen betrachtet. | * Die soziale Welt / die sozialen Lebenswelten werden von Beginn an als (Deutungs- und Verstehens-)Leistungen der gesellschaftlichen Individuen betrachtet. | ||
− | * Menschliches Handeln wird als durch '''Symbole''' vermittelte und durch '''Normen[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | * Menschliches Handeln wird als durch '''Symbole''' vermittelte und durch '''Normen[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.3 Norm|[5]]]''' regulierte Lebensäußerungen interpretiert, in Abhebung vom instinkt- und reizgesteuerten animalischen '''Verhalten[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.1 Verhalten - Zur verhaltenstheoretischen Konzeptualisierung der Sozialwissenschaften|[6]]]'''. |
* Herausarbeitung der Differenz von Naturerkenntnis und Erkenntnis des gesellschaftlichen Lebens. '''Konstitution von Gesellschaft''' als spezifisch menschliche Form. | * Herausarbeitung der Differenz von Naturerkenntnis und Erkenntnis des gesellschaftlichen Lebens. '''Konstitution von Gesellschaft''' als spezifisch menschliche Form. | ||
* Unterscheidung zwischen Naturprozessen und Prozessen der Konstitution von Gesellschaft: der '''Naturprozess''' ist schon konstituiert noch ehe der Gesellschaftsprozess in Gang kommt; wohingegen Konstitution und Reproduktion des '''gesellschaftlichen Lebensprozesses''' zwar in den Naturprozessen eingründen, aber aus Leistungen der gesellschaftlichen Individuen hervorgehen. | * Unterscheidung zwischen Naturprozessen und Prozessen der Konstitution von Gesellschaft: der '''Naturprozess''' ist schon konstituiert noch ehe der Gesellschaftsprozess in Gang kommt; wohingegen Konstitution und Reproduktion des '''gesellschaftlichen Lebensprozesses''' zwar in den Naturprozessen eingründen, aber aus Leistungen der gesellschaftlichen Individuen hervorgehen. | ||
− | * Interesse an den Konstitutionsprozessen des Subjekts bzw. der menschlichen Subjektivität. Als '''handlungszentrierter[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | * Interesse an den Konstitutionsprozessen des Subjekts bzw. der menschlichen Subjektivität. Als '''handlungszentrierter[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.2 Handeln - Philosophische Anthropologie als Fundierung handlungstheoretischer Sozialwissenschaften|[7]]]''' Ansatz stehen die Bildungsprozesse der Ich- Identität, der personalen und sozialen Identität der Individuen bzw. die Aspekte der '''Sozialisation''' im Vordergrund. |
* Thematisieren der '''Reproduktion''' des gesellschaftlichen Lebens im Medium der '''Alltagspraxis''', der Strukturen des Alltagslebens. | * Thematisieren der '''Reproduktion''' des gesellschaftlichen Lebens im Medium der '''Alltagspraxis''', der Strukturen des Alltagslebens. | ||
* Zentrierung um die Frage der Konstitutionsprozesse gesellschaftlicher Sinnzusammenhänge. Untersuchung der Formen '''sinnhafter Lebenswelten''' unter dem Modell der Intersubjektivität. | * Zentrierung um die Frage der Konstitutionsprozesse gesellschaftlicher Sinnzusammenhänge. Untersuchung der Formen '''sinnhafter Lebenswelten''' unter dem Modell der Intersubjektivität. | ||
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'''Verweise:''' | '''Verweise:''' | ||
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.2 Handeln - Philosophische Anthropologie als Fundierung handlungstheoretischer Sozialwissenschaften|[1] Siehe Kapitel 3.1.2]]<br/> |
[[Erkenntnisstrategien/Pragmatistische#1.4 Pragmatistische Erkenntnisstrategien|[2] Siehe Kapitel 1.4]]<br/> | [[Erkenntnisstrategien/Pragmatistische#1.4 Pragmatistische Erkenntnisstrategien|[2] Siehe Kapitel 1.4]]<br/> | ||
[[Erkenntnisstrategien/Sozialkonstruktivistische#1.5 Sozialkonstruktivistische Erkenntnisstrategien|[3] Siehe Kapitel 1.5]]<br/> | [[Erkenntnisstrategien/Sozialkonstruktivistische#1.5 Sozialkonstruktivistische Erkenntnisstrategien|[3] Siehe Kapitel 1.5]]<br/> | ||
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.2 Handeln - Philosophische Anthropologie als Fundierung handlungstheoretischer Sozialwissenschaften|[4] Siehe Kapitel 3.1.2]]<br/> |
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.3 Norm|[5] Siehe Kapitel 3.1.3]]<br/> |
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.1 Verhalten - Zur verhaltenstheoretischen Konzeptualisierung der Sozialwissenschaften|[6] Siehe Kapitel 3.1.1]]<br/> |
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.2 Handeln - Philosophische Anthropologie als Fundierung handlungstheoretischer Sozialwissenschaften|[7] Siehe Kapitel 3.1.2]]<br/> |
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* das Spannungsverhältnis zwischen '''Systemrationalität''' und '''kommunikativer''' '''Rationalität''', d.h. zwischen systemischer Welt und Lebenswelt. | * das Spannungsverhältnis zwischen '''Systemrationalität''' und '''kommunikativer''' '''Rationalität''', d.h. zwischen systemischer Welt und Lebenswelt. | ||
− | Habermas' "Theorie des kommunikativen Handelns" ist sowohl handlungs- wie systemtheoretisch angesetzt. Dies in gesellschaftskritischer Absicht, insofern Habermas seine Sozialtheorie an die Aufklärungsidee des verantwortlich handelnden Subjekts anschließt. Vor diesem Hintergrund entwickelt Habermas seine Konzeption des "praktischen" und "theoretischen Diskurses". Mit einer der '''Philosophischen Anthropologie[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | Habermas' "Theorie des kommunikativen Handelns" ist sowohl handlungs- wie systemtheoretisch angesetzt. Dies in gesellschaftskritischer Absicht, insofern Habermas seine Sozialtheorie an die Aufklärungsidee des verantwortlich handelnden Subjekts anschließt. Vor diesem Hintergrund entwickelt Habermas seine Konzeption des "praktischen" und "theoretischen Diskurses". Mit einer der '''Philosophischen Anthropologie[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.2 Handeln - Philosophische Anthropologie als Fundierung handlungstheoretischer Sozialwissenschaften|[4]]]''' entlehnten Grundfigur zur Unterscheidung von '''Verhalten[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.1 Verhalten - Zur verhaltenstheoretischen Konzeptualisierung der Sozialwissenschaften|[5]]]''' und '''Handeln[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.2 Handeln - Philosophische Anthropologie als Fundierung handlungstheoretischer Sozialwissenschaften|[6]]]''' pointiert Habermas seine Denkfigur des zurechnungsfähigen Subjekts: |
<blockquote>''"Ein tierischer Organismus kann nicht in demselben Sinn für sein Verhalten verantwortlich gemacht werden wie ein sprach- und erkenntnisfähiges Subjekt für seine Handlungen."''</blockquote> | <blockquote>''"Ein tierischer Organismus kann nicht in demselben Sinn für sein Verhalten verantwortlich gemacht werden wie ein sprach- und erkenntnisfähiges Subjekt für seine Handlungen."''</blockquote> | ||
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[[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[2] Siehe Kapitel 4.2]]<br/> | [[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[2] Siehe Kapitel 4.2]]<br/> | ||
[[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[3] Siehe Kapitel 4.2]]<br/> | [[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[3] Siehe Kapitel 4.2]]<br/> | ||
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.2 Handeln - Philosophische Anthropologie als Fundierung handlungstheoretischer Sozialwissenschaften|[4] Siehe Kapitel 3.1.2]]<br/> |
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.1 Verhalten - Zur verhaltenstheoretischen Konzeptualisierung der Sozialwissenschaften|[5] Siehe Kapitel 3.1.1]]<br/> |
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.2 Handeln - Philosophische Anthropologie als Fundierung handlungstheoretischer Sozialwissenschaften|[6] Siehe Kapitel 3.1.2]]<br/> |
[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3 Eigenart des Sozialen|[7] Siehe Kapitel 2.3]]<br/> | [[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3 Eigenart des Sozialen|[7] Siehe Kapitel 2.3]]<br/> | ||
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Die Sozialwissenschaften sind weder auf das '''objektivistische Modell[[Erkenntnisstrategien/Objektivistische#1.1 Objektivistische Erkenntnisstrategien|[1]]]''' der Naturwissenschaften zu vereidigen, noch an die Tradition der Geisteswissenschaften zu binden oder an den Erkenntnisinteressen der Geschichtswissenschaften zu orientieren. Der '''Eigenart des Sozialen[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3 Eigenart des Sozialen|[2]]]''' entsprechen werde Natur-, noch Geistes-, noch Geschichtswissenschaften: | Die Sozialwissenschaften sind weder auf das '''objektivistische Modell[[Erkenntnisstrategien/Objektivistische#1.1 Objektivistische Erkenntnisstrategien|[1]]]''' der Naturwissenschaften zu vereidigen, noch an die Tradition der Geisteswissenschaften zu binden oder an den Erkenntnisinteressen der Geschichtswissenschaften zu orientieren. Der '''Eigenart des Sozialen[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3 Eigenart des Sozialen|[2]]]''' entsprechen werde Natur-, noch Geistes-, noch Geschichtswissenschaften: | ||
− | * Gegenüber den '''Naturwissenschaften[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/ | + | * Gegenüber den '''Naturwissenschaften[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3.1 Sozialwissenschaften vs. Naturwissenschaften|[3]]]''' ist die Eigenart symbolisch vermittelten Charakters des sozialen Handelns und der kulturellen Lebensformen zu betonen. |
* Gegenüber den '''Geisteswissenschaften[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Natur_Geisteswissenschaften#2.2 Natur- vs. Geisteswissenschaften|[4]]]''' ist die Eigenart der sozialen Zwänge und Determinanten der durch die gesellschaftliche Arbeit vermittelten materiallen Reproduktion des menschlichen Lebens zu betonen. | * Gegenüber den '''Geisteswissenschaften[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Natur_Geisteswissenschaften#2.2 Natur- vs. Geisteswissenschaften|[4]]]''' ist die Eigenart der sozialen Zwänge und Determinanten der durch die gesellschaftliche Arbeit vermittelten materiallen Reproduktion des menschlichen Lebens zu betonen. | ||
− | * Gegenüber den '''Geschichtswissenschaften[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/ | + | * Gegenüber den '''Geschichtswissenschaften[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3.2 Sozialwissenschaften vs. Geschichtswissenschaften|[5]]]''' ist die Eigenart durchschnittsindividueller Normalität erzeugender gesellschaftlicher Strukturbildungen und Strukturwandlungen zu betonen. |
Bis heute existiert in den Sozialwissenschaften ein Streit über die primär erforderliche sozialwissenschaftliche Methodik: | Bis heute existiert in den Sozialwissenschaften ein Streit über die primär erforderliche sozialwissenschaftliche Methodik: | ||
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[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3 Eigenart des Sozialen|[2] Siehe Kapitel 2.3]]<br/> | [[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3 Eigenart des Sozialen|[2] Siehe Kapitel 2.3]]<br/> | ||
− | [[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/ | + | [[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3.1 Sozialwissenschaften vs. Naturwissenschaften|[3] Siehe Kapitel 2.3.1]]<br/> |
[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Natur_Geisteswissenschaften#2.2 Natur- vs. Geisteswissenschaften|[4] Siehe Kapitel 2.2]]<br/> | [[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Natur_Geisteswissenschaften#2.2 Natur- vs. Geisteswissenschaften|[4] Siehe Kapitel 2.2]]<br/> | ||
− | [[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/ | + | [[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3.2 Sozialwissenschaften vs. Geschichtswissenschaften|[5] Siehe Kapitel 2.3.2]]<br/> |
[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Erklären_und_Verstehen#2.1 "Erklären" vs. "Verstehen"|[6] Siehe Kapitel 2.1]]<br/> | [[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Erklären_und_Verstehen#2.1 "Erklären" vs. "Verstehen"|[6] Siehe Kapitel 2.1]]<br/> | ||
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:[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Natur_Geisteswissenschaften#2.2 Natur- vs. Geisteswissenschaften|2.2 Natur- vs. Geisteswissenschaften]]<br/> | :[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Natur_Geisteswissenschaften#2.2 Natur- vs. Geisteswissenschaften|2.2 Natur- vs. Geisteswissenschaften]]<br/> | ||
:[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3 Eigenart des Sozialen|2.3 Eigenart des Sozialen]]<br/> | :[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3 Eigenart des Sozialen|2.3 Eigenart des Sozialen]]<br/> | ||
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Der Hermeneutik wohnen zwei ineinander verschränkte Vorgänge ein: '''Verstehen und Deuten in einem Zug.''' Indem wir etwas verstehen, deuten wir es (z.B. das religiöse Kreuz, einen Gruß, ein Schriftbild). | Der Hermeneutik wohnen zwei ineinander verschränkte Vorgänge ein: '''Verstehen und Deuten in einem Zug.''' Indem wir etwas verstehen, deuten wir es (z.B. das religiöse Kreuz, einen Gruß, ein Schriftbild). | ||
− | Hermeneutisch orientierte Sozialwissenschaften legen Wert auf den Unterschied zwischen reizgebundenem '''Verhalten[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | Hermeneutisch orientierte Sozialwissenschaften legen Wert auf den Unterschied zwischen reizgebundenem '''Verhalten[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.1 Verhalten - Zur verhaltenstheoretischen Konzeptualisierung der Sozialwissenschaften|[1]]]''' und sinnvermitteltem, an Symbolen und Bedeutungen orientiertem '''Handeln[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.2 Handeln - Philosophische Anthropologie als Fundierung handlungstheoretischer Sozialwissenschaften|[2]]]'''. |
'''Natur''' ist schon konstituiert, ehe sie von menschlicher Praxis als Gegenstand behandelt wird. Die Ansicht von Natur als Objekt menschlicher Bearbeitung und Betrachtung ist vermittelt über die Zuweisung kultureller Bedeutungen an Erscheinungen und Vorgängen in der Natur, wodurch diese symbolischen Charakter annimmt. Insofern als sie mit Zeichen, Zahlen und Sprache operieren, haben auch die '''Naturwissenschaften''' teil an der symbolischen Bedeutungswelt. Die naturwissenschaftlichen Probleme und Fragen werden nicht vom Naturobjekt formuliert, sondern von Menschen gestellt. | '''Natur''' ist schon konstituiert, ehe sie von menschlicher Praxis als Gegenstand behandelt wird. Die Ansicht von Natur als Objekt menschlicher Bearbeitung und Betrachtung ist vermittelt über die Zuweisung kultureller Bedeutungen an Erscheinungen und Vorgängen in der Natur, wodurch diese symbolischen Charakter annimmt. Insofern als sie mit Zeichen, Zahlen und Sprache operieren, haben auch die '''Naturwissenschaften''' teil an der symbolischen Bedeutungswelt. Die naturwissenschaftlichen Probleme und Fragen werden nicht vom Naturobjekt formuliert, sondern von Menschen gestellt. | ||
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'''Verweise:''' | '''Verweise:''' | ||
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.1 Verhalten - Zur verhaltenstheoretischen Konzeptualisierung der Sozialwissenschaften|[1] Siehe Kapitel 3.1.1]]<br/> |
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.2 Handeln - Philosophische Anthropologie als Fundierung handlungstheoretischer Sozialwissenschaften|[2] Siehe Kapitel 3.1.2]]<br/> |
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vgl. dazu auch '''Max Weber[http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/weber/49bio.htm [4]]''''s Verstehende Kulturwissenschaft bzw. Verstehende Soziologie ('''Weber 1988: Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre[[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[5]]]'''). | vgl. dazu auch '''Max Weber[http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/weber/49bio.htm [4]]''''s Verstehende Kulturwissenschaft bzw. Verstehende Soziologie ('''Weber 1988: Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre[[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[5]]]'''). | ||
− | Entlang der Unterscheidung von Natur- und Kulturwissenschaften hat sich eine Reihe kulturwissenschaftlicher Paradigmen herausgebildet, die bis in die Gegenwart hinein virulent sind. Beispielsweise schreibt '''Ernst Cassirer[[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[6]]]''' den Dualismus von Kulturwissenschaften und Naturwissenschaften fort, ohne sie allerdings zu Antipoden zu stilisieren; vielmehr ist er darum bemüht, für die Wissenschaften vom Menschen nach '''Vermittlungen''' zu suchen. "'''Kultur[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | Entlang der Unterscheidung von Natur- und Kulturwissenschaften hat sich eine Reihe kulturwissenschaftlicher Paradigmen herausgebildet, die bis in die Gegenwart hinein virulent sind. Beispielsweise schreibt '''Ernst Cassirer[[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[6]]]''' den Dualismus von Kulturwissenschaften und Naturwissenschaften fort, ohne sie allerdings zu Antipoden zu stilisieren; vielmehr ist er darum bemüht, für die Wissenschaften vom Menschen nach '''Vermittlungen''' zu suchen. "'''Kultur[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Institution_und_Kultur#3.2.2 Kultur|[7]]]'''" wird von Cassirer als die vom Menschen gestaltete Welt gefasst und definiert. Damit rücken Handlung und Formgebung ins Zentrum; Natur und Kultur werden nicht als absolutes Gegensatzpaar aufgefasst, sondern stehen in einem wechselseitigen Fundierungsverhältnis: '''"Alles ist Natur - alles ist Kultur."''' |
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[[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[5] Siehe Kapitel 4.2]]<br/> | [[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[5] Siehe Kapitel 4.2]]<br/> | ||
[[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[6] Siehe Kapitel 4.2]]<br/> | [[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[6] Siehe Kapitel 4.2]]<br/> | ||
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Institution_und_Kultur#3.2.2 Kultur|[7] Siehe Kapitel 3.2.2]]<br/> |
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* Die Eigenart des menschlichen Handelns als '''sozialem Handeln''', d.h. in Interaktionen und Symbolische Strukturen eingelagert. | * Die Eigenart des menschlichen Handelns als '''sozialem Handeln''', d.h. in Interaktionen und Symbolische Strukturen eingelagert. | ||
− | * Die Eigenart der Verfestigung des Sozialen, der menschlichen Lebenswelt in '''Strukturen[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | * Die Eigenart der Verfestigung des Sozialen, der menschlichen Lebenswelt in '''Strukturen[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Struktur_und_Funktion#3.3.1 Struktur|[4]]]''' und '''Prozessformen'''. |
* Die Besonderheit des Verhältnisses der Sozialwissenschaften zu ihrem Gegenstandsbereich (der menschlichen Vergesellschaftung), in den sie konstitutiv verflochten sind. | * Die Besonderheit des Verhältnisses der Sozialwissenschaften zu ihrem Gegenstandsbereich (der menschlichen Vergesellschaftung), in den sie konstitutiv verflochten sind. | ||
* Sozialwissenschaften haben es nicht mit Naturgesetzen im engen Sinn zu tun, wenn mit Naturgesetz gemeint ist, dass die Prozessabläufe keine Alternativenzulassen, sich auch ohne praktisches Zutun der Menschen vollziehen. | * Sozialwissenschaften haben es nicht mit Naturgesetzen im engen Sinn zu tun, wenn mit Naturgesetz gemeint ist, dass die Prozessabläufe keine Alternativenzulassen, sich auch ohne praktisches Zutun der Menschen vollziehen. | ||
− | * Wenn Sozialwissenschaften es auch nicht mit Naturgesetzen zu tun haben, so sind sie doch mit Gleichförmigkeiten konfrontiert, mögen diese Gleichförmigkeiten in der Perspektive der Suche nach sozialen Gesetzmäßigkeiten, Strukturgesetzen oder Entwicklungstendenzen beleuchtet und entsprechend so benannt werden. Die Sozialwissenschaften haben es nicht nur mit regelmäßigem Verhalten zu tun, sondern mit einem von sozialen Regeln, '''Normen[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | * Wenn Sozialwissenschaften es auch nicht mit Naturgesetzen zu tun haben, so sind sie doch mit Gleichförmigkeiten konfrontiert, mögen diese Gleichförmigkeiten in der Perspektive der Suche nach sozialen Gesetzmäßigkeiten, Strukturgesetzen oder Entwicklungstendenzen beleuchtet und entsprechend so benannt werden. Die Sozialwissenschaften haben es nicht nur mit regelmäßigem Verhalten zu tun, sondern mit einem von sozialen Regeln, '''Normen[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.3 Norm|[5]]]''' geleiteten regelmäßigen '''Verhalten[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.1 Verhalten - Zur verhaltenstheoretischen Konzeptualisierung der Sozialwissenschaften|[6]]]''' und '''Handeln[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.2 Handeln - Philosophische Anthropologie als Fundierung handlungstheoretischer Sozialwissenschaften|[7]]]''', häufig verdichtet in Symbolisierungen. |
* Verletzung einer naturwissenschaftlich-empirisch fundierten '''technischen Regel'''im Bereich des instrumentellen Handelns ist per se zum Scheitern, d.h. zum Misserfolg verurteilt. Demgegenüber wird die Verletzung einer '''sozialen Regel''', d.h. die Abweichung von einer geltenden sozialen Norm durch '''Sanktionen''' geahndet, die nicht in Naturgesetzen verankert sind, sondern durch Konventionen (soziale Normen) geregelt werden. | * Verletzung einer naturwissenschaftlich-empirisch fundierten '''technischen Regel'''im Bereich des instrumentellen Handelns ist per se zum Scheitern, d.h. zum Misserfolg verurteilt. Demgegenüber wird die Verletzung einer '''sozialen Regel''', d.h. die Abweichung von einer geltenden sozialen Norm durch '''Sanktionen''' geahndet, die nicht in Naturgesetzen verankert sind, sondern durch Konventionen (soziale Normen) geregelt werden. | ||
* Es kennzeichnet die Eigenart des Sozialen (die menschliche Vergesellschaftung), dass auch ihr Strukturen, Prozessverläufe und '''Zwänge''' einwohnen. Die Menschen sind nicht nur mit der Objektivität der Naturprozesse und deren Gesetzmäßigkeiten konfrontiert, sondern auch mit dem (stummen) Zwang gesellschaftlicher, normativ strukturierter Verhältnisse. | * Es kennzeichnet die Eigenart des Sozialen (die menschliche Vergesellschaftung), dass auch ihr Strukturen, Prozessverläufe und '''Zwänge''' einwohnen. Die Menschen sind nicht nur mit der Objektivität der Naturprozesse und deren Gesetzmäßigkeiten konfrontiert, sondern auch mit dem (stummen) Zwang gesellschaftlicher, normativ strukturierter Verhältnisse. | ||
− | * Allerdings sind die sozialen Prozess-strukturen im Unterschied zu denen der außermenschlichen Natur Resultat menschlichen Handelns - bzw. Unterlassens. Ihnen wohnt das '''Potential der Veränderung''' ein. Zu beachten ist das Potential der Abweichung, die Möglichkeit der Veränderung und Einleitung von '''sozialem Wandel[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | * Allerdings sind die sozialen Prozess-strukturen im Unterschied zu denen der außermenschlichen Natur Resultat menschlichen Handelns - bzw. Unterlassens. Ihnen wohnt das '''Potential der Veränderung''' ein. Zu beachten ist das Potential der Abweichung, die Möglichkeit der Veränderung und Einleitung von '''sozialem Wandel[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Konflikt_und_Wandel#3.5.2 Wandel|[8]]]'''. |
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[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Erklären_und_Verstehen#2.1 "Erklären" vs. "Verstehen"|[2] Siehe Kapitel 2.1]]<br/> | [[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Erklären_und_Verstehen#2.1 "Erklären" vs. "Verstehen"|[2] Siehe Kapitel 2.1]]<br/> | ||
[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Natur_Geisteswissenschaften#2.2 Natur- vs. Geisteswissenschaften|[3] Siehe Kapitel 2.2]]<br/> | [[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Natur_Geisteswissenschaften#2.2 Natur- vs. Geisteswissenschaften|[3] Siehe Kapitel 2.2]]<br/> | ||
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Struktur_und_Funktion#3.3.1 Struktur|[4] Siehe Kapitel 3.3.1]]<br/> |
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.3 Norm|[5] Siehe Kapitel 3.1.3]]<br/> |
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.1 Verhalten - Zur verhaltenstheoretischen Konzeptualisierung der Sozialwissenschaften|[6] Siehe Kapitel 3.1.1]]<br/> |
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.2 Handeln - Philosophische Anthropologie als Fundierung handlungstheoretischer Sozialwissenschaften|[7] Siehe Kapitel 3.1.2]]<br/> |
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Konflikt_und_Wandel#3.5.2 Wandel|[8] Siehe Kapitel 3.5.2]]<br/> |
==Inhalt== | ==Inhalt== | ||
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<div class="eksa_toc"> | <div class="eksa_toc"> | ||
[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3 Eigenart des Sozialen|2.3 Eigenart des Sozialen]]<br/> | [[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3 Eigenart des Sozialen|2.3 Eigenart des Sozialen]]<br/> | ||
− | :[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/ | + | :[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3.1 Sozialwissenschaften vs. Naturwissenschaften|2.3.1 Sozialwissenschaften vs. Naturwissenschaften]]<br/> |
− | :[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/ | + | :[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3.2 Sozialwissenschaften vs. Geschichtswissenschaften|2.3.2 Sozialwissenschaften vs. Geschichtswissenschaften]]<br/> |
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[[File:denkensoz-14_1.jpg|frame|right|Foto: Nationalbibliothek Wien. Louisa Manz, [www.youthmedia.eu](http://www.youthmedia.eu), 2007 ]] | [[File:denkensoz-14_1.jpg|frame|right|Foto: Nationalbibliothek Wien. Louisa Manz, [www.youthmedia.eu](http://www.youthmedia.eu), 2007 ]] | ||
− | * Sozialwissenschaften richten ihr Augenmerk auf '''Erwartungs- und Ereignisfahrpläne''', d.h. Gleichförmigkeiten, Regelmäßigkeiten, Regelwerke und die erwarteten Ereignisfolgen. Orientierungspunkt sind '''Strukturen[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | * Sozialwissenschaften richten ihr Augenmerk auf '''Erwartungs- und Ereignisfahrpläne''', d.h. Gleichförmigkeiten, Regelmäßigkeiten, Regelwerke und die erwarteten Ereignisfolgen. Orientierungspunkt sind '''Strukturen[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Struktur_und_Funktion#3.3.1 Struktur|[1]]]''' des Handelns und der Lebenswelt. |
* Geschichtswissenschaften setzen historiographisch an, d.h. sie richten ihre Interesse auf die '''Chronik der Ereignisse'''. Orientierungspunkt sind Situationen und Personen des Handelns. | * Geschichtswissenschaften setzen historiographisch an, d.h. sie richten ihre Interesse auf die '''Chronik der Ereignisse'''. Orientierungspunkt sind Situationen und Personen des Handelns. | ||
* Innerhalb der Sozialwissenschaften gibt es Ansätze, die sich auf eine '''Kooperation''' mit geschichtswissenschaftlichen Disziplinen zubewegen. So hat sich in der Soziologie die ältere historiographische Biographik in eine soziobiographische Forschungsrichtung umgewandelt. | * Innerhalb der Sozialwissenschaften gibt es Ansätze, die sich auf eine '''Kooperation''' mit geschichtswissenschaftlichen Disziplinen zubewegen. So hat sich in der Soziologie die ältere historiographische Biographik in eine soziobiographische Forschungsrichtung umgewandelt. | ||
− | * Umgekehrt gibt es in den Geschichtswissenschaften Forschungsschwerpunkte, die auf eine Verschränkung mit sozialwissenschaftlichen Forschungsperspektiven hin ausgelegt sind.Die Eigenart des Sozialen bewegt sich zwischen den Momenten '''Kultur[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | * Umgekehrt gibt es in den Geschichtswissenschaften Forschungsschwerpunkte, die auf eine Verschränkung mit sozialwissenschaftlichen Forschungsperspektiven hin ausgelegt sind.Die Eigenart des Sozialen bewegt sich zwischen den Momenten '''Kultur[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Institution_und_Kultur#3.2.2 Kultur|[2]]]''' und Natur, Praxis und '''Struktur[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Struktur_und_Funktion#3.3.1 Struktur|[3]]]''', Geschichte und sozialer Statik und verlangt differenzierte Konzeptualisierungen. |
* Es lässt sich eine Verwandtschaft konstatieren zwischen geisteswissenschaftlich orientierter '''Sinngeschichte''' innerhalb der Geschichtswissenschaften und den mit biologisch- informationstheoretischen Modellen operierenden, objektivistisch- evolutionsparadigmatischen Erkenntnisstrategien innerhalb der Sozialwissenschaften, einschließlich der neueren '''Systemtheorie'''. (Auch wenn beide Seiten diese Verwandtschaft in der Denkweise vielleicht mit Entrüstung von sich weisen würden.) | * Es lässt sich eine Verwandtschaft konstatieren zwischen geisteswissenschaftlich orientierter '''Sinngeschichte''' innerhalb der Geschichtswissenschaften und den mit biologisch- informationstheoretischen Modellen operierenden, objektivistisch- evolutionsparadigmatischen Erkenntnisstrategien innerhalb der Sozialwissenschaften, einschließlich der neueren '''Systemtheorie'''. (Auch wenn beide Seiten diese Verwandtschaft in der Denkweise vielleicht mit Entrüstung von sich weisen würden.) | ||
* Sozialwissenschaften, die sich der '''Eigenart des Sozialen[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3 Eigenart des Sozialen|[4]]]''' - der menschlichen Vergesellschaftung - im Medium von '''geschichtlicher Praxis und Kommunikation''', widmen, sind gut beraten, sich gegenüber jeder Teleologie, d.h. Lehre von der inneren Zielgerichtetheit und Zielstrebigkeit der Evolution, agnostisch zu verhalten. | * Sozialwissenschaften, die sich der '''Eigenart des Sozialen[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3 Eigenart des Sozialen|[4]]]''' - der menschlichen Vergesellschaftung - im Medium von '''geschichtlicher Praxis und Kommunikation''', widmen, sind gut beraten, sich gegenüber jeder Teleologie, d.h. Lehre von der inneren Zielgerichtetheit und Zielstrebigkeit der Evolution, agnostisch zu verhalten. | ||
* Sozialwissenschaften haben es immer auch mit '''Selbstaufklärung''' über menschliche Vergesellschaftung zu tun. | * Sozialwissenschaften haben es immer auch mit '''Selbstaufklärung''' über menschliche Vergesellschaftung zu tun. | ||
* Sozialwissenschaften haben es mit '''Feldern''' (um einen Ausdruck von '''Pierre Bourdieu[http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/bourdieu/06bio.htm [5]]''' zu verwenden), mit '''Kräftefeldern''' zu tun: mit sozialem Handeln und mit gesellschaftlichen Konstellationen und Entwicklungstendenzen, worin dieses Handeln statthat. | * Sozialwissenschaften haben es mit '''Feldern''' (um einen Ausdruck von '''Pierre Bourdieu[http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/bourdieu/06bio.htm [5]]''' zu verwenden), mit '''Kräftefeldern''' zu tun: mit sozialem Handeln und mit gesellschaftlichen Konstellationen und Entwicklungstendenzen, worin dieses Handeln statthat. | ||
− | * Sozialwissenschaften haben es ebenso mit Gleichförmigkeiten und Regelmäßigkeiten, '''Strukturen[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | * Sozialwissenschaften haben es ebenso mit Gleichförmigkeiten und Regelmäßigkeiten, '''Strukturen[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Struktur_und_Funktion#3.3.1 Struktur|[1]]]''' und Prozessverläufen zu tun wie mit '''Spannungsfeldern''', erzeugt von sozialen Kräften. '''Handeln und Norm[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1 Handeln und Norm|[6]]]''' erscheinen deshalb als geeignete Schlüssel- und Einstiegsbegriffe zur Konturierung der Grundlagen der Sozialwissenschaften. |
* Sozialwissenschaften haben es, wie alle Wissenschaften, mit Regelmäßigkeiten und Gleichförmigkeiten zu tun - aber von spezifischer Natur: diese gehen stets hervor aus der '''gesellschaftlichen Praxis''' der Menschen. | * Sozialwissenschaften haben es, wie alle Wissenschaften, mit Regelmäßigkeiten und Gleichförmigkeiten zu tun - aber von spezifischer Natur: diese gehen stets hervor aus der '''gesellschaftlichen Praxis''' der Menschen. | ||
* Der Eigenart des Sozialen inne zu werden, ist es ratsam, die '''Philosophische Anthropologie''' heranzuziehen, der Bereich der Humanwissenschaften, wo sich Natur-, Geschichts- und Sozialwissenschaften verschränken und wo der Mensch in seiner Verschränkung als geschichtliches Natur- und Kulturwesen thematisiert wird. | * Der Eigenart des Sozialen inne zu werden, ist es ratsam, die '''Philosophische Anthropologie''' heranzuziehen, der Bereich der Humanwissenschaften, wo sich Natur-, Geschichts- und Sozialwissenschaften verschränken und wo der Mensch in seiner Verschränkung als geschichtliches Natur- und Kulturwesen thematisiert wird. | ||
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'''Verweise:''' | '''Verweise:''' | ||
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Struktur_und_Funktion#3.3.1 Struktur|[1] Siehe Kapitel 3.3.1]]<br/> |
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Institution_und_Kultur#3.2.2 Kultur|[2] Siehe Kapitel 3.2.2]]<br/> |
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Struktur_und_Funktion#3.3.1 Struktur|[3] Siehe Kapitel 3.3.1]]<br/> |
[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3 Eigenart des Sozialen|[4] Siehe Kapitel 2.3]]<br/> | [[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3 Eigenart des Sozialen|[4] Siehe Kapitel 2.3]]<br/> | ||
[http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/bourdieu/06bio.htm [5] http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/bourdieu/06bio.htm]<br/> | [http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/bourdieu/06bio.htm [5] http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/bourdieu/06bio.htm]<br/> | ||
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[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla#3 Sozialwissenschaftliche Terminologie - Exempla|3 Sozialwissenschaftliche Terminologie - Exempla]]<br/> | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla#3 Sozialwissenschaftliche Terminologie - Exempla|3 Sozialwissenschaftliche Terminologie - Exempla]]<br/> | ||
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:[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Konflikt_und_Wandel#3.5 Konflikt und Wandel|3.5 Konflikt und Wandel]]<br/> | :[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Konflikt_und_Wandel#3.5 Konflikt und Wandel|3.5 Konflikt und Wandel]]<br/> | ||
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Bei der Beschäftigung mit der menschlichen Natur lassen sich zwei Orientierungen ausmachen: | Bei der Beschäftigung mit der menschlichen Natur lassen sich zwei Orientierungen ausmachen: | ||
− | * eine eher '''verhaltenstheoretische Fundierung[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | * eine eher '''verhaltenstheoretische Fundierung[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.1 Verhalten - Zur verhaltenstheoretischen Konzeptualisierung der Sozialwissenschaften|[3]]]''' der Sozialwissenschaften |
− | * eine eher '''handlungstheoretische Fundierung[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | * eine eher '''handlungstheoretische Fundierung[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.2 Handeln - Philosophische Anthropologie als Fundierung handlungstheoretischer Sozialwissenschaften|[4]]]''' der Sozialwissenschaften. |
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[http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/weber/49bio.htm [1] http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/weber/49bio.htm]<br/> | [http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/weber/49bio.htm [1] http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/weber/49bio.htm]<br/> | ||
[[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[2] Siehe Kapitel 4.2]]<br/> | [[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[2] Siehe Kapitel 4.2]]<br/> | ||
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[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1 Handeln und Norm|3.1 Handeln und Norm]]<br/> | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1 Handeln und Norm|3.1 Handeln und Norm]]<br/> | ||
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* Dem "methodologischen Individualismus" ist eine Tendenz zum '''Reduktionismus''' eigen: Reduktion des menschlichen Verhaltensrepertoires auf eine naturale Bestimmungsbasis; zum anderen Reduktion auf das individuelle Verhalten als zentrale Einheit. | * Dem "methodologischen Individualismus" ist eine Tendenz zum '''Reduktionismus''' eigen: Reduktion des menschlichen Verhaltensrepertoires auf eine naturale Bestimmungsbasis; zum anderen Reduktion auf das individuelle Verhalten als zentrale Einheit. | ||
* Verhaltenstheoretischer Sozialwissenschaften weisen auf deterministische Konzeptualisierungen, was nicht zuletzt sinnfällig wird in der Bevorzugung des Begriffs '''Verhalten''' gegenüber Handeln. | * Verhaltenstheoretischer Sozialwissenschaften weisen auf deterministische Konzeptualisierungen, was nicht zuletzt sinnfällig wird in der Bevorzugung des Begriffs '''Verhalten''' gegenüber Handeln. | ||
− | * Dem entspricht die merkliche Vorliebe für '''experimentell''' gewonnene Beobachtungsdaten (nach '''naturwissenschaftlichem Leit- und Vorbild[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/ | + | * Dem entspricht die merkliche Vorliebe für '''experimentell''' gewonnene Beobachtungsdaten (nach '''naturwissenschaftlichem Leit- und Vorbild[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3.1 Sozialwissenschaften vs. Naturwissenschaften|[3]]]'''). |
* Verhaltenstheoretische Sozialwissenschaften fügen sich in '''lineare''' Evolutionstheorien ein. In ihren Konzeptionen des Sozialen wird weniger die '''Eigenart des Sozialen[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3 Eigenart des Sozialen|[4]]]''' akzentuiert als das natural-evolutionäre '''Kontinuum''' zwischen tierischem und menschlichen Verhalten zugrundegelegt. | * Verhaltenstheoretische Sozialwissenschaften fügen sich in '''lineare''' Evolutionstheorien ein. In ihren Konzeptionen des Sozialen wird weniger die '''Eigenart des Sozialen[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3 Eigenart des Sozialen|[4]]]''' akzentuiert als das natural-evolutionäre '''Kontinuum''' zwischen tierischem und menschlichen Verhalten zugrundegelegt. | ||
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[[Erkenntnisstrategien/Objektivistische#1.1 Objektivistische Erkenntnisstrategien|[1] Siehe Kapitel 1.1]]<br/> | [[Erkenntnisstrategien/Objektivistische#1.1 Objektivistische Erkenntnisstrategien|[1] Siehe Kapitel 1.1]]<br/> | ||
[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften#2 Die Eigenart der Sozialwissenschaften im Lichte des Dualismus von Natur- und Geisteswissenschaften|[2] Siehe Kapitel 2]]<br/> | [[Eigenart_der_Sozialwissenschaften#2 Die Eigenart der Sozialwissenschaften im Lichte des Dualismus von Natur- und Geisteswissenschaften|[2] Siehe Kapitel 2]]<br/> | ||
− | [[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/ | + | [[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3.1 Sozialwissenschaften vs. Naturwissenschaften|[3] Siehe Kapitel 2.3.1]]<br/> |
[[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3 Eigenart des Sozialen|[4] Siehe Kapitel 2.3]]<br/> | [[Eigenart_der_Sozialwissenschaften/Eigenart_des_Sozialen#2.3 Eigenart des Sozialen|[4] Siehe Kapitel 2.3]]<br/> | ||
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'''Differenz zwischen Gehlen und Plessner:''' | '''Differenz zwischen Gehlen und Plessner:''' | ||
− | * In Gehlens Anthropologie ist der Schwerpunkt des Erkenntnisinteresses auf die Seite der '''Norm''' (bzw. '''Institution[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | * In Gehlens Anthropologie ist der Schwerpunkt des Erkenntnisinteresses auf die Seite der '''Norm''' (bzw. '''Institution[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Institution_und_Kultur#3.2.1 Institution|[4]]]''') - der sozialen Normierung des menschlich- zwischenmenschlichen Verhaltens - gelegt, ohne den Aspekt der Spontanität menschlichen Handelns zu vernachlässigen: '''domestikatorischer''' Akzent. |
* In Plessners Anthropologie liegt der Schwerpunkt stärker auf der Seite des '''Handelns''', des menschlichen Handlungspotenzials bzw. der menschlichen Handlungsmacht: '''emanzipatorischer''' Grundimpuls. | * In Plessners Anthropologie liegt der Schwerpunkt stärker auf der Seite des '''Handelns''', des menschlichen Handlungspotenzials bzw. der menschlichen Handlungsmacht: '''emanzipatorischer''' Grundimpuls. | ||
'''Generalthesen der Philosophischen Anthropologie:''' | '''Generalthesen der Philosophischen Anthropologie:''' | ||
− | Wo beim Tier Verhalten und Umweltverhältnis wesentlich vom '''Instinktprogramm''' reguliert werden, tritt beim Menschen die '''soziale Norm''' in Kraft. Das Tier ist in seine artspezifische Umwelt eingepasst. Der Mensch ist gezwungen und in der Lage, seine Welt(en) zu erzeugen und umzuschaffen. Der philosophisch-anthropologisch unterbaute sozialwissenschaftliche '''Welt'''-Begriff ist '''außerbiologischer''' Natur. Durch tätige Konstitution seiner Welt(en), im Zuge kulturspezifisch-variationsreicher sozialer Normierung seiner Verhaltensweisen und Handlungskreise, seiner Beziehungen und Verkehrsabläufe, erzeugt der Mensch seine '''innere''' '''Natur'''. Die '''Zweite Natur (Kultur)[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | Wo beim Tier Verhalten und Umweltverhältnis wesentlich vom '''Instinktprogramm''' reguliert werden, tritt beim Menschen die '''soziale Norm''' in Kraft. Das Tier ist in seine artspezifische Umwelt eingepasst. Der Mensch ist gezwungen und in der Lage, seine Welt(en) zu erzeugen und umzuschaffen. Der philosophisch-anthropologisch unterbaute sozialwissenschaftliche '''Welt'''-Begriff ist '''außerbiologischer''' Natur. Durch tätige Konstitution seiner Welt(en), im Zuge kulturspezifisch-variationsreicher sozialer Normierung seiner Verhaltensweisen und Handlungskreise, seiner Beziehungen und Verkehrsabläufe, erzeugt der Mensch seine '''innere''' '''Natur'''. Die '''Zweite Natur (Kultur)[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Institution_und_Kultur#3.2.2 Kultur|[5]]]''' ist durch eine Doppelaspektivität charakterisiert: die Verschränkung von äußerer Sozial- und Kulturwelt einerseits und Herausbildung von Innenwelt andererseits. |
'''Zentrale Gesichtspunkte:''' | '''Zentrale Gesichtspunkte:''' | ||
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* Im Unterschied zur tierischen Festgelegtheit auf eine spezifische Umwelt ist der Mensch durch '''Weltoffenheit''' charakterisiert und verfügt über die Fähigkeit, seine gegebenen Bedingungen zu überschreiten. | * Im Unterschied zur tierischen Festgelegtheit auf eine spezifische Umwelt ist der Mensch durch '''Weltoffenheit''' charakterisiert und verfügt über die Fähigkeit, seine gegebenen Bedingungen zu überschreiten. | ||
* Instinktreduktion, Unspezialisiertheit und Weltoffenheit zwingen den Menschen zur permanenten Erzeugung seiner Lebensbedingungen und Lebensmöglichkeiten. | * Instinktreduktion, Unspezialisiertheit und Weltoffenheit zwingen den Menschen zur permanenten Erzeugung seiner Lebensbedingungen und Lebensmöglichkeiten. | ||
− | * Der Mensch lebt nicht nur, er muss sein Leben führen: Lebensführung im Medium sozialer Praxis (Handeln) und sozialer Ordnung ('''Norm[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | * Der Mensch lebt nicht nur, er muss sein Leben führen: Lebensführung im Medium sozialer Praxis (Handeln) und sozialer Ordnung ('''Norm[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.3 Norm|[6]]]''') sowie '''Interaktion''' und '''Kommunikation[[Erkenntnisstrategien/Kommunikationstheoretische#1.7 Kommunikationstheoretische Erkenntnisstrategien|[7]]]''' ermöglichender und garantierender Symbolwelten. |
* '''Führung des Lebens''' beinhaltet Aufbau und Ausbau beweglicher Handlungsfähigkeit entsprechend dem offenen Welthorizont, (reflexive) Bearbeitung und Organisation seiner Triebpotentiale zu Handlungsantrieben (Motive), sowie lebenslanges Lernen. | * '''Führung des Lebens''' beinhaltet Aufbau und Ausbau beweglicher Handlungsfähigkeit entsprechend dem offenen Welthorizont, (reflexive) Bearbeitung und Organisation seiner Triebpotentiale zu Handlungsantrieben (Motive), sowie lebenslanges Lernen. | ||
* Der Mensch erscheint als ein Wesen, das in überaus langen Fristen und verwickelten Prozessen '''Sozialisation''' und '''Ich-Bildung''' durchlaufen muss, um seine kulturelle und soziale Handlungsfähigkeit zu erwerben. | * Der Mensch erscheint als ein Wesen, das in überaus langen Fristen und verwickelten Prozessen '''Sozialisation''' und '''Ich-Bildung''' durchlaufen muss, um seine kulturelle und soziale Handlungsfähigkeit zu erwerben. | ||
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* Den Menschen zeichnet die Fähigkeit zur Imagination aus, die den Schlüssel für Planung im Zusammenhang von Phantasie und Probehandeln bilden. | * Den Menschen zeichnet die Fähigkeit zur Imagination aus, die den Schlüssel für Planung im Zusammenhang von Phantasie und Probehandeln bilden. | ||
* Der Mensch ist ein '''selbstthematisches''' Wesen. In Welt-, Menschen- und Selbstbildern ortet und ordnet er seine Stellung im Kosmos. | * Der Mensch ist ein '''selbstthematisches''' Wesen. In Welt-, Menschen- und Selbstbildern ortet und ordnet er seine Stellung im Kosmos. | ||
− | * Der Mensch ist ein "die Tierheit hinter sich lassendes Tier" ohne je die Naturbasis, das Animalische verlassen zu können. Der Mensch lässt seine Tierheit hinter und unter sich, indem er gezwungen ist, sein Leben zu führen, sich eine '''Zweite Natur[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | * Der Mensch ist ein "die Tierheit hinter sich lassendes Tier" ohne je die Naturbasis, das Animalische verlassen zu können. Der Mensch lässt seine Tierheit hinter und unter sich, indem er gezwungen ist, sein Leben zu führen, sich eine '''Zweite Natur[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Institution_und_Kultur#3.2.2 Kultur|[8]]]''' zu schaffen. |
* Trotz funktionierender Naturbeherrschung bleiben der Mensch und seine Welt an die Natur zurückgebunden. Weltoffenheit kann dem Menschen daher nicht ohne jede Einschränkung zugesprochen werden. | * Trotz funktionierender Naturbeherrschung bleiben der Mensch und seine Welt an die Natur zurückgebunden. Weltoffenheit kann dem Menschen daher nicht ohne jede Einschränkung zugesprochen werden. | ||
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[[Literatur-Denkweisen-Kroell/zur_sozialwissenschaftlichen Terminologie#4.1 Literatur zur sozialwissenschaftlichen Terminologie|[2] Siehe Kapitel 4.1]]<br/> | [[Literatur-Denkweisen-Kroell/zur_sozialwissenschaftlichen Terminologie#4.1 Literatur zur sozialwissenschaftlichen Terminologie|[2] Siehe Kapitel 4.1]]<br/> | ||
[[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[3] Siehe Kapitel 4.2]]<br/> | [[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[3] Siehe Kapitel 4.2]]<br/> | ||
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Institution_und_Kultur#3.2.1 Institution|[4] Siehe Kapitel 3.2.1]]<br/> |
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Institution_und_Kultur#3.2.2 Kultur|[5] Siehe Kapitel 3.2.2]]<br/> |
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.3 Norm|[6] Siehe Kapitel 3.1.3]]<br/> |
[[Erkenntnisstrategien/Kommunikationstheoretische#1.7 Kommunikationstheoretische Erkenntnisstrategien|[7] Siehe Kapitel 1.7]]<br/> | [[Erkenntnisstrategien/Kommunikationstheoretische#1.7 Kommunikationstheoretische Erkenntnisstrategien|[7] Siehe Kapitel 1.7]]<br/> | ||
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Institution_und_Kultur#3.2.2 Kultur|[8] Siehe Kapitel 3.2.2]]<br/> |
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* Die soziale Normierung des menschlichen Lebens weist eine '''uferlose''' '''Variabilität''' auf. | * Die soziale Normierung des menschlichen Lebens weist eine '''uferlose''' '''Variabilität''' auf. | ||
* Soziale Normen regeln '''Interaktionen''' in Gestalt von Verpflichtungen und Berechtigungen. | * Soziale Normen regeln '''Interaktionen''' in Gestalt von Verpflichtungen und Berechtigungen. | ||
− | * Soziale Normen sind '''übertretbar''' und '''suspendierbar''' (Normen können zeitweilig außer Kraft gesetzt werden: z.B. politischer Ausnahmezustand; bestehende Normen können auf Dauer, für immer außer Geltung gesetzt werden: '''Normwandel[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | * Soziale Normen sind '''übertretbar''' und '''suspendierbar''' (Normen können zeitweilig außer Kraft gesetzt werden: z.B. politischer Ausnahmezustand; bestehende Normen können auf Dauer, für immer außer Geltung gesetzt werden: '''Normwandel[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Konflikt_und_Wandel#3.5.2 Wandel|[1]]]''', Entstehung und Bildung neuer Normen). |
* Soziale Normen sind durch '''Sanktionen''' (Diskriminierung, Missachtung u.ä.) gestützt. Die Geltungskraft sozialer Normen kann an dem Grad faktischer Sanktionen abgelesen werden. | * Soziale Normen sind durch '''Sanktionen''' (Diskriminierung, Missachtung u.ä.) gestützt. Die Geltungskraft sozialer Normen kann an dem Grad faktischer Sanktionen abgelesen werden. | ||
* Einen Sonderfall der Abweichung oder Devianz stellt der '''Skandal''' dar. Der Skandal und die Folgen können als Indikator für die Geltungskraft einer Norm interpretiert werden. | * Einen Sonderfall der Abweichung oder Devianz stellt der '''Skandal''' dar. Der Skandal und die Folgen können als Indikator für die Geltungskraft einer Norm interpretiert werden. | ||
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* Soziale Ordnung ist nur möglich, wenn auf die '''intersubjektive''' '''Geltung''' sozialer Normen vertraut werden kann ('''Erwartungs- und Ereignisfahrplan'''). | * Soziale Ordnung ist nur möglich, wenn auf die '''intersubjektive''' '''Geltung''' sozialer Normen vertraut werden kann ('''Erwartungs- und Ereignisfahrplan'''). | ||
* Paniksituationen oder Extremereignisse stellen Grenzfälle der Geltung normativ geregelter Interaktionen dar: normative Regelung von '''Ausnahmesituationen''' ("Katastrophenfall"). | * Paniksituationen oder Extremereignisse stellen Grenzfälle der Geltung normativ geregelter Interaktionen dar: normative Regelung von '''Ausnahmesituationen''' ("Katastrophenfall"). | ||
− | * Soziale Normen '''regulieren''' das zwischenmenschliche Verhalten und '''entlasten''' es von chronischen Augenblicksimprovisationen (vgl. dazu auch den Terminus '''Institution[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | * Soziale Normen '''regulieren''' das zwischenmenschliche Verhalten und '''entlasten''' es von chronischen Augenblicksimprovisationen (vgl. dazu auch den Terminus '''Institution[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Institution_und_Kultur#3.2.1 Institution|[2]]]'''). |
* Soziale Normen sorgen für faktische '''Typisierungen''' von Verpflichtungen bzw. Berechtigungen. | * Soziale Normen sorgen für faktische '''Typisierungen''' von Verpflichtungen bzw. Berechtigungen. | ||
* Jede Gesellschaft kennt unterschiedliche Geltungsbereiche für Normen: '''Allgemeine''' Normen (die für alle Mitglieder gelten) und '''Partikulare''' Normen (die nur für Teilkategorien von Personen gelten). | * Jede Gesellschaft kennt unterschiedliche Geltungsbereiche für Normen: '''Allgemeine''' Normen (die für alle Mitglieder gelten) und '''Partikulare''' Normen (die nur für Teilkategorien von Personen gelten). | ||
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'''Verweise:''' | '''Verweise:''' | ||
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[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Institution_und_Kultur#3.2 Institution und Kultur|3.2 Institution und Kultur]]<br/> | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Institution_und_Kultur#3.2 Institution und Kultur|3.2 Institution und Kultur]]<br/> | ||
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Die Institution kompensiert den Mangel an Instinkt, vgl. A. Gehlen: ''"Wie die tierischen Gruppen und Symbiosen durch Auslöser und durch Instinktbewegungen zusammengehalten werden, so die menschlichen Gruppen durch Institutionen"''. | Die Institution kompensiert den Mangel an Instinkt, vgl. A. Gehlen: ''"Wie die tierischen Gruppen und Symbiosen durch Auslöser und durch Instinktbewegungen zusammengehalten werden, so die menschlichen Gruppen durch Institutionen"''. | ||
− | Institutionen sind zwar zählebig, unterliegen dennoch dem soziokulturellen '''Wandel[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | Institutionen sind zwar zählebig, unterliegen dennoch dem soziokulturellen '''Wandel[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Konflikt_und_Wandel#3.5.2 Wandel|[1]]]'''. |
'''Charakteristika:''' | '''Charakteristika:''' | ||
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* Sind Institutionen einmal zur Bewältigung von Problemen und Herausforderungen des gesellschaftlichen Lebens initiiert, verselbständigen sie sich gegenüber den Menschen: Sie gewinnen '''überpersönliche''' Macht, Geltung, Autorität. | * Sind Institutionen einmal zur Bewältigung von Problemen und Herausforderungen des gesellschaftlichen Lebens initiiert, verselbständigen sie sich gegenüber den Menschen: Sie gewinnen '''überpersönliche''' Macht, Geltung, Autorität. | ||
* Die Menschen handeln nicht nur von ihren Bedürfnissen her, sondern sie verhalten sich '''in''' und '''zu''' den Institutionen. | * Die Menschen handeln nicht nur von ihren Bedürfnissen her, sondern sie verhalten sich '''in''' und '''zu''' den Institutionen. | ||
− | * Institutionen sorgen via Gewohnheitsbildung, Habitualisierung, '''Normierung[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | * Institutionen sorgen via Gewohnheitsbildung, Habitualisierung, '''Normierung[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.3 Norm|[2]]]''' und Orientierung für die '''Verinnerlichung''' ihrer Imperative: innerer Kompass der Lebensführung. |
− | * Institutionen beschreiben die Regulative des sozialen Raums ('''Struktur[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | * Institutionen beschreiben die Regulative des sozialen Raums ('''Struktur[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Struktur_und_Funktion#3.3.1 Struktur|[3]]]''') und der sozialen Zeit ('''Rhythmus'''): z.B. Werktag - Sonntag; Arbeitszeit - arbeitsfreie Zeit etc. |
* Institutionen garantieren feste Formen des Soziallebens in den interaktiven Dimensionen von '''Kommunikation''' und '''Kooperation'''. | * Institutionen garantieren feste Formen des Soziallebens in den interaktiven Dimensionen von '''Kommunikation''' und '''Kooperation'''. | ||
* Institutionen bilden die Voraussetzung für die Fortentwicklung von sozialen Formen und Gebilden zu Organisationen und Systemen. | * Institutionen bilden die Voraussetzung für die Fortentwicklung von sozialen Formen und Gebilden zu Organisationen und Systemen. | ||
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'''Verweise:''' | '''Verweise:''' | ||
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Konflikt_und_Wandel#3.5.2 Wandel|[1] Siehe Kapitel 3.5.2]]<br/> |
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.3 Norm|[2] Siehe Kapitel 3.1.3]]<br/> |
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Struktur_und_Funktion#3.3.1 Struktur|[3] Siehe Kapitel 3.3.1]]<br/> |
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* in Gestalt "sich zu wissen", d.h. Kultur zugleich als Prozess der Selbstthematisierung, Selbstbeschreibung und Selbstbestimmung. | * in Gestalt "sich zu wissen", d.h. Kultur zugleich als Prozess der Selbstthematisierung, Selbstbeschreibung und Selbstbestimmung. | ||
− | Hieraus hat die '''Philosophische Anthropologie[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | Hieraus hat die '''Philosophische Anthropologie[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.2 Handeln - Philosophische Anthropologie als Fundierung handlungstheoretischer Sozialwissenschaften|[1]]]''' als Eigenart der Kultur herausgestellt: den Modus der '''Indirektheit.''' |
Die Menschen leben im Medium von '''Vermittlungen'''. Die Sphäre der Indirektheit der menschlichen Existenz kann als '''Kultur''' angesprochen werden. | Die Menschen leben im Medium von '''Vermittlungen'''. Die Sphäre der Indirektheit der menschlichen Existenz kann als '''Kultur''' angesprochen werden. | ||
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Unter '''Kultur''' kann verstanden werden: | Unter '''Kultur''' kann verstanden werden: | ||
− | * Inbegriff der '''Sachmittel''' (Werkzeuge, Technik)''', Vorstellungsmittel''' (Phantasie, Planung, Technologie)''',''' '''Institutionen[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | * Inbegriff der '''Sachmittel''' (Werkzeuge, Technik)''', Vorstellungsmittel''' (Phantasie, Planung, Technologie)''',''' '''Institutionen[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Institution_und_Kultur#3.2.1 Institution|[2]]]''' ("Sozialmittel", "Sozialmilieu", mit denen die Gesellschaft sich erhält: Arbeitsteilung, Familie, Gruppen, Organisationen, Normen) |
* Inbegriff aller darauf fundierten '''Folge-''' bzw. '''Anschluss'''institutionen: von Magie und Ritualen bis hin zu den modernen Systemen und Superstrukturen, den ökonomisch- technisch-wissenschaftliche Komplexen | * Inbegriff aller darauf fundierten '''Folge-''' bzw. '''Anschluss'''institutionen: von Magie und Ritualen bis hin zu den modernen Systemen und Superstrukturen, den ökonomisch- technisch-wissenschaftliche Komplexen | ||
* Inbegriff der '''Sinn- und Subsinnwelten''' | * Inbegriff der '''Sinn- und Subsinnwelten''' | ||
Line 914: | Line 917: | ||
'''Verweise:''' | '''Verweise:''' | ||
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Handeln_und_Norm#3.1.2 Handeln - Philosophische Anthropologie als Fundierung handlungstheoretischer Sozialwissenschaften|[1] Siehe Kapitel 3.1.2]]<br/> |
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Institution_und_Kultur#3.2.1 Institution|[2] Siehe Kapitel 3.2.1]]<br/> |
Line 942: | Line 945: | ||
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[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Struktur_und_Funktion#3.3 Struktur und Funktion|3.3 Struktur und Funktion]]<br/> | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Struktur_und_Funktion#3.3 Struktur und Funktion|3.3 Struktur und Funktion]]<br/> | ||
− | :[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | :[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Struktur_und_Funktion#3.3.1 Struktur|3.3.1 Struktur]]<br/> |
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* Bei sozialen Strukturen ist der '''dynamische''' Aspekt zu beachten. Das Prozesshafte etwa in den Formen '''sozialer Umschichtungen'''. | * Bei sozialen Strukturen ist der '''dynamische''' Aspekt zu beachten. Das Prozesshafte etwa in den Formen '''sozialer Umschichtungen'''. | ||
* Soziale Strukturen bezeichnen die soziales Verhalten prägenden Formen sowie die soziales Handeln ermöglichenden Formen. Sie bilden die Kristallisationen der Reproduktion des sozialen Lebens im Medium der sozialen Praxis. | * Soziale Strukturen bezeichnen die soziales Verhalten prägenden Formen sowie die soziales Handeln ermöglichenden Formen. Sie bilden die Kristallisationen der Reproduktion des sozialen Lebens im Medium der sozialen Praxis. | ||
− | * '''Institutionen[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | * '''Institutionen[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Institution_und_Kultur#3.2.1 Institution|[1]]]''' sind in das Gefüge sozialer Strukturen eingewoben. Sie garantieren und legitimieren soziale Ordnung und soziale Veränderungen. |
* '''Strukturanalyse''' bezieht sich auf die Untersuchung der '''Anatomie''', des inneren Aufbaus sozialer Gebilde. | * '''Strukturanalyse''' bezieht sich auf die Untersuchung der '''Anatomie''', des inneren Aufbaus sozialer Gebilde. | ||
* '''Strukturanalyse''' befasst sich mit den Formen, Gliederungen und Mechanismen der Reproduktion einer sozialen Ordnung. | * '''Strukturanalyse''' befasst sich mit den Formen, Gliederungen und Mechanismen der Reproduktion einer sozialen Ordnung. | ||
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'''Verweise:''' | '''Verweise:''' | ||
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[[File:denkensoz-26_1.jpg "Schachfiguren"|frame|right|Foto: Schachfiguren. Josep Altarriba, [www.sxc.hu](http://www.sxc.hu), 2009 ]] | [[File:denkensoz-26_1.jpg "Schachfiguren"|frame|right|Foto: Schachfiguren. Josep Altarriba, [www.sxc.hu](http://www.sxc.hu), 2009 ]] | ||
− | Nicht nur umgangssprachlich, auch in den Sozialwissenschaften ist die Tendenz zu beobachten, die Ausdrücke '''Macht[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | Nicht nur umgangssprachlich, auch in den Sozialwissenschaften ist die Tendenz zu beobachten, die Ausdrücke '''Macht[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Macht_und_Herrschaft#3.4.1 Macht|[1]]]''' und '''Herrschaft[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Macht_und_Herrschaft#3.4.2 Herrschaft|[2]]]''' mehr oder weniger durcheinander zu verwenden. |
Zur Einführung in die "Grundlagen sozialwissenschaftlicher Denkweisen" eignet sich die Auslegung der beiden Termini, wie sie von '''Max Weber[http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/weber/49bio.htm [3]]''' in seinem Epochenwerk '''"Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der Verstehenden Soziologie" (WuG), Tübingen 1980[[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[4]]]''', analytisch gezeichnet hat. | Zur Einführung in die "Grundlagen sozialwissenschaftlicher Denkweisen" eignet sich die Auslegung der beiden Termini, wie sie von '''Max Weber[http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/weber/49bio.htm [3]]''' in seinem Epochenwerk '''"Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der Verstehenden Soziologie" (WuG), Tübingen 1980[[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[4]]]''', analytisch gezeichnet hat. | ||
− | Es ist von Nutzen, mit Blick auf die terminologischen Distinktionen von '''Macht[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | Es ist von Nutzen, mit Blick auf die terminologischen Distinktionen von '''Macht[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Macht_und_Herrschaft#3.4.1 Macht|[1]]]''' und '''Herrschaft[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Macht_und_Herrschaft#3.4.2 Herrschaft|[2]]]''' sich den Terminus '''Struktur[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Struktur_und_Funktion#3.3.1 Struktur|[5]]]''' zu vergegenwärtigen, besonders den Aspekt des '''Ordo''', der sich auf die '''vertikale''' Dimension von Sozialstrukturen bezieht. |
'''Verweise:''' | '''Verweise:''' | ||
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[[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[4] Siehe Kapitel 4.2]]<br/> | [[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[4] Siehe Kapitel 4.2]]<br/> | ||
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==Inhalt== | ==Inhalt== | ||
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[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Macht_und_Herrschaft#3.4 Macht und Herrschaft|3.4 Macht und Herrschaft]]<br/> | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Macht_und_Herrschaft#3.4 Macht und Herrschaft|3.4 Macht und Herrschaft]]<br/> | ||
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− | Das Wort '''Herrschaft''' verweist auf die Implikationen von Arbeitsteilung und Hierarchiebildung, auf '''strukturverfestigten Ordo[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | Das Wort '''Herrschaft''' verweist auf die Implikationen von Arbeitsteilung und Hierarchiebildung, auf '''strukturverfestigten Ordo[[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Struktur_und_Funktion#3.3.1 Struktur|[1]]]'''. Soziale Ordnung bietet sich dar als Ensemble von strukturierten (und legitimierten) Herrschaftsbeziehungen. |
Vgl. '''Max Webers[http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/weber/49bio.htm [2]]''' § 16. der '''Soziologischen Grundbegriffe[[Literatur-Denkweisen-Kroell/zur_sozialwissenschaftlichen Terminologie#4.1 Literatur zur sozialwissenschaftlichen Terminologie|[3]]]''' (WuG): | Vgl. '''Max Webers[http://agso.uni-graz.at/lexikon/klassiker/weber/49bio.htm [2]]''' § 16. der '''Soziologischen Grundbegriffe[[Literatur-Denkweisen-Kroell/zur_sozialwissenschaftlichen Terminologie#4.1 Literatur zur sozialwissenschaftlichen Terminologie|[3]]]''' (WuG): | ||
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[[Literatur-Denkweisen-Kroell/zur_sozialwissenschaftlichen Terminologie#4.1 Literatur zur sozialwissenschaftlichen Terminologie|[3] Siehe Kapitel 4.1]]<br/> | [[Literatur-Denkweisen-Kroell/zur_sozialwissenschaftlichen Terminologie#4.1 Literatur zur sozialwissenschaftlichen Terminologie|[3] Siehe Kapitel 4.1]]<br/> | ||
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==3.5.2 Wandel== | ==3.5.2 Wandel== | ||
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* Funktionen von Konflikten '''innerhalb''' sozialer Systeme (von der Mikro- bis zur Makro-Ebene) | * Funktionen von Konflikten '''innerhalb''' sozialer Systeme (von der Mikro- bis zur Makro-Ebene) | ||
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[[Literatur-Denkweisen-Kroell/zur_sozialwissenschaftlichen Terminologie#4.1 Literatur zur sozialwissenschaftlichen Terminologie|[1] Siehe Kapitel 4.1]]<br/> | [[Literatur-Denkweisen-Kroell/zur_sozialwissenschaftlichen Terminologie#4.1 Literatur zur sozialwissenschaftlichen Terminologie|[1] Siehe Kapitel 4.1]]<br/> | ||
− | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/ | + | [[Sozialwissenschaftliche_Terminologie_-_Exempla/Struktur_und_Funktion#3.3.2 Funktion|[2] Siehe Kapitel 3.3.2]]<br/> |
[[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[3] Siehe Kapitel 4.2]]<br/> | [[Literatur-Denkweisen-Kroell/Weiterfuehrende#4.2 Weiterführende Literaturhinweise|[3] Siehe Kapitel 4.2]]<br/> | ||
Latest revision as of 20:11, 28 September 2020
Grundlagen sozialwissenschaftlicher Denkweisen
Verfasst von Friedhelm Kröll und Nicole Pesendorfer; Fakultät für Sozialwissenschaften, Universität WienDie vorliegende Lernunterlage dient zur Unterstützung der Vorlesung: "Grundlagen sozialwissenschaftlicher Denkweisen" von Prof. Dr. Friedhelm Kröll und wurde unter Mitarbeit von Mag. Nicole Pesendorfer erstellt.
Die Inhalte sind zentriert um die Darstellung sozialwissenschaftlicher Erkenntnisstrategien, der Herausarbeitung der Eigenart der Sozialwissenschaften und der exemplarischen Vermittlung sozialwissenschaftlich relevanter Termini.
Neben der Erläuterung unterschiedlicher sozialwissenschaftlicher Erkenntnisstrategien wird die Eigenart der Sozialwissenschaften in Abgrenzung zu den Geistes-, Natur- und Geschichtswissenschaften veranschaulicht. Unter Einbeziehung von Autoren wie Max Weber, Heinrich Popitz oder Thomas Luckmann wird exemplarisch auf folgende Konnexbegriffe aus der sozialwissenschaftlichen Terminologie eingegangen: Handeln-Norm, Institution-Kultur, Struktur-Funktion, Macht-Herrschaft sowie Konflikt-Wandel.
Ziel der Lernunterlage ist die Beleuchtung der Eigenart der Sozialwissenschaften sowie eine tiefer gehende Beschäftigung mit deren Terminologien und Erkenntnisprogrammen. Dabei baut die Lernunterlage auf den Inhalten des Buches "Einblicke. Grundlagen sozialwissenschaftlichen Denkens" von Friedhelm Kröll (Wien: Braumüller, 2009) auf.
Kapitel dieser Lernunterlage
1 Erkenntnisstrategien innerhalb der Sozialwissenschaften
2 Die Eigenart der Sozialwissenschaften im Lichte des Dualismus von Natur- und Geisteswissenschaften
3 Sozialwissenschaftliche Terminologie - Exempla
4 Literatur
Kapitelübersicht
1 Erkenntnisstrategien innerhalb der Sozialwissenschaften
- 1.1 Objektivistische Erkenntnisstrategien
- 1.2 Evolutionistische Erkenntnisstrategien
- 1.3 Strukturfunktionalistische Erkenntnisstrategien
- 1.4 Pragmatistische Erkenntnisstrategien
- 1.5 Sozialkonstruktivistische Erkenntnisstrategien
- 1.6 Phänomenologische Erkenntnisstrategien
- 1.7 Kommunikationstheoretische Erkenntnisstrategien
2 Die Eigenart der Sozialwissenschaften im Lichte des Dualismus von Natur- und Geisteswissenschaften