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Weber betrachtet den Menschen als komplexes soziales und kulturelles Wesen, das weder aus einer vereinfachenden utilitaristischen Perspektive betrachtet werden kann, noch durch universelle natürliche Impulse bestimmt ist. Max Weber führte kulturvergleichende Studien durch, in denen er religiöse Weltbilder, soziale Institutionen und ökonomisches Handeln in Beziehung setzt. Er vergleicht z.B. die indische, chinesische und jüdische Zivilisation und analysiert deren wirtschaftliches und soziales Verhalten. Der spezifische "Geist" einer Kultur bestimmt Weber zufolge auch ökonomische Prozesse, so untersucht er unter anderem die Auswirkungen des hinduistischen Kastensystems auf die (lokale) Ökonomie. <br/> | Weber betrachtet den Menschen als komplexes soziales und kulturelles Wesen, das weder aus einer vereinfachenden utilitaristischen Perspektive betrachtet werden kann, noch durch universelle natürliche Impulse bestimmt ist. Max Weber führte kulturvergleichende Studien durch, in denen er religiöse Weltbilder, soziale Institutionen und ökonomisches Handeln in Beziehung setzt. Er vergleicht z.B. die indische, chinesische und jüdische Zivilisation und analysiert deren wirtschaftliches und soziales Verhalten. Der spezifische "Geist" einer Kultur bestimmt Weber zufolge auch ökonomische Prozesse, so untersucht er unter anderem die Auswirkungen des hinduistischen Kastensystems auf die (lokale) Ökonomie. <br/> | ||
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[[Institutionalismus_und_Substantivismus/Vordenker#4.1.2 Max Weber|[3] Siehe Kapitel 4.1.2 der Lernunterlage ''Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie'']]<br/> | [[Institutionalismus_und_Substantivismus/Vordenker#4.1.2 Max Weber|[3] Siehe Kapitel 4.1.2 der Lernunterlage ''Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie'']]<br/> | ||
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.9 Was ist "das Soziale"?|[4] Siehe Kapitel 1.1.9]]<br/> | [[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.9 Was ist "das Soziale"?|[4] Siehe Kapitel 1.1.9]]<br/> |
Latest revision as of 14:01, 26 September 2020
Vorheriges Kapitel: 3.5 Anthropologie der Natur
Contents
3.6 Ökonomische Anthropologie
verfasst von Elke Mader
"Anthropologists have always - at least since Malinowski[1] - wished to call attention to the ways in which economy is an integrated part of a social and cultural totality, and to reveal that economic systems and actions can only be fully understood if we look into their interrelationships with other aspects of culture and society." (Eriksen 2010: 184)
Die Kultur- und Sozialanthropologie untersucht wirtschaftliche Tätigkeiten, Strukturen oder Prozesse als Teilbereich umfassenderer kultureller und sozialer Gegebenheiten. Ökonomie ist aus dieser Perspektive betrachtet kein isolierter Sektor sondern ein kulturelles[2] Produkt. Dieses Prinzip gilt für die Analyse ökonomischer Aspekte in unterschiedlichen Gesellschaften inklusive der gegenwärtigen globalisierten Marktökonomie[3].
Die Vielfalt an Forschungsfeldern und Fragestellungen der ökonomischen Anthropologie gibt Einblick in andere Ökonomien und in die große Diversität an wirtschaftlichen Systemen und Praktiken, unter anderem in Zusammenhang mit verschiedenen Formen der Nutzung von natürlichen Ressourcen. Die ethnographische Untersuchung von ökonomischen Tätigkeiten fokussiert Prozesse der Produktion, Distribution/Zirkulation und Konsumption von Gütern und Dienstleistungen in sogenannten einfachen wie auch in komplexen Gesellschaften, sei dies auf der Basis von Individuen, Haushalten oder größeren wie kleineren Verwandtschafts- und Interessengruppen (vgl. Institut für Sozialanthropologie der Universität Bern[4] 2010).
Die Ökonomische Anthropologie (bzw. Wirtschaftsanthropologie) legt dabei besonderes Augenmerk auf Schnittstellen und Verflechtungen mit anderen Bereichen, z.B. mit sozialer Organisation und Gender oder Religion[5] und Ritual[6]. So sind etwa Subsistenz[7] bzw. verschiedene Subsistenzformen (Wirtschaftsweisen) mit diversen sozialen und kulturellen Systemen verbunden. Diese Themenfelder stehen auch in Verbindung mit dem Verhältnis von Wirtschaft und Arbeit mit Natur und Landschaft sowie mit spezifischen kulturellen Traditionen und Praktiken.
Inhalt
Verweise:
[1] Siehe Kapitel 2.4.2
[2] Siehe Kapitel 1.1.8
[3] Siehe Kapitel 3.4.3
[4] https://www.anthro.unibe.ch/forschung/schwerpunkte/oekonomische_anthropologie/index_ger.html
[5] Siehe Kapitel 3.1
[6] Siehe Kapitel 3.2
[7] Siehe Kapitel 3.5.1
3.6.1 Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie (Wirtschaftsanthropologie)
Die aktuellen Modelle und Ansätze der Ökonomischen Anthropologie speisen sich primär aus zwei Quellen: den Wirtschaftswissenschaften und der Kultur- und Sozialanthropologie. Darüber hinaus sind verschiedene Denkmodelle der frühen Sozialwissenschaften in die Entwicklung dieser Forschungsrichtung eingeflossen. Die Geschichte der Wirtschaftsanthropologie ist durch wechselseitige Beeinflussung aber auch durch Kontroversen zwischen verschiedenen Disziplinen und theoretischen Perspektiven gekennzeichnet.
Zu den wichtigsten ökonomischen Theorien, die auch eine Basis der Wirtschaftsanthropologie darstellen, zählen:
Eine zentrale Forschungsrichtung der Ökonomischen Anthropologie ist der Institutionalismus oder Substantivismus[5]. Die unter diesen Begriffen zusammengefassten theoretischen Ansätze gehen davon aus, dass die Ökonomie in die Gesamtheit aller Institutionen eingebettet ist. Dem gegenüber argumentieren VertreterInnen des Formalismus[6] in Anlehnung an die Position der Neoklassik, dass regionale ökonomische Besonderheiten nur Varianten von generellen Gesetzmäßigkeiten - die uneingeschränkt weltweit gelten - darstellen. Die Kontroversen zwischen diesen beiden Positionen dominierten vielfach die theoretischen Diskussionen in der Wirtschaftsethnologie im 20.Jahrhundert.
Besonders umstritten war und ist in diesem Zusammenhang das Modell des "homo oeconomicus"[7], dessen Anwendbarkeit im Rahmen der Wirtschaftsanthropologie[8] immer wieder aus unterschiedlichen Gesichtspunkten debattiert wurde.
Verweise:
[1] Siehe Kapitel 2 der Lernunterlage Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie
[2] Siehe Kapitel 2.4 der Lernunterlage Internationale Politische Ökonomie
[3] Siehe Kapitel 3 der Lernunterlage Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie
[4] Siehe Kapitel 2.2 der Lernunterlage Internationale Politische Ökonomie
[5] Siehe Kapitel 4.3 der Lernunterlage Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie
[6] Siehe Kapitel 3.1.1 der Lernunterlage Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie
[7] Siehe Kapitel 2.2.5.2 der Lernunterlage Internationale Politische Ökonomie
[8] Siehe Kapitel 3.3.3.1 der Lernunterlage Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie
3.6.2 Theoretische Grundlagen: Ökonomie, Gesellschaft und Weltbild
Die vielfältigen Verbindungsweisen zwischen (lokalen) symbolischen Systemen (Bedeutungen, Werten) und wirtschaftlichen Prozessen in einem globalisierten Handlungs- und Bedeutungsraum stellen gegenwärtig wichtige Forschungsfelder dar. Zu den Vordenkern in Zusammenhang mit solchen Fragestellungen gehören Max Weber[1] und Émile Durkheim[2]. Max Weber[3] übte nachhaltigen Einfluss auf die Konzepte und Arbeitsfelder der Ökonomischen Anthropologie aus.
Weber betrachtet den Menschen als komplexes soziales und kulturelles Wesen, das weder aus einer vereinfachenden utilitaristischen Perspektive betrachtet werden kann, noch durch universelle natürliche Impulse bestimmt ist. Max Weber führte kulturvergleichende Studien durch, in denen er religiöse Weltbilder, soziale Institutionen und ökonomisches Handeln in Beziehung setzt. Er vergleicht z.B. die indische, chinesische und jüdische Zivilisation und analysiert deren wirtschaftliches und soziales Verhalten. Der spezifische "Geist" einer Kultur bestimmt Weber zufolge auch ökonomische Prozesse, so untersucht er unter anderem die Auswirkungen des hinduistischen Kastensystems auf die (lokale) Ökonomie.
Für Durkheim sind Menschen primär soziale[4] Wesen, sie leben in Gruppen und ihr Bewusstsein wird durch Interaktionen mit Anderen geprägt. Daher kann menschliches Denken und Handeln nur dann zielführend untersucht bzw. verstanden werden, wenn nicht das Individuum, sondern die Gruppe bzw. die Gesellschaft den Forschungsgegenstand bildet.
Durkheim[5] wendet diese Grundannahmen auf verschiedene Dimensionen des Denkens und Handelns an, insbesondere auf die Gestaltung von sozialen Gruppen und gesellschaftlichen Institutionen, auf Wirtschaft sowie auf Religion. Im Rahmen seiner "sozialen Ökonomie" erarbeitete Durkheim verschiedene Themen, die für die Weiterentwicklung der ökonomischen Anthropologie von besonderer Bedeutung waren (z.B. in Hinblick auf soziale Teilung der Arbeit oder Verflechtungen von Gesellschaft[6], Ökonomie und Religion[7]).
Verweise:
[1] Siehe Kapitel 9.1.3 der Lernunterlage Einführung Soziologie
[2] Siehe Kapitel 4.1 der Lernunterlage Einführung Soziologie
[3] Siehe Kapitel 4.1.2 der Lernunterlage Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie
[4] Siehe Kapitel 1.1.9
[5] Siehe Kapitel 4.1.1 der Lernunterlage Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie
[6] Siehe Kapitel 1.1.3
[7] Siehe Kapitel 3.1
3.6.2.1 Fallbeispiel: Tausch und Gabe - frühe Beiträge zur Ökonomischen Anthropologie
Als Fallbeispiel für die Forschungsgeschichte und Theorienbildung werden in der Folge zwei Anthropologen genauer vorgestellt, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wesentlich zur Professionalisierung der Kultur- und Sozialanthropologie als eigenständige Disziplin beigetragen haben:
Im Mittelpunkt ihrer Arbeiten stehen Fragen der Distribution und des Austausches von Produkten. Ihre Analysen dieser Prozesse betonen die Verflechtungen von Ökonomie und Gesellschaft[3], von sozialen und religiösen Institutionen und Konzepten sowie von individuellen Bedürfnissen und Interessen.
- Bronislaw Malinowski[4] lieferte eine genaue ethnographische Beschreibung der Institution Kula in all ihren Dimensionen und analysiert sie im Rahmen des Funktionalismus. Seine Erkenntnisse basieren auf langjährigen Feldforschungen[5] auf den Trobriand-Inseln.
- Marcel Mauss erstellte vergleichende Analysen und theoretische Überlegungen zum Konzept des Tausches bzw. der Gabe, wobei er (aufbauend auf der Arbeit von Malinowski) Kula zu anderen Formen von Austausch in verschiedenen Regionen und historischen Epochen (z.B. Potlatch[6] in Nordwestamerika, Geschenksaustausch in Polynesien, Neuseeland und auf den Andamanen sowie im alten römischen und germanischen Recht) in Beziehung setzt.
Verweise:
[1] Siehe Kapitel 2.4.2
[2] Siehe Kapitel 4.2.2.2 der Lernunterlage Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie
[3] Siehe Kapitel 1.1.3
[4] Siehe Kapitel 4.2.2.1 der Lernunterlage Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie
[5] Siehe Kapitel 1.3.1
[6] http://de.wikipedia.org/wiki/Potlatch
3.6.3 Literatur
Eriksen, Thomas Hylland 2010: Small Places, Large Issues: An Introduction to Social and Cultural Anthropology. London: Pluto Press.
Institut für Sozialanthropologie der Universität Bern 2010: Schwerpunkt ökonomische Anthropologie.[1] [Zugriff: 27.08.2013]
Weitere Literaturhinweise zur Ökonomischen Anthropologie finden sich auf den entsprechenden verlinkten Seiten.
Verweise:
[1] https://www.anthro.unibe.ch/forschung/schwerpunkte/oekonomische_anthropologie/index_ger.html
Nächstes Kapitel: 3.7 Anthropologie der Mythen