Difference between revisions of "STEOP - Propaedeutikum KSA"

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(3.3.2.2 Kolonialismus als Forschungsgegenstand)
 
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An der Erstellung dieser Lernunterlage mitgewirkt haben als '''AutorInnen''': Elke Mader, Wolfgang Kraus, Philipp Budka und Matthias Reitter. '''Redaktionell bearbeitet''' wurde die Unterlage von Anna Ellmer, Matthias Reitter und Philipp Budka. <br/>
 
An der Erstellung dieser Lernunterlage mitgewirkt haben als '''AutorInnen''': Elke Mader, Wolfgang Kraus, Philipp Budka und Matthias Reitter. '''Redaktionell bearbeitet''' wurde die Unterlage von Anna Ellmer, Matthias Reitter und Philipp Budka. <br/>
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[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie#2 Theoriengeschichte der Kultur- und Sozialanthropologie|2 Theoriengeschichte der Kultur- und Sozialanthropologie]]<br/>
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[[Themenbereiche_der_KSA#3 Themenbereiche|3 Themenbereiche]]<br/>
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==Kapitelübersicht==
 
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::[[Themenbereiche_der_KSA/Gender#3.9.8 Literatur|3.9.8 Literatur]]<br/>
 
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=1 Was ist Kultur- und Sozialanthropologie?=
 
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<sup>verfasst von Wolfgang Kraus und Matthias Reitter</sup>
 
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'''Die''' '''Kultur- und Sozialanthropologie (KSA) beschäftigt sich in vergleichender Perspektive mit der Vielfalt der Formen menschlichen Zusammenlebens an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten.''' In der Vergangenheit galt die Aufmerksamkeit des Faches vor allem den einfach organisierten und überschaubaren Gesellschaften außerhalb der industrialisierten Welt. Heute stehen vielfach die mit '''Kolonialismus[[Themenbereiche_der_KSA/Kolonialismus#3.3 Kolonialismus|[1]]]''', '''Globalisierung[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4 Globalisierung|[2]]]''' und den weltweiten '''Migrationsströmen[[Migrationsforschung_in_der_KSA#2 Migrationsforschung in der Ethnologie bzw. Kultur- und Sozialanthropologie|[3]]]''' der Gegenwart verbundenen Prozesse, wie etwa die Redefinition von Identitäten und '''kulturellen Abgrenzungen[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.8 Was ist "das Kulturelle"?|[4]]]''', im '''Mittelpunkt der Forschung'''. Zugleich werden die klassischen Themen lokalkultureller Interaktionen, Organisationsformen und '''Weltbilder[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.4 Religion und Weltbild|[5]]]''' weiterentwickelt, und die intensive '''Feldforschung[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.1 Ethnographische Feldforschung|[6]]]''' mit der Methode der '''"teilnehmenden Beobachtung"[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.2 Teilnehmende Beobachtung|[7]]]''' bleibt ein '''definierendes Merkmal des Faches'''. Über die wissenschaftliche Forschung hinaus ist die '''praktische Anwendung kultur- und sozialanthropologischer Kompetenzen''' in vielen Bereichen, wie etwa '''Flüchtlingsarbeit''' und Integration, '''Entwicklungszusammenarbeit''', '''internationalen Einsätzen''', '''Kulturvermittlung''', '''Ausstellungs- und Medienarbeit''', '''Tourismus''' und '''Gesundheitswesen''', sinnvoll und gefragt. <br/>
 
'''Die''' '''Kultur- und Sozialanthropologie (KSA) beschäftigt sich in vergleichender Perspektive mit der Vielfalt der Formen menschlichen Zusammenlebens an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten.''' In der Vergangenheit galt die Aufmerksamkeit des Faches vor allem den einfach organisierten und überschaubaren Gesellschaften außerhalb der industrialisierten Welt. Heute stehen vielfach die mit '''Kolonialismus[[Themenbereiche_der_KSA/Kolonialismus#3.3 Kolonialismus|[1]]]''', '''Globalisierung[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4 Globalisierung|[2]]]''' und den weltweiten '''Migrationsströmen[[Migrationsforschung_in_der_KSA#2 Migrationsforschung in der Ethnologie bzw. Kultur- und Sozialanthropologie|[3]]]''' der Gegenwart verbundenen Prozesse, wie etwa die Redefinition von Identitäten und '''kulturellen Abgrenzungen[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.8 Was ist "das Kulturelle"?|[4]]]''', im '''Mittelpunkt der Forschung'''. Zugleich werden die klassischen Themen lokalkultureller Interaktionen, Organisationsformen und '''Weltbilder[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.4 Religion und Weltbild|[5]]]''' weiterentwickelt, und die intensive '''Feldforschung[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.1 Ethnographische Feldforschung|[6]]]''' mit der Methode der '''"teilnehmenden Beobachtung"[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.2 Teilnehmende Beobachtung|[7]]]''' bleibt ein '''definierendes Merkmal des Faches'''. Über die wissenschaftliche Forschung hinaus ist die '''praktische Anwendung kultur- und sozialanthropologischer Kompetenzen''' in vielen Bereichen, wie etwa '''Flüchtlingsarbeit''' und Integration, '''Entwicklungszusammenarbeit''', '''internationalen Einsätzen''', '''Kulturvermittlung''', '''Ausstellungs- und Medienarbeit''', '''Tourismus''' und '''Gesundheitswesen''', sinnvoll und gefragt. <br/>
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==Inhaltsverzeichnis==
 
==Inhaltsverzeichnis==
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[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1 Was ist Kultur- und Sozialanthropologie?|1 Was ist Kultur- und Sozialanthropologie?]]<br/>
 
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[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie#2 Theoriengeschichte der Kultur- und Sozialanthropologie|2 Theoriengeschichte der Kultur- und Sozialanthropologie]]<br/>
 
[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie#2 Theoriengeschichte der Kultur- und Sozialanthropologie|2 Theoriengeschichte der Kultur- und Sozialanthropologie]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA#3 Themenbereiche|3 Themenbereiche]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA#3 Themenbereiche|3 Themenbereiche]]<br/>
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'''[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1 Was untersucht Kultur- und Sozialanthropologie?| Nächstes Kapitel: 1.1 Was untersucht Kultur- und Sozialanthropologie?]]'''
 
'''[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1 Was untersucht Kultur- und Sozialanthropologie?| Nächstes Kapitel: 1.1 Was untersucht Kultur- und Sozialanthropologie?]]'''
 
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[[#1 Was ist Kultur- und Sozialanthropologie?|&uarr; Nach oben]]<br/>
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[[#1 Was ist Kultur- und Sozialanthropologie?|&uarr; Nach oben]]
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'''[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1 Was ist Kultur- und Sozialanthropologie?| Vorheriges Kapitel: 1 Was ist Kultur- und Sozialanthropologie?]]'''
 
'''[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1 Was ist Kultur- und Sozialanthropologie?| Vorheriges Kapitel: 1 Was ist Kultur- und Sozialanthropologie?]]'''
 
=1.1 Was untersucht Kultur- und Sozialanthropologie?=
 
=1.1 Was untersucht Kultur- und Sozialanthropologie?=
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Die heute für unser Fach an der '''Universität Wien[http://www.univie.ac.at  &#91;1&#93;]''' gebräuchliche '''Bezeichnung "Kultur- und Sozialanthropologie" (KSA)''' wurde erst 1999 eingeführt. Sie ersetzte im Namen des '''Instituts[http://ksa.univie.ac.at/institut/geschichte/  &#91;2&#93;]''' - zunächst in Kombination mit dem vor allem in Deutschland gebräuchlichen Begriff '''Ethnologie''', dann alleine - die frühere Bezeichnung '''Völkerkunde'''. Die Studienrichtung Völkerkunde konnte erst 2004 in Kultur- und Sozialanthropologie umbenannt werden. Diese Namenswechsel stehen in engem Zusammenhang mit bestimmten Veränderungen von Perspektiven und Positionen in der Disziplin. <br/>
 
Die heute für unser Fach an der '''Universität Wien[http://www.univie.ac.at  &#91;1&#93;]''' gebräuchliche '''Bezeichnung "Kultur- und Sozialanthropologie" (KSA)''' wurde erst 1999 eingeführt. Sie ersetzte im Namen des '''Instituts[http://ksa.univie.ac.at/institut/geschichte/  &#91;2&#93;]''' - zunächst in Kombination mit dem vor allem in Deutschland gebräuchlichen Begriff '''Ethnologie''', dann alleine - die frühere Bezeichnung '''Völkerkunde'''. Die Studienrichtung Völkerkunde konnte erst 2004 in Kultur- und Sozialanthropologie umbenannt werden. Diese Namenswechsel stehen in engem Zusammenhang mit bestimmten Veränderungen von Perspektiven und Positionen in der Disziplin. <br/>
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==Inhalt==
 
==Inhalt==
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[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1 Was untersucht Kultur- und Sozialanthropologie?|1.1 Was untersucht Kultur- und Sozialanthropologie?]]<br/>
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1 Was untersucht Kultur- und Sozialanthropologie?|1.1 Was untersucht Kultur- und Sozialanthropologie?]]<br/>
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:[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.10 Warum Kultur- und Sozialanthropologie?|1.1.10 Warum Kultur- und Sozialanthropologie?]]<br/>
 
:[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.10 Warum Kultur- und Sozialanthropologie?|1.1.10 Warum Kultur- und Sozialanthropologie?]]<br/>
 
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'''Das Abrücken von der Fachbezeichnung Völkerkunde steht also in diesem großen historischen Zusammenhang.''' Das erklärt aber noch nicht, warum man in '''Wien[http://ksa.univie.ac.at/institut/geschichte/  &#91;4&#93;]''' der etwas unhandlichen Bezeichnung Kultur- und Sozialanthropologie den Vorrang vor "Ethnologie" gab. <br/>
 
'''Das Abrücken von der Fachbezeichnung Völkerkunde steht also in diesem großen historischen Zusammenhang.''' Das erklärt aber noch nicht, warum man in '''Wien[http://ksa.univie.ac.at/institut/geschichte/  &#91;4&#93;]''' der etwas unhandlichen Bezeichnung Kultur- und Sozialanthropologie den Vorrang vor "Ethnologie" gab. <br/>
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[[File:einfpropaedksa-4_1.jpg|thumb|250px|right|Abbildung: Papua-Neuguineaner (1869), Quelle: [wikimedia.org](http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/ff/Papuan%2C_New_Guinea_from_Malay_Archipelago_1869_vol_2_page_322.jpg)]]
 
[[File:einfpropaedksa-4_1.jpg|thumb|250px|right|Abbildung: Papua-Neuguineaner (1869), Quelle: [wikimedia.org](http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/ff/Papuan%2C_New_Guinea_from_Malay_Archipelago_1869_vol_2_page_322.jpg)]]
 
Bis in die 1980er Jahre verstand sich die Völkerkunde/Ethnologie als die wissenschaftliche Erforschung eines klar definierten Gegenstandes. Sie war die '''Wissenschaft von den außereuropäischen, nicht industrialisierten oder, wie es manchmal hieß, den schriftlosen "Völkern"[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.1 Die Kunde von den Völkern?|[1]]] bzw. Ethnien'''. Um nachvollziehen zu können, weshalb der Begriff der Ethnologie als "Lehre von den Ethnien" heute nicht mehr als treffend betrachtet wird, bedarf es einer Auseinandersetzung mit den Begriffen '''"Kultur"[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.4 "Kulturen" und Kultur|[2]]]''' und '''"Gesellschaft"[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.3 Was ist Gesellschaft?|[3]]]'''. <br/>
 
Bis in die 1980er Jahre verstand sich die Völkerkunde/Ethnologie als die wissenschaftliche Erforschung eines klar definierten Gegenstandes. Sie war die '''Wissenschaft von den außereuropäischen, nicht industrialisierten oder, wie es manchmal hieß, den schriftlosen "Völkern"[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.1 Die Kunde von den Völkern?|[1]]] bzw. Ethnien'''. Um nachvollziehen zu können, weshalb der Begriff der Ethnologie als "Lehre von den Ethnien" heute nicht mehr als treffend betrachtet wird, bedarf es einer Auseinandersetzung mit den Begriffen '''"Kultur"[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.4 "Kulturen" und Kultur|[2]]]''' und '''"Gesellschaft"[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.3 Was ist Gesellschaft?|[3]]]'''. <br/>
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'''Verweise:'''
 
'''Verweise:'''
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Ziemlich lebendig ist dagegen (wenn auch weniger in der KSA als in anderen sozialwissenschaftlichen Ansätzen) ein oft unreflektiertes Verständnis, in dem davon ausgegangen wird, dass "Gesellschaft" als Untersuchungseinheit deckungsgleich mit '''"Nationalstaat"[http://de.wikipedia.org/wiki/Nationalstaat  &#91;5&#93;]''' ist. Soziale Phänomene müssen demnach geradezu naturgemäß im Rahmen nationalstaatlicher Grenzen untersucht werden. Diese Vorgangsweise wurde * nicht zufällig auch von anthropologischer Seite (Wimmer und Glick Schiller 2002) - als "methodologischer Nationalismus" kritisiert. '''Die unkritische Gleichsetzung von Gesellschaft und Nationalstaat ist aus verschiedenen Gründen fragwürdig''', unter anderem weil "Gesellschaft" eine Abstraktion darstellt, aber keine konkrete, empirisch greifbare Realität mit klar identifizierbaren und eindeutigen Grenzen benennt. <br/>
 
Ziemlich lebendig ist dagegen (wenn auch weniger in der KSA als in anderen sozialwissenschaftlichen Ansätzen) ein oft unreflektiertes Verständnis, in dem davon ausgegangen wird, dass "Gesellschaft" als Untersuchungseinheit deckungsgleich mit '''"Nationalstaat"[http://de.wikipedia.org/wiki/Nationalstaat  &#91;5&#93;]''' ist. Soziale Phänomene müssen demnach geradezu naturgemäß im Rahmen nationalstaatlicher Grenzen untersucht werden. Diese Vorgangsweise wurde * nicht zufällig auch von anthropologischer Seite (Wimmer und Glick Schiller 2002) - als "methodologischer Nationalismus" kritisiert. '''Die unkritische Gleichsetzung von Gesellschaft und Nationalstaat ist aus verschiedenen Gründen fragwürdig''', unter anderem weil "Gesellschaft" eine Abstraktion darstellt, aber keine konkrete, empirisch greifbare Realität mit klar identifizierbaren und eindeutigen Grenzen benennt. <br/>
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Das bedeutet wohlgemerkt nicht, dass kulturelle Phänomene nicht als Grenzen wahrgenommen werden oder empirisch beobachtbare Grenzen hervorbringen können. '''Es gibt zweifellos kulturelle Grenzen; sie sind aber nicht so beschaffen, dass sie Gruppen von Menschen eindeutig identifizieren und dass wir von diesen Gruppen als "Kulturen" sprechen können.''' <br/>
 
Das bedeutet wohlgemerkt nicht, dass kulturelle Phänomene nicht als Grenzen wahrgenommen werden oder empirisch beobachtbare Grenzen hervorbringen können. '''Es gibt zweifellos kulturelle Grenzen; sie sind aber nicht so beschaffen, dass sie Gruppen von Menschen eindeutig identifizieren und dass wir von diesen Gruppen als "Kulturen" sprechen können.''' <br/>
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*  Erstens wird im öffentlichen Diskurs meist eine Vorstellung von Kultur reproduziert, die in unserem Fach früher vertreten wurde, die aber heute weitgehend überwunden ist. Es handelt sich dabei um das früher einflussreiche '''Container-Modell von Kultur[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Geertz#2.7 Clifford Geertz und die Folgen|[2]]]''', dem wir heute kritisch gegenüberstehen.<br/>
 
*  Erstens wird im öffentlichen Diskurs meist eine Vorstellung von Kultur reproduziert, die in unserem Fach früher vertreten wurde, die aber heute weitgehend überwunden ist. Es handelt sich dabei um das früher einflussreiche '''Container-Modell von Kultur[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Geertz#2.7 Clifford Geertz und die Folgen|[2]]]''', dem wir heute kritisch gegenüberstehen.<br/>
 
*  Zweitens wird '''"Kultur" häufig als erklärende Variable von Zusammenhängen''' herangezogen. Demnach verhalten sich Menschen auf bestimmte Weise, weil sie einer konkreten Kultur angehören. Wenn Menschen mit unterschiedlichem "kulturellen Hintergrund" Probleme miteinander haben, wird von Medien und in öffentlichen Debatten regelmäßig ihre kulturelle Differenz als Ursache der Konflikte identifiziert. '''Aus Sicht der heutigen Kultur- und Sozialanthropologie kann aber Kultur für sich genommen nichts erklären.''' Kultur ist nicht mehr und nicht weniger als der variable Kontext, der Zusammenhang, in dem wir konkrete Phänomene untersuchen. Mit dem öffentlichen Diskurs über Kultur als kollektive Identität werden zudem nicht selten andere, bessere Erklärungsansätze verdeckt. Wenn z.B. Probleme in kulturell heterogenen Stadtteilen der kulturellen Differenz in die Schuhe geschoben werden, wird damit verschleiert, dass solche Probleme sehr häufig vor allem mit ausgeprägten sozialen Unterschieden zu tun haben. Diese Tatsache wird aber verdeckt, indem Kultur (oder ethnische Zugehörigkeit, die auf Kultur verweist) als alleiniges erklärendes Prinzip herangezogen wird.<br/>
 
*  Zweitens wird '''"Kultur" häufig als erklärende Variable von Zusammenhängen''' herangezogen. Demnach verhalten sich Menschen auf bestimmte Weise, weil sie einer konkreten Kultur angehören. Wenn Menschen mit unterschiedlichem "kulturellen Hintergrund" Probleme miteinander haben, wird von Medien und in öffentlichen Debatten regelmäßig ihre kulturelle Differenz als Ursache der Konflikte identifiziert. '''Aus Sicht der heutigen Kultur- und Sozialanthropologie kann aber Kultur für sich genommen nichts erklären.''' Kultur ist nicht mehr und nicht weniger als der variable Kontext, der Zusammenhang, in dem wir konkrete Phänomene untersuchen. Mit dem öffentlichen Diskurs über Kultur als kollektive Identität werden zudem nicht selten andere, bessere Erklärungsansätze verdeckt. Wenn z.B. Probleme in kulturell heterogenen Stadtteilen der kulturellen Differenz in die Schuhe geschoben werden, wird damit verschleiert, dass solche Probleme sehr häufig vor allem mit ausgeprägten sozialen Unterschieden zu tun haben. Diese Tatsache wird aber verdeckt, indem Kultur (oder ethnische Zugehörigkeit, die auf Kultur verweist) als alleiniges erklärendes Prinzip herangezogen wird.<br/>
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Die Bezeichnung Kultur- und Sozialanthropologie für unser Fach trägt diesen perspektivischen und empirischen Veränderungen Rechnung. '''Wenn aber KSA nicht mehr die Erforschung der fernen Kulturen und Gesellschaften - der Ethnien - ist, was ist dann aus heutiger Sicht der Gegenstand des Faches?''' <br/>
 
Die Bezeichnung Kultur- und Sozialanthropologie für unser Fach trägt diesen perspektivischen und empirischen Veränderungen Rechnung. '''Wenn aber KSA nicht mehr die Erforschung der fernen Kulturen und Gesellschaften - der Ethnien - ist, was ist dann aus heutiger Sicht der Gegenstand des Faches?''' <br/>
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Es gibt eine Reihe von Fächern, in denen der Mensch jeweils im Hinblick auf unterschiedliche Aspekte und aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet wird. Die Medizin z.B. beschäftigt sich ebenfalls mit dem Menschen, allerdings mit ganz anderen Zielsetzungen und Anliegen als die Kultur- und Sozialanthropologie. (Das bedeutet jedoch nicht, dass es nicht auch Berührungspunkte zwischen diesen beiden Fächern gibt. So gibt es in der KSA etwa die Subdisziplin der '''Medizinanthropologie[https://de.wikipedia.org/wiki/Medizinethnologie  &#91;2&#93;]''', eine Forschungsrichtung mit starkem Praxisbezug, in der medizinische Themenfelder aus anthropologischer Perspektive betrachtet werden.) Ein anderes Beispiel ist die '''Physische Anthropologie[http://www.anthropology.at/  &#91;3&#93;]''', der es in erster Linie um die biologischen Aspekte des Menschen geht. '''Die KSA unterscheidet sich, wie der Name schon sagt, von anderen am Menschen interessierten Disziplinen dadurch, dass sie die kulturellen und sozialen Aspekte des Menschseins in den Vordergrund stellt.''' Sie interessiert sich heute nicht für Kulturen und Gesellschaften, sondern versteht Kultur und Gesellschaft als Abstraktionen. '''Es geht ihr also um '''"das Kulturelle"[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.8 Was ist "das Kulturelle"?|[4]]]''' und '''"das Soziale"[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.9 Was ist "das Soziale"?|[5]]]''' - Bereiche menschlicher kollektiver Existenz, die der abstrahierende Blick abgrenzt und voneinander isoliert.''' <br/>
 
Es gibt eine Reihe von Fächern, in denen der Mensch jeweils im Hinblick auf unterschiedliche Aspekte und aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet wird. Die Medizin z.B. beschäftigt sich ebenfalls mit dem Menschen, allerdings mit ganz anderen Zielsetzungen und Anliegen als die Kultur- und Sozialanthropologie. (Das bedeutet jedoch nicht, dass es nicht auch Berührungspunkte zwischen diesen beiden Fächern gibt. So gibt es in der KSA etwa die Subdisziplin der '''Medizinanthropologie[https://de.wikipedia.org/wiki/Medizinethnologie  &#91;2&#93;]''', eine Forschungsrichtung mit starkem Praxisbezug, in der medizinische Themenfelder aus anthropologischer Perspektive betrachtet werden.) Ein anderes Beispiel ist die '''Physische Anthropologie[http://www.anthropology.at/  &#91;3&#93;]''', der es in erster Linie um die biologischen Aspekte des Menschen geht. '''Die KSA unterscheidet sich, wie der Name schon sagt, von anderen am Menschen interessierten Disziplinen dadurch, dass sie die kulturellen und sozialen Aspekte des Menschseins in den Vordergrund stellt.''' Sie interessiert sich heute nicht für Kulturen und Gesellschaften, sondern versteht Kultur und Gesellschaft als Abstraktionen. '''Es geht ihr also um '''"das Kulturelle"[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.8 Was ist "das Kulturelle"?|[4]]]''' und '''"das Soziale"[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.9 Was ist "das Soziale"?|[5]]]''' - Bereiche menschlicher kollektiver Existenz, die der abstrahierende Blick abgrenzt und voneinander isoliert.''' <br/>
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Ein in der Geschichte des Faches zunächst eher untergeordneter Aspekt, der erst in den letzten Jahrzehnten stärker in den Vordergrund getreten ist, sind die impliziten Sinnzusammenhänge menschlichen Denkens, über die nicht explizit gesprochen wird, aber auch unterschiedliche Formen von sinnlicher Erfahrung, die nicht unmittelbar mit Sprache und Denken zu tun haben. In den Bereich des Kulturellen gehören auch die Produkte kulturellen Handelns, auf die wir uns mit Begriffen wie '''materielle Kultur[http://de.wikipedia.org/wiki/Materielle_Kultur  &#91;4&#93;]''' und '''visuelle Kultur[http://en.wikipedia.org/wiki/Visual_culture  &#91;5&#93;]''' beziehen. '''Zusammenfassend lassen sich die wichtigsten Aspekte des Kulturellen jedoch mit den Begriffen des Handelns und Denkens benennen.''' <br/>
 
Ein in der Geschichte des Faches zunächst eher untergeordneter Aspekt, der erst in den letzten Jahrzehnten stärker in den Vordergrund getreten ist, sind die impliziten Sinnzusammenhänge menschlichen Denkens, über die nicht explizit gesprochen wird, aber auch unterschiedliche Formen von sinnlicher Erfahrung, die nicht unmittelbar mit Sprache und Denken zu tun haben. In den Bereich des Kulturellen gehören auch die Produkte kulturellen Handelns, auf die wir uns mit Begriffen wie '''materielle Kultur[http://de.wikipedia.org/wiki/Materielle_Kultur  &#91;4&#93;]''' und '''visuelle Kultur[http://en.wikipedia.org/wiki/Visual_culture  &#91;5&#93;]''' beziehen. '''Zusammenfassend lassen sich die wichtigsten Aspekte des Kulturellen jedoch mit den Begriffen des Handelns und Denkens benennen.''' <br/>
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Steht beim Blick auf das Kulturelle das erlernte Handeln und Denken und dessen Einbettung in Sinnzusammenhänge im Vordergrund, so geht es '''beim Sozialen vor allem um die Interaktion von Menschen, um die Art, wie das Handeln von Menschen sich auf Andere auswirkt'''. Wenn '''soziale Interaktionen[http://de.wikipedia.org/wiki/Soziale_Interaktion  &#91;3&#93;]''' mit einer gewissen Regelmäßigkeit stattfinden und Formen erkennen lassen, die über den beobachteten Augenblick hinaus bestehen, so kann man diese mit einem weiteren abstrahierenden Begriff als Struktur bezeichnen. '''Das Soziale hat also immer auch mit Strukturen zu tun, mit bestimmten Zusammenhängen, in die Menschen eingebettet sind und die ihnen Handlungsmöglichkeiten vorgeben oder verschließen.''' Im Bereich des sozialen Handelns herrscht daher nicht in jedem Moment Freiheit. Vielmehr gibt es strukturell vorgegebene Möglichkeiten und Zwänge. Zudem beeinflussen sich Personen in ihrem Handeln wechselseitig, das Tun des Einen hat Auswirkungen auf Andere und umgekehrt. Wie das Kulturelle sind auch soziale Strukturen in historische Zusammenhänge eingebettet. '''Kulturelles und Soziales bedingen sich gegenseitig:'''Kulturelle Konzeptionen und Werte wirken auf soziales Handeln ein und lenken es; soziale Interaktionen ihrerseits wirken auf Kultur ein und prägen und verändern sie. <br/>
 
Steht beim Blick auf das Kulturelle das erlernte Handeln und Denken und dessen Einbettung in Sinnzusammenhänge im Vordergrund, so geht es '''beim Sozialen vor allem um die Interaktion von Menschen, um die Art, wie das Handeln von Menschen sich auf Andere auswirkt'''. Wenn '''soziale Interaktionen[http://de.wikipedia.org/wiki/Soziale_Interaktion  &#91;3&#93;]''' mit einer gewissen Regelmäßigkeit stattfinden und Formen erkennen lassen, die über den beobachteten Augenblick hinaus bestehen, so kann man diese mit einem weiteren abstrahierenden Begriff als Struktur bezeichnen. '''Das Soziale hat also immer auch mit Strukturen zu tun, mit bestimmten Zusammenhängen, in die Menschen eingebettet sind und die ihnen Handlungsmöglichkeiten vorgeben oder verschließen.''' Im Bereich des sozialen Handelns herrscht daher nicht in jedem Moment Freiheit. Vielmehr gibt es strukturell vorgegebene Möglichkeiten und Zwänge. Zudem beeinflussen sich Personen in ihrem Handeln wechselseitig, das Tun des Einen hat Auswirkungen auf Andere und umgekehrt. Wie das Kulturelle sind auch soziale Strukturen in historische Zusammenhänge eingebettet. '''Kulturelles und Soziales bedingen sich gegenseitig:'''Kulturelle Konzeptionen und Werte wirken auf soziales Handeln ein und lenken es; soziale Interaktionen ihrerseits wirken auf Kultur ein und prägen und verändern sie. <br/>
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Diese unterschiedlichen Interessen sind ab der Mitte des 20. Jahrhunderts zunehmend zusammengewachsen, was sich in neuen Etiketten wie etwa '''"Socio- cultural Anthropology"''' spiegelt. Die in Wien etablierte, etwas sperrige Bezeichnung '''Kultur- und Sozialanthropologie[http://ksa.univie.ac.at/  &#91;5&#93;]''' trägt diesen Entwicklungen Rechnung und steht für ein '''breites Fachverständnis, das beim Verstehen und Erklären menschlicher Lebenszusammenhänge weder dem Sozialen noch dem Kulturellen den Vorrang gibt''', sondern beiden Aspekten gleiche Bedeutung zugesteht. '''Soziale und kulturelle Aspekte sind untrennbar miteinander verknüpft, beide sind notwendigerweise aneinander gebunden. Man kann das Soziale nicht ohne das Kulturelle denken und umgekehrt.''' <br/>
 
Diese unterschiedlichen Interessen sind ab der Mitte des 20. Jahrhunderts zunehmend zusammengewachsen, was sich in neuen Etiketten wie etwa '''"Socio- cultural Anthropology"''' spiegelt. Die in Wien etablierte, etwas sperrige Bezeichnung '''Kultur- und Sozialanthropologie[http://ksa.univie.ac.at/  &#91;5&#93;]''' trägt diesen Entwicklungen Rechnung und steht für ein '''breites Fachverständnis, das beim Verstehen und Erklären menschlicher Lebenszusammenhänge weder dem Sozialen noch dem Kulturellen den Vorrang gibt''', sondern beiden Aspekten gleiche Bedeutung zugesteht. '''Soziale und kulturelle Aspekte sind untrennbar miteinander verknüpft, beide sind notwendigerweise aneinander gebunden. Man kann das Soziale nicht ohne das Kulturelle denken und umgekehrt.''' <br/>
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'''[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2 Was will Kultur- und Sozialanthropologie wissen?| Nächstes Kapitel: 1.2 Was will Kultur- und Sozialanthropologie wissen?]]'''
 
'''[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2 Was will Kultur- und Sozialanthropologie wissen?| Nächstes Kapitel: 1.2 Was will Kultur- und Sozialanthropologie wissen?]]'''
 
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[[#1.1 Was untersucht Kultur- und Sozialanthropologie?|&uarr; Nach oben]]<br/>
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'''[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1 Was untersucht Kultur- und Sozialanthropologie?| Vorheriges Kapitel: 1.1 Was untersucht Kultur- und Sozialanthropologie?]]'''
 
'''[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1 Was untersucht Kultur- und Sozialanthropologie?| Vorheriges Kapitel: 1.1 Was untersucht Kultur- und Sozialanthropologie?]]'''
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=1.2 Was will Kultur- und Sozialanthropologie wissen?=
 
=1.2 Was will Kultur- und Sozialanthropologie wissen?=
 
<sup>verfasst von Wolfgang Kraus und Matthias Reitter</sup>
 
<sup>verfasst von Wolfgang Kraus und Matthias Reitter</sup>
 
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'''Die Kultur- und Sozialanthropologie untersucht die kulturellen[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.8 Was ist "das Kulturelle"?|[1]]] und sozialen[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.9 Was ist "das Soziale"?|[2]]] Aspekte menschlichen Handelns, Denkens und Interagierens.''' Sie tut dies jedoch nicht allein: Viele kultur- und sozialwissenschaftliche Disziplinen haben (mit unterschiedlichen Schwerpunkten) denselben Anspruch. Sie beschäftigen sich oft mit sehr ähnlichen oder den gleichen Themen und Fragestellungen. Zentrale aktuelle Themen der KSA wie etwa '''Migration[[Migrationsforschung_in_der_KSA#2 Migrationsforschung in der Ethnologie bzw. Kultur- und Sozialanthropologie|[3]]]''' werden auch von Soziologie und Kulturgeographie und von anderen sozial- und kulturwissenschaftlichen Fächern untersucht. Wenn das so ist, '''was ist dann das spezifisch Kultur- und Sozialanthropologische an unserer Auseinandersetzung mit solchen Themen?''' Warum beanspruchen wir einen Status als eigenständiges Fach, statt uns mit anderen Fächern zusammenzutun, die ja die gleichen empirischen Phänomene und Zusammenhänge beforschen? <br/>
 
'''Die Kultur- und Sozialanthropologie untersucht die kulturellen[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.8 Was ist "das Kulturelle"?|[1]]] und sozialen[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.9 Was ist "das Soziale"?|[2]]] Aspekte menschlichen Handelns, Denkens und Interagierens.''' Sie tut dies jedoch nicht allein: Viele kultur- und sozialwissenschaftliche Disziplinen haben (mit unterschiedlichen Schwerpunkten) denselben Anspruch. Sie beschäftigen sich oft mit sehr ähnlichen oder den gleichen Themen und Fragestellungen. Zentrale aktuelle Themen der KSA wie etwa '''Migration[[Migrationsforschung_in_der_KSA#2 Migrationsforschung in der Ethnologie bzw. Kultur- und Sozialanthropologie|[3]]]''' werden auch von Soziologie und Kulturgeographie und von anderen sozial- und kulturwissenschaftlichen Fächern untersucht. Wenn das so ist, '''was ist dann das spezifisch Kultur- und Sozialanthropologische an unserer Auseinandersetzung mit solchen Themen?''' Warum beanspruchen wir einen Status als eigenständiges Fach, statt uns mit anderen Fächern zusammenzutun, die ja die gleichen empirischen Phänomene und Zusammenhänge beforschen? <br/>
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==Inhalt==
 
==Inhalt==
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[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2 Was will Kultur- und Sozialanthropologie wissen?|1.2 Was will Kultur- und Sozialanthropologie wissen?]]<br/>
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2 Was will Kultur- und Sozialanthropologie wissen?|1.2 Was will Kultur- und Sozialanthropologie wissen?]]<br/>
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:[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2.9 Exkurs: Homogenisierung, kulturelle Diversität und "Anthropology at Home"|1.2.9 Exkurs: Homogenisierung, kulturelle Diversität und "Anthropology at Home"]]<br/>
 
:[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2.9 Exkurs: Homogenisierung, kulturelle Diversität und "Anthropology at Home"|1.2.9 Exkurs: Homogenisierung, kulturelle Diversität und "Anthropology at Home"]]<br/>
 
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'''Diese Annahme der Diversität ist die unserem Fach ureigene Perspektive''', die sie von anderen Fächern unterscheidet (auch wenn sie von diesen zunehmend aufgegriffen wird). In anderen Disziplinen wird oft unkritisch und unhinterfragt angenommen, dass die sozialen und kulturellen Verhältnisse, in denen wir selbst leben, die Norm oder das Ziel für menschliches Zusammenleben insgesamt darstellen. Manchmal wird die Verschiedenartigkeit soziokultureller Zusammenhänge einfach übersehen; manchmal wird sie (oft unausgesprochen) als irrelevant abgetan. In wieder anderen Fällen wird davon ausgegangen, dass die anderswo zu beobachtenden Verhältnisse eigentlich so sein sollten oder so werden sollen wie bei uns. In Bezug auf unterschiedliche politische Systeme findet man nicht selten die implizite Annahme oder die explizite Aussage, die politische Ordnung einer parlamentarischen Demokratie sei für alle Gesellschaften die angemessene und richtige. Als politischem Werturteil mag man dem möglicherweise zustimmen; ausgehend von der Prämisse der Diversität sind wir als Kultur- und SozialanthropologInnen aber überzeugt, dass eine solche '''ethnozentrische Annahme[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2.4 Ethnozentrismus|[4]]]''' einem Verständnis der andersgearteten politischen Strukturen nur im Weg steht. Die letztlich provinzielle Orientierung an den eigenen vertrauten Verhältnissen wird als erkenntnisbehindernd zurückgewiesen. <br/>
 
'''Diese Annahme der Diversität ist die unserem Fach ureigene Perspektive''', die sie von anderen Fächern unterscheidet (auch wenn sie von diesen zunehmend aufgegriffen wird). In anderen Disziplinen wird oft unkritisch und unhinterfragt angenommen, dass die sozialen und kulturellen Verhältnisse, in denen wir selbst leben, die Norm oder das Ziel für menschliches Zusammenleben insgesamt darstellen. Manchmal wird die Verschiedenartigkeit soziokultureller Zusammenhänge einfach übersehen; manchmal wird sie (oft unausgesprochen) als irrelevant abgetan. In wieder anderen Fällen wird davon ausgegangen, dass die anderswo zu beobachtenden Verhältnisse eigentlich so sein sollten oder so werden sollen wie bei uns. In Bezug auf unterschiedliche politische Systeme findet man nicht selten die implizite Annahme oder die explizite Aussage, die politische Ordnung einer parlamentarischen Demokratie sei für alle Gesellschaften die angemessene und richtige. Als politischem Werturteil mag man dem möglicherweise zustimmen; ausgehend von der Prämisse der Diversität sind wir als Kultur- und SozialanthropologInnen aber überzeugt, dass eine solche '''ethnozentrische Annahme[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2.4 Ethnozentrismus|[4]]]''' einem Verständnis der andersgearteten politischen Strukturen nur im Weg steht. Die letztlich provinzielle Orientierung an den eigenen vertrauten Verhältnissen wird als erkenntnisbehindernd zurückgewiesen. <br/>
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'''Das wissenschaftliche Ziel des möglichst wertfreien Verstehens und Erklärens kultureller und sozialer Zusammenhänge ist grundsätzlich von ihrer persönlichen subjektiven Beurteilung und Bewertung zu unterscheiden.''' Die eine Haltung ist aber nicht besser oder legitimer als die andere. Wir haben nicht nur das Recht, sondern geradezu die Pflicht, zu den Verhältnissen, die wir beforschen, auch humanitär und politisch verantwortungsvoll Stellung zu nehmen. Solche ethischen Stellungnahmen können nur kulturell geprägt sein. Im Erkenntnisprozess müssen wir uns aber bemühen, unsere eigenen '''kulturell[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.8 Was ist "das Kulturelle"?|[3]]]''' geprägten Haltungen so gut wie möglich aufzudecken und zu hinterfragen, um auf diese Weise zu vermeiden, dass sie das Ziel wissenschaftlichen Verstehens behindern. <br/>
 
'''Das wissenschaftliche Ziel des möglichst wertfreien Verstehens und Erklärens kultureller und sozialer Zusammenhänge ist grundsätzlich von ihrer persönlichen subjektiven Beurteilung und Bewertung zu unterscheiden.''' Die eine Haltung ist aber nicht besser oder legitimer als die andere. Wir haben nicht nur das Recht, sondern geradezu die Pflicht, zu den Verhältnissen, die wir beforschen, auch humanitär und politisch verantwortungsvoll Stellung zu nehmen. Solche ethischen Stellungnahmen können nur kulturell geprägt sein. Im Erkenntnisprozess müssen wir uns aber bemühen, unsere eigenen '''kulturell[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.8 Was ist "das Kulturelle"?|[3]]]''' geprägten Haltungen so gut wie möglich aufzudecken und zu hinterfragen, um auf diese Weise zu vermeiden, dass sie das Ziel wissenschaftlichen Verstehens behindern. <br/>
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'''Andere anthropologisch zu verstehen bedeutet, sie über kulturelle[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.8 Was ist "das Kulturelle"?|[2]]] Unterschiede und kulturelle Grenzen hinweg zu verstehen.''' Wenn uns das gelingen soll, dann müssen wir versuchen, das, was uns selbst kulturell prägt, in einem selbstreflexiven Prozess zu erkennen und zu hinterfragen. Die eigenen kulturellen Annahmen stellen in der Regel keine geeigneten Werkzeuge dar, um eine andere kulturelle Realität zu erfassen. Wir können aber aus der eigenen kulturellen Prägung nicht gänzlich heraustreten und uns völlig "kulturfrei" machen. Es besteht also ein grundsätzlich nicht auflösbarer Widerspruch zwischen der Annahme der '''Diversität[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2.1 Die Prämisse der Diversität|[3]]]''' auf der einen und dem Ziel des wertfreien Verstehens auf der anderen Seite. Es bleibt aber dennoch unser primäres Ziel, so weit wie möglich von den eigenen kulturellen Prägungen zu abstrahieren, im Bewusstsein, dass wir dieses Ziel nicht zur Gänze erreichen können. Im konkreten Forschungsprozess müssen wir uns kontinuierlich bemühen, uns diesem Ziel anzunähern, so gut es geht. Die absolute Kulturfreiheit aber ist bestenfalls eine Illusion. <br/>
 
'''Andere anthropologisch zu verstehen bedeutet, sie über kulturelle[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.8 Was ist "das Kulturelle"?|[2]]] Unterschiede und kulturelle Grenzen hinweg zu verstehen.''' Wenn uns das gelingen soll, dann müssen wir versuchen, das, was uns selbst kulturell prägt, in einem selbstreflexiven Prozess zu erkennen und zu hinterfragen. Die eigenen kulturellen Annahmen stellen in der Regel keine geeigneten Werkzeuge dar, um eine andere kulturelle Realität zu erfassen. Wir können aber aus der eigenen kulturellen Prägung nicht gänzlich heraustreten und uns völlig "kulturfrei" machen. Es besteht also ein grundsätzlich nicht auflösbarer Widerspruch zwischen der Annahme der '''Diversität[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2.1 Die Prämisse der Diversität|[3]]]''' auf der einen und dem Ziel des wertfreien Verstehens auf der anderen Seite. Es bleibt aber dennoch unser primäres Ziel, so weit wie möglich von den eigenen kulturellen Prägungen zu abstrahieren, im Bewusstsein, dass wir dieses Ziel nicht zur Gänze erreichen können. Im konkreten Forschungsprozess müssen wir uns kontinuierlich bemühen, uns diesem Ziel anzunähern, so gut es geht. Die absolute Kulturfreiheit aber ist bestenfalls eine Illusion. <br/>
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In der KSA ist aber der epistemologische Aspekt von Ethnozentrismus entscheidender. Es mag nicht allzu schwer sein, die Haltung eines explizit wertenden Ethnozentrismus zu vermeiden; damit ist aber noch lange nicht sichergestellt, dass unsere kulturellen Vorannahmen ohne störenden Einfluss auf unsere Erkenntnisfähigkeit bleiben. '''In der ethnographischen Auseinandersetzung[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.1 Ethnographische Feldforschung|[4]]] mit kultureller Diversität[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2.1 Die Prämisse der Diversität|[5]]] manifestiert sich das zentrale erkenntnistheoretische Problem des Ethnozentrismus in der Frage, ob und wie die eigene kulturell geprägte Weltsicht mit ihren Denk- und Erklärungsansätzen geeignet ist, die Realität der Anderen zu erfassen.''' Sind wir uns unserer eigenen kulturellen Annahmen ausreichend bewusst, um zu vermeiden, dass sie unsere Wahrnehmung anderer kultureller Sichtweisen und Praktiken verzerren? Sind unsere Erkenntnisinstrumente so beschaffen, dass sie nicht letztlich nur unsere eigenen Annahmen auf Andere projizieren und somit unsere Erkenntnis behindern? <br/>
 
In der KSA ist aber der epistemologische Aspekt von Ethnozentrismus entscheidender. Es mag nicht allzu schwer sein, die Haltung eines explizit wertenden Ethnozentrismus zu vermeiden; damit ist aber noch lange nicht sichergestellt, dass unsere kulturellen Vorannahmen ohne störenden Einfluss auf unsere Erkenntnisfähigkeit bleiben. '''In der ethnographischen Auseinandersetzung[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.1 Ethnographische Feldforschung|[4]]] mit kultureller Diversität[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2.1 Die Prämisse der Diversität|[5]]] manifestiert sich das zentrale erkenntnistheoretische Problem des Ethnozentrismus in der Frage, ob und wie die eigene kulturell geprägte Weltsicht mit ihren Denk- und Erklärungsansätzen geeignet ist, die Realität der Anderen zu erfassen.''' Sind wir uns unserer eigenen kulturellen Annahmen ausreichend bewusst, um zu vermeiden, dass sie unsere Wahrnehmung anderer kultureller Sichtweisen und Praktiken verzerren? Sind unsere Erkenntnisinstrumente so beschaffen, dass sie nicht letztlich nur unsere eigenen Annahmen auf Andere projizieren und somit unsere Erkenntnis behindern? <br/>
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'''Dieses kontinuierliche Hinterfragen der Instrumente, mit denen wir die Lebenswelten Anderer zu erfassen versuchen, macht letztlich das anthropologische Projekt aus.''' In der KSA führt dies, ausgehend von der Annahme kultureller '''Diversität[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2.1 Die Prämisse der Diversität|[4]]]''', zu zwei eng miteinander verbundenen Grundhaltungen, die wir '''"methodologischen Skeptizismus"[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2.6 Methodologischer Skeptizismus|[5]]]''' und '''"methodologischen Relativismus"[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2.7 Methodologischer Relativismus|[6]]]''' nennen können. <br/>
 
'''Dieses kontinuierliche Hinterfragen der Instrumente, mit denen wir die Lebenswelten Anderer zu erfassen versuchen, macht letztlich das anthropologische Projekt aus.''' In der KSA führt dies, ausgehend von der Annahme kultureller '''Diversität[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2.1 Die Prämisse der Diversität|[4]]]''', zu zwei eng miteinander verbundenen Grundhaltungen, die wir '''"methodologischen Skeptizismus"[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2.6 Methodologischer Skeptizismus|[5]]]''' und '''"methodologischen Relativismus"[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2.7 Methodologischer Relativismus|[6]]]''' nennen können. <br/>
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Die Frage, ob diese Instrumente wirklich geeignet sind, um eine möglicherweise ganz anders geartete Sicht auf die Welt als die unsere zu beschreiben, zu verstehen und zu erklären, ist so etwas wie die zentrale Grundfrage in der kultur- und sozialanthropologischen Forschung. Wenn wir unkritisch davon ausgehen, dass Andere ihre Welt so sehen wie wir, dann können wir die Diversität, die uns interessiert, nicht verstehen, weil wir sie von vornherein nicht zulassen. '''Der methodologische Skeptizismus ist also eine reflexiv-kritische Haltung mit dem Ziel, unsere methodisch-theoretische toolbox so weit wie möglich vom epistemologischen Ethnozentrismus zu befreien.''' Entscheidend ist, dass diese Haltung kontinuierlich in den Forschungsprozess eingreift: Die Einsichten, die ich mir '''im Feld[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.1 Ethnographische Feldforschung|[2]]]''' erarbeitet habe, tragen laufend dazu bei, meinen Zugang zu diesem Feld zu modifizieren und zu adaptieren. <br/>
 
Die Frage, ob diese Instrumente wirklich geeignet sind, um eine möglicherweise ganz anders geartete Sicht auf die Welt als die unsere zu beschreiben, zu verstehen und zu erklären, ist so etwas wie die zentrale Grundfrage in der kultur- und sozialanthropologischen Forschung. Wenn wir unkritisch davon ausgehen, dass Andere ihre Welt so sehen wie wir, dann können wir die Diversität, die uns interessiert, nicht verstehen, weil wir sie von vornherein nicht zulassen. '''Der methodologische Skeptizismus ist also eine reflexiv-kritische Haltung mit dem Ziel, unsere methodisch-theoretische toolbox so weit wie möglich vom epistemologischen Ethnozentrismus zu befreien.''' Entscheidend ist, dass diese Haltung kontinuierlich in den Forschungsprozess eingreift: Die Einsichten, die ich mir '''im Feld[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.1 Ethnographische Feldforschung|[2]]]''' erarbeitet habe, tragen laufend dazu bei, meinen Zugang zu diesem Feld zu modifizieren und zu adaptieren. <br/>
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Wir riskieren es, unsere Sicht der Welt, in der Andere leben, zu verzerren, wenn wir naiv davon ausgehen, dass diese der unseren gleichgeartet ist und dass unsere Perspektiven und Werte den besten Zugang zu ihr bieten. Der notwendige Relativismus dieser Haltung ist also ein methodologischer Zwischenschritt, der am Ende des Erkenntnisprozesses, anders als der eigentliche "harte" Kulturrelativismus, durchaus zu Aussagen führen kann, die Anspruch auf überkulturelle oder sogar universale Gültigkeit erheben (vgl. Eriksen 2010: 8 f.). <br/>
 
Wir riskieren es, unsere Sicht der Welt, in der Andere leben, zu verzerren, wenn wir naiv davon ausgehen, dass diese der unseren gleichgeartet ist und dass unsere Perspektiven und Werte den besten Zugang zu ihr bieten. Der notwendige Relativismus dieser Haltung ist also ein methodologischer Zwischenschritt, der am Ende des Erkenntnisprozesses, anders als der eigentliche "harte" Kulturrelativismus, durchaus zu Aussagen führen kann, die Anspruch auf überkulturelle oder sogar universale Gültigkeit erheben (vgl. Eriksen 2010: 8 f.). <br/>
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Während der "harte" Kulturrelativismus von der als unüberbrückbar gedachten kulturellen Differenz ausgeht, steht für den Universalismus die grundlegende Einheit menschlicher sozialer und kultureller Erscheinungsformen im Vordergrund (Eriksen 2010: 5 f.). '''Universalistische Positionen in der Kultur- und Sozialanthropologie''' gehen davon aus, dass alle menschlichen '''Gesellschaften[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.3 Was ist Gesellschaft?|[1]]]''' wesentliche Aspekte von Gesellschaft und '''Kultur[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.4 "Kulturen" und Kultur|[2]]]''' miteinander teilen. Diese Annahme ist letztlich auch die Voraussetzung dafür, dass man sie überhaupt gemeinsam und vergleichend betrachten kann. Wenn wir von Kultur sprechen, wird meistens zuerst an kulturelle Differenz gedacht. Dahinter steht aber durchaus auch ein universalistisches Verständnis des Menschen als eines Wesens, das auch in den unterschiedlichsten Kontexten eine entscheidende Ähnlichkeit aufweist: nämlich die grundsätzliche Kulturfähigkeit. Mit dem Begriff der Kultur geht also der Blick auf die kulturelle Diversität ebenso einher wie jener auf die Ähnlichkeit, welche die partikularen kulturellen Erscheinungsformen letztlich miteinander verbindet. '''Eine KSA, die nicht ins Extrem des "harten" Kulturrelativismus verfällt, ist also grundsätzlich immer an Unterschieden und Gemeinsamkeiten interessiert.''' Sie hütet sich aber gleichzeitig vor der naiven '''ethnozentrischen[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2.4 Ethnozentrismus|[3]]]''' Projektion, die den eigenen Vorstellungen universale Gültigkeit zuschreibt, weil sie ihre Kulturgebundenheit nicht sieht. <br/>
 
Während der "harte" Kulturrelativismus von der als unüberbrückbar gedachten kulturellen Differenz ausgeht, steht für den Universalismus die grundlegende Einheit menschlicher sozialer und kultureller Erscheinungsformen im Vordergrund (Eriksen 2010: 5 f.). '''Universalistische Positionen in der Kultur- und Sozialanthropologie''' gehen davon aus, dass alle menschlichen '''Gesellschaften[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.3 Was ist Gesellschaft?|[1]]]''' wesentliche Aspekte von Gesellschaft und '''Kultur[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.4 "Kulturen" und Kultur|[2]]]''' miteinander teilen. Diese Annahme ist letztlich auch die Voraussetzung dafür, dass man sie überhaupt gemeinsam und vergleichend betrachten kann. Wenn wir von Kultur sprechen, wird meistens zuerst an kulturelle Differenz gedacht. Dahinter steht aber durchaus auch ein universalistisches Verständnis des Menschen als eines Wesens, das auch in den unterschiedlichsten Kontexten eine entscheidende Ähnlichkeit aufweist: nämlich die grundsätzliche Kulturfähigkeit. Mit dem Begriff der Kultur geht also der Blick auf die kulturelle Diversität ebenso einher wie jener auf die Ähnlichkeit, welche die partikularen kulturellen Erscheinungsformen letztlich miteinander verbindet. '''Eine KSA, die nicht ins Extrem des "harten" Kulturrelativismus verfällt, ist also grundsätzlich immer an Unterschieden und Gemeinsamkeiten interessiert.''' Sie hütet sich aber gleichzeitig vor der naiven '''ethnozentrischen[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2.4 Ethnozentrismus|[3]]]''' Projektion, die den eigenen Vorstellungen universale Gültigkeit zuschreibt, weil sie ihre Kulturgebundenheit nicht sieht. <br/>
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Dieses subtilere Verständnis von Diversität hat auch dazu geführt, dass Kultur- und SozialanthropologInnen heute ihre eigenen Herkunftsgesellschaften als ebenso legitimes Forschungsfeld betrachten wie die fernen "exotischen" Lebenswelten, mit denen sich das Fach traditionell beschäftigt hat. Die sogenannte '''"Anthropology at Home"[[Der_Prozess_der_Datenerhebung/Prozess#5.2.1.5 Anthropology at Home|[7]]]''' findet unter der Prämisse der Diversität und unter Anwendung '''ethnographischer Methoden[[Der_Prozess_der_Datenerhebung/Prozess#5.2 Ethnographie als Prozess der Datenerhebung|[8]]]''' auch in der scheinbar vertrauten Nähe ein reiches Forschungsfeld. <br/>
 
Dieses subtilere Verständnis von Diversität hat auch dazu geführt, dass Kultur- und SozialanthropologInnen heute ihre eigenen Herkunftsgesellschaften als ebenso legitimes Forschungsfeld betrachten wie die fernen "exotischen" Lebenswelten, mit denen sich das Fach traditionell beschäftigt hat. Die sogenannte '''"Anthropology at Home"[[Der_Prozess_der_Datenerhebung/Prozess#5.2.1.5 Anthropology at Home|[7]]]''' findet unter der Prämisse der Diversität und unter Anwendung '''ethnographischer Methoden[[Der_Prozess_der_Datenerhebung/Prozess#5.2 Ethnographie als Prozess der Datenerhebung|[8]]]''' auch in der scheinbar vertrauten Nähe ein reiches Forschungsfeld. <br/>
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'''[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3 Methoden: Wie gelangt Kultur- und Sozialanthropologie zu ihrem Wissen?| Nächstes Kapitel: 1.3 Methoden: Wie gelangt Kultur- und Sozialanthropologie zu ihrem Wissen?]]'''
 
'''[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3 Methoden: Wie gelangt Kultur- und Sozialanthropologie zu ihrem Wissen?| Nächstes Kapitel: 1.3 Methoden: Wie gelangt Kultur- und Sozialanthropologie zu ihrem Wissen?]]'''
 
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[[#1.2 Was will Kultur- und Sozialanthropologie wissen?|&uarr; Nach oben]]<br/>
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[[#1.2 Was will Kultur- und Sozialanthropologie wissen?|&uarr; Nach oben]]
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'''[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2 Was will Kultur- und Sozialanthropologie wissen?| Vorheriges Kapitel: 1.2 Was will Kultur- und Sozialanthropologie wissen?]]'''
 
'''[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2 Was will Kultur- und Sozialanthropologie wissen?| Vorheriges Kapitel: 1.2 Was will Kultur- und Sozialanthropologie wissen?]]'''
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=1.3 Methoden: Wie gelangt Kultur- und Sozialanthropologie zu ihrem Wissen?=
 
=1.3 Methoden: Wie gelangt Kultur- und Sozialanthropologie zu ihrem Wissen?=
 
<sup>verfasst von Wolfgang Kraus und Matthias Reitter</sup>
 
<sup>verfasst von Wolfgang Kraus und Matthias Reitter</sup>
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Die '''historische Perspektive in der KSA beschäftigt sich mit '''kultureller und sozialer Diversität[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2.1 Die Prämisse der Diversität|[2]]]''' in zeitlicher Dimension'''. Sie setzt sich mit historischem Quellenmaterial auseinander, teils um die historischen Entwicklungen in bestimmten Regionen oder Gruppen zu rekonstruieren, teils weil sie davon ausgeht, dass die heutigen Verhältnisse in konkreten empirischen Feldern in ihrer historischen Gewordenheit interpretiert werden müssen. Vielfach wird sie ergänzend zu ethnographischen Methoden eingesetzt (vgl. Wernhart und Zips 2008). <br/>
 
Die '''historische Perspektive in der KSA beschäftigt sich mit '''kultureller und sozialer Diversität[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2.1 Die Prämisse der Diversität|[2]]]''' in zeitlicher Dimension'''. Sie setzt sich mit historischem Quellenmaterial auseinander, teils um die historischen Entwicklungen in bestimmten Regionen oder Gruppen zu rekonstruieren, teils weil sie davon ausgeht, dass die heutigen Verhältnisse in konkreten empirischen Feldern in ihrer historischen Gewordenheit interpretiert werden müssen. Vielfach wird sie ergänzend zu ethnographischen Methoden eingesetzt (vgl. Wernhart und Zips 2008). <br/>
 
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Der '''komparative ('''vergleichende[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Vergleich/Diffusionismus_und_Kulturkreislehre#2.24 Vergleich|[3]]]''') Ansatz fragt nach Unterschieden und Ähnlichkeiten partikularer kultureller und sozialer Phänomene in Zeit und Raum''' und leitet daraus verallgemeinernde Aussagen unterschiedlicher Reichweite ab (vgl. Gingrich und Fox 2002). '''Radcliffe-Brown[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/UK_Funktionalismus#2.4.1 A. R. Radcliffe-Brown|[4]]]''', einer der Begründer der britischen funktionalistischen Schule, der ein stark universalistisches Forschungsprogramm vertrat, formulierte um die Mitte des 20. Jahrhunderts, das Ziel der "komparativen Methode" sei: "... to explore the varieties of forms of social life as a basis for the theoretical study of human social phenomena" (1951: 15). Die zu vergleichenden Falleinheiten können sehr unterschiedlich definiert werden: "soziale Systeme" oder Gesellschaften, als analog verstandene Institutionen und Prozesse in verschiedenen Gesellschaften, kulturelle Phänomene, materielle Objekte und dergleichen mehr. Ebenso kann die Variabilität der Vergleichsfälle auf sehr unterschiedlichen Ebenen angenommen werden: räumlich oder zeitlich, aber auch als soziale oder kulturelle Variation innerhalb eines gemeinsamen soziokulturellen Kontexts. <br/>
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Der '''komparative (vergleichende[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Vergleich#2.24 Vergleich|[3]]]) Ansatz fragt nach Unterschieden und Ähnlichkeiten partikularer kultureller und sozialer Phänomene in Zeit und Raum''' und leitet daraus verallgemeinernde Aussagen unterschiedlicher Reichweite ab (vgl. Gingrich und Fox 2002). '''Radcliffe-Brown[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/UK_Funktionalismus#2.4.1 A. R. Radcliffe-Brown|[4]]]''', einer der Begründer der britischen funktionalistischen Schule, der ein stark universalistisches Forschungsprogramm vertrat, formulierte um die Mitte des 20. Jahrhunderts, das Ziel der "komparativen Methode" sei: "... to explore the varieties of forms of social life as a basis for the theoretical study of human social phenomena" (1951: 15). Die zu vergleichenden Falleinheiten können sehr unterschiedlich definiert werden: "soziale Systeme" oder Gesellschaften, als analog verstandene Institutionen und Prozesse in verschiedenen Gesellschaften, kulturelle Phänomene, materielle Objekte und dergleichen mehr. Ebenso kann die Variabilität der Vergleichsfälle auf sehr unterschiedlichen Ebenen angenommen werden: räumlich oder zeitlich, aber auch als soziale oder kulturelle Variation innerhalb eines gemeinsamen soziokulturellen Kontexts. <br/>
 
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Die '''ethnographische Feldforschung''' - also die systematische Datenerhebung in intensivem Kontakt mit Menschen in konkreten empirischen Forschungsfeldern - schließlich ist nicht per se wichtiger als die beiden anderen Standbeine. Sie ist aber insofern von zentraler Bedeutung für unser Fach, als sie '''als typische Erhebungsmethode der KSA ein definierendes Kriterium der Disziplin''' bildet und diese am deutlichsten von anderen sozial- und kulturwissenschaftlichen Disziplinen unterscheidet. <br/>
 
Die '''ethnographische Feldforschung''' - also die systematische Datenerhebung in intensivem Kontakt mit Menschen in konkreten empirischen Forschungsfeldern - schließlich ist nicht per se wichtiger als die beiden anderen Standbeine. Sie ist aber insofern von zentraler Bedeutung für unser Fach, als sie '''als typische Erhebungsmethode der KSA ein definierendes Kriterium der Disziplin''' bildet und diese am deutlichsten von anderen sozial- und kulturwissenschaftlichen Disziplinen unterscheidet. <br/>
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==Inhalt==
 
==Inhalt==
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[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3 Methoden: Wie gelangt Kultur- und Sozialanthropologie zu ihrem Wissen?|1.3 Methoden: Wie gelangt Kultur- und Sozialanthropologie zu ihrem Wissen?]]<br/>
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3 Methoden: Wie gelangt Kultur- und Sozialanthropologie zu ihrem Wissen?|1.3 Methoden: Wie gelangt Kultur- und Sozialanthropologie zu ihrem Wissen?]]<br/>
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:[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.4 Ethnographie als Kommunikation|1.3.4 Ethnographie als Kommunikation]]<br/>
 
:[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.4 Ethnographie als Kommunikation|1.3.4 Ethnographie als Kommunikation]]<br/>
 
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[http://ksa.univie.ac.at/  &#91;1&#93; http://ksa.univie.ac.at/]<br/>
 
[http://ksa.univie.ac.at/  &#91;1&#93; http://ksa.univie.ac.at/]<br/>
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2.1 Die Prämisse der Diversität|[2] Siehe Kapitel 1.2.1]]<br/>
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2.1 Die Prämisse der Diversität|[2] Siehe Kapitel 1.2.1]]<br/>
[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Vergleich/Diffusionismus_und_Kulturkreislehre#2.24 Vergleich|[3] Siehe Kapitel 2.24 der Lernunterlage ''Grundlagen sozialwissenschaftlicher Methodologie: Empirische Forschung in den Sozialwissenschaften'']]<br/>
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[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Vergleich#2.24 Vergleich|[3] Siehe Kapitel 2.24 der Lernunterlage ''Grundlagen sozialwissenschaftlicher Methodologie: Empirische Forschung in den Sozialwissenschaften'']]<br/>
 
[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/UK_Funktionalismus#2.4.1 A. R. Radcliffe-Brown|[4] Siehe Kapitel 2.4.1]]<br/>
 
[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/UK_Funktionalismus#2.4.1 A. R. Radcliffe-Brown|[4] Siehe Kapitel 2.4.1]]<br/>
 
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'''Was das Fach der Kultur- und Sozialanthropologie ausmacht und von anderen unterscheidet''', ist nicht nur eine bestimmte Perspektive auf konkrete menschliche Lebenswelten, die soziale und kulturelle Zusammenhänge unter der Prämisse der Diversität in den Blick nimmt. Es '''ist auch ein spezifischer methodischer Zugang: die ethnographische Feldforschung''' (vgl. Eriksen 2010: 27-43). <br/>
 
'''Was das Fach der Kultur- und Sozialanthropologie ausmacht und von anderen unterscheidet''', ist nicht nur eine bestimmte Perspektive auf konkrete menschliche Lebenswelten, die soziale und kulturelle Zusammenhänge unter der Prämisse der Diversität in den Blick nimmt. Es '''ist auch ein spezifischer methodischer Zugang: die ethnographische Feldforschung''' (vgl. Eriksen 2010: 27-43). <br/>
 
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'''Ethnographische Feldforschung[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Ethnographie/Boas#2.3 Ethnographie|[1]]] setzt gewöhnlich die längerfristige physische Anwesenheit der ForscherInnen in einem mehr oder weniger überschaubaren Forschungsfeld voraus.''' EthnographInnen beobachten und begleiten konkrete Menschen über längere Zeiträume in ihrem Alltagsleben. In intensiver Kommunikation mit ihnen erheben sie '''Datenmaterial[[Der_Prozess_der_Datenerhebung/Prozess#5.2 Ethnographie als Prozess der Datenerhebung|[2]]]''', das zu beschreibenden, analytischen, interpretierenden und/oder erklärenden Aussagen über konkrete Forschungsfragen führen soll. In der Geschichte des Faches bildeten lokale Gemeinschaften in fernen nicht industrialisierten Gesellschaften das typische Feld für ethnographische Untersuchungen. Die Dauer solcher Feldaufenthalte betrug nicht selten ein bis zwei Jahre. '''In den letzten Jahrzehnten haben sich die beforschten Felder und mit ihnen auch die Rahmenbedingungen ethnographischer Erhebungen zunehmend verändert.''' <br/>
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'''Ethnographische Feldforschung[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Ethnographie#2.3 Ethnographie|[1]]] setzt gewöhnlich die längerfristige physische Anwesenheit der ForscherInnen in einem mehr oder weniger überschaubaren Forschungsfeld voraus.''' EthnographInnen beobachten und begleiten konkrete Menschen über längere Zeiträume in ihrem Alltagsleben. In intensiver Kommunikation mit ihnen erheben sie '''Datenmaterial[[Der_Prozess_der_Datenerhebung/Prozess#5.2 Ethnographie als Prozess der Datenerhebung|[2]]]''', das zu beschreibenden, analytischen, interpretierenden und/oder erklärenden Aussagen über konkrete Forschungsfragen führen soll. In der Geschichte des Faches bildeten lokale Gemeinschaften in fernen nicht industrialisierten Gesellschaften das typische Feld für ethnographische Untersuchungen. Die Dauer solcher Feldaufenthalte betrug nicht selten ein bis zwei Jahre. '''In den letzten Jahrzehnten haben sich die beforschten Felder und mit ihnen auch die Rahmenbedingungen ethnographischer Erhebungen zunehmend verändert.''' <br/>
 
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Nach wie vor ist unser Zugang zur Ethnographie aber durch diese historischen Erfahrungen geprägt. Wesentliche '''Ansprüche an ethnographische Feldforschung''' sind auch heute Merkmale wie: <br/>
 
Nach wie vor ist unser Zugang zur Ethnographie aber durch diese historischen Erfahrungen geprägt. Wesentliche '''Ansprüche an ethnographische Feldforschung''' sind auch heute Merkmale wie: <br/>
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*  sie reflektiert die '''eigene Position des/der EthnographIn''' mit;<br/>
 
*  sie reflektiert die '''eigene Position des/der EthnographIn''' mit;<br/>
 
*  sie sucht nicht die Bestätigung des bereits Gewussten, sondern das '''überraschende Neue'''.<br/>
 
*  sie sucht nicht die Bestätigung des bereits Gewussten, sondern das '''überraschende Neue'''.<br/>
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'''Verweise:'''
 
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[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Ethnographie/Boas#2.3 Ethnographie|[1] Siehe Kapitel 2.3 der Lernunterlage ''Grundlagen sozialwissenschaftlicher Methodologie: Empirische Forschung in den Sozialwissenschaften'']]<br/>
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[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Ethnographie#2.3 Ethnographie|[1] Siehe Kapitel 2.3 der Lernunterlage ''Grundlagen sozialwissenschaftlicher Methodologie: Empirische Forschung in den Sozialwissenschaften'']]<br/>
 
[[Der_Prozess_der_Datenerhebung/Prozess#5.2 Ethnographie als Prozess der Datenerhebung|[2] Siehe Kapitel 5.2 der Lernunterlage ''Qualitative Methoden der Kultur- und Sozialanthropologie'']]<br/>
 
[[Der_Prozess_der_Datenerhebung/Prozess#5.2 Ethnographie als Prozess der Datenerhebung|[2] Siehe Kapitel 5.2 der Lernunterlage ''Qualitative Methoden der Kultur- und Sozialanthropologie'']]<br/>
 
[[Ausgewaehlte_Weiterentwicklungen_der_ethnographischen_Feldforschung/Global|[3] Siehe Kapitel 5.5 der Lernunterlage ''Einführung in die Empirischen Methoden der Kultur- und Sozialanthropologie'']]<br/>
 
[[Ausgewaehlte_Weiterentwicklungen_der_ethnographischen_Feldforschung/Global|[3] Siehe Kapitel 5.5 der Lernunterlage ''Einführung in die Empirischen Methoden der Kultur- und Sozialanthropologie'']]<br/>
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Das Konzept der teilnehmenden Beobachtung ('''''participant observation''[http://en.wikipedia.org/wiki/Participant_observation  &#91;3&#93;]'''), das historisch vor allem auf '''Bronislaw Malinowski[[Der_Prozess_der_Datenerhebung/Prozess#5.2.1.2.1 Bronislaw Malinowski|[4]]]''' zurückgeht beruht ganz zentral auf der Kommunikation (d.h. auch dem Reden) mit den Forschungssubjekten. '''Es geht darum, am Leben und an den Erfahrungen anderer Menschen teilzunehmen''' (was natürlich immer nur begrenzt möglich ist). Dies ist in erster Linie ein '''Prozess der Interaktion und Kommunikation[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.4 Ethnographie als Kommunikation|[5]]]'''. Wird - wie es die ethnographische Arbeit beabsichtigt - aus diesem Kommunikationsprozess heraus Wissen generiert, dann ist klar, dass in diesem Wissen beide beteiligten Seiten enthalten sind: die/der EthnographIn ebenso wie die beforschten Menschen. '''Ethnographische Daten werden aus einer Art von Dialog heraus generiert''', der diese beiden Seiten braucht. Sie können also nicht objektiv in dem Sinn sein, dass eine Trennung zwischen beobachtendem Subjekt und beobachtetem Objekt möglich ist (deshalb sprechen wir auch von Forschungssubjekten). Diese Einsicht soll nicht eine hemmungslose Subjektivität legitimieren, die behauptet, jede Aussage sei gleich gültig, da ohnehin alles subjektiv sei. Sie hat aber wesentliche Konsequenzen für unseren Anspruch auf '''Validität[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_kann_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.4.4 Validität|[6]]]'''. <br/>
 
Das Konzept der teilnehmenden Beobachtung ('''''participant observation''[http://en.wikipedia.org/wiki/Participant_observation  &#91;3&#93;]'''), das historisch vor allem auf '''Bronislaw Malinowski[[Der_Prozess_der_Datenerhebung/Prozess#5.2.1.2.1 Bronislaw Malinowski|[4]]]''' zurückgeht beruht ganz zentral auf der Kommunikation (d.h. auch dem Reden) mit den Forschungssubjekten. '''Es geht darum, am Leben und an den Erfahrungen anderer Menschen teilzunehmen''' (was natürlich immer nur begrenzt möglich ist). Dies ist in erster Linie ein '''Prozess der Interaktion und Kommunikation[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.4 Ethnographie als Kommunikation|[5]]]'''. Wird - wie es die ethnographische Arbeit beabsichtigt - aus diesem Kommunikationsprozess heraus Wissen generiert, dann ist klar, dass in diesem Wissen beide beteiligten Seiten enthalten sind: die/der EthnographIn ebenso wie die beforschten Menschen. '''Ethnographische Daten werden aus einer Art von Dialog heraus generiert''', der diese beiden Seiten braucht. Sie können also nicht objektiv in dem Sinn sein, dass eine Trennung zwischen beobachtendem Subjekt und beobachtetem Objekt möglich ist (deshalb sprechen wir auch von Forschungssubjekten). Diese Einsicht soll nicht eine hemmungslose Subjektivität legitimieren, die behauptet, jede Aussage sei gleich gültig, da ohnehin alles subjektiv sei. Sie hat aber wesentliche Konsequenzen für unseren Anspruch auf '''Validität[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_kann_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.4.4 Validität|[6]]]'''. <br/>
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In der ethnographischen Feldforschung dagegen gehe ich nicht nur davon aus, dass meine Vorannahmen keineswegs gesichert sind, sondern dass sie mich - da sie potentiell ethnozentrisch sind - in die Irre führen können, wenn ich sie im Forschungsprozess nicht kritisch hinterfrage. '''Die Anpassung der methodischen Zugänge an die gewonnenen Einsichten und die Neuorientierung während des Forschungsprozesses sind in der Ethnographie daher nicht methodische Fehler; sie sind vielmehr selbstverständlich und markieren einen Erkenntnisgewinn.''' <br/>
 
In der ethnographischen Feldforschung dagegen gehe ich nicht nur davon aus, dass meine Vorannahmen keineswegs gesichert sind, sondern dass sie mich - da sie potentiell ethnozentrisch sind - in die Irre führen können, wenn ich sie im Forschungsprozess nicht kritisch hinterfrage. '''Die Anpassung der methodischen Zugänge an die gewonnenen Einsichten und die Neuorientierung während des Forschungsprozesses sind in der Ethnographie daher nicht methodische Fehler; sie sind vielmehr selbstverständlich und markieren einen Erkenntnisgewinn.''' <br/>
 
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Die Anwendung qualitativer Untersuchungsmethoden schließt den Anspruch auf Repräsentativität für eine klar definierte Gruppe oder Kategorie von Einzelfällen (die Grundgesamtheit oder Grundpopulation) von vornherein aus. Alle diese Begrifflichkeiten können nur in einem quantitativen Forschungszugang sinnvoll verwendet werden. '''Was wir für ethnographische Feldforschung beanspruchen können, ist '''Validität[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_kann_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.4.4 Validität|[4]]]''':''' dass bestimmte soziale und kulturelle Zusammenhänge auf gültige Weise dargestellt werden. Für welche Menschen diese Darstellung Gültigkeit hat - über diejenigen hinaus, mit denen wir in der Forschung kommuniziert haben -, ist eine kritische Frage, für die es keine simple, technisch korrekte Antwort gibt. Diese Frage steht auch mit dem Problem der sich verändernden Definition unserer Untersuchungseinheiten im Zusammenhang (früher "Gesellschaften" oder "Kulturen" und deren Strukturen, heute eher soziale Teilgruppen, Netzwerke oder Prozesse). Sie wird in Abhängigkeit von der jeweiligen Themenstellung unterschiedlich zu beantworten sein. '''Außer Zweifel steht jedenfalls, dass '''"dichte"[[Methodologische_Gegensatzpaare/Qualitativ-Quantitativ/Was_kann_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.4.1 qualitativ|[5]]]''', in die Tiefe gehende ethnographische Arbeiten sehr viel über Zusammenhänge oder Kollektive aussagen können''', an denen die untersuchten Personen teilhaben, die aber über diesen relativ kleinen Kreis unmittelbar Beteiligter weit hinausgehen. <br/>
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Die Anwendung qualitativer Untersuchungsmethoden schließt den Anspruch auf Repräsentativität für eine klar definierte Gruppe oder Kategorie von Einzelfällen (die Grundgesamtheit oder Grundpopulation) von vornherein aus. Alle diese Begrifflichkeiten können nur in einem quantitativen Forschungszugang sinnvoll verwendet werden. '''Was wir für ethnographische Feldforschung beanspruchen können, ist '''Validität[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_kann_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.4.4 Validität|[4]]]''':''' dass bestimmte soziale und kulturelle Zusammenhänge auf gültige Weise dargestellt werden. Für welche Menschen diese Darstellung Gültigkeit hat - über diejenigen hinaus, mit denen wir in der Forschung kommuniziert haben -, ist eine kritische Frage, für die es keine simple, technisch korrekte Antwort gibt. Diese Frage steht auch mit dem Problem der sich verändernden Definition unserer Untersuchungseinheiten im Zusammenhang (früher "Gesellschaften" oder "Kulturen" und deren Strukturen, heute eher soziale Teilgruppen, Netzwerke oder Prozesse). Sie wird in Abhängigkeit von der jeweiligen Themenstellung unterschiedlich zu beantworten sein. '''Außer Zweifel steht jedenfalls, dass '''"dichte"[[Methodologische_Gegensatzpaare/Qualitativ-Quantitativ#1.4.1 qualitativ|[5]]]''', in die Tiefe gehende ethnographische Arbeiten sehr viel über Zusammenhänge oder Kollektive aussagen können''', an denen die untersuchten Personen teilhaben, die aber über diesen relativ kleinen Kreis unmittelbar Beteiligter weit hinausgehen. <br/>
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[[Qualitative_Methoden_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie|[3] Siehe die Lernunterlage ''Qualitative Methoden der Kultur- und Sozialanthropologie'']]
 
[[Qualitative_Methoden_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie|[3] Siehe die Lernunterlage ''Qualitative Methoden der Kultur- und Sozialanthropologie'']]
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_kann_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.4.4 Validität|[4] Siehe Kapitel 1.4.4]]<br/>
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_kann_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.4.4 Validität|[4] Siehe Kapitel 1.4.4]]<br/>
[[Methodologische_Gegensatzpaare/Qualitativ-Quantitativ/Was_kann_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.4.1 qualitativ|[5] Siehe Kapitel 1.4.1 der Lernunterlage ''Grundlagen sozialwissenschaftlicher Methodologie: Empirische Forschung in den Sozialwissenschaften'']]<br/>
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[[Methodologische_Gegensatzpaare/Qualitativ-Quantitativ#1.4.1 qualitativ|[5] Siehe Kapitel 1.4.1 der Lernunterlage ''Grundlagen sozialwissenschaftlicher Methodologie: Empirische Forschung in den Sozialwissenschaften'']]<br/>
 
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Vor diesem Hintergrund gilt unser Bemühen umso mehr einer '''intersubjektiv gültigen Repräsentation anderer Realitäten'''. Ein in diesem Sinne geglückter Dialog hat nicht nur zur Folge, dass wir etwas über die Menschen erfahren, die wir untersuchen. Im Idealfall lernen auch unsere Forschungssubjekte etwas über sich selber, weil sie im Spiegelbild unserer Fragen und Interessen ihr eigenes Leben aus einer anderen Perspektive betrachten können. Auf ähnliche Weise lernen aber auch wir als Forschende, die eigene vertraute Lebenswelt mit neuen Augen zu sehen. <br/>
 
Vor diesem Hintergrund gilt unser Bemühen umso mehr einer '''intersubjektiv gültigen Repräsentation anderer Realitäten'''. Ein in diesem Sinne geglückter Dialog hat nicht nur zur Folge, dass wir etwas über die Menschen erfahren, die wir untersuchen. Im Idealfall lernen auch unsere Forschungssubjekte etwas über sich selber, weil sie im Spiegelbild unserer Fragen und Interessen ihr eigenes Leben aus einer anderen Perspektive betrachten können. Auf ähnliche Weise lernen aber auch wir als Forschende, die eigene vertraute Lebenswelt mit neuen Augen zu sehen. <br/>
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'''[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_kann_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.4 Was kann Kultur- und Sozialanthropologie wissen?| Nächstes Kapitel: 1.4 Was kann Kultur- und Sozialanthropologie wissen?]]'''
 
'''[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_kann_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.4 Was kann Kultur- und Sozialanthropologie wissen?| Nächstes Kapitel: 1.4 Was kann Kultur- und Sozialanthropologie wissen?]]'''
 
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[[#1.3 Methoden: Wie gelangt Kultur- und Sozialanthropologie zu ihrem Wissen?|&uarr; Nach oben]]<br/>
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[[#1.3 Methoden: Wie gelangt Kultur- und Sozialanthropologie zu ihrem Wissen?|&uarr; Nach oben]]
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'''[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3 Methoden: Wie gelangt Kultur- und Sozialanthropologie zu ihrem Wissen?| Vorheriges Kapitel: 1.3 Methoden: Wie gelangt Kultur- und Sozialanthropologie zu ihrem Wissen?]]'''
 
'''[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3 Methoden: Wie gelangt Kultur- und Sozialanthropologie zu ihrem Wissen?| Vorheriges Kapitel: 1.3 Methoden: Wie gelangt Kultur- und Sozialanthropologie zu ihrem Wissen?]]'''
 
=1.4 Was kann Kultur- und Sozialanthropologie wissen?=
 
=1.4 Was kann Kultur- und Sozialanthropologie wissen?=
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Diese Grenze ist also nicht immer eindeutig zu ziehen: '''Empirische und nicht- empirische Aspekte vermischen sich in verschiedenen Wissenschaften oft miteinander'''. Ähnliches gilt auch für die KSA. Anthropologisches Wissen wird nicht allein aus der Erfahrung gewonnen. Es bezieht sich zwar immer auf die reale, empirisch erfahrbare Welt. Es geht aber nicht nur vom beobachtbaren Erfahrungswissen aus. '''Ethnographische Daten setzen ganz entscheidend auch eine Interpretation des Erfahrenen voraus.''' Dieser Prozess des Wissenserwerbs durch Interpretation wird mit dem wissenschaftstheoretischen Begriff der '''Hermeneutik''' beschrieben. <br/>
 
Diese Grenze ist also nicht immer eindeutig zu ziehen: '''Empirische und nicht- empirische Aspekte vermischen sich in verschiedenen Wissenschaften oft miteinander'''. Ähnliches gilt auch für die KSA. Anthropologisches Wissen wird nicht allein aus der Erfahrung gewonnen. Es bezieht sich zwar immer auf die reale, empirisch erfahrbare Welt. Es geht aber nicht nur vom beobachtbaren Erfahrungswissen aus. '''Ethnographische Daten setzen ganz entscheidend auch eine Interpretation des Erfahrenen voraus.''' Dieser Prozess des Wissenserwerbs durch Interpretation wird mit dem wissenschaftstheoretischen Begriff der '''Hermeneutik''' beschrieben. <br/>
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==Inhalt==
 
==Inhalt==
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[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_kann_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.4 Was kann Kultur- und Sozialanthropologie wissen?|1.4 Was kann Kultur- und Sozialanthropologie wissen?]]<br/>
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_kann_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.4 Was kann Kultur- und Sozialanthropologie wissen?|1.4 Was kann Kultur- und Sozialanthropologie wissen?]]<br/>
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:[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_kann_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.4.5 Der provisorische Charakter wissenschaftlichen Wissens|1.4.5 Der provisorische Charakter wissenschaftlichen Wissens]]<br/>
 
:[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_kann_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.4.5 Der provisorische Charakter wissenschaftlichen Wissens|1.4.5 Der provisorische Charakter wissenschaftlichen Wissens]]<br/>
 
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'''Verweise:'''
 
'''Verweise:'''
 
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[[Methodologische_Gegensatzpaare/Verstehen-Erklären/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.2 Sozialwissenschaft im Spannungsfeld zwischen Natur- und Geisteswissenschaften|[1] Siehe Kapitel 1.1.2 der Lernunterlage ''Grundlagen sozialwissenschaftlicher Methodologie: Empirische Forschung in den Sozialwissenschaften'']]<br/>
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[[Methodologische_Gegensatzpaare/Verstehen-Erklären#1.1.2 Sozialwissenschaft im Spannungsfeld zwischen Natur- und Geisteswissenschaften|[1] Siehe Kapitel 1.1.2 der Lernunterlage ''Grundlagen sozialwissenschaftlicher Methodologie: Empirische Forschung in den Sozialwissenschaften'']]<br/>
 
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'''Hermeneutik''' kommt vom griechischen Verb ''hermeneuo'', d.h. etwa "erklären", "übersetzen", "auslegen" (im Sinne von interpretieren). In der '''Wissenschaftstheorie[http://de.wikipedia.org/wiki/Wissenschaftstheorie  &#91;1&#93;]''' bezieht sich Hermeneutik auf die Deutung und Interpretation von Sinn- und Bedeutungszusammenhängen. '''Die KSA hat wesentliche hermeneutische Aspekte, die nicht strikt empirisch sind, weil sie nicht allein vom Beobachtbaren ausgehen, sondern versuchen, den Sinn, der hinter dem beobachtbaren Handeln von Menschen steht, zu deuten.''' <br/>
 
'''Hermeneutik''' kommt vom griechischen Verb ''hermeneuo'', d.h. etwa "erklären", "übersetzen", "auslegen" (im Sinne von interpretieren). In der '''Wissenschaftstheorie[http://de.wikipedia.org/wiki/Wissenschaftstheorie  &#91;1&#93;]''' bezieht sich Hermeneutik auf die Deutung und Interpretation von Sinn- und Bedeutungszusammenhängen. '''Die KSA hat wesentliche hermeneutische Aspekte, die nicht strikt empirisch sind, weil sie nicht allein vom Beobachtbaren ausgehen, sondern versuchen, den Sinn, der hinter dem beobachtbaren Handeln von Menschen steht, zu deuten.''' <br/>
 
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Der Begriff der '''Hermeneutik[[Einige_wissenschaftstheoretische_Grundlagen_der_empirischen_Sozialforschung/Nicht-Positivismus/Boas#2.3.1 Die Hermeneutik|[2]]]''' stammt vor allem aus sprach- und literaturwissenschaftlichen Kontexten, in denen es um das Auslegen und Interpretieren von Texten geht. In der KSA hat ein analoges Verständnis von '''Kultur als "Text"[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Geertz#2.7 Clifford Geertz und die Folgen|[3]]]''' eine große Rolle gespielt. Am deutlichsten ausgeprägt war diese Analogie in der sogenannten '''"postmodernen" Kulturanthropologie der 1980er Jahre''', als behauptet wurde, Kultur funktioniere wie Text und müsse demnach wie Text gelesen und interpretiert werden. Wenn auch die Gleichsetzung von Kultur mit Text heute nicht mehr so radikal vertreten wird, so lassen sich gewisse Analogien zwischen der Interpretation kultureller Zusammenhänge und der Textdeutung nicht bestreiten. Der Hauptgrund dafür liegt in der grundlegenden '''Ähnlichkeit der Realitäten[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.7 KSA als Lehre von den kulturellen und sozialen Aspekten des Menschseins|[4]]]''', mit denen sich das Fach beschäftigt, mit den Instrumenten, die es zu ihrer Darstellung und Erklärung verwendet: Da wie dort geht es um Denkmodelle, die letztlich kulturell geprägt sind. <br/>
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Der Begriff der '''Hermeneutik[[Einige_wissenschaftstheoretische_Grundlagen_der_empirischen_Sozialforschung/Nicht-Positivismus#2.3.1 Die Hermeneutik|[2]]]''' stammt vor allem aus sprach- und literaturwissenschaftlichen Kontexten, in denen es um das Auslegen und Interpretieren von Texten geht. In der KSA hat ein analoges Verständnis von '''Kultur als "Text"[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Geertz#2.7 Clifford Geertz und die Folgen|[3]]]''' eine große Rolle gespielt. Am deutlichsten ausgeprägt war diese Analogie in der sogenannten '''"postmodernen" Kulturanthropologie der 1980er Jahre''', als behauptet wurde, Kultur funktioniere wie Text und müsse demnach wie Text gelesen und interpretiert werden. Wenn auch die Gleichsetzung von Kultur mit Text heute nicht mehr so radikal vertreten wird, so lassen sich gewisse Analogien zwischen der Interpretation kultureller Zusammenhänge und der Textdeutung nicht bestreiten. Der Hauptgrund dafür liegt in der grundlegenden '''Ähnlichkeit der Realitäten[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.7 KSA als Lehre von den kulturellen und sozialen Aspekten des Menschseins|[4]]]''', mit denen sich das Fach beschäftigt, mit den Instrumenten, die es zu ihrer Darstellung und Erklärung verwendet: Da wie dort geht es um Denkmodelle, die letztlich kulturell geprägt sind. <br/>
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[http://de.wikipedia.org/wiki/Wissenschaftstheorie  &#91;1&#93; http://de.wikipedia.org/wiki/Wissenschaftstheorie]<br/>
 
[http://de.wikipedia.org/wiki/Wissenschaftstheorie  &#91;1&#93; http://de.wikipedia.org/wiki/Wissenschaftstheorie]<br/>
[[Einige_wissenschaftstheoretische_Grundlagen_der_empirischen_Sozialforschung/Nicht-Positivismus/Boas#2.3.1 Die Hermeneutik|[2] Siehe Kapitel 2.3.1 der Lernunterlage ''Einführung in die Empirischen Methoden der Kultur- und Sozialanthropologie'']]<br/>
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[[Einige_wissenschaftstheoretische_Grundlagen_der_empirischen_Sozialforschung/Nicht-Positivismus#2.3.1 Die Hermeneutik|[2] Siehe Kapitel 2.3.1 der Lernunterlage ''Einführung in die Empirischen Methoden der Kultur- und Sozialanthropologie'']]<br/>
 
[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Geertz#2.7 Clifford Geertz und die Folgen|[3] Siehe Kapitel 2.7]]<br/>
 
[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Geertz#2.7 Clifford Geertz und die Folgen|[3] Siehe Kapitel 2.7]]<br/>
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.7 KSA als Lehre von den kulturellen und sozialen Aspekten des Menschseins|[4] Siehe Kapitel 1.1.7]]<br/>
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.7 KSA als Lehre von den kulturellen und sozialen Aspekten des Menschseins|[4] Siehe Kapitel 1.1.7]]<br/>
 
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==1.4.2 Interpretation und Objektivität==
 
==1.4.2 Interpretation und Objektivität==
 
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Die Antwort auf die Frage, ob objektive Beschreibung und Erklärung in der KSA möglich ist, hat viel zu tun mit Art und Beschaffenheit der konkreten Realitäten, für die man sich gerade interessiert. Die mathematischen Prinzipien der Erbteilung etwa, die in einer bestimmten Gruppe zur Anwendung kommen, lassen sich recht gut objektivierend betrachten. Sie können unabhängig von der persönlichen Sichtweise beschrieben werden. Aber schon dort, wo erklärt werden soll, warum bei einer konkreten Teilung z.B. von Ackerland auf eine bestimmte Weise entschieden wird, die mit den abstrakten Regeln im Einklang steht, aber nicht zur Gänze durch diese determiniert wird, ist das nicht mehr möglich: Hier muss (im Dialog mit unseren Forschungssubjekten) interpretiert werden. <br/>
 
Die Antwort auf die Frage, ob objektive Beschreibung und Erklärung in der KSA möglich ist, hat viel zu tun mit Art und Beschaffenheit der konkreten Realitäten, für die man sich gerade interessiert. Die mathematischen Prinzipien der Erbteilung etwa, die in einer bestimmten Gruppe zur Anwendung kommen, lassen sich recht gut objektivierend betrachten. Sie können unabhängig von der persönlichen Sichtweise beschrieben werden. Aber schon dort, wo erklärt werden soll, warum bei einer konkreten Teilung z.B. von Ackerland auf eine bestimmte Weise entschieden wird, die mit den abstrakten Regeln im Einklang steht, aber nicht zur Gänze durch diese determiniert wird, ist das nicht mehr möglich: Hier muss (im Dialog mit unseren Forschungssubjekten) interpretiert werden. <br/>
 
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'''Objektivität[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Objektivität/Klassischer_Evolutionismus#2.15 Objektivität|[1]]]''' ist in Teilbereichen des Wissens, das die KSA anstrebt, also durchaus möglich.''' Aber gewöhnlich ist sie gerade dort, wo es für unser Fach interessant wird, nicht mehr möglich. Überall dort, wo es um sinngeleitetes Handeln geht, kann ich als BeobachterIn nicht von der Tatsache abstrahieren, dass ich selbst in Sinnzusammenhänge eingebettet bin und mir solche Zusammenhänge interpretierend erklären kann. '''Objektiv ist eine Aussage dann, wenn sie sich - unabhängig von der jeweiligen Person, die dies versucht - direkt an der Realität überprüfen lässt.''' '''In der KSA ist dies in den meisten Zusammenhängen nicht möglich''', weil zwischen der Realität und unseren Aussagen noch eine Zwischenebene liegt: jene des sinngeleiteten Verstehens, die sich nur der Interpretation erschließt, nicht aber der objektiven Beschreibung. <br/>
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'''Objektivität[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Objektivität#2.15 Objektivität|[1]]]''' ist in Teilbereichen des Wissens, das die KSA anstrebt, also durchaus möglich.''' Aber gewöhnlich ist sie gerade dort, wo es für unser Fach interessant wird, nicht mehr möglich. Überall dort, wo es um sinngeleitetes Handeln geht, kann ich als BeobachterIn nicht von der Tatsache abstrahieren, dass ich selbst in Sinnzusammenhänge eingebettet bin und mir solche Zusammenhänge interpretierend erklären kann. '''Objektiv ist eine Aussage dann, wenn sie sich - unabhängig von der jeweiligen Person, die dies versucht - direkt an der Realität überprüfen lässt.''' '''In der KSA ist dies in den meisten Zusammenhängen nicht möglich''', weil zwischen der Realität und unseren Aussagen noch eine Zwischenebene liegt: jene des sinngeleiteten Verstehens, die sich nur der Interpretation erschließt, nicht aber der objektiven Beschreibung. <br/>
 
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Die Gegenposition zu dieser Sicht, die davon ausgeht, dass ein direkter Zugang zu sozialen und kulturellen Realitäten möglich und unproblematisch ist, wird wissenschaftstheoretisch als Positivismus bezeichnet. In der Geschichte der KSA sind immer wieder auch positivistische Theorieansätze vertreten worden, so etwa durch '''Radcliffe-Brown[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/UK_Funktionalismus#2.4.1 A. R. Radcliffe-Brown|[2]]]'''. In der Gegenwart werden solche Perspektiven aber nur von wenigen VetreterInnen des Faches eingenommen; die Mehrheit der AnthropologInnen steht '''positivistischen Ansätzen[[Einige_wissenschaftstheoretische_Grundlagen_der_empirischen_Sozialforschung/Positivismus|[3]]]''' kritisch gegenüber. <br/>
 
Die Gegenposition zu dieser Sicht, die davon ausgeht, dass ein direkter Zugang zu sozialen und kulturellen Realitäten möglich und unproblematisch ist, wird wissenschaftstheoretisch als Positivismus bezeichnet. In der Geschichte der KSA sind immer wieder auch positivistische Theorieansätze vertreten worden, so etwa durch '''Radcliffe-Brown[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/UK_Funktionalismus#2.4.1 A. R. Radcliffe-Brown|[2]]]'''. In der Gegenwart werden solche Perspektiven aber nur von wenigen VetreterInnen des Faches eingenommen; die Mehrheit der AnthropologInnen steht '''positivistischen Ansätzen[[Einige_wissenschaftstheoretische_Grundlagen_der_empirischen_Sozialforschung/Positivismus|[3]]]''' kritisch gegenüber. <br/>
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'''Verweise:'''
 
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[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Objektivität/Klassischer_Evolutionismus#2.15 Objektivität|[1] Siehe Kapitel 2.15 der Lernunterlage ''Grundlagen sozialwissenschaftlicher Methodologie: Empirische Forschung in den Sozialwissenschaften'']]<br/>
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[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Objektivität#2.15 Objektivität|[1] Siehe Kapitel 2.15 der Lernunterlage ''Grundlagen sozialwissenschaftlicher Methodologie: Empirische Forschung in den Sozialwissenschaften'']]<br/>
 
[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/UK_Funktionalismus#2.4.1 A. R. Radcliffe-Brown|[2] Siehe Kapitel 2.4.1]]<br/>
 
[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/UK_Funktionalismus#2.4.1 A. R. Radcliffe-Brown|[2] Siehe Kapitel 2.4.1]]<br/>
 
[[Einige_wissenschaftstheoretische_Grundlagen_der_empirischen_Sozialforschung/Positivismus|[3] Siehe Kapitel 2.2 der Lernunterlage ''Einführung in die Empirischen Methoden der Kultur- und Sozialanthropologie'']]<br/>
 
[[Einige_wissenschaftstheoretische_Grundlagen_der_empirischen_Sozialforschung/Positivismus|[3] Siehe Kapitel 2.2 der Lernunterlage ''Einführung in die Empirischen Methoden der Kultur- und Sozialanthropologie'']]<br/>
 
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==1.4.3 Hindernisse für Objektivität in der Kultur- und Sozialanthropologie==
 
==1.4.3 Hindernisse für Objektivität in der Kultur- und Sozialanthropologie==
 
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'''Wenn wesentliche Zusammenhänge, für die sich die KSA interessiert, nur interpretierend erschlossen werden können, so ergibt sich daraus notwendigerweise, dass Objektivität kein realistisches Ziel für ihre Beschreibung und Erklärung sein kann''', weil sie nicht erreicht werden kann. Für einen sinnvollen Anspruch auf Objektivität gibt es vor allem '''zwei große Hindernisse'''. <br/>
 
'''Wenn wesentliche Zusammenhänge, für die sich die KSA interessiert, nur interpretierend erschlossen werden können, so ergibt sich daraus notwendigerweise, dass Objektivität kein realistisches Ziel für ihre Beschreibung und Erklärung sein kann''', weil sie nicht erreicht werden kann. Für einen sinnvollen Anspruch auf Objektivität gibt es vor allem '''zwei große Hindernisse'''. <br/>
 
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*  Das '''erste Hindernis ergibt sich aus der außerordentlichen Komplexität sozialer und kultureller Zusammenhänge'''. Menschliches Handeln und Denken ist einer unüberschaubaren Fülle an Einflüssen, äußeren Rahmenbedingungen und kausalen Wechselwirkungen unterworfen. Soziales Handeln ist zwar durchaus in '''kausale Zusammenhänge[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Kausalität/Klassischer_Evolutionismus#2.11 Kausalität|[1]]]''' eingebunden, an denen ein positivistisches Wissenschaftsverständnis ansetzt. Das Problem besteht aber darin, dass wir diese Zusammenhänge nicht in Isolation betrachten können. Wenn wir einen Zusammenhang zwischen zwei Beobachtungen zu erkennen glauben - und ihn vielleicht sogar statistisch bestätigen können - so heißt das noch lange nicht, dass dieser Zusammenhang kausaler Art sein muss. Vielleicht braucht es ja spezifische Rahmenbedingungen, die uns wegen ihrer Komplexität nicht klar sind, oder von uns nicht beachtete zusätzliche Faktoren, damit der beobachtete Zusammenhang zum Tragen kommt. Aufgrund dieser Komplexität unseres empirischen Feldes hat sich auch die Suche nach objektiven sozialen Gesetzmäßigkeiten als wenig ergiebig erwiesen. Es hat in der Geschichte des Faches immer wieder Versuche gegeben, solche Gesetzmäßigkeiten zu formulieren. Im Großen und Ganzen sind diese jedoch gescheitert, weil die behaupteten Gesetzmäßigkeiten entweder banal und somit uninteressant waren, oder weil sie im Fall weniger banaler Aussagen durch zusätzliche empirische Fallbeispiele meist relativ schnell widerlegt wurden.<br/>
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*  Das '''erste Hindernis ergibt sich aus der außerordentlichen Komplexität sozialer und kultureller Zusammenhänge'''. Menschliches Handeln und Denken ist einer unüberschaubaren Fülle an Einflüssen, äußeren Rahmenbedingungen und kausalen Wechselwirkungen unterworfen. Soziales Handeln ist zwar durchaus in '''kausale Zusammenhänge[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Kausalität#2.11 Kausalität|[1]]]''' eingebunden, an denen ein positivistisches Wissenschaftsverständnis ansetzt. Das Problem besteht aber darin, dass wir diese Zusammenhänge nicht in Isolation betrachten können. Wenn wir einen Zusammenhang zwischen zwei Beobachtungen zu erkennen glauben - und ihn vielleicht sogar statistisch bestätigen können - so heißt das noch lange nicht, dass dieser Zusammenhang kausaler Art sein muss. Vielleicht braucht es ja spezifische Rahmenbedingungen, die uns wegen ihrer Komplexität nicht klar sind, oder von uns nicht beachtete zusätzliche Faktoren, damit der beobachtete Zusammenhang zum Tragen kommt. Aufgrund dieser Komplexität unseres empirischen Feldes hat sich auch die Suche nach objektiven sozialen Gesetzmäßigkeiten als wenig ergiebig erwiesen. Es hat in der Geschichte des Faches immer wieder Versuche gegeben, solche Gesetzmäßigkeiten zu formulieren. Im Großen und Ganzen sind diese jedoch gescheitert, weil die behaupteten Gesetzmäßigkeiten entweder banal und somit uninteressant waren, oder weil sie im Fall weniger banaler Aussagen durch zusätzliche empirische Fallbeispiele meist relativ schnell widerlegt wurden.<br/>
 
*  Das '''zweite Hindernis ist die Notwendigkeit der Interpretation[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_kann_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.4.2 Interpretation und Objektivität|[2]]]'''. Menschliches Handeln ist nicht nur sinngeleitet, es steht auch mit objektiven Bedürfnissen und Interessen sowie kausalen Wechselwirkungen in Zusammenhang. Es ist aber immer auch sinngeleitet. Zumindest diese Sinnzusammenhänge lassen sich grundsätzlich nicht objektiv beschreiben. Sie müssen vielmehr interpretierend gedeutet werden, d.h. in das eigene Sinnsystem übersetzt werden. Natürlich lässt sich das eigene Verständnis im ethnographischen Kommunikationsprozess erweitern und über die eigenen kulturellen Prägungen hinaus entwickeln. Wäre das nicht möglich, so dürften wir den Anspruch, andere kulturelle Zusammenhänge verstehen zu können, gar nicht erheben. Ein solches Verständnis lässt sich jedoch nie objektivieren. Die Interpretation von Sinn bleibt notwendigerweise subjektiv.<br/>
 
*  Das '''zweite Hindernis ist die Notwendigkeit der Interpretation[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_kann_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.4.2 Interpretation und Objektivität|[2]]]'''. Menschliches Handeln ist nicht nur sinngeleitet, es steht auch mit objektiven Bedürfnissen und Interessen sowie kausalen Wechselwirkungen in Zusammenhang. Es ist aber immer auch sinngeleitet. Zumindest diese Sinnzusammenhänge lassen sich grundsätzlich nicht objektiv beschreiben. Sie müssen vielmehr interpretierend gedeutet werden, d.h. in das eigene Sinnsystem übersetzt werden. Natürlich lässt sich das eigene Verständnis im ethnographischen Kommunikationsprozess erweitern und über die eigenen kulturellen Prägungen hinaus entwickeln. Wäre das nicht möglich, so dürften wir den Anspruch, andere kulturelle Zusammenhänge verstehen zu können, gar nicht erheben. Ein solches Verständnis lässt sich jedoch nie objektivieren. Die Interpretation von Sinn bleibt notwendigerweise subjektiv.<br/>
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'''Verweise:'''
 
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[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Kausalität/Klassischer_Evolutionismus#2.11 Kausalität|[1] Siehe Kapitel 2.11 der Lernunterlage ''Grundlagen sozialwissenschaftlicher Methodologie: Empirische Forschung in den Sozialwissenschaften'']]<br/>
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[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Kausalität#2.11 Kausalität|[1] Siehe Kapitel 2.11 der Lernunterlage ''Grundlagen sozialwissenschaftlicher Methodologie: Empirische Forschung in den Sozialwissenschaften'']]<br/>
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_kann_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.4.2 Interpretation und Objektivität|[2] Siehe Kapitel 1.4.2]]<br/>
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_kann_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.4.2 Interpretation und Objektivität|[2] Siehe Kapitel 1.4.2]]<br/>
 
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==1.4.4 Validität==
 
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Wie aber bemessen wir die Validität von Aussagen, die nicht einfach als wahr oder falsch beurteilt werden können? Sie wird in einem diskursiven sozialen Prozess festgelegt, und zwar durch die Zustimmung der '''''Scientific Community''[http://en.wikipedia.org/wiki/Scientific_community  &#91;1&#93;]''', jenes diskursiven Raumes, in dem Wissenschaft stattfindet. Die ''Scientific Community'' besteht aus den VertreterInnen der eigenen Disziplin, aber auch aus interessierten Angehörigen anderer Disziplinen. Sie rezipieren die Ergebnisse unserer Forschung und bilden sich eine Meinung dazu. Sie greifen unsere Aussagen auf, bestätigen, modifizieren, kritisieren oder bestreiten sie - all dies in der Regel unter Beachtung ihres Bezugs zur dargestellten Realität. In diesem sozialen Prozess bildet sich Zustimmung oder Ablehnung heraus. Dies ist letztlich der einzige Maßstab für die Gültigkeit wissenschaftlicher Aussagen, den wir in einem Fach wie dem unseren besitzen (das Gesagte trifft aber nach Meinung vieler WissenschaftstheoretikerInnen auf Wissenschaft insgesamt zu). Die wissenschaftlichen Aussagen, die wir als AnthropologInnen machen können, sind also nicht objektiv wahr in dem Sinn, dass ihre Richtigkeit direkt an der Realität gemessen werden kann. Sie können aber sehr wohl intersubjektiv wahr sein: dann nämlich, wenn die ''Scientific Community'' zu dem Schluss kommt, dass sie die Realität auf gültige Weise wiedergeben. <br/>
 
Wie aber bemessen wir die Validität von Aussagen, die nicht einfach als wahr oder falsch beurteilt werden können? Sie wird in einem diskursiven sozialen Prozess festgelegt, und zwar durch die Zustimmung der '''''Scientific Community''[http://en.wikipedia.org/wiki/Scientific_community  &#91;1&#93;]''', jenes diskursiven Raumes, in dem Wissenschaft stattfindet. Die ''Scientific Community'' besteht aus den VertreterInnen der eigenen Disziplin, aber auch aus interessierten Angehörigen anderer Disziplinen. Sie rezipieren die Ergebnisse unserer Forschung und bilden sich eine Meinung dazu. Sie greifen unsere Aussagen auf, bestätigen, modifizieren, kritisieren oder bestreiten sie - all dies in der Regel unter Beachtung ihres Bezugs zur dargestellten Realität. In diesem sozialen Prozess bildet sich Zustimmung oder Ablehnung heraus. Dies ist letztlich der einzige Maßstab für die Gültigkeit wissenschaftlicher Aussagen, den wir in einem Fach wie dem unseren besitzen (das Gesagte trifft aber nach Meinung vieler WissenschaftstheoretikerInnen auf Wissenschaft insgesamt zu). Die wissenschaftlichen Aussagen, die wir als AnthropologInnen machen können, sind also nicht objektiv wahr in dem Sinn, dass ihre Richtigkeit direkt an der Realität gemessen werden kann. Sie können aber sehr wohl intersubjektiv wahr sein: dann nämlich, wenn die ''Scientific Community'' zu dem Schluss kommt, dass sie die Realität auf gültige Weise wiedergeben. <br/>
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Der notwendige Wandel von gültigem Wissen bedeutet aber nicht, dass frühere Einsichten und Perspektiven für uns irrelevant sind oder dass sich in 30 Jahren niemand mehr für das interessieren wird, was heute geschrieben wird. Auch wenn dies hinter dem Innovationsdiskurs, mit dem WissenschaftlerInnen ihre Aktualität, die gesellschaftliche Relevanz ihrer Forschung und ihren Anspruch auf finanzielle Mittel legitimieren, manchmal in den Hintergrund tritt, beschäftigen wir uns auch heute noch intensiv mit dem, was vor Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten geschrieben wurde. Diese Auseinandersetzung ist manchmal vor allem historisch motiviert. Wenn wir heute z.B. '''Lewis Henry Morgan[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Klassischer_Evolutionismus#2.1.1 Lewis Henry Morgan und Henry Maine|[1]]]''' lesen, so kann es sein, dass wir in theoriengeschichtlicher Perspektive verstehen wollen, aus welchem Blickwinkel er zu welchen Ergebnissen kam, ohne nach deren heutiger Gültigkeit zu fragen. Ebenso können wir aber bei ihm - wie bei anderen AutorInnen der Vergangenheit - Datenmaterial finden, das uns, sofern es kritisch rezipiert wird, durchaus nützlich sein kann. Auch die theoretischen Konzepte, mit denen frühere VertreterInnen des Faches an ihr Material herangingen, können weiterhin von Interesse sein, selbst wenn wir aus heutiger Sicht und mit veränderten Interessen ihre Schwachstellen deutlicher erkennen können, als das den damaligen ZeitgenossInnen möglich war. <br/>
 
Der notwendige Wandel von gültigem Wissen bedeutet aber nicht, dass frühere Einsichten und Perspektiven für uns irrelevant sind oder dass sich in 30 Jahren niemand mehr für das interessieren wird, was heute geschrieben wird. Auch wenn dies hinter dem Innovationsdiskurs, mit dem WissenschaftlerInnen ihre Aktualität, die gesellschaftliche Relevanz ihrer Forschung und ihren Anspruch auf finanzielle Mittel legitimieren, manchmal in den Hintergrund tritt, beschäftigen wir uns auch heute noch intensiv mit dem, was vor Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten geschrieben wurde. Diese Auseinandersetzung ist manchmal vor allem historisch motiviert. Wenn wir heute z.B. '''Lewis Henry Morgan[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Klassischer_Evolutionismus#2.1.1 Lewis Henry Morgan und Henry Maine|[1]]]''' lesen, so kann es sein, dass wir in theoriengeschichtlicher Perspektive verstehen wollen, aus welchem Blickwinkel er zu welchen Ergebnissen kam, ohne nach deren heutiger Gültigkeit zu fragen. Ebenso können wir aber bei ihm - wie bei anderen AutorInnen der Vergangenheit - Datenmaterial finden, das uns, sofern es kritisch rezipiert wird, durchaus nützlich sein kann. Auch die theoretischen Konzepte, mit denen frühere VertreterInnen des Faches an ihr Material herangingen, können weiterhin von Interesse sein, selbst wenn wir aus heutiger Sicht und mit veränderten Interessen ihre Schwachstellen deutlicher erkennen können, als das den damaligen ZeitgenossInnen möglich war. <br/>
 
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Umgekehrt gilt: '''Alles anthropologische Wissen, das zum jetzigen Zeitpunkt anerkannt ist, ist mit größter Wahrscheinlichkeit nur vorläufig gültig'''. Somit ist es nicht nur unser Recht, sondern sogar unsere Pflicht, wissenschaftliche Aussagen und Perspektiven kritisch zu rezipieren und uns zu fragen, ob wir ihnen folgen können oder nicht. Dabei geht es um zweierlei: zum einen um die Plausibilität der '''empirischen Daten[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Empirie/Klassischer_Evolutionismus#2.1 Empirie|[2]]]''', zum anderen um die Begrifflichkeiten, Ideen und angenommenen Zusammenhänge, mittels welcher diese Daten organisiert und in einen erklärenden Zusammenhang gebracht werden - also um die Theorien. <br/>
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Umgekehrt gilt: '''Alles anthropologische Wissen, das zum jetzigen Zeitpunkt anerkannt ist, ist mit größter Wahrscheinlichkeit nur vorläufig gültig'''. Somit ist es nicht nur unser Recht, sondern sogar unsere Pflicht, wissenschaftliche Aussagen und Perspektiven kritisch zu rezipieren und uns zu fragen, ob wir ihnen folgen können oder nicht. Dabei geht es um zweierlei: zum einen um die Plausibilität der '''empirischen Daten[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Empirie#2.1 Empirie|[2]]]''', zum anderen um die Begrifflichkeiten, Ideen und angenommenen Zusammenhänge, mittels welcher diese Daten organisiert und in einen erklärenden Zusammenhang gebracht werden - also um die Theorien. <br/>
 
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Das große Feld anthropologischer Debatten betrifft immer wieder auch empirische Aussagen, vor allem aber die konkurrierenden und in Entwicklung begriffenen theoretischen Ansätze. Eine Theorie "ist eine Menge logisch miteinander verknüpfter Aussagen, die einen bestimmten Ausschnitt der Welt erklären" ( '''Halbmayer[[Einige_wissenschaftstheoretische_Grundlagen_der_empirischen_Sozialforschung/Theorien|[3]]]'''). Der '''Begriff "Theorie"''' wird aber auch in einem weiteren Sinn verwendet für die Summe unserer logisch möglichst konsistenten Annahmen über die Welt und über bestimmte Zusammenhänge in ihr, die es uns erlauben, unsere Beobachtungen zu strukturieren und zu systematisieren und aus ihnen erklärende Theorien im engeren Sinn abzuleiten. Theoretische Perspektiven sind in der KSA generell in höherem Ausmaß umstritten als empirische Beobachtungen. Eine kritische Rezeption wissenschaftlicher Aussagen bedeutet auch den Versuch, jene Ideen, Modelle und Ansätze zu erkennen und zu hinterfragen, mit denen in einem konkreten wissenschaftlichen Text operiert wird. Da diese theoretischen Werkzeuge vielfach zumindest teilweise implizit bleiben, ist auch dieser Versuch nicht selten ein interpretierender Vorgang. <br/>
 
Das große Feld anthropologischer Debatten betrifft immer wieder auch empirische Aussagen, vor allem aber die konkurrierenden und in Entwicklung begriffenen theoretischen Ansätze. Eine Theorie "ist eine Menge logisch miteinander verknüpfter Aussagen, die einen bestimmten Ausschnitt der Welt erklären" ( '''Halbmayer[[Einige_wissenschaftstheoretische_Grundlagen_der_empirischen_Sozialforschung/Theorien|[3]]]'''). Der '''Begriff "Theorie"''' wird aber auch in einem weiteren Sinn verwendet für die Summe unserer logisch möglichst konsistenten Annahmen über die Welt und über bestimmte Zusammenhänge in ihr, die es uns erlauben, unsere Beobachtungen zu strukturieren und zu systematisieren und aus ihnen erklärende Theorien im engeren Sinn abzuleiten. Theoretische Perspektiven sind in der KSA generell in höherem Ausmaß umstritten als empirische Beobachtungen. Eine kritische Rezeption wissenschaftlicher Aussagen bedeutet auch den Versuch, jene Ideen, Modelle und Ansätze zu erkennen und zu hinterfragen, mit denen in einem konkreten wissenschaftlichen Text operiert wird. Da diese theoretischen Werkzeuge vielfach zumindest teilweise implizit bleiben, ist auch dieser Versuch nicht selten ein interpretierender Vorgang. <br/>
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[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Klassischer_Evolutionismus#2.1.1 Lewis Henry Morgan und Henry Maine|[1] Siehe Kapitel 2.1.1]]<br/>
 
[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Klassischer_Evolutionismus#2.1.1 Lewis Henry Morgan und Henry Maine|[1] Siehe Kapitel 2.1.1]]<br/>
[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Empirie/Klassischer_Evolutionismus#2.1 Empirie|[2] Siehe Kapitel 2.1 der Lernunterlage ''Grundlagen sozialwissenschaftlicher Methodologie: Empirische Forschung in den Sozialwissenschaften'']]<br/>
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[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Empirie#2.1 Empirie|[2] Siehe Kapitel 2.1 der Lernunterlage ''Grundlagen sozialwissenschaftlicher Methodologie: Empirische Forschung in den Sozialwissenschaften'']]<br/>
 
[[Einige_wissenschaftstheoretische_Grundlagen_der_empirischen_Sozialforschung/Theorien|[3] Siehe Kapitel 2.6 der Lernunterlage ''Einführung in die Empirischen Methoden der Kultur- und Sozialanthropologie'']]<br/>
 
[[Einige_wissenschaftstheoretische_Grundlagen_der_empirischen_Sozialforschung/Theorien|[3] Siehe Kapitel 2.6 der Lernunterlage ''Einführung in die Empirischen Methoden der Kultur- und Sozialanthropologie'']]<br/>
 
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'''[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Literatur#1.5 Literatur| %&% Kapitel: 1.5 Literatur]] '''
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'''[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Literatur#1.5 Literatur| Nächstes Kapitel: 1.5 Literatur]] '''
 
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[[#1.4 Was kann Kultur- und Sozialanthropologie wissen?|&uarr; Nach oben]]<br/>
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[[#1.4 Was kann Kultur- und Sozialanthropologie wissen?|&uarr; Nach oben]]
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'''[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_kann_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.4 Was kann Kultur- und Sozialanthropologie wissen?| Vorheriges Kapitel: 1.4 Was kann Kultur- und Sozialanthropologie wissen?]]'''
 
'''[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_kann_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.4 Was kann Kultur- und Sozialanthropologie wissen?| Vorheriges Kapitel: 1.4 Was kann Kultur- und Sozialanthropologie wissen?]]'''
 
=1.5 Literatur=
 
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Wolf, Eric 1986: Die Völker ohne Geschichte: Europa und die andere Welt seit 1400. Frankfurt/M.: Campus. <br/>
 
Wolf, Eric 1986: Die Völker ohne Geschichte: Europa und die andere Welt seit 1400. Frankfurt/M.: Campus. <br/>
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'''[[%Lernunterlagentitelseite%|&crarr; Zurück zur Übersicht]]'''
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'''[[STEOP_-_Propaedeutikum_KSA|&crarr; Zurück zur Übersicht]]'''
 
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[[#1.5 Literatur|&uarr; Nach oben]] <br/>
 
[[#1.5 Literatur|&uarr; Nach oben]] <br/>
 
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'''[[%Lernunterlagentitelseite%|&crarr; Zurück zur Übersicht]]'''
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'''[[STEOP_-_Propaedeutikum_KSA|&crarr; Zurück zur Übersicht]]'''
 
=2 Theoriengeschichte der Kultur- und Sozialanthropologie=
 
=2 Theoriengeschichte der Kultur- und Sozialanthropologie=
 
<sup>verfasst von Wolfgang Kraus und Matthias Reitter</sup>
 
<sup>verfasst von Wolfgang Kraus und Matthias Reitter</sup>
 
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'''Die Kultur- und Sozialanthropologie ist (so wie die anderen Sozialwissenschaften[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Sozialwissenschaft/Klassischer_Evolutionismus#2.17 Sozialwissenschaft|[1]]]) eine vergleichsweise junge Disziplin[http://ksa.univie.ac.at/institut/geschichte/  &#91;2&#93;]'''. Fragen, die wir heute als typisch anthropologisch ansehen, haben zwar Philosophen und Historiker schon seit der Antike beschäftigt. '''Thomas Hylland Eriksen[http://en.wikipedia.org/wiki/Thomas_Hylland_Eriksen  &#91;3&#93;]''' (2010: 10ff.) rechnet diese Vorläufer der "Proto-Anthropology" zu. Theoretische Modelle sozialer und kultureller Zusammenhänge, die als solche rezipiert und diskutiert wurden - kurz: eine explizite anthropologische Theorienbildung - gab es aber erst ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Aus diesen Theoriediskursen bildete sich unser Fach, das etwa ab der Jahrhundertwende akademisch institutionalisiert wurde und sich in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts seine charakteristische Methodologie erarbeitete. '''Eriksen[http://www.amazon.co.uk/Small-Places-Large-Issues-Introduction/dp/0745317723  &#91;4&#93;]''' (2010: 10-26) gibt einen sehr nützlichen Überblick über die Entwicklung des Faches, der hier lediglich ergänzt und nuanciert werden soll. <br/>
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'''Die Kultur- und Sozialanthropologie ist (so wie die anderen Sozialwissenschaften[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Sozialwissenschaft#2.17 Sozialwissenschaft|[1]]]) eine vergleichsweise junge Disziplin[http://ksa.univie.ac.at/institut/geschichte/  &#91;2&#93;]'''. Fragen, die wir heute als typisch anthropologisch ansehen, haben zwar Philosophen und Historiker schon seit der Antike beschäftigt. '''Thomas Hylland Eriksen[http://en.wikipedia.org/wiki/Thomas_Hylland_Eriksen  &#91;3&#93;]''' (2010: 10ff.) rechnet diese Vorläufer der "Proto-Anthropology" zu. Theoretische Modelle sozialer und kultureller Zusammenhänge, die als solche rezipiert und diskutiert wurden - kurz: eine explizite anthropologische Theorienbildung - gab es aber erst ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Aus diesen Theoriediskursen bildete sich unser Fach, das etwa ab der Jahrhundertwende akademisch institutionalisiert wurde und sich in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts seine charakteristische Methodologie erarbeitete. '''Eriksen[http://www.amazon.co.uk/Small-Places-Large-Issues-Introduction/dp/0745317723  &#91;4&#93;]''' (2010: 10-26) gibt einen sehr nützlichen Überblick über die Entwicklung des Faches, der hier lediglich ergänzt und nuanciert werden soll. <br/>
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==Inhaltsverzeichnis==
 
==Inhaltsverzeichnis==
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<div class="eksa_toc">
 
<div class="eksa_toc">
 
[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie#2 Theoriengeschichte der Kultur- und Sozialanthropologie|2 Theoriengeschichte der Kultur- und Sozialanthropologie]]<br/>
 
[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie#2 Theoriengeschichte der Kultur- und Sozialanthropologie|2 Theoriengeschichte der Kultur- und Sozialanthropologie]]<br/>
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[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1 Was ist Kultur- und Sozialanthropologie?|1 Was ist Kultur- und Sozialanthropologie?]]<br/>
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1 Was ist Kultur- und Sozialanthropologie?|1 Was ist Kultur- und Sozialanthropologie?]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA#3 Themenbereiche|3 Themenbereiche]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA#3 Themenbereiche|3 Themenbereiche]]<br/>
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'''Verweise:'''
 
'''Verweise:'''
 
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[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Sozialwissenschaft/Klassischer_Evolutionismus#2.17 Sozialwissenschaft|[1] Siehe Kapitel 2.17 der Lernunterlage ''Grundlagen sozialwissenschaftlicher Methodologie: Empirische Forschung in den Sozialwissenschaften'']]<br/>
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[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Sozialwissenschaft#2.17 Sozialwissenschaft|[1] Siehe Kapitel 2.17 der Lernunterlage ''Grundlagen sozialwissenschaftlicher Methodologie: Empirische Forschung in den Sozialwissenschaften'']]<br/>
 
[http://ksa.univie.ac.at/institut/geschichte/  &#91;2&#93; http://ksa.univie.ac.at/institut/geschichte/]<br/>
 
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[http://en.wikipedia.org/wiki/Thomas_Hylland_Eriksen  &#91;3&#93; http://en.wikipedia.org/wiki/Thomas_Hylland_Eriksen]<br/>
 
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'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Klassischer_Evolutionismus#2.1 Der klassische Evolutionismus| Nächstes Kapitel: 2.1 Der klassische Evolutionismus]]'''
 
'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Klassischer_Evolutionismus#2.1 Der klassische Evolutionismus| Nächstes Kapitel: 2.1 Der klassische Evolutionismus]]'''
 
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[[#2 Theoriengeschichte der Kultur- und Sozialanthropologie|&uarr; Nach oben]]<br/>
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'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie#2 Theoriengeschichte der Kultur- und Sozialanthropologie| Vorheriges Kapitel: 2 Theoriengeschichte der Kultur- und Sozialanthropologie]]'''
 
'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie#2 Theoriengeschichte der Kultur- und Sozialanthropologie| Vorheriges Kapitel: 2 Theoriengeschichte der Kultur- und Sozialanthropologie]]'''
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=2.1 Der klassische Evolutionismus=
 
=2.1 Der klassische Evolutionismus=
 
<sup>verfasst von Wolfgang Kraus und Matthias Reitter</sup>
 
<sup>verfasst von Wolfgang Kraus und Matthias Reitter</sup>
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Das '''evolutionistische Denken''' ermöglichte nicht nur Antworten auf die Frage nach den Ursprüngen gesellschaftlicher Formen und Institutionen (Antworten, die später zu Recht als überwiegend spekulativ kritisiert wurden); es erlaubte auch, die beobachtbaren Unterschiede zwischen Gesellschaften aus ihrem unterschiedlichen Entwicklungsgrad zu erklären. Rezente Gesellschaften, die ethnographisch dokumentiert wurden, konnten so den gleichen Entwicklungsstufen zugeordnet werden wie historische Gesellschaften zu bestimmten Zeitpunkten in der Vergangenheit. Die "primitiven", d.h. ursprünglichen Gesellschaften - der Begriff war damals gängig und hatte nicht den rein abwertenden Charakter, den wir ihm heute zuschreiben - boten aus dieser Perspektive wertvolle Einblicke in die Menschheitsentwicklung und damit auch in die eigene Vergangenheit der "fortschrittlichen" Gesellschaften Europas und der USA. <br/>
 
Das '''evolutionistische Denken''' ermöglichte nicht nur Antworten auf die Frage nach den Ursprüngen gesellschaftlicher Formen und Institutionen (Antworten, die später zu Recht als überwiegend spekulativ kritisiert wurden); es erlaubte auch, die beobachtbaren Unterschiede zwischen Gesellschaften aus ihrem unterschiedlichen Entwicklungsgrad zu erklären. Rezente Gesellschaften, die ethnographisch dokumentiert wurden, konnten so den gleichen Entwicklungsstufen zugeordnet werden wie historische Gesellschaften zu bestimmten Zeitpunkten in der Vergangenheit. Die "primitiven", d.h. ursprünglichen Gesellschaften - der Begriff war damals gängig und hatte nicht den rein abwertenden Charakter, den wir ihm heute zuschreiben - boten aus dieser Perspektive wertvolle Einblicke in die Menschheitsentwicklung und damit auch in die eigene Vergangenheit der "fortschrittlichen" Gesellschaften Europas und der USA. <br/>
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==Inhalt==
 
==Inhalt==
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[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Klassischer_Evolutionismus#2.1 Der klassische Evolutionismus|2.1 Der klassische Evolutionismus]]<br/>
 
[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Klassischer_Evolutionismus#2.1 Der klassische Evolutionismus|2.1 Der klassische Evolutionismus]]<br/>
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:[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Klassischer_Evolutionismus#2.1.3 Das Ende des klassischen Evolutionismus|2.1.3 Das Ende des klassischen Evolutionismus]]<br/>
 
:[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Klassischer_Evolutionismus#2.1.3 Das Ende des klassischen Evolutionismus|2.1.3 Das Ende des klassischen Evolutionismus]]<br/>
 
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Morgans (1877) evolutionistische Theorie übte mit ihrer materialistischen Grundhaltung großen Einfluss auf das Geschichtsverständnis von '''Karl Marx[http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Marx  &#91;5&#93;]''' und '''Friedrich Engels[http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Engels  &#91;6&#93;]''' aus und wurde in der marxistischen Theorie nahezu unverändert aufgegriffen. Diese Assoziation mit marxistischen Ideen wirkte sich umgekehrt auf die Rezeption von Morgan in der KSA aus. <br/>
 
Morgans (1877) evolutionistische Theorie übte mit ihrer materialistischen Grundhaltung großen Einfluss auf das Geschichtsverständnis von '''Karl Marx[http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Marx  &#91;5&#93;]''' und '''Friedrich Engels[http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Engels  &#91;6&#93;]''' aus und wurde in der marxistischen Theorie nahezu unverändert aufgegriffen. Diese Assoziation mit marxistischen Ideen wirkte sich umgekehrt auf die Rezeption von Morgan in der KSA aus. <br/>
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Wichtig für Tylors Spielart von Evolutionismus ist das von ihm entwickelte Konzept der "''survivals''" (Tylor 1871, Bd. I: 14-16), das er folgendermaßen erklärt: "These are processes, customs, opinions, and so forth, which have been carried on by force of habit into a new state of society different from that in which they had their original home, and they thus remain as proofs and examples of an older condition of culture out of which a newer has been evolved" (Tylor 1871, Bd. I: 15). ''Survivals'' (in der deutschen Übersetzung: "Überlebsel") bieten laut Tyler also Einblicke in einen früheren Zustand der Gesellschaft. Diese Idee eignet sich gut dazu, den Wandel der Perspektiven zu illustrieren, der sich vom Evolutionismus zum '''Funktionalismus[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/UK_Funktionalismus#2.4 Der britische Funktionalismus|[4]]]''' vollzog. '''Während der Evolutionismus diachron orientiert war, sich also für Veränderungen in der Zeit interessierte, verstand sich der Funktionalismus, der ab etwa 1920 das Fach dominierte, als strikt synchron''': Ihm ging es um die Wechselbeziehungen zwischen gesellschaftlichen Prozessen und Institutionen zu einem gegebenen Zeitpunkt. '''Bronislaw Malinowski[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/UK_Funktionalismus#2.4.2 Bronislaw Malinowski|[5]]]''' verwarf daher das Konzept der ''Survivals'', für das er nur Spott übrig hatte (Malinowski 1975: 68ff.). <br/>
 
Wichtig für Tylors Spielart von Evolutionismus ist das von ihm entwickelte Konzept der "''survivals''" (Tylor 1871, Bd. I: 14-16), das er folgendermaßen erklärt: "These are processes, customs, opinions, and so forth, which have been carried on by force of habit into a new state of society different from that in which they had their original home, and they thus remain as proofs and examples of an older condition of culture out of which a newer has been evolved" (Tylor 1871, Bd. I: 15). ''Survivals'' (in der deutschen Übersetzung: "Überlebsel") bieten laut Tyler also Einblicke in einen früheren Zustand der Gesellschaft. Diese Idee eignet sich gut dazu, den Wandel der Perspektiven zu illustrieren, der sich vom Evolutionismus zum '''Funktionalismus[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/UK_Funktionalismus#2.4 Der britische Funktionalismus|[4]]]''' vollzog. '''Während der Evolutionismus diachron orientiert war, sich also für Veränderungen in der Zeit interessierte, verstand sich der Funktionalismus, der ab etwa 1920 das Fach dominierte, als strikt synchron''': Ihm ging es um die Wechselbeziehungen zwischen gesellschaftlichen Prozessen und Institutionen zu einem gegebenen Zeitpunkt. '''Bronislaw Malinowski[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/UK_Funktionalismus#2.4.2 Bronislaw Malinowski|[5]]]''' verwarf daher das Konzept der ''Survivals'', für das er nur Spott übrig hatte (Malinowski 1975: 68ff.). <br/>
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<blockquote>"Unterschwellig" wurden evolutionistische Denkansätze jedoch weitergeführt. In den 1960er Jahren traten sie in den USA in Form des '''Neoevolutionismus[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Symbolische_Anthropologie#2.6 Symbolische Anthropologie und konkurrierende Ansätze|[9]]]''' als eine von mehreren damals aktuellen theoretischen Positionen für einige Zeit wieder in den Vordergrund.</blockquote>
 
<blockquote>"Unterschwellig" wurden evolutionistische Denkansätze jedoch weitergeführt. In den 1960er Jahren traten sie in den USA in Form des '''Neoevolutionismus[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Symbolische_Anthropologie#2.6 Symbolische Anthropologie und konkurrierende Ansätze|[9]]]''' als eine von mehreren damals aktuellen theoretischen Positionen für einige Zeit wieder in den Vordergrund.</blockquote>
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'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Diffusionismus_und_Kulturkreislehre#2.2 Diffusionismus und Kulturkreislehre| Nächstes Kapitel: 2.2 Diffusionismus und Kulturkreislehre]]'''
 
'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Diffusionismus_und_Kulturkreislehre#2.2 Diffusionismus und Kulturkreislehre| Nächstes Kapitel: 2.2 Diffusionismus und Kulturkreislehre]]'''
 
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[[#2.1 Der klassische Evolutionismus|&uarr; Nach oben]]<br/>
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[[#2.1 Der klassische Evolutionismus|&uarr; Nach oben]]
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'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Klassischer_Evolutionismus#2.1 Der klassische Evolutionismus| Vorheriges Kapitel: 2.1 Der klassische Evolutionismus]]'''
 
'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Klassischer_Evolutionismus#2.1 Der klassische Evolutionismus| Vorheriges Kapitel: 2.1 Der klassische Evolutionismus]]'''
 
=2.2 Diffusionismus und Kulturkreislehre=
 
=2.2 Diffusionismus und Kulturkreislehre=
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In der wissenschaftlichen Sprache ist der Begriff des Kulturkreises nur dann angemessen, wenn es um das genannte, heute längst überholte theoretisch- methodische Konzept des Diffusionismus geht. In der Alltagssprache dagegen hat der Begriff in den letzten Jahren wieder verstärkt Anwendung gefunden, am häufigsten in rechten politischen Diskursen über kulturelle Differenz und die unerwünschte Anwesenheit von MigrantInnen. Diese Zusammenhänge sollte man sich bewusst machen, bevor man das Wort "Kulturkreis" unkritisch verwendet. <br/>
 
In der wissenschaftlichen Sprache ist der Begriff des Kulturkreises nur dann angemessen, wenn es um das genannte, heute längst überholte theoretisch- methodische Konzept des Diffusionismus geht. In der Alltagssprache dagegen hat der Begriff in den letzten Jahren wieder verstärkt Anwendung gefunden, am häufigsten in rechten politischen Diskursen über kulturelle Differenz und die unerwünschte Anwesenheit von MigrantInnen. Diese Zusammenhänge sollte man sich bewusst machen, bevor man das Wort "Kulturkreis" unkritisch verwendet. <br/>
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'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Boas#2.3 Franz Boas und der US-amerikanische Kulturrelativismus| Nächstes Kapitel: 2.3 Franz Boas und der US-amerikanische Kulturrelativismus]]'''
 
'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Boas#2.3 Franz Boas und der US-amerikanische Kulturrelativismus| Nächstes Kapitel: 2.3 Franz Boas und der US-amerikanische Kulturrelativismus]]'''
 
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[[#2.2 Diffusionismus und Kulturkreislehre|&uarr; Nach oben]]<br/>
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[[#2.2 Diffusionismus und Kulturkreislehre|&uarr; Nach oben]]
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'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Diffusionismus_und_Kulturkreislehre#2.2 Diffusionismus und Kulturkreislehre| Vorheriges Kapitel: 2.2 Diffusionismus und Kulturkreislehre]]'''
 
'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Diffusionismus_und_Kulturkreislehre#2.2 Diffusionismus und Kulturkreislehre| Vorheriges Kapitel: 2.2 Diffusionismus und Kulturkreislehre]]'''
 
=2.3 Franz Boas und der US-amerikanische Kulturrelativismus=
 
=2.3 Franz Boas und der US-amerikanische Kulturrelativismus=
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Die Richtung, die Boas dem Fach gab - empiristisch, historisch und kulturrelativistisch - wurde von seinen SchülerInnen weitergeführt. Unter ihnen waren '''Ruth Benedict[http://en.wikipedia.org/wiki/Ruth_Benedict  &#91;4&#93;]''' und '''Margaret Mead[http://en.wikipedia.org/wiki/Margaret_Mead  &#91;5&#93;]''', die ersten prominenten weiblichen Vertreterinnen des Faches, sowie '''Melville Herskovits[http://en.wikipedia.org/wiki/Melville_J._Herskovits  &#91;6&#93;]''', '''Alfred L. Kroeber[http://en.wikipedia.org/wiki/Alfred_L._Kroeber  &#91;7&#93;]''', '''Robert Lowie[http://en.wikipedia.org/wiki/Robert_Lowie  &#91;8&#93;]''', '''Edward Sapir[http://en.wikipedia.org/wiki/Edward_Sapir  &#91;9&#93;]''', '''Clark Wissler[http://en.wikipedia.org/wiki/Clark_Wissler  &#91;10&#93;]''' und andere. Sie bestimmten die US-amerikanische Anthropologie bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Dem Einfluss von Boas ist es, wie Eriksen (2010: 16) unterstreicht, auch zuzuschreiben, dass die materialistische Haltung, die Morgan vertreten hatte, in den USA in den Hintergrund gedrängt wurde. Kulturrelativistische und idealistische Positionen sowie eine Sicht, die das Kulturelle gegenüber dem Sozialen hervorhob, blieben auch nach dem 2. Weltkrieg in der amerikanischen '''"Cultural Anthropology"[https://en.wikipedia.org/wiki/Cultural_anthropology  &#91;11&#93;]''' einflussreich, es gab aber verstärkt auch andere konkurrierende Ansätze. <br/>
 
Die Richtung, die Boas dem Fach gab - empiristisch, historisch und kulturrelativistisch - wurde von seinen SchülerInnen weitergeführt. Unter ihnen waren '''Ruth Benedict[http://en.wikipedia.org/wiki/Ruth_Benedict  &#91;4&#93;]''' und '''Margaret Mead[http://en.wikipedia.org/wiki/Margaret_Mead  &#91;5&#93;]''', die ersten prominenten weiblichen Vertreterinnen des Faches, sowie '''Melville Herskovits[http://en.wikipedia.org/wiki/Melville_J._Herskovits  &#91;6&#93;]''', '''Alfred L. Kroeber[http://en.wikipedia.org/wiki/Alfred_L._Kroeber  &#91;7&#93;]''', '''Robert Lowie[http://en.wikipedia.org/wiki/Robert_Lowie  &#91;8&#93;]''', '''Edward Sapir[http://en.wikipedia.org/wiki/Edward_Sapir  &#91;9&#93;]''', '''Clark Wissler[http://en.wikipedia.org/wiki/Clark_Wissler  &#91;10&#93;]''' und andere. Sie bestimmten die US-amerikanische Anthropologie bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Dem Einfluss von Boas ist es, wie Eriksen (2010: 16) unterstreicht, auch zuzuschreiben, dass die materialistische Haltung, die Morgan vertreten hatte, in den USA in den Hintergrund gedrängt wurde. Kulturrelativistische und idealistische Positionen sowie eine Sicht, die das Kulturelle gegenüber dem Sozialen hervorhob, blieben auch nach dem 2. Weltkrieg in der amerikanischen '''"Cultural Anthropology"[https://en.wikipedia.org/wiki/Cultural_anthropology  &#91;11&#93;]''' einflussreich, es gab aber verstärkt auch andere konkurrierende Ansätze. <br/>
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'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/UK_Funktionalismus#2.4 Der britische Funktionalismus| Nächstes Kapitel: 2.4 Der britische Funktionalismus]]'''
 
'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/UK_Funktionalismus#2.4 Der britische Funktionalismus| Nächstes Kapitel: 2.4 Der britische Funktionalismus]]'''
 
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[[#2.3 Franz Boas und der US-amerikanische Kulturrelativismus|&uarr; Nach oben]]<br/>
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[[#2.3 Franz Boas und der US-amerikanische Kulturrelativismus|&uarr; Nach oben]]
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'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Boas#2.3 Franz Boas und der US-amerikanische Kulturrelativismus| Vorheriges Kapitel: 2.3 Franz Boas und der US-amerikanische Kulturrelativismus]]'''
 
'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Boas#2.3 Franz Boas und der US-amerikanische Kulturrelativismus| Vorheriges Kapitel: 2.3 Franz Boas und der US-amerikanische Kulturrelativismus]]'''
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=2.4 Der britische Funktionalismus=
 
=2.4 Der britische Funktionalismus=
 
<sup>verfasst von Wolfgang Kraus und Matthias Reitter</sup>
 
<sup>verfasst von Wolfgang Kraus und Matthias Reitter</sup>
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'''Funktionalistische Ansätze''' gab es nicht nur in Großbritannien, sondern auch in anderen nationalen Traditionen sowie in anderen Fächern (etwa in der Soziologie). Am konsequentesten wurden sie aber in der britischen Tradition vertreten; hier hatten sie auch den größten Einfluss. Gemeinsam prägten Malinowski und Radcliffe-Brown ab 1920 die britische "Social Anthropology". Ihr Einfluss hielt, ähnlich wie jener von Boas in den USA, über ihre unmittelbaren Schüler hinaus an, auch wenn man in den 1950er Jahren allmählich begann vom Funktionalismus abzurücken. <br/>
 
'''Funktionalistische Ansätze''' gab es nicht nur in Großbritannien, sondern auch in anderen nationalen Traditionen sowie in anderen Fächern (etwa in der Soziologie). Am konsequentesten wurden sie aber in der britischen Tradition vertreten; hier hatten sie auch den größten Einfluss. Gemeinsam prägten Malinowski und Radcliffe-Brown ab 1920 die britische "Social Anthropology". Ihr Einfluss hielt, ähnlich wie jener von Boas in den USA, über ihre unmittelbaren Schüler hinaus an, auch wenn man in den 1950er Jahren allmählich begann vom Funktionalismus abzurücken. <br/>
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==Inhalt==
 
==Inhalt==
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[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/UK_Funktionalismus#2.4 Der britische Funktionalismus|2.4 Der britische Funktionalismus]]<br/>
 
[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/UK_Funktionalismus#2.4 Der britische Funktionalismus|2.4 Der britische Funktionalismus]]<br/>
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:[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/UK_Funktionalismus#2.4.2 Bronislaw Malinowski|2.4.2 Bronislaw Malinowski]]<br/>
 
:[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/UK_Funktionalismus#2.4.2 Bronislaw Malinowski|2.4.2 Bronislaw Malinowski]]<br/>
 
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Zu seinen wichtigsten Schülern zählten '''Edward E. Evans-Pritchard[http://en.wikipedia.org/wiki/E._E._Evans-Pritchard  &#91;3&#93;]''' und '''Meyer Fortes[http://en.wikipedia.org/wiki/Meyer_Fortes  &#91;4&#93;]''', beide zentrale Vertreter der zweiten Generation des britischen Funktionalismus. Sie wandten sich vom Leitbild der Naturwissenschaften ab. Evans-Pritchard (1950) sagte sich ab 1950 auch sehr deutlich von der ahistorischen Haltung des Funktionalismus los. <br/>
 
Zu seinen wichtigsten Schülern zählten '''Edward E. Evans-Pritchard[http://en.wikipedia.org/wiki/E._E._Evans-Pritchard  &#91;3&#93;]''' und '''Meyer Fortes[http://en.wikipedia.org/wiki/Meyer_Fortes  &#91;4&#93;]''', beide zentrale Vertreter der zweiten Generation des britischen Funktionalismus. Sie wandten sich vom Leitbild der Naturwissenschaften ab. Evans-Pritchard (1950) sagte sich ab 1950 auch sehr deutlich von der ahistorischen Haltung des Funktionalismus los. <br/>
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Wenn auch kein brillanter Theoretiker, so war Malinowski doch ein sehr inspirierender und charismatischer '''Lehrer''', der (zum Teil gemeinsam mit Radcliffe- Brown) eine ganze Generation von AnthropologInnen prägte. Er war auch ein großer '''Feldforscher[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.1 Ethnographische Feldforschung|[3]]]''', der subtile ethnographische Beschreibungen lieferte. Seine besondere Bedeutung liegt vor allem in der '''Vorbildwirkung seiner Ethnographie[http://en.wikipedia.org/wiki/Argonauts_of_the_Western_Pacific  &#91;4&#93;]''', die er ab 1914 auf den (heute zu Papua-Neuguinea gehörenden) Trobriand-Inseln durchführte. Er gilt als Begründer der '''Methode der teilnehmenden Beobachtung[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.2 Teilnehmende Beobachtung|[5]]]''', eines zentralen Konzeptes der modernen anthropologischen Feldforschung (vgl. Kapitel 1.3.2). Diese Zuschreibung ist nicht unberechtigt, trägt jedoch auch deutliche mythische Züge (vgl. Kuper 1996: 9f.). Thomas Hylland Eriksen (2010: 17) zeigt, dass es auch vor Malinowski bereits Beispiele für ähnlich intensive Ethnographie gibt. Malinowski schrieb allerdings die Anforderungen für einen solchen Zugang fest und '''etablierte die''' '''''participant observation''''' '''damit als verbindliches Modell für die Datenerhebung in der KSA'''. <br/>
 
Wenn auch kein brillanter Theoretiker, so war Malinowski doch ein sehr inspirierender und charismatischer '''Lehrer''', der (zum Teil gemeinsam mit Radcliffe- Brown) eine ganze Generation von AnthropologInnen prägte. Er war auch ein großer '''Feldforscher[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.1 Ethnographische Feldforschung|[3]]]''', der subtile ethnographische Beschreibungen lieferte. Seine besondere Bedeutung liegt vor allem in der '''Vorbildwirkung seiner Ethnographie[http://en.wikipedia.org/wiki/Argonauts_of_the_Western_Pacific  &#91;4&#93;]''', die er ab 1914 auf den (heute zu Papua-Neuguinea gehörenden) Trobriand-Inseln durchführte. Er gilt als Begründer der '''Methode der teilnehmenden Beobachtung[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.2 Teilnehmende Beobachtung|[5]]]''', eines zentralen Konzeptes der modernen anthropologischen Feldforschung (vgl. Kapitel 1.3.2). Diese Zuschreibung ist nicht unberechtigt, trägt jedoch auch deutliche mythische Züge (vgl. Kuper 1996: 9f.). Thomas Hylland Eriksen (2010: 17) zeigt, dass es auch vor Malinowski bereits Beispiele für ähnlich intensive Ethnographie gibt. Malinowski schrieb allerdings die Anforderungen für einen solchen Zugang fest und '''etablierte die''' '''''participant observation''''' '''damit als verbindliches Modell für die Datenerhebung in der KSA'''. <br/>
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'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Strukturalismus#2.5 Claude Lévi-Strauss und der französische Strukturalismus| Nächstes Kapitel: 2.5 Claude Lévi-Strauss und der französische Strukturalismus]]'''
 
'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Strukturalismus#2.5 Claude Lévi-Strauss und der französische Strukturalismus| Nächstes Kapitel: 2.5 Claude Lévi-Strauss und der französische Strukturalismus]]'''
 
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[[#2.4 Der britische Funktionalismus|&uarr; Nach oben]]<br/>
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'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/UK_Funktionalismus#2.4 Der britische Funktionalismus| Vorheriges Kapitel: 2.4 Der britische Funktionalismus]]'''
 
'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/UK_Funktionalismus#2.4 Der britische Funktionalismus| Vorheriges Kapitel: 2.4 Der britische Funktionalismus]]'''
 
=2.5 Claude Lévi-Strauss und der französische Strukturalismus=
 
=2.5 Claude Lévi-Strauss und der französische Strukturalismus=
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'''Mit seiner anti-empiristischen Grundhaltung formulierte der Strukturalismus eine wichtige Gegenposition zum '''Funktionalismus[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/UK_Funktionalismus#2.4 Der britische Funktionalismus|[3]]]'''.''' Er wurde in den 1960er Jahren von einzelnen britischen AnthropologInnen wie '''Edmund Leach[http://en.wikipedia.org/wiki/Edmund_Leach  &#91;4&#93;]''' rezipiert und gab einen wesentlichen kritischen Impuls in der Abwendung vom Funktionalismus. <br/>
 
'''Mit seiner anti-empiristischen Grundhaltung formulierte der Strukturalismus eine wichtige Gegenposition zum '''Funktionalismus[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/UK_Funktionalismus#2.4 Der britische Funktionalismus|[3]]]'''.''' Er wurde in den 1960er Jahren von einzelnen britischen AnthropologInnen wie '''Edmund Leach[http://en.wikipedia.org/wiki/Edmund_Leach  &#91;4&#93;]''' rezipiert und gab einen wesentlichen kritischen Impuls in der Abwendung vom Funktionalismus. <br/>
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'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Symbolische_Anthropologie#2.6 Symbolische Anthropologie und konkurrierende Ansätze| Nächstes Kapitel: 2.6 Symbolische Anthropologie und konkurrierende Ansätze]]'''
 
'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Symbolische_Anthropologie#2.6 Symbolische Anthropologie und konkurrierende Ansätze| Nächstes Kapitel: 2.6 Symbolische Anthropologie und konkurrierende Ansätze]]'''
 
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[[#2.5 Claude Lévi-Strauss und der französische Strukturalismus|&uarr; Nach oben]]<br/>
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[[#2.5 Claude Lévi-Strauss und der französische Strukturalismus|&uarr; Nach oben]]
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'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Strukturalismus#2.5 Claude Lévi-Strauss und der französische Strukturalismus| Vorheriges Kapitel: 2.5 Claude Lévi-Strauss und der französische Strukturalismus]]'''
 
'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Strukturalismus#2.5 Claude Lévi-Strauss und der französische Strukturalismus| Vorheriges Kapitel: 2.5 Claude Lévi-Strauss und der französische Strukturalismus]]'''
 
=2.6 Symbolische Anthropologie und konkurrierende Ansätze=
 
=2.6 Symbolische Anthropologie und konkurrierende Ansätze=
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Die nachhaltigste Wirkung aber hatten die etwa zeitgleich entstehenden Strömungen der '''symbolischen und kognitiven Anthropologie'''. Diese idealistisch ausgerichteten Ansätze waren vor allem an Denkzusammenhängen und '''Weltbildern[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.4 Religion und Weltbild|[1]]]''' interessiert und führten die '''kulturrelativistische Tradition in den USA[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Boas#2.3 Franz Boas und der US-amerikanische Kulturrelativismus|[2]]]''' weiter. Ihr Ziel war es, eine Kultur in ihrer inneren Logik zu erfassen. Neben '''David Schneider[http://en.wikipedia.org/wiki/David_M._Schneider  &#91;3&#93;]''' (1918-1995) war der wohl bekannteste unter den VertreterInnen einer symbolischen Anthropologie '''Clifford Geertz[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Geertz#2.7 Clifford Geertz und die Folgen|[4]]]''' (1926-2006), der wie Schneider Kultur als "a system of symbols and meanings" verstand. Er prägte für seinen Ansatz den Begriff der "interpretive anthropology", der '''interpretativen Anthropologie'''. <br/>
 
Die nachhaltigste Wirkung aber hatten die etwa zeitgleich entstehenden Strömungen der '''symbolischen und kognitiven Anthropologie'''. Diese idealistisch ausgerichteten Ansätze waren vor allem an Denkzusammenhängen und '''Weltbildern[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.4 Religion und Weltbild|[1]]]''' interessiert und führten die '''kulturrelativistische Tradition in den USA[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Boas#2.3 Franz Boas und der US-amerikanische Kulturrelativismus|[2]]]''' weiter. Ihr Ziel war es, eine Kultur in ihrer inneren Logik zu erfassen. Neben '''David Schneider[http://en.wikipedia.org/wiki/David_M._Schneider  &#91;3&#93;]''' (1918-1995) war der wohl bekannteste unter den VertreterInnen einer symbolischen Anthropologie '''Clifford Geertz[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Geertz#2.7 Clifford Geertz und die Folgen|[4]]]''' (1926-2006), der wie Schneider Kultur als "a system of symbols and meanings" verstand. Er prägte für seinen Ansatz den Begriff der "interpretive anthropology", der '''interpretativen Anthropologie'''. <br/>
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'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Geertz#2.7 Clifford Geertz und die Folgen| Nächstes Kapitel: 2.7 Clifford Geertz und die Folgen]]'''
 
'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Geertz#2.7 Clifford Geertz und die Folgen| Nächstes Kapitel: 2.7 Clifford Geertz und die Folgen]]'''
 
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[[#2.6 Symbolische Anthropologie und konkurrierende Ansätze|&uarr; Nach oben]]<br/>
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'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Symbolische_Anthropologie#2.6 Symbolische Anthropologie und konkurrierende Ansätze| Vorheriges Kapitel: 2.6 Symbolische Anthropologie und konkurrierende Ansätze]]'''
 
'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Symbolische_Anthropologie#2.6 Symbolische Anthropologie und konkurrierende Ansätze| Vorheriges Kapitel: 2.6 Symbolische Anthropologie und konkurrierende Ansätze]]'''
 
=2.7 Clifford Geertz und die Folgen=
 
=2.7 Clifford Geertz und die Folgen=
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Die darauf aufbauende Auffassung, Ethnographien seien in ihrem konstruierten Charakter grundsätzlich nicht von literarischen Werken zu unterscheiden (Geertz 1988), wurde von anderen zur sogenannten "postmodernen" oder "literarischen Wende" (''literary turn'') der 1980er Jahre weiterentwickelt (Clifford und Marcus 1986; Marcus und Fischer 1986). Auch wenn die postmoderne Kritik bald als exzessiv beurteilt wurde, hat sie das Selbstverständnis des Faches mit ihrer Forderung nach Reflexivität - also nach der kritischen Einbeziehung der Rolle der/des AnthropologIn in der ethnographischen Konstruktion von Realität - doch entscheidend verändert. Mit der Überwindung übermäßig idealistischer postmoderner Positionen erfolgte seit den 1990er Jahren eine Hinwendung der KSA zu Perspektiven auf Globalisierung und Transnationalismus, die gemeinsam mit der methodischen Entsprechung der '''''multi-sited ethnography''[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.1 Ethnographische Feldforschung|[6]]]''' das Fach bis heute bestimmen. <br/>
 
Die darauf aufbauende Auffassung, Ethnographien seien in ihrem konstruierten Charakter grundsätzlich nicht von literarischen Werken zu unterscheiden (Geertz 1988), wurde von anderen zur sogenannten "postmodernen" oder "literarischen Wende" (''literary turn'') der 1980er Jahre weiterentwickelt (Clifford und Marcus 1986; Marcus und Fischer 1986). Auch wenn die postmoderne Kritik bald als exzessiv beurteilt wurde, hat sie das Selbstverständnis des Faches mit ihrer Forderung nach Reflexivität - also nach der kritischen Einbeziehung der Rolle der/des AnthropologIn in der ethnographischen Konstruktion von Realität - doch entscheidend verändert. Mit der Überwindung übermäßig idealistischer postmoderner Positionen erfolgte seit den 1990er Jahren eine Hinwendung der KSA zu Perspektiven auf Globalisierung und Transnationalismus, die gemeinsam mit der methodischen Entsprechung der '''''multi-sited ethnography''[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.1 Ethnographische Feldforschung|[6]]]''' das Fach bis heute bestimmen. <br/>
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'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Literatur#2.8 Literatur| %&% Kapitel: 2.8 Literatur]] '''
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'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Literatur#2.8 Literatur| Nächstes Kapitel: 2.8 Literatur]] '''
 
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[[#2.7 Clifford Geertz und die Folgen|&uarr; Nach oben]]<br/>
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'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Geertz#2.7 Clifford Geertz und die Folgen| Vorheriges Kapitel: 2.7 Clifford Geertz und die Folgen]]'''
 
'''[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Geertz#2.7 Clifford Geertz und die Folgen| Vorheriges Kapitel: 2.7 Clifford Geertz und die Folgen]]'''
 
=2.8 Literatur=
 
=2.8 Literatur=
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Kuper, Adam 1996: Anthropology and Anthropologists: The Modern British School. 3. Auflage. London: Routledge. <br/>
 
Kuper, Adam 1996: Anthropology and Anthropologists: The Modern British School. 3. Auflage. London: Routledge. <br/>
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'''[[%Lernunterlagentitelseite%|&crarr; Zurück zur Übersicht]]'''
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'''[[STEOP_-_Propaedeutikum_KSA|&crarr; Zurück zur Übersicht]]'''
 
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[[#2.8 Literatur|&uarr; Nach oben]] <br/>
 
[[#2.8 Literatur|&uarr; Nach oben]] <br/>
 
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'''[[%Lernunterlagentitelseite%|&crarr; Zurück zur Übersicht]]'''
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'''[[STEOP_-_Propaedeutikum_KSA|&crarr; Zurück zur Übersicht]]'''
 
=3 Themenbereiche=
 
=3 Themenbereiche=
<sup>verfasst von Elke Mader und Phillip Budka</sup>
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<sup>verfasst von Elke Mader und Philip Budka</sup>
 
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Auf den folgenden Seiten werden ausgewählte '''Themenbereiche und Forschungsfelder der Kultur- und Sozialanthropologie''' kurz vorgestellt. '''Detailinformationen''' können über die gesetzten '''Verlinkungen''' sowie die am Ende jedes Themenbereichs angeführte '''Literaturliste''' gefunden werden. <br/>
 
Auf den folgenden Seiten werden ausgewählte '''Themenbereiche und Forschungsfelder der Kultur- und Sozialanthropologie''' kurz vorgestellt. '''Detailinformationen''' können über die gesetzten '''Verlinkungen''' sowie die am Ende jedes Themenbereichs angeführte '''Literaturliste''' gefunden werden. <br/>
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==Inhaltsverzeichnis==
 
==Inhaltsverzeichnis==
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[[Themenbereiche_der_KSA#3 Themenbereiche|3 Themenbereiche]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA#3 Themenbereiche|3 Themenbereiche]]<br/>
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'''[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1 Religion| Nächstes Kapitel: 3.1 Religion]]'''
 
'''[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1 Religion| Nächstes Kapitel: 3.1 Religion]]'''
 
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[[#3 Themenbereiche|&uarr; Nach oben]]<br/>
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'''[[Themenbereiche_der_KSA#3 Themenbereiche| Vorheriges Kapitel: 3 Themenbereiche]]'''
 
'''[[Themenbereiche_der_KSA#3 Themenbereiche| Vorheriges Kapitel: 3 Themenbereiche]]'''
 
=3.1 Religion=
 
=3.1 Religion=
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*  das Spektrum religiöser Kultur in einer Gesellschaft<br/>
 
*  das Spektrum religiöser Kultur in einer Gesellschaft<br/>
 
*  religiöse '''Diversität[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2.1 Die Prämisse der Diversität|[5]]]''' in transnationalen Kontexten<br/>
 
*  religiöse '''Diversität[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2.1 Die Prämisse der Diversität|[5]]]''' in transnationalen Kontexten<br/>
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==Inhalt==
 
==Inhalt==
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<div class="eksa_toc">
 
<div class="eksa_toc">
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1 Religion|3.1 Religion]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1 Religion|3.1 Religion]]<br/>
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:[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.7 Literatur|3.1.7 Literatur]]<br/>
 
:[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.7 Literatur|3.1.7 Literatur]]<br/>
 
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'''Rituale stehen auch immer in Zusammenhang mit bestimmten Wertvorstellungen und Normen sowie mit dem Menschenbild bzw. dem Konzept der Person.''' Die Person wird in jedem religiösen Zusammenhang spezifisch definiert - etwa hinsichtlich ihrer ontologischen Komponenten wie z.B. Körper, Seele, Geist, Energie usw. Solche Menschenbilder hängen darüber hinaus mit religiösen Konzeptionen von Gesundheit und Krankheit zusammen. Religiöse Rituale reichen in diesem Sinne von per '''Trance[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.5.1 Schamanismus und "Ekstasetechnik"|[3]]]''' herbeigeführten Loslösungen der Seele vom Körper bis hin zur '''rituellen und spirituellen Heilung[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.5 Religion und spirituelle Erfahrung: Fallbeispiel Schamanismus|[4]]]''' von Krankheiten. Weiters sind religiöse '''Rituale in Natur[[Themenbereiche_der_KSA/Natur#3.5 Anthropologie der Natur|[5]]]''', Jahreszyklus und (land)wirschaftliche Tätigkeiten eingebunden, z.B. als kalendarische '''Rituale[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2 Ritual|[6]]]''', Agrarrituale oder Tauschrituale im Sinne von '''Catherine Bell[http://en.wikipedia.org/wiki/Catherine_Bell_%28religious_studies_scholar%29  &#91;7&#93;]''' (1997). Solche Rituale spiegeln auch die Verwobenheit religiöser Strukturen mit '''ökonomischen Zusammenhängen[[Themenbereiche_der_KSA/Oekonomische#3.6 Ökonomische Anthropologie|[8]]]''' wider, die sich teilweise gar darin manifestiert, dass religiöse Institutionen des Öfteren als einflussreiche ökonomische und politische Akteure auftreten. <br/>
 
'''Rituale stehen auch immer in Zusammenhang mit bestimmten Wertvorstellungen und Normen sowie mit dem Menschenbild bzw. dem Konzept der Person.''' Die Person wird in jedem religiösen Zusammenhang spezifisch definiert - etwa hinsichtlich ihrer ontologischen Komponenten wie z.B. Körper, Seele, Geist, Energie usw. Solche Menschenbilder hängen darüber hinaus mit religiösen Konzeptionen von Gesundheit und Krankheit zusammen. Religiöse Rituale reichen in diesem Sinne von per '''Trance[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.5.1 Schamanismus und "Ekstasetechnik"|[3]]]''' herbeigeführten Loslösungen der Seele vom Körper bis hin zur '''rituellen und spirituellen Heilung[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.5 Religion und spirituelle Erfahrung: Fallbeispiel Schamanismus|[4]]]''' von Krankheiten. Weiters sind religiöse '''Rituale in Natur[[Themenbereiche_der_KSA/Natur#3.5 Anthropologie der Natur|[5]]]''', Jahreszyklus und (land)wirschaftliche Tätigkeiten eingebunden, z.B. als kalendarische '''Rituale[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2 Ritual|[6]]]''', Agrarrituale oder Tauschrituale im Sinne von '''Catherine Bell[http://en.wikipedia.org/wiki/Catherine_Bell_%28religious_studies_scholar%29  &#91;7&#93;]''' (1997). Solche Rituale spiegeln auch die Verwobenheit religiöser Strukturen mit '''ökonomischen Zusammenhängen[[Themenbereiche_der_KSA/Oekonomische#3.6 Ökonomische Anthropologie|[8]]]''' wider, die sich teilweise gar darin manifestiert, dass religiöse Institutionen des Öfteren als einflussreiche ökonomische und politische Akteure auftreten. <br/>
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Wichtige Themen in Hinblick auf die Wechselwirkungen von Religion und Gesellschaft umfassen auch das Verhältnis von Religion/Missionierung und Kolonialismus (zu Mission und Kolonialismus in Lateinamerika vgl. '''Mader[[Chronisten_und_Missionare/Hans_Staden#1 Chronisten und Missionare|[3]]]''') oder die Zusammenhänge zwischen Religionen, Migration und Identität (vgl. Schmidt 2008: 161-196). <br/>
 
Wichtige Themen in Hinblick auf die Wechselwirkungen von Religion und Gesellschaft umfassen auch das Verhältnis von Religion/Missionierung und Kolonialismus (zu Mission und Kolonialismus in Lateinamerika vgl. '''Mader[[Chronisten_und_Missionare/Hans_Staden#1 Chronisten und Missionare|[3]]]''') oder die Zusammenhänge zwischen Religionen, Migration und Identität (vgl. Schmidt 2008: 161-196). <br/>
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'''Religion ist also nicht vom gesellschaftlichen Leben abgetrennt''', keine reine spirituelle Praxis, sie muss vielmehr als integraler Bestandteil sozialer Beziehungen, als eine eminent soziale Angelegenheit untersucht werden. Aus diesem '''theoretischen Zugang Durkheims[http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%89mile_Durkheim  &#91;3&#93;]''' entwickelte sich eine Fülle verschiedener Fragestellungen rund um den Zusammenhang von Religion und Individuum, Familie oder Gemeinschaft, mit denen sich die Kultur- und Sozialanthropologie sowie die Religionssoziologie seither beschäftigen. <br/>
 
'''Religion ist also nicht vom gesellschaftlichen Leben abgetrennt''', keine reine spirituelle Praxis, sie muss vielmehr als integraler Bestandteil sozialer Beziehungen, als eine eminent soziale Angelegenheit untersucht werden. Aus diesem '''theoretischen Zugang Durkheims[http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%89mile_Durkheim  &#91;3&#93;]''' entwickelte sich eine Fülle verschiedener Fragestellungen rund um den Zusammenhang von Religion und Individuum, Familie oder Gemeinschaft, mit denen sich die Kultur- und Sozialanthropologie sowie die Religionssoziologie seither beschäftigen. <br/>
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'''Religiöse Institutionen und Praktiken stehen in enger Verbindung mit politischen und sozialen Organisationsformen.''' <br/>
 
'''Religiöse Institutionen und Praktiken stehen in enger Verbindung mit politischen und sozialen Organisationsformen.''' <br/>
 
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Dies betrifft zum einen die Verflechtungen von '''Religion und Herrschaft''': Während spirituelle und soziale Funktionen bzw. Ämter häufig voneinander getrennt sind, kommt bzw. kam es in diversen kulturellen und historischen Kontexten auch zu einer weitgehenden Verschränkung von religiöser und politischer Macht. Beispiele dafür reichen u.a. von den katholischen Erzbischöfen in Mitteleuropa, den '''Inka- Herrschern im Andenraum[[Chronisten_und_Missionare/Poma_de_Alaya/Literatur#1.5 Poma de Ayala oder die Chronik der Eroberten|[1]]]''', westafrikanischen "Gottkönigen", dem Dalai Lama in Tibet bis zu '''Schamanen[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.5 Religion und spirituelle Erfahrung: Fallbeispiel Schamanismus|[2]]]''' in kleineren gesellschaftlichen Gefügen. <br/>
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Dies betrifft zum einen die Verflechtungen von '''Religion und Herrschaft''': Während spirituelle und soziale Funktionen bzw. Ämter häufig voneinander getrennt sind, kommt bzw. kam es in diversen kulturellen und historischen Kontexten auch zu einer weitgehenden Verschränkung von religiöser und politischer Macht. Beispiele dafür reichen u.a. von den katholischen Erzbischöfen in Mitteleuropa, den '''Inka- Herrschern im Andenraum[[Chronisten_und_Missionare/Poma_de_Alaya#1.5 Poma de Ayala oder die Chronik der Eroberten|[1]]]''', westafrikanischen "Gottkönigen", dem Dalai Lama in Tibet bis zu '''Schamanen[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.5 Religion und spirituelle Erfahrung: Fallbeispiel Schamanismus|[2]]]''' in kleineren gesellschaftlichen Gefügen. <br/>
 
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Zum anderen weist die Organisation religiöser Institutionen in vielen Fällen Parallelen zu gesellschaftlichen Strukturen auf. Die Verhältnisse des größeren sozialen Umfelds - etwa in Bezug auf Hierarchie und Egalität oder auch Genderbeziehungen - finden sich dort oft in ähnlicher Weise wieder. In gewissen Fällen können religiöse Gruppen jedoch auch konträre soziale Prinzipien verkörpern (z.B. egalitäre Prinzipien im Rahmen stark hierarchisierter soziopolitischer Gefüge). Schließlich existieren innerhalb großer Religionen (etwa im Buddhismus oder im Christentum) auch '''unterschiedliche Organisationsformen'''. <br/>
 
Zum anderen weist die Organisation religiöser Institutionen in vielen Fällen Parallelen zu gesellschaftlichen Strukturen auf. Die Verhältnisse des größeren sozialen Umfelds - etwa in Bezug auf Hierarchie und Egalität oder auch Genderbeziehungen - finden sich dort oft in ähnlicher Weise wieder. In gewissen Fällen können religiöse Gruppen jedoch auch konträre soziale Prinzipien verkörpern (z.B. egalitäre Prinzipien im Rahmen stark hierarchisierter soziopolitischer Gefüge). Schließlich existieren innerhalb großer Religionen (etwa im Buddhismus oder im Christentum) auch '''unterschiedliche Organisationsformen'''. <br/>
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Ein anderer Aspekt der Verwobenheit von Religion und Gesellschaft in '''Tibet[http://de.wikipedia.org/wiki/Tibet  &#91;5&#93;]''' war/ist das das weit verbreitete '''Klosterwesen''', das einen wesentlichen Aspekt der tibetischen Gesellschaft darstellt. Aus fast jeder Familie lebt mindestens ein junger Mann, in manchen Fällen auch eine Frau, in klösterlichen Einrichtungen. Die Klöster werden ökonomisch von der lokalen Bevölkerung unterstützt, diese sind wiederum für verschiedene dörfliche Rituale zuständig. So bestehen besonders enge Vernetzungen zwischen dem familiären bzw. dem dörflichen Verbund und den religiösen Institutionen. <br/>
 
Ein anderer Aspekt der Verwobenheit von Religion und Gesellschaft in '''Tibet[http://de.wikipedia.org/wiki/Tibet  &#91;5&#93;]''' war/ist das das weit verbreitete '''Klosterwesen''', das einen wesentlichen Aspekt der tibetischen Gesellschaft darstellt. Aus fast jeder Familie lebt mindestens ein junger Mann, in manchen Fällen auch eine Frau, in klösterlichen Einrichtungen. Die Klöster werden ökonomisch von der lokalen Bevölkerung unterstützt, diese sind wiederum für verschiedene dörfliche Rituale zuständig. So bestehen besonders enge Vernetzungen zwischen dem familiären bzw. dem dörflichen Verbund und den religiösen Institutionen. <br/>
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'''Verweise:'''
 
'''Verweise:'''
 
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[[Chronisten_und_Missionare/Poma_de_Alaya/Literatur#1.5 Poma de Ayala oder die Chronik der Eroberten|[1] Siehe Kapitel 1.5 der Lernunterlage ''Kultur- und Sozialanthropologie Lateinamerikas. Eine Einführung'']]<br/>
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[[Chronisten_und_Missionare/Poma_de_Alaya#1.5 Poma de Ayala oder die Chronik der Eroberten|[1] Siehe Kapitel 1.5 der Lernunterlage ''Kultur- und Sozialanthropologie Lateinamerikas. Eine Einführung'']]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.5 Religion und spirituelle Erfahrung: Fallbeispiel Schamanismus|[2] Siehe Kapitel 3.1.5]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.5 Religion und spirituelle Erfahrung: Fallbeispiel Schamanismus|[2] Siehe Kapitel 3.1.5]]<br/>
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.3 Was ist Gesellschaft?|[3] Siehe Kapitel 1.1.3]]<br/>
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.3 Was ist Gesellschaft?|[3] Siehe Kapitel 1.1.3]]<br/>
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Dabei werden religiöse Dogmen, die Anspruch auf die ausschließliche Wahrheit und Rechtmäßigkeit eines Glaubens erheben, immer wieder zu Wirkfaktoren im Rahmen von Intoleranz, Ausgrenzung und Abwertung. Nicht nur die religiöse Praxis der "Heiden", "Ketzer" oder "Ungläubigen" wird verteufelt, sondern damit verbunden auch ihr Wertsystems, ihre gesamte Lebensführung bzw. ihre kulturellen Praktiken. Solche Diskurse wurden und werden sowohl von kleineren extremistischen Verbänden als auch von dominanten gesellschaftlichen Gruppierungen zur Rechtfertigung von Konflikt und Gewalt verwendet. <br/>
 
Dabei werden religiöse Dogmen, die Anspruch auf die ausschließliche Wahrheit und Rechtmäßigkeit eines Glaubens erheben, immer wieder zu Wirkfaktoren im Rahmen von Intoleranz, Ausgrenzung und Abwertung. Nicht nur die religiöse Praxis der "Heiden", "Ketzer" oder "Ungläubigen" wird verteufelt, sondern damit verbunden auch ihr Wertsystems, ihre gesamte Lebensführung bzw. ihre kulturellen Praktiken. Solche Diskurse wurden und werden sowohl von kleineren extremistischen Verbänden als auch von dominanten gesellschaftlichen Gruppierungen zur Rechtfertigung von Konflikt und Gewalt verwendet. <br/>
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Geertz' Zugang zu Religion erinnert entfernt an '''Durkheims[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.2.1 Émile Durkheim|[7]]]''' These, dass '''das Religiöse bzw. das Göttliche mit dem Sozialen gleichzusetzen''' sei. Für Geertz steht zwar das '''Kulturelle[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.8 Was ist "das Kulturelle"?|[8]]]''' im Gegensatz zum '''Sozialen[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.9 Was ist "das Soziale"?|[9]]]''' im Vordergrund seiner Überlegungen, jedoch spielt Religion dabei eine fast ebenso zentrale Rolle wie bei Durkheim, weil sie aus Geertz' Perspektive einen wesentlichen Teil des kulturellen Bedeutungssystems ausmacht. Zudem verstanden sowohl Durkheim die Gesellschaft als auch Geertz die Kultur gleichermaßen als '''dynamische Systeme''', die sich stetig verändern, die '''unterschiedlichen Interpretationen unterliegen''' und immer mit '''Handlungen''' sowie mit '''sozialen Beziehungen''' verknüpft sind. <br/>
 
Geertz' Zugang zu Religion erinnert entfernt an '''Durkheims[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.2.1 Émile Durkheim|[7]]]''' These, dass '''das Religiöse bzw. das Göttliche mit dem Sozialen gleichzusetzen''' sei. Für Geertz steht zwar das '''Kulturelle[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.8 Was ist "das Kulturelle"?|[8]]]''' im Gegensatz zum '''Sozialen[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.9 Was ist "das Soziale"?|[9]]]''' im Vordergrund seiner Überlegungen, jedoch spielt Religion dabei eine fast ebenso zentrale Rolle wie bei Durkheim, weil sie aus Geertz' Perspektive einen wesentlichen Teil des kulturellen Bedeutungssystems ausmacht. Zudem verstanden sowohl Durkheim die Gesellschaft als auch Geertz die Kultur gleichermaßen als '''dynamische Systeme''', die sich stetig verändern, die '''unterschiedlichen Interpretationen unterliegen''' und immer mit '''Handlungen''' sowie mit '''sozialen Beziehungen''' verknüpft sind. <br/>
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*  Konkretere Aspekte werden in jenen anthropologischen Arbeiten herangezogen, die Weltbild '''als Kosmologie''', etwa im Sinne einer spirituellen Geographie, begreifen. Dabei geht es um die Frage, wie sich Menschen in diversen kulturellen und/oder religiösen Konfigurationen die Welt vorstellen, also wie verschiedene "''imagines mundi''" gestaltet sind.<br/>
 
*  Konkretere Aspekte werden in jenen anthropologischen Arbeiten herangezogen, die Weltbild '''als Kosmologie''', etwa im Sinne einer spirituellen Geographie, begreifen. Dabei geht es um die Frage, wie sich Menschen in diversen kulturellen und/oder religiösen Konfigurationen die Welt vorstellen, also wie verschiedene "''imagines mundi''" gestaltet sind.<br/>
 
*  Ein weiteres Untersuchungsfeld betrifft Weltbilder als '''ideologische Gefüge''' im Sinne eines Ideen- und Wertsystems, das im Kontext der sozialen Beziehungen analysiert wird (Dumont 1966/1976: 56ff.). In diesem Gefüge nimmt die Theorie der Person als Ausdruck eines kulturspezifischen Weltbilds einen wichtigen Platz ein: Sie manifestiert sich u.a. in religiösen Praktiken, '''Mythen[[Themenbereiche_der_KSA/Mythen#3.7 Anthropologie der Mythen|[5]]]''' oder '''Ritualen[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2 Ritual|[6]]]''' und ist aufs engste mit der Konstruktion von Status und der Dynamik der sozialen Beziehungen verbunden.<br/>
 
*  Ein weiteres Untersuchungsfeld betrifft Weltbilder als '''ideologische Gefüge''' im Sinne eines Ideen- und Wertsystems, das im Kontext der sozialen Beziehungen analysiert wird (Dumont 1966/1976: 56ff.). In diesem Gefüge nimmt die Theorie der Person als Ausdruck eines kulturspezifischen Weltbilds einen wichtigen Platz ein: Sie manifestiert sich u.a. in religiösen Praktiken, '''Mythen[[Themenbereiche_der_KSA/Mythen#3.7 Anthropologie der Mythen|[5]]]''' oder '''Ritualen[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2 Ritual|[6]]]''' und ist aufs engste mit der Konstruktion von Status und der Dynamik der sozialen Beziehungen verbunden.<br/>
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Das Wort "Schamane" stammt aus '''Sibirien[http://de.wikipedia.org/wiki/Sibirien  &#91;3&#93;]''' und bezeichnet heute in Wissenschaft und Alltagssprache ein breites Spektrum von Personen, die mit Hilfe von Ritualen und spirituellen Kräften auf verschiedene Lebensbereiche, auf Mensch, Natur und Übernatürliches einwirken. '''Schamanismus ist keine einheitliche Religion, sondern eine kulturübergreifende Form spiritueller Wahrnehmung und Praxis''' (vgl. u.a. Vitebsky 1998). <br/>
 
Das Wort "Schamane" stammt aus '''Sibirien[http://de.wikipedia.org/wiki/Sibirien  &#91;3&#93;]''' und bezeichnet heute in Wissenschaft und Alltagssprache ein breites Spektrum von Personen, die mit Hilfe von Ritualen und spirituellen Kräften auf verschiedene Lebensbereiche, auf Mensch, Natur und Übernatürliches einwirken. '''Schamanismus ist keine einheitliche Religion, sondern eine kulturübergreifende Form spiritueller Wahrnehmung und Praxis''' (vgl. u.a. Vitebsky 1998). <br/>
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Die schamanische Kognition ist aufs engste mit dem schamanischen Weltbild verbunden und erstreckt sich auf verschiedene Dimensionen der Welt. SchamanInnen müssen mehr bzw. weiter sehen und eine komplexere Realität wahrnehmen, als es für das Alltagshandeln erforderlich ist. Sie nehmen die spirituellen Aspekte der verschiedenen Wesen und Naturerscheinungen wahr und können mit der geistigen Welt bzw. der Welt der Geister kommunizieren und interagieren. <br/>
 
Die schamanische Kognition ist aufs engste mit dem schamanischen Weltbild verbunden und erstreckt sich auf verschiedene Dimensionen der Welt. SchamanInnen müssen mehr bzw. weiter sehen und eine komplexere Realität wahrnehmen, als es für das Alltagshandeln erforderlich ist. Sie nehmen die spirituellen Aspekte der verschiedenen Wesen und Naturerscheinungen wahr und können mit der geistigen Welt bzw. der Welt der Geister kommunizieren und interagieren. <br/>
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Schamanische Praktiken sind keineswegs statisch, sondern werden immer wieder an neue Konditionen angepasst. Ein Beispiel für die Vielfalt und Aktualität schamanischer Praktiken ist Tuva in Zentralsibirien (vgl. '''"Die Klinik der Schamanen"[http://www.youtube.com/watch?v=5pIOfhyVi_g  &#91;1&#93;]''' GEO 360, Ute Gebhardt 2005) an der Grenze zur Mongolei. Nachdem SchamanInnen und ihre Praktiken in Sibirien zur Zeit der Sowjetunion ausgegrenzt waren und teilweise verfolgt wurden, haben sie - nicht nur in Tuva - mittlerweile einen neuen Stellenwert und hohe Wertschätzung erlangt, wobei einerseits alte Traditionen revitalisiert und andererseits neue Aktionsfelder eröffnet wurden. <br/>
 
Schamanische Praktiken sind keineswegs statisch, sondern werden immer wieder an neue Konditionen angepasst. Ein Beispiel für die Vielfalt und Aktualität schamanischer Praktiken ist Tuva in Zentralsibirien (vgl. '''"Die Klinik der Schamanen"[http://www.youtube.com/watch?v=5pIOfhyVi_g  &#91;1&#93;]''' GEO 360, Ute Gebhardt 2005) an der Grenze zur Mongolei. Nachdem SchamanInnen und ihre Praktiken in Sibirien zur Zeit der Sowjetunion ausgegrenzt waren und teilweise verfolgt wurden, haben sie - nicht nur in Tuva - mittlerweile einen neuen Stellenwert und hohe Wertschätzung erlangt, wobei einerseits alte Traditionen revitalisiert und andererseits neue Aktionsfelder eröffnet wurden. <br/>
 
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'''Schamanismus wird meist mit und neben anderen Religionen praktiziert.''' So bestehen vielfältige Typen von interreligiösen Beziehungen zwischen schamanischen Praktiken und anderen religiösen Gefügen. Die Beziehungen und Interaktionen können durch Vermischung oder Abgrenzung geprägt sein und umfassen verschiedene Formen von Parallelismus (zwei oder mehrere Religionen werden von einer Person gleichzeitig praktiziert) und Synkretismus (Elemente aus verschiedenen Religionen vermischen sich). Beispiele für Synkretismus sind unter anderem das Verhältnis von Schamanismus und Buddhismus in Tuva, der Mongolei und Tibet (z.B. im Rahmen der '''Bön-Religion[[Ethnische_Religionen/Boen/Klassischer_Evolutionismus#2.1 Bön in Tibet|[2]]]''') sowie die Verbindungen von Schamanismus und Islam in Zentralasien oder im '''Iran[http://de.wikipedia.org/wiki/Iran  &#91;3&#93;]'''. <br/>
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'''Schamanismus wird meist mit und neben anderen Religionen praktiziert.''' So bestehen vielfältige Typen von interreligiösen Beziehungen zwischen schamanischen Praktiken und anderen religiösen Gefügen. Die Beziehungen und Interaktionen können durch Vermischung oder Abgrenzung geprägt sein und umfassen verschiedene Formen von Parallelismus (zwei oder mehrere Religionen werden von einer Person gleichzeitig praktiziert) und Synkretismus (Elemente aus verschiedenen Religionen vermischen sich). Beispiele für Synkretismus sind unter anderem das Verhältnis von Schamanismus und Buddhismus in Tuva, der Mongolei und Tibet (z.B. im Rahmen der '''Bön-Religion[[Ethnische_Religionen/Boen#2.1 Bön in Tibet|[2]]]''') sowie die Verbindungen von Schamanismus und Islam in Zentralasien oder im '''Iran[http://de.wikipedia.org/wiki/Iran  &#91;3&#93;]'''. <br/>
 
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Transkulturelle Interaktionen im Zuge der '''Globalisierung[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4 Globalisierung|[4]]]''' manifestieren sich auch im Rahmen eines '''spirituellen Tourismus''', der viele Parallelen zur Pilgerfahrt aufweist (vgl. Mader 2002). Dabei überschneiden sich religiöse bzw. spirituelle Anliegen mit der Suche nach Gesundheit bzw. Wellness sowie touristischen Erlebniswelten. <br/>
 
Transkulturelle Interaktionen im Zuge der '''Globalisierung[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4 Globalisierung|[4]]]''' manifestieren sich auch im Rahmen eines '''spirituellen Tourismus''', der viele Parallelen zur Pilgerfahrt aufweist (vgl. Mader 2002). Dabei überschneiden sich religiöse bzw. spirituelle Anliegen mit der Suche nach Gesundheit bzw. Wellness sowie touristischen Erlebniswelten. <br/>
 
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Zur Dynamik des Schamanismus in verschiedenen kulturellen und sozialen Kontexten vgl. u.a. '''Hoppal[http://www.folklore.ee/folklore/vol2/hoppal.htm  &#91;5&#93;]''' 1996, Van Bussel und Steinmann 1998. Für weitere Ausführungen zum Schamanismus (in Lateinamerika) siehe beispielsweise das Kapitel von Mader zu '''Kognition und Bewusstsein[http://www.lateinamerika-studien.at/content/kultur/ethnologie/ethnologie-610.html  &#91;6&#93;]''' in der '''Kultur- und Sozialanthropologie Lateinamerikas[[Kultur-_und_Sozialanthropologie_Lateinamerikas_-_Eine_Einführung|[7]]]'''. <br/>
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Zur Dynamik des Schamanismus in verschiedenen kulturellen und sozialen Kontexten vgl. u.a. '''Hoppal[http://www.folklore.ee/folklore/vol2/hoppal.htm  &#91;5&#93;]''' 1996, Van Bussel und Steinmann 1998. Für weitere Ausführungen zum Schamanismus (in Lateinamerika) siehe beispielsweise das Kapitel von Mader zu '''Kognition und Bewusstsein[[Schamanismus/Kognition_und_Bewusstsein#6.5 Kognition und Bewusstsein|[6]]]''' in der '''Kultur- und Sozialanthropologie Lateinamerikas[[Kultur-_und_Sozialanthropologie_Lateinamerikas_-_Eine_Einführung|[7]]]'''. <br/>
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[http://www.youtube.com/watch?v=5pIOfhyVi_g  &#91;1&#93; http://www.youtube.com/watch?v=5pIOfhyVi_g]<br/>
 
[http://www.youtube.com/watch?v=5pIOfhyVi_g  &#91;1&#93; http://www.youtube.com/watch?v=5pIOfhyVi_g]<br/>
[[Ethnische_Religionen/Boen/Klassischer_Evolutionismus#2.1 Bön in Tibet|[2] Siehe Kapitel 2.1 der Lernunterlage ''Einführung in die Religions- und Bewusstseinsforschung - Das Spektrum der Religionen'']]<br/>
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[[Ethnische_Religionen/Boen#2.1 Bön in Tibet|[2] Siehe Kapitel 2.1 der Lernunterlage ''Einführung in die Religions- und Bewusstseinsforschung - Das Spektrum der Religionen'']]<br/>
 
[http://de.wikipedia.org/wiki/Iran  &#91;3&#93; http://de.wikipedia.org/wiki/Iran]<br/>
 
[http://de.wikipedia.org/wiki/Iran  &#91;3&#93; http://de.wikipedia.org/wiki/Iran]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4 Globalisierung|[4] Siehe Kapitel 3.4]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4 Globalisierung|[4] Siehe Kapitel 3.4]]<br/>
 
[http://www.folklore.ee/folklore/vol2/hoppal.htm  &#91;5&#93; http://www.folklore.ee/folklore/vol2/hoppal.htm]<br/>
 
[http://www.folklore.ee/folklore/vol2/hoppal.htm  &#91;5&#93; http://www.folklore.ee/folklore/vol2/hoppal.htm]<br/>
[http://www.lateinamerika-studien.at/content/kultur/ethnologie/ethnologie-610.html  &#91;6&#93; http://www.lateinamerika-studien.at/content/kultur/ethnologie/ethnologie-610.html]<br/>
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[[Schamanismus/Kognition_und_Bewusstsein#6.5 Kognition und Bewusstsein|[6] Siehe Kapitel 6.5 der Lernunterlage ''Kultur- und Sozialanthropologie Lateinamerikas. Eine Einführung'']]<br/><br/>
 
[[Kultur-_und_Sozialanthropologie_Lateinamerikas_-_Eine_Einführung|[7] Siehe die Lernunterlage ''Kultur- und Sozialanthropologie Lateinamerikas. Eine Einführung'']]
 
[[Kultur-_und_Sozialanthropologie_Lateinamerikas_-_Eine_Einführung|[7] Siehe die Lernunterlage ''Kultur- und Sozialanthropologie Lateinamerikas. Eine Einführung'']]
 
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Für Beispiele zu digitalen religiösen Praktiken vgl. u.a. '''Online - Heidelberg Journal of Religions on the Internet[http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/ojs/index.php/religions/index  &#91;6&#93;]''' oder '''Cyber-Orient. Online Journal of the Virtual Middle East[http://www.cyberorient.net/  &#91;7&#93;]'''. <br/>
 
Für Beispiele zu digitalen religiösen Praktiken vgl. u.a. '''Online - Heidelberg Journal of Religions on the Internet[http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/ojs/index.php/religions/index  &#91;6&#93;]''' oder '''Cyber-Orient. Online Journal of the Virtual Middle East[http://www.cyberorient.net/  &#91;7&#93;]'''. <br/>
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Eine besondere Dimension dieses religiösen Komplexes stellen '''Afrikas Digitale Diaspora Religionen[[Transformationen_in_afrikanischen_Religionen/ADDR#5.3 Afrikas Digitale Diaspora Religionen (ADDR)|[3]]]''' dar. Durch die Entwicklung des Internets bzw. des Cyberspace hat auch das Studium von und die Beschäftigung mit traditionellen afrikanischen Religionen und vor allem mit ihren Derivaten in der afrikanischen Diaspora eine neue Dimension dazu gewonnen. Die Bezeichnung "Afrikas Digitale Diaspora" verweist auf die afrikanische Besiedlung des '''Cyberspace[http://en.wikipedia.org/wiki/Cyberspace  &#91;4&#93;]''' und die damit einhergehenden neuen Kulturentwicklungen (vgl. Kremser 2003). <br/>
 
Eine besondere Dimension dieses religiösen Komplexes stellen '''Afrikas Digitale Diaspora Religionen[[Transformationen_in_afrikanischen_Religionen/ADDR#5.3 Afrikas Digitale Diaspora Religionen (ADDR)|[3]]]''' dar. Durch die Entwicklung des Internets bzw. des Cyberspace hat auch das Studium von und die Beschäftigung mit traditionellen afrikanischen Religionen und vor allem mit ihren Derivaten in der afrikanischen Diaspora eine neue Dimension dazu gewonnen. Die Bezeichnung "Afrikas Digitale Diaspora" verweist auf die afrikanische Besiedlung des '''Cyberspace[http://en.wikipedia.org/wiki/Cyberspace  &#91;4&#93;]''' und die damit einhergehenden neuen Kulturentwicklungen (vgl. Kremser 2003). <br/>
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Vitebsky, Piers 1998: Schamanismus. München: Knaur. <br/>
 
Vitebsky, Piers 1998: Schamanismus. München: Knaur. <br/>
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'''[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2 Ritual| Nächstes Kapitel: 3.2 Ritual]]'''
 
'''[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2 Ritual| Nächstes Kapitel: 3.2 Ritual]]'''
 
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[[#3.1 Religion|&uarr; Nach oben]]<br/>
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[[#3.1 Religion|&uarr; Nach oben]]
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'''[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1 Religion| Vorheriges Kapitel: 3.1 Religion]]'''
 
'''[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1 Religion| Vorheriges Kapitel: 3.1 Religion]]'''
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=3.2 Ritual=
 
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<sup>verfasst von Elke Mader</sup>
 
<sup>verfasst von Elke Mader</sup>
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'''Rituale sind spezifische Formen des performativen und symbolischen Handelns''', die mit vielen Bereichen des Lebens verbunden sind. Sie sind prozessual, transformativ und dynamisch, aber auch durch eine beständige Wiederholung von Handlungsabläufen gekennzeichnet. Sie wirken auf Menschen ein und werden von ihnen aktiv gestaltet, sie repräsentieren und bestärken soziale, kulturelle oder politische Ordnungen oder stellen sie in Frage. Ihre Inhalte sind ebenso vielfältig wie ihre Ausdrucksmittel und es ist müßig nach einer essentialistischen Definition zu suchen, die festlegen will, was zu allen Zeiten und in allen Kulturen unter Ritual zu verstehen ist. <br/>
 
'''Rituale sind spezifische Formen des performativen und symbolischen Handelns''', die mit vielen Bereichen des Lebens verbunden sind. Sie sind prozessual, transformativ und dynamisch, aber auch durch eine beständige Wiederholung von Handlungsabläufen gekennzeichnet. Sie wirken auf Menschen ein und werden von ihnen aktiv gestaltet, sie repräsentieren und bestärken soziale, kulturelle oder politische Ordnungen oder stellen sie in Frage. Ihre Inhalte sind ebenso vielfältig wie ihre Ausdrucksmittel und es ist müßig nach einer essentialistischen Definition zu suchen, die festlegen will, was zu allen Zeiten und in allen Kulturen unter Ritual zu verstehen ist. <br/>
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==Inhalt==
 
==Inhalt==
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<div class="eksa_toc">
 
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[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2 Ritual|3.2 Ritual]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2 Ritual|3.2 Ritual]]<br/>
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:[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2.6 Literatur|3.2.6 Literatur]]<br/>
 
:[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2.6 Literatur|3.2.6 Literatur]]<br/>
 
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Viele Studien beschäftigen sich auch mit den Grenzen bzw. Verflechtungen zwischen Ritualen und anderen Handlungsfeldern, etwa in Zusammenhang mit Politik, Sport oder Performance. Dabei ist oft von den rituellen Dimensionen/Aspekten diverser Phänomene oder von deren Ritualisierung die Rede. <br/>
 
Viele Studien beschäftigen sich auch mit den Grenzen bzw. Verflechtungen zwischen Ritualen und anderen Handlungsfeldern, etwa in Zusammenhang mit Politik, Sport oder Performance. Dabei ist oft von den rituellen Dimensionen/Aspekten diverser Phänomene oder von deren Ritualisierung die Rede. <br/>
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Die Genres ritueller Handlungen von Catherine Bell bilden keine umfassenden oder einander ausschließenden Kategorien, sondern stellen jeweils unterschiedliche Aspekte von Ritualen in den Vordergrund. Sie verweisen einerseits auf die Vielfalt von Formen und Kontexten, andererseits auf einige grundlegende Gemeinsamkeiten von ritueller Praxis. <br/>
 
Die Genres ritueller Handlungen von Catherine Bell bilden keine umfassenden oder einander ausschließenden Kategorien, sondern stellen jeweils unterschiedliche Aspekte von Ritualen in den Vordergrund. Sie verweisen einerseits auf die Vielfalt von Formen und Kontexten, andererseits auf einige grundlegende Gemeinsamkeiten von ritueller Praxis. <br/>
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Neue Tendenzen in der '''Ritualforschung''' beschäftigen sich auch verstärkt mit "''boundary questions''": Zum einen geht es dabei um die Funktion von Ritualen in Zusammenhang mit der Konstruktion von Unterschieden und deren Markierung, zum anderen um die Überbrückung und Überschreitung von sozialen, '''kulturellen[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.8 Was ist "das Kulturelle"?|[2]]]''', kognitiven aber auch fachlichen Grenzen (vgl. Grimes 2006:12). Weiters rücken auch die "Ränder des Rituals" (Oppitz 2007) in das Zentrum von Studien: Dazu zählen Handlungen und Vorstellungen, die rund um rituelle Ereignisse zu finden und auf verschiedenen Ebenen mit diesen vernetzt sind. <br/>
 
Neue Tendenzen in der '''Ritualforschung''' beschäftigen sich auch verstärkt mit "''boundary questions''": Zum einen geht es dabei um die Funktion von Ritualen in Zusammenhang mit der Konstruktion von Unterschieden und deren Markierung, zum anderen um die Überbrückung und Überschreitung von sozialen, '''kulturellen[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.8 Was ist "das Kulturelle"?|[2]]]''', kognitiven aber auch fachlichen Grenzen (vgl. Grimes 2006:12). Weiters rücken auch die "Ränder des Rituals" (Oppitz 2007) in das Zentrum von Studien: Dazu zählen Handlungen und Vorstellungen, die rund um rituelle Ereignisse zu finden und auf verschiedenen Ebenen mit diesen vernetzt sind. <br/>
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Während ältere Studien Rituale oft als statisch interpretierten, steht heute die '''Ritualdynamik im Mittelpunkt des Forschungsinteresses''' (vgl. Michaels 2007:6). Dazu zählen auch die vielfältigen Interaktionen von '''Ritualen mit Medien[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2.5 Rituale und Medien|[3]]]''', Sport, Politik oder Umwelt. Ein dementsprechendes rituelles Gefüge umgibt zum Beispiel den Fußballsport als besonderen Feld, auf dem diverse Grenzen und Grenzüberschreitungen inszeniert und verhandelt werden und dessen rituell/performative Dimension unter anderem mit der '''Ritualisierung von Geschlecht[[Themenbereiche_der_KSA/Gender#3.9.7 Gender in Mythen und Kino|[4]]]''' verwoben ist (u.a. als "Spektakel" und "Arena" von Männlichkeit, vgl. Kreisky und Spitaler 2006). <br/>
 
Während ältere Studien Rituale oft als statisch interpretierten, steht heute die '''Ritualdynamik im Mittelpunkt des Forschungsinteresses''' (vgl. Michaels 2007:6). Dazu zählen auch die vielfältigen Interaktionen von '''Ritualen mit Medien[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2.5 Rituale und Medien|[3]]]''', Sport, Politik oder Umwelt. Ein dementsprechendes rituelles Gefüge umgibt zum Beispiel den Fußballsport als besonderen Feld, auf dem diverse Grenzen und Grenzüberschreitungen inszeniert und verhandelt werden und dessen rituell/performative Dimension unter anderem mit der '''Ritualisierung von Geschlecht[[Themenbereiche_der_KSA/Gender#3.9.7 Gender in Mythen und Kino|[4]]]''' verwoben ist (u.a. als "Spektakel" und "Arena" von Männlichkeit, vgl. Kreisky und Spitaler 2006). <br/>
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*  regionaler und transkultureller Ritualtransfer. Dazu zählen sowohl Praktiken in Zusammenhang mit Missionierung und Kolonialismus als auch neue Wege der Zirkulation von Ritualen im Zuge der '''Globalisierung[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4 Globalisierung|[3]]]''' (vgl. u.a. Grünwedel 2008 für den sibirischen '''Schamanismus[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.5 Religion und spirituelle Erfahrung: Fallbeispiel Schamanismus|[4]]]'''). Der Transfer von ritueller Praxis steht auch in enger Beziehung mit Migration und '''Transnationalismus[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.4 Transnationalismus und Transnationalisierung|[5]]]''' (vgl. u.a. Mader 2006).<br/>
 
*  regionaler und transkultureller Ritualtransfer. Dazu zählen sowohl Praktiken in Zusammenhang mit Missionierung und Kolonialismus als auch neue Wege der Zirkulation von Ritualen im Zuge der '''Globalisierung[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4 Globalisierung|[3]]]''' (vgl. u.a. Grünwedel 2008 für den sibirischen '''Schamanismus[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.5 Religion und spirituelle Erfahrung: Fallbeispiel Schamanismus|[4]]]'''). Der Transfer von ritueller Praxis steht auch in enger Beziehung mit Migration und '''Transnationalismus[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.4 Transnationalismus und Transnationalisierung|[5]]]''' (vgl. u.a. Mader 2006).<br/>
 
*  Repräsentation und Erweiterung von '''Ritualen in/durch Medien[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2.5 Rituale und Medien|[6]]]'''.<br/>
 
*  Repräsentation und Erweiterung von '''Ritualen in/durch Medien[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2.5 Rituale und Medien|[6]]]'''.<br/>
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Forschungen zu verschiedenen Dimensionen religiöser Rituale bilden auch einen wichtigen Aspekt der '''Anthropologie der Religion[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1 Religion|[2]]]''' (Religionsethnologie)'''. <br/>
 
Forschungen zu verschiedenen Dimensionen religiöser Rituale bilden auch einen wichtigen Aspekt der '''Anthropologie der Religion[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1 Religion|[2]]]''' (Religionsethnologie)'''. <br/>
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Wichtige Grundlagen dieser Forschungsrichtung stammen von '''Émile Durkheim[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.2.1 Émile Durkheim|[3]]]''' (1912/1981). So betont Durkheim, dass eine Gesellschaft eine moralische Gemeinschaft darstellt, welche die Solidarität zwischen den Menschen durch Riten kreiert und fördert. Rituale haben belebende Kraft für das soziale Leben und implizieren Handlungsweisen und Verhaltensregeln, die es dem Menschen ermöglichen, aus dem Alltag heraus in einen speziellen Zustand zu gelangen. Auf diese Art und Weise schaffen Rituale soziale Beziehungen. <br/>
 
Wichtige Grundlagen dieser Forschungsrichtung stammen von '''Émile Durkheim[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.2.1 Émile Durkheim|[3]]]''' (1912/1981). So betont Durkheim, dass eine Gesellschaft eine moralische Gemeinschaft darstellt, welche die Solidarität zwischen den Menschen durch Riten kreiert und fördert. Rituale haben belebende Kraft für das soziale Leben und implizieren Handlungsweisen und Verhaltensregeln, die es dem Menschen ermöglichen, aus dem Alltag heraus in einen speziellen Zustand zu gelangen. Auf diese Art und Weise schaffen Rituale soziale Beziehungen. <br/>
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'''Victor Turner[http://de.wikipedia.org/wiki/Victor_Turner  &#91;2&#93;]''' (1987) erweitert das Strukturschema der Übergangsriten von van Gennep. Mittels der Integration soziologischer und symbolistischer Ansätze untersucht er den rituellen Prozess und seine soziale Bedeutung, insbesondere die sozialen Merkmale der Schwellenphase sowie das Verhältnis von Struktur und Anti- Struktur. Weiters erkannte er früh die '''kreativen und dynamischen Dimensionen von Ritualen''' sowie ihr Naheverhältnis zu anderen Formen von '''Performanz'''. <br/>
 
'''Victor Turner[http://de.wikipedia.org/wiki/Victor_Turner  &#91;2&#93;]''' (1987) erweitert das Strukturschema der Übergangsriten von van Gennep. Mittels der Integration soziologischer und symbolistischer Ansätze untersucht er den rituellen Prozess und seine soziale Bedeutung, insbesondere die sozialen Merkmale der Schwellenphase sowie das Verhältnis von Struktur und Anti- Struktur. Weiters erkannte er früh die '''kreativen und dynamischen Dimensionen von Ritualen''' sowie ihr Naheverhältnis zu anderen Formen von '''Performanz'''. <br/>
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[[File:einfpropaedksa-74_1.jpg|thumb|250px|right|Foto: Zulu Frauen und Mädchen bei einem Fest, Quelle: [flickr.com](http://www.flickr.com/photos/waltercallens/6559744165/in/photostream/)]]
 
[[File:einfpropaedksa-74_1.jpg|thumb|250px|right|Foto: Zulu Frauen und Mädchen bei einem Fest, Quelle: [flickr.com](http://www.flickr.com/photos/waltercallens/6559744165/in/photostream/)]]
 
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In der Folge von Émile Durkheim, der die Bedeutung von Ritualen für gesellschaftliche Solidarität hervorhebt, betont der britische Sozialanthropologe '''Max Gluckman[[Geschichte_der_Organisations-_und_Betriebsanthropologie/Manchester/Diffusionismus_und_Kulturkreislehre#2.2.1 Max Gluckman und die Manchester School|[1]]]''' ihren Stellenwert im Rahmen des Umgangs mit Spannungen und Konflikten. Für Gluckmann sind '''Rituale primär Ausdruck sozialer Spannungen''': Im Rahmen der performativen Handlungen zeigen sie oft dramatisch Konfliktlinien auf und stellen erst am Ende wieder soziale Einigkeit her. <br/>
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In der Folge von Émile Durkheim, der die Bedeutung von Ritualen für gesellschaftliche Solidarität hervorhebt, betont der britische Sozialanthropologe '''Max Gluckman[[Geschichte_der_Organisations-_und_Betriebsanthropologie/Manchester#2.2.1 Max Gluckman und die Manchester School|[1]]]''' ihren Stellenwert im Rahmen des Umgangs mit Spannungen und Konflikten. Für Gluckmann sind '''Rituale primär Ausdruck sozialer Spannungen''': Im Rahmen der performativen Handlungen zeigen sie oft dramatisch Konfliktlinien auf und stellen erst am Ende wieder soziale Einigkeit her. <br/>
 
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In "Ritualen der Rebellion" wird der Status quo sozialer Hierarchien auf den Kopf gestellt, die normalen Regeln von Ordnung und Autorität werden ausgesetzt. Als Beispiel führt Gluckman unter anderem Agrarriten der Zulu in Südafrika an, in denen die Gender-Hierarchien umgekehrt werden: Die Frauen kleiden sich im Ritual als Männer und führen all jene Handlungen durch, die im Alltag den Männern vorbehalten sind. Diese temporäre Inversion der patriarchalen Gesellschaftsordnung trägt dazu bei, ihr Konfliktpotential einzuschränken. Das Ziel von '''"Ritualen der Rebellion"''' besteht laut Gluckmann darin, Konflikte zum Ausdruck zu bringen und dadurch das soziale Gleichgewicht zu erhalten (vgl. Bell 1997: 38-39). <br/>
 
In "Ritualen der Rebellion" wird der Status quo sozialer Hierarchien auf den Kopf gestellt, die normalen Regeln von Ordnung und Autorität werden ausgesetzt. Als Beispiel führt Gluckman unter anderem Agrarriten der Zulu in Südafrika an, in denen die Gender-Hierarchien umgekehrt werden: Die Frauen kleiden sich im Ritual als Männer und führen all jene Handlungen durch, die im Alltag den Männern vorbehalten sind. Diese temporäre Inversion der patriarchalen Gesellschaftsordnung trägt dazu bei, ihr Konfliktpotential einzuschränken. Das Ziel von '''"Ritualen der Rebellion"''' besteht laut Gluckmann darin, Konflikte zum Ausdruck zu bringen und dadurch das soziale Gleichgewicht zu erhalten (vgl. Bell 1997: 38-39). <br/>
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Bestimmte Rituale analysiert Turner als '''"liminuide Riten"''' bzw. '''"soziale Dramen"''': Sie bieten die Möglichkeit, über all das, was als selbstverständliche, alltägliche Struktur erscheint, neu nachzudenken und stehen in Zusammenhang mit Kritik an bzw. Protest gegen soziale, kulturelle oder politische Verhältnisse (vgl. Turner 1969, Förster 2003). <br/>
 
Bestimmte Rituale analysiert Turner als '''"liminuide Riten"''' bzw. '''"soziale Dramen"''': Sie bieten die Möglichkeit, über all das, was als selbstverständliche, alltägliche Struktur erscheint, neu nachzudenken und stehen in Zusammenhang mit Kritik an bzw. Protest gegen soziale, kulturelle oder politische Verhältnisse (vgl. Turner 1969, Förster 2003). <br/>
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'''Verweise:'''
 
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[[Geschichte_der_Organisations-_und_Betriebsanthropologie/Manchester/Diffusionismus_und_Kulturkreislehre#2.2.1 Max Gluckman und die Manchester School|[1] Siehe Kapitel 2.2.1 der Lernunterlage "Einführung in die Organisations- und Betriebsanthropologie"]]
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[[Geschichte_der_Organisations-_und_Betriebsanthropologie/Manchester#2.2.1 Max Gluckman und die Manchester School|[1] Siehe Kapitel 2.2.1 der Lernunterlage "Einführung in die Organisations- und Betriebsanthropologie"]]<br/>
 
[http://en.wikipedia.org/wiki/Communitas  &#91;2&#93; http://en.wikipedia.org/wiki/Communitas]<br/>
 
[http://en.wikipedia.org/wiki/Communitas  &#91;2&#93; http://en.wikipedia.org/wiki/Communitas]<br/>
 
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==3.2.4 Rituale und Symbole==
 
==3.2.4 Rituale und Symbole==
 
[[File:einfpropaedksa-75_1.jpg|thumb|250px|right|Foto: Austreiben "böser Geister" nach Neujahr (Teil eines größeren Komplexes von kalendarischen Riten am Balkan), Kukeri, Bulgarien, Quelle: [flickr.com](http://www.flickr.com/photos/aliarda/8469405588/)]]
 
[[File:einfpropaedksa-75_1.jpg|thumb|250px|right|Foto: Austreiben "böser Geister" nach Neujahr (Teil eines größeren Komplexes von kalendarischen Riten am Balkan), Kukeri, Bulgarien, Quelle: [flickr.com](http://www.flickr.com/photos/aliarda/8469405588/)]]
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'''Stanley Tambiah[http://www.nasonline.org/publications/biographical-memoirs/memoir-pdfs/tambiah-stanley.pdf  &#91;1&#93;]''' (1985: 128) schreibt: "Ritual is a culturally constructed system of symbolic communication. It is constituted of patterned and ordered sequences of words and acts, often expressed in multiple media, whose content and arrangement are characterized in varying degree by formality (conventionality), stereotypy (rigidity), condensation (fusion) and redundancy (repetition)." <br/>
 
'''Stanley Tambiah[http://www.nasonline.org/publications/biographical-memoirs/memoir-pdfs/tambiah-stanley.pdf  &#91;1&#93;]''' (1985: 128) schreibt: "Ritual is a culturally constructed system of symbolic communication. It is constituted of patterned and ordered sequences of words and acts, often expressed in multiple media, whose content and arrangement are characterized in varying degree by formality (conventionality), stereotypy (rigidity), condensation (fusion) and redundancy (repetition)." <br/>
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'''Durch Symbole werden in Ritualen gesellschaftliche Werte und Bedeutungen "gelagert"''': "Rituals are storehouses of meaningful symbols by which information is revealed and regarded as authoritative, as dealing with the crucial values of the community" (Turner 1968a: 2). Diese Werte und Symbole sind jedoch immer wieder Veränderungen unterworfen und repräsentieren verschiedene AkteurInnen und Interessen. <br/>
 
'''Durch Symbole werden in Ritualen gesellschaftliche Werte und Bedeutungen "gelagert"''': "Rituals are storehouses of meaningful symbols by which information is revealed and regarded as authoritative, as dealing with the crucial values of the community" (Turner 1968a: 2). Diese Werte und Symbole sind jedoch immer wieder Veränderungen unterworfen und repräsentieren verschiedene AkteurInnen und Interessen. <br/>
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Der Glaube an gefährliche Verunreinigungen definiert in diesem Prozess eine Reihe von sozialen Regeln, der Körper fungiert als ein Symbol für die '''Gesellschaft[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.3 Was ist Gesellschaft?|[2]]]''', er ist nichts "Natürliches", sondern ein Ausdrucksmedium für Soziales - so etwa im hinduistischen Kastensystem. Die Körpertheorien von Douglas haben besonderen Einfluss auf die Untersuchung von (Initiations-)Ritualen in Hinblick auf die Konstruktion von '''Gender[[Themenbereiche_der_KSA/Gender#3.9 Gender-Anthropologie|[3]]]''', Tabus und Reinheit, zum Beispiel in Zusammenhang mit der Menstruation. <br/>
 
Der Glaube an gefährliche Verunreinigungen definiert in diesem Prozess eine Reihe von sozialen Regeln, der Körper fungiert als ein Symbol für die '''Gesellschaft[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.3 Was ist Gesellschaft?|[2]]]''', er ist nichts "Natürliches", sondern ein Ausdrucksmedium für Soziales - so etwa im hinduistischen Kastensystem. Die Körpertheorien von Douglas haben besonderen Einfluss auf die Untersuchung von (Initiations-)Ritualen in Hinblick auf die Konstruktion von '''Gender[[Themenbereiche_der_KSA/Gender#3.9 Gender-Anthropologie|[3]]]''', Tabus und Reinheit, zum Beispiel in Zusammenhang mit der Menstruation. <br/>
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*  Medien stellen den Raum dar, in dem Rituale praktiziert werden (z.B. '''Internet[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8.6.4 Kultur- und sozialanthropologische Internetforschung|[5]]]''')<br/>
 
*  Medien stellen den Raum dar, in dem Rituale praktiziert werden (z.B. '''Internet[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8.6.4 Kultur- und sozialanthropologische Internetforschung|[5]]]''')<br/>
 
*  Medien bilden Gegenstand und Kontext von Ritualen<br/>
 
*  Medien bilden Gegenstand und Kontext von Ritualen<br/>
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Besonderen Stellenwert nehmen '''durch Medien erweiterte Rituale''' ein: TV- Übertragungen oder '''Youtube-Videos[http://www.youtube.com/  &#91;3&#93;]''' von rituellen Ereignissen (z.B. im Rahmen des Sports) führen zu einer Entgrenzung der Teilnahme an solchen Events und schaffen neue Dimensionen des rituellen Raums in Zusammenhang mit verschiedenen Aspekten von '''Globalisierung[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4 Globalisierung|[4]]]'''. <br/>
 
Besonderen Stellenwert nehmen '''durch Medien erweiterte Rituale''' ein: TV- Übertragungen oder '''Youtube-Videos[http://www.youtube.com/  &#91;3&#93;]''' von rituellen Ereignissen (z.B. im Rahmen des Sports) führen zu einer Entgrenzung der Teilnahme an solchen Events und schaffen neue Dimensionen des rituellen Raums in Zusammenhang mit verschiedenen Aspekten von '''Globalisierung[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4 Globalisierung|[4]]]'''. <br/>
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Turner, Victor 1987: The Anthropology of Performance. New York: PAJ Publications. <br/>
 
Turner, Victor 1987: The Anthropology of Performance. New York: PAJ Publications. <br/>
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'''[[Themenbereiche_der_KSA/Kolonialismus#3.3 Kolonialismus| Nächstes Kapitel: 3.3 Kolonialismus]]'''
 
'''[[Themenbereiche_der_KSA/Kolonialismus#3.3 Kolonialismus| Nächstes Kapitel: 3.3 Kolonialismus]]'''
 
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[[#3.2 Ritual|&uarr; Nach oben]]<br/>
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[[#3.2 Ritual|&uarr; Nach oben]]
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'''[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2 Ritual| Vorheriges Kapitel: 3.2 Ritual]]'''
 
'''[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2 Ritual| Vorheriges Kapitel: 3.2 Ritual]]'''
 
=3.3 Kolonialismus=
 
=3.3 Kolonialismus=
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Im Zuge von Kolonialismus kommt es auch zu einer '''Reihe von inter- und transkulturellen Prozessen''', die unter bestimmten Herrschaftsverhältnissen vonstatten gehen. Transkulturalität, Anpassung, Synkretismus, Hybridisierung oder Kreolisierung sind oft Teil von lange andauernden kulturellen Interkationen, die unter anderem koloniale Systeme und diverse Formen von Kolonialität kennzeichnen. Ein gutes Beispiel für solche kulturellen Baukästen und Verflechtungen ist '''Lateinamerika[[Kultur_Macht_Identitaet/Dynamischer_Prozess#5.2 Kultur als dynamischer Prozess|[3]]]'''. <br/>
 
Im Zuge von Kolonialismus kommt es auch zu einer '''Reihe von inter- und transkulturellen Prozessen''', die unter bestimmten Herrschaftsverhältnissen vonstatten gehen. Transkulturalität, Anpassung, Synkretismus, Hybridisierung oder Kreolisierung sind oft Teil von lange andauernden kulturellen Interkationen, die unter anderem koloniale Systeme und diverse Formen von Kolonialität kennzeichnen. Ein gutes Beispiel für solche kulturellen Baukästen und Verflechtungen ist '''Lateinamerika[[Kultur_Macht_Identitaet/Dynamischer_Prozess#5.2 Kultur als dynamischer Prozess|[3]]]'''. <br/>
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==Inhalt==
 
==Inhalt==
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[[Themenbereiche_der_KSA/Kolonialismus#3.3 Kolonialismus|3.3 Kolonialismus]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Kolonialismus#3.3 Kolonialismus|3.3 Kolonialismus]]<br/>
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:[[Themenbereiche_der_KSA/Kolonialismus#3.3.5 Literatur|3.3.5 Literatur]]<br/>
 
:[[Themenbereiche_der_KSA/Kolonialismus#3.3.5 Literatur|3.3.5 Literatur]]<br/>
 
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Für allgemeine Definitionen und Konzepte sowie einen Überblick zum europäischen Kolonialismus der Neuzeit vgl. z.B. '''Stuchtey[http://www.ieg-ego.eu/de/threads/hintergruende/kolonialismus-und-imperialismus/benedikt-stuchtey-kolonialismus-und-imperialismus-von-1450-bis-1950  &#91;1&#93;]''' 2010. Eine '''interaktive Karte[http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/89/Colonisation2.gif  &#91;2&#93;]''' veranschaulicht die Entwicklung kolonialer Herrschaftssysteme. <br/>
 
Für allgemeine Definitionen und Konzepte sowie einen Überblick zum europäischen Kolonialismus der Neuzeit vgl. z.B. '''Stuchtey[http://www.ieg-ego.eu/de/threads/hintergruende/kolonialismus-und-imperialismus/benedikt-stuchtey-kolonialismus-und-imperialismus-von-1450-bis-1950  &#91;1&#93;]''' 2010. Eine '''interaktive Karte[http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/89/Colonisation2.gif  &#91;2&#93;]''' veranschaulicht die Entwicklung kolonialer Herrschaftssysteme. <br/>
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Eine besondere Dimension des Kolonialismus bildet die '''''colonial frontier''''' ("Kolonisationsfront", Grenzzone). Sie befindet sich '''an inneren und äußeren Rändern kolonialer Gefüge''', an denen es oft (noch) keine eindeutigen Herrschaftsverhältnisse gibt, und involviert verschiedene Akteure, Interessen, Konzepte und Handlungsweisen in ein komplexes Feld von Interaktionen und Gewalt. <br/>
 
Eine besondere Dimension des Kolonialismus bildet die '''''colonial frontier''''' ("Kolonisationsfront", Grenzzone). Sie befindet sich '''an inneren und äußeren Rändern kolonialer Gefüge''', an denen es oft (noch) keine eindeutigen Herrschaftsverhältnisse gibt, und involviert verschiedene Akteure, Interessen, Konzepte und Handlungsweisen in ein komplexes Feld von Interaktionen und Gewalt. <br/>
 
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Eine ''colonial frontier'' kann in einer Region über Jahrhunderte in veränderten Konstellationen bestehen und mit unterschiedlichen historischen und ökonomischen Prozessen vernetzt sein. So umfasst die ''colonial frontier'' im südamerikanischen Tiefland eine Vielfalt von regionalen Facetten in unterschiedlichen Zeitepochen. Beispiele für die Diversität dieser Grenzzonen sind etwa die '''Küste Brasiliens in der frühen Kolonialzeit[[Chronisten_und_Missionare/Hans_Staden/Was_kann_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.4.2 Die Dynamik einer "colonial frontier"|[1]]]''', der Kautschukboom im 19. und 20. Jahrhundert und seine Folgen (vgl. Taussig 1987), aber auch Konfrontationen zwischen indigenen Gemeinschaften, Nationalstaaten und transnationalen Konzernen im Amazonasgebiet bezüglich Ressourcennutzung und Landrechtsfragen oder die anhaltende Missionstätigkeit in der Gegenwart. <br/>
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Eine ''colonial frontier'' kann in einer Region über Jahrhunderte in veränderten Konstellationen bestehen und mit unterschiedlichen historischen und ökonomischen Prozessen vernetzt sein. So umfasst die ''colonial frontier'' im südamerikanischen Tiefland eine Vielfalt von regionalen Facetten in unterschiedlichen Zeitepochen. Beispiele für die Diversität dieser Grenzzonen sind etwa die '''Küste Brasiliens in der frühen Kolonialzeit[[Chronisten_und_Missionare/Hans_Staden#1.4.2 Die Dynamik einer "colonial frontier"|[1]]]''', der Kautschukboom im 19. und 20. Jahrhundert und seine Folgen (vgl. Taussig 1987), aber auch Konfrontationen zwischen indigenen Gemeinschaften, Nationalstaaten und transnationalen Konzernen im Amazonasgebiet bezüglich Ressourcennutzung und Landrechtsfragen oder die anhaltende Missionstätigkeit in der Gegenwart. <br/>
 
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Ein klassisches Beispiel für die Ränder und Fronten des Kolonialismus ist auch die '''US-Amerikanische '''"''frontier''"[http://en.wikipedia.org/wiki/Frontier  &#91;2&#93;]''', der sogenannte "Wilde Westen"'''. So repräsentiert der "''spirit of the frontier''" eine typisch kolonialistische Ideologie der Überlegenheit, die Hand in Hand mit der gewaltsamen Aneignung von Land und Ressourcen geht. <br/>
 
Ein klassisches Beispiel für die Ränder und Fronten des Kolonialismus ist auch die '''US-Amerikanische '''"''frontier''"[http://en.wikipedia.org/wiki/Frontier  &#91;2&#93;]''', der sogenannte "Wilde Westen"'''. So repräsentiert der "''spirit of the frontier''" eine typisch kolonialistische Ideologie der Überlegenheit, die Hand in Hand mit der gewaltsamen Aneignung von Land und Ressourcen geht. <br/>
 
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Auch der ehemalige "Wilde Westen" (sowie andere Regionen der USA und Kanadas) sind bis heute durch Kolonialität, d.h. durch eine andauernde koloniale Machtmatrix in Hinblick auf die Native Americans/First Nations gekennzeichnet. Diese Prozesse werden beispielsweise im Dokumentarfilm '''"No More Smoke Signals"[http://www.youtube.com/watch?v=ufHU1UnnhrE  &#91;3&#93;]''' (Bräuning 2008) thematisiert. <br/>
 
Auch der ehemalige "Wilde Westen" (sowie andere Regionen der USA und Kanadas) sind bis heute durch Kolonialität, d.h. durch eine andauernde koloniale Machtmatrix in Hinblick auf die Native Americans/First Nations gekennzeichnet. Diese Prozesse werden beispielsweise im Dokumentarfilm '''"No More Smoke Signals"[http://www.youtube.com/watch?v=ufHU1UnnhrE  &#91;3&#93;]''' (Bräuning 2008) thematisiert. <br/>
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'''Verweise:'''
 
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[[Chronisten_und_Missionare/Hans_Staden/Was_kann_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.4.2 Die Dynamik einer "colonial frontier"|[1] Siehe Kapitel 1.4.2 der Lernunterlage ''Kultur- und Sozialanthropologie Lateinamerikas. Eine Einführung'']]<br/>
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[[Chronisten_und_Missionare/Hans_Staden#1.4.2 Die Dynamik einer "colonial frontier"|[1] Siehe Kapitel 1.4.2 der Lernunterlage ''Kultur- und Sozialanthropologie Lateinamerikas. Eine Einführung'']]<br/>
 
[http://en.wikipedia.org/wiki/Frontier  &#91;2&#93; http://en.wikipedia.org/wiki/Frontier]<br/>
 
[http://en.wikipedia.org/wiki/Frontier  &#91;2&#93; http://en.wikipedia.org/wiki/Frontier]<br/>
 
[http://www.youtube.com/watch?v=ufHU1UnnhrE  &#91;3&#93; http://www.youtube.com/watch?v=ufHU1UnnhrE]<br/>
 
[http://www.youtube.com/watch?v=ufHU1UnnhrE  &#91;3&#93; http://www.youtube.com/watch?v=ufHU1UnnhrE]<br/>
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'''Kolonialität beeinflusst heute viele Aspekte des Lebens weltweit''': Sie kommt in '''ökonomischen Zusammenhängen[[Themenbereiche_der_KSA/Oekonomische#3.6 Ökonomische Anthropologie|[2]]]''', sozialen und politischen Machtverhältnissen oder kulturelle Verflechtungen, Praktiken und Diskursen zum Ausdruck. Kolonialität kann als ein Prozess verstanden werden, der mit Machtansprüchen und Herrschaftsverhältnissen verbunden ist, die in unterschiedlichen historischen und politischen Konditionen immer wieder neu definiert, angeeignet, aber auch in Frage gestellt werden (vgl. auch Davis-Sulikowski, Khittel und Slama 2009). <br/>
 
'''Kolonialität beeinflusst heute viele Aspekte des Lebens weltweit''': Sie kommt in '''ökonomischen Zusammenhängen[[Themenbereiche_der_KSA/Oekonomische#3.6 Ökonomische Anthropologie|[2]]]''', sozialen und politischen Machtverhältnissen oder kulturelle Verflechtungen, Praktiken und Diskursen zum Ausdruck. Kolonialität kann als ein Prozess verstanden werden, der mit Machtansprüchen und Herrschaftsverhältnissen verbunden ist, die in unterschiedlichen historischen und politischen Konditionen immer wieder neu definiert, angeeignet, aber auch in Frage gestellt werden (vgl. auch Davis-Sulikowski, Khittel und Slama 2009). <br/>
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Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, in der Phase der Entkolonialisierung und des '''Postkolonialismus[[Themenbereiche_der_KSA/Kolonialismus#3.3.1.4 Postkolonialismus|[1]]]''' in Afrika und Asien, entwickelte sich in Lateinamerika ein gesellschaftlicher Prozess, der als Entkolonialisierung verstanden werden kann (z.B. entsprechende Änderungen der Verfassung). Dies erfolgte allerdings nur partiell in einzelnen Staaten. Generell ist die Gesellschaft Lateinamerikas durch '''Kolonialität[[Chronisten_und_Missionare/Sind_Indianer_Menschen#1.7.8 Die Bestimmung des Anderen und der koloniale Blick|[2]]]''' geprägt. <br/>
 
Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, in der Phase der Entkolonialisierung und des '''Postkolonialismus[[Themenbereiche_der_KSA/Kolonialismus#3.3.1.4 Postkolonialismus|[1]]]''' in Afrika und Asien, entwickelte sich in Lateinamerika ein gesellschaftlicher Prozess, der als Entkolonialisierung verstanden werden kann (z.B. entsprechende Änderungen der Verfassung). Dies erfolgte allerdings nur partiell in einzelnen Staaten. Generell ist die Gesellschaft Lateinamerikas durch '''Kolonialität[[Chronisten_und_Missionare/Sind_Indianer_Menschen#1.7.8 Die Bestimmung des Anderen und der koloniale Blick|[2]]]''' geprägt. <br/>
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Die interdisziplinäre Forschungsrichtung der '''Postcolonial Studies''' (für einen Überblick siehe z.B. Reuter und Karentzos 2012) umfasst unter anderem auch kultur-und sozialanthropologische Untersuchungen. Einen Schwerpunkt bildet die Analyse und Dekonstruktion von bis in die Gegenwart hinein wirkmächtigen kolonialen Strukturen, Diskursen und Denkmustern im Sinne der '''Kolonialität[[Themenbereiche_der_KSA/Kolonialismus#3.3.1.2 Kolonialität|[3]]]'''. Wesentlich für die Postcolonial Studies sind auch neue Konzepte der (kulturellen) Zugehörigkeit und Verortung, wie sie zum Beispiel von '''Homi Bhabha[http://en.wikipedia.org/wiki/Homi_K._Bhabha  &#91;4&#93;]''' (1994) entwickelt wurden. <br/>
 
Die interdisziplinäre Forschungsrichtung der '''Postcolonial Studies''' (für einen Überblick siehe z.B. Reuter und Karentzos 2012) umfasst unter anderem auch kultur-und sozialanthropologische Untersuchungen. Einen Schwerpunkt bildet die Analyse und Dekonstruktion von bis in die Gegenwart hinein wirkmächtigen kolonialen Strukturen, Diskursen und Denkmustern im Sinne der '''Kolonialität[[Themenbereiche_der_KSA/Kolonialismus#3.3.1.2 Kolonialität|[3]]]'''. Wesentlich für die Postcolonial Studies sind auch neue Konzepte der (kulturellen) Zugehörigkeit und Verortung, wie sie zum Beispiel von '''Homi Bhabha[http://en.wikipedia.org/wiki/Homi_K._Bhabha  &#91;4&#93;]''' (1994) entwickelt wurden. <br/>
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*  diversen '''Forschungsfeldern und Fragestellungen'''<br/>
 
*  diversen '''Forschungsfeldern und Fragestellungen'''<br/>
 
*  theoretischen '''Konzepten und Modellen'''.<br/>
 
*  theoretischen '''Konzepten und Modellen'''.<br/>
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Auch im 20. Jahrhundert arbeiteten einige Forscher direkt für die Kolonialherrschaft (z.B. '''Sir Edward Evan Evans-Pritchard[http://en.wikipedia.org/wiki/E._E._Evans-Pritchard  &#91;5&#93;]''' in Afrika im Auftrag der englischen Krone), oder sie unterstützten kolonialistische Politik (z.B. '''Julian Steward[http://en.wikipedia.org/wiki/Julian_Steward  &#91;6&#93;]''' in Bezug auf Native Americans in den USA - vgl. Pinkoski 2008). <br/>
 
Auch im 20. Jahrhundert arbeiteten einige Forscher direkt für die Kolonialherrschaft (z.B. '''Sir Edward Evan Evans-Pritchard[http://en.wikipedia.org/wiki/E._E._Evans-Pritchard  &#91;5&#93;]''' in Afrika im Auftrag der englischen Krone), oder sie unterstützten kolonialistische Politik (z.B. '''Julian Steward[http://en.wikipedia.org/wiki/Julian_Steward  &#91;6&#93;]''' in Bezug auf Native Americans in den USA - vgl. Pinkoski 2008). <br/>
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Die '''Geschichte der Ethnographie sowie der Kultur- und Sozialanthropologie in Lateinamerika[[Chronisten_und_Missionare/Hans_Staden#1 Chronisten und Missionare|[1]]]''' beginnt mit den ersten Berichten von '''Conquistadoren, Chronisten und Missionaren''' über Land und Leute. Bei diesen Frühformen ethnographischen Schreibens und den dort formulierten Kulturtheorien handelt es sich zwar nicht um wissenschaftliche Texte im Sinne der modernen '''Kultur- und Sozialwissenschaften als akademische Disziplinen[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie#2 Theoriengeschichte der Kultur- und Sozialanthropologie|[2]]]''', die sich im 19. Jahrhunderts konstituierten, sie stellen jedoch eine wichtige Form der Auseinandersetzung mit anderen Kulturen dar und haben die Entstehung dieser Wissenschaften wesentlich beeinflusst. <br/>
 
Die '''Geschichte der Ethnographie sowie der Kultur- und Sozialanthropologie in Lateinamerika[[Chronisten_und_Missionare/Hans_Staden#1 Chronisten und Missionare|[1]]]''' beginnt mit den ersten Berichten von '''Conquistadoren, Chronisten und Missionaren''' über Land und Leute. Bei diesen Frühformen ethnographischen Schreibens und den dort formulierten Kulturtheorien handelt es sich zwar nicht um wissenschaftliche Texte im Sinne der modernen '''Kultur- und Sozialwissenschaften als akademische Disziplinen[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie#2 Theoriengeschichte der Kultur- und Sozialanthropologie|[2]]]''', die sich im 19. Jahrhunderts konstituierten, sie stellen jedoch eine wichtige Form der Auseinandersetzung mit anderen Kulturen dar und haben die Entstehung dieser Wissenschaften wesentlich beeinflusst. <br/>
 
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Die Chroniken und Berichte entstanden im Zuge von Kontakten und Konfrontationen der EuropäerInnen mit den BewohnerInnen der "Neuen Welt". '''Der soziale und politische Kontext, in dem die frühen ethnographischen Texte entstanden, ist die gewaltsame Eroberung von Mittel- und Südamerika''' und das Implementieren des kolonialen Systems in Lateinamerika. Beispiele für solche Texte sind etwa die Rechenschaftsberichte an die Herrschenden (''relaciones''), das Bordbuch des '''Kolumbus[[Chronisten_und_Missionare/Hans_Staden/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2 Columbus und die willfährigen Wilden|[3]]]''' (1492/1970), '''Hans Stadens[[Chronisten_und_Missionare/Hans_Staden/Was_kann_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.4 Hans Staden bei den "Menschenfresser-Leuten"|[4]]]''' Buch ''Die wahrhaftige Historie der wilden, nackten, grimmigen Menschenfresser-Leute'' (1557) oder die '''Chronik des Poma de Ayala[[Chronisten_und_Missionare/Poma_de_Alaya/Literatur#1.5 Poma de Ayala oder die Chronik der Eroberten|[5]]]''' (1615). <br/>
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Die Chroniken und Berichte entstanden im Zuge von Kontakten und Konfrontationen der EuropäerInnen mit den BewohnerInnen der "Neuen Welt". '''Der soziale und politische Kontext, in dem die frühen ethnographischen Texte entstanden, ist die gewaltsame Eroberung von Mittel- und Südamerika''' und das Implementieren des kolonialen Systems in Lateinamerika. Beispiele für solche Texte sind etwa die Rechenschaftsberichte an die Herrschenden (''relaciones''), das Bordbuch des '''Kolumbus[[Chronisten_und_Missionare/Hans_Staden#1.2 Columbus und die willfährigen Wilden|[3]]]''' (1492/1970), '''Hans Stadens[[Chronisten_und_Missionare/Hans_Staden#1.4 Hans Staden bei den "Menschenfresser-Leuten"|[4]]]''' Buch ''Die wahrhaftige Historie der wilden, nackten, grimmigen Menschenfresser-Leute'' (1557) oder die '''Chronik des Poma de Ayala[[Chronisten_und_Missionare/Poma_de_Alaya#1.5 Poma de Ayala oder die Chronik der Eroberten|[5]]]''' (1615). <br/>
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[[Chronisten_und_Missionare/Hans_Staden#1 Chronisten und Missionare|[1] Siehe Kapitel 1 der Lernunterlage ''Kultur- und Sozialanthropologie Lateinamerikas. Eine Einführung'']]<br/>
 
[[Chronisten_und_Missionare/Hans_Staden#1 Chronisten und Missionare|[1] Siehe Kapitel 1 der Lernunterlage ''Kultur- und Sozialanthropologie Lateinamerikas. Eine Einführung'']]<br/>
 
[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie#2 Theoriengeschichte der Kultur- und Sozialanthropologie|[2] Siehe Kapitel 2]]<br/>
 
[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie#2 Theoriengeschichte der Kultur- und Sozialanthropologie|[2] Siehe Kapitel 2]]<br/>
[[Chronisten_und_Missionare/Hans_Staden/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2 Columbus und die willfährigen Wilden|[3] Siehe Kapitel 1.2 der Lernunterlage ''Kultur- und Sozialanthropologie Lateinamerikas. Eine Einführung'']]<br/>
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[[Chronisten_und_Missionare/Hans_Staden#1.2 Columbus und die willfährigen Wilden|[3] Siehe Kapitel 1.2 der Lernunterlage ''Kultur- und Sozialanthropologie Lateinamerikas. Eine Einführung'']]<br/>
[[Chronisten_und_Missionare/Hans_Staden/Was_kann_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.4 Hans Staden bei den "Menschenfresser-Leuten"|[4] Siehe Kapitel 1.4 der Lernunterlage ''Kultur- und Sozialanthropologie Lateinamerikas. Eine Einführung'']]<br/>
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[[Chronisten_und_Missionare/Hans_Staden#1.4 Hans Staden bei den "Menschenfresser-Leuten"|[4] Siehe Kapitel 1.4 der Lernunterlage ''Kultur- und Sozialanthropologie Lateinamerikas. Eine Einführung'']]<br/>
[[Chronisten_und_Missionare/Poma_de_Alaya/Literatur#1.5 Poma de Ayala oder die Chronik der Eroberten|[5] Siehe Kapitel 1.5 der Lernunterlage ''Kultur- und Sozialanthropologie Lateinamerikas. Eine Einführung'']]<br/>
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[[Chronisten_und_Missionare/Poma_de_Alaya#1.5 Poma de Ayala oder die Chronik der Eroberten|[5] Siehe Kapitel 1.5 der Lernunterlage ''Kultur- und Sozialanthropologie Lateinamerikas. Eine Einführung'']]<br/>
 
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===3.3.2.2 Kolonialismus als Forschungsgegenstand===
 
===3.3.2.2 Kolonialismus als Forschungsgegenstand===
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*  Migration und Diaspora<br/>
 
*  Migration und Diaspora<br/>
 
*  Repräsentation von Kolonialismus und Postkolonialismus in visueller oder materieller Kultur<br/>
 
*  Repräsentation von Kolonialismus und Postkolonialismus in visueller oder materieller Kultur<br/>
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'''Wolf analysiert den Kolonialismus als ein weltumspannendes wirtschaftliches Gefüge von Produktion und Zirkulation verschiedenster Waren und der damit zusammenhängenden Akkumulation von Macht in bestimmten Zentren.''' Im Mittelpunkt seiner theoretischen Grundlagen steht die '''politische Ökonomie[[Themenbereiche_der_KSA/Oekonomische#3.6.1 Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie Wirtschaftsanthropologie|[2]]]''' und damit verbunden Fragen nach dem Verhältnis von Macht und Geschichte sowie nach Gruppenbeziehungen in komplexen Gesellschaften. <br/>
 
'''Wolf analysiert den Kolonialismus als ein weltumspannendes wirtschaftliches Gefüge von Produktion und Zirkulation verschiedenster Waren und der damit zusammenhängenden Akkumulation von Macht in bestimmten Zentren.''' Im Mittelpunkt seiner theoretischen Grundlagen steht die '''politische Ökonomie[[Themenbereiche_der_KSA/Oekonomische#3.6.1 Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie Wirtschaftsanthropologie|[2]]]''' und damit verbunden Fragen nach dem Verhältnis von Macht und Geschichte sowie nach Gruppenbeziehungen in komplexen Gesellschaften. <br/>
 
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Wolf thematisierte verschiedene ökonomische Bedingungen und Ziele der europäischen Expansion im Zuge der Kolonialisierung. Er untersucht dabei auch Gemeinsamkeiten und Unterschiede sowohl verschiedener europäischer Staaten, als auch kolonialisierter Zonen. In diesem Sinne ist '''Eric Wolf[[Grosse_Theorien_(1940-1970)/Eric_Wolf/Globalisierung#3.4 Komplexe Gesellschaft, Verflechtungen und Macht bei Eric Wolf|[3]]]''' auch als ein '''Vorläufer von Globalisierungstheorien[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.6.2 Historisches zu kultur- und sozialanthropologischen Globalisierungsstudien|[4]]]''' zu verstehen, die ebenfalls von einer Intensivierung solcher Vernetzungsprozesse ausgehen. <br/>
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Wolf thematisierte verschiedene ökonomische Bedingungen und Ziele der europäischen Expansion im Zuge der Kolonialisierung. Er untersucht dabei auch Gemeinsamkeiten und Unterschiede sowohl verschiedener europäischer Staaten, als auch kolonialisierter Zonen. In diesem Sinne ist '''Eric Wolf[[Grosse_Theorien_(1940-1970)/Eric_Wolf#3.4 Komplexe Gesellschaft, Verflechtungen und Macht bei Eric Wolf|[3]]]''' auch als ein '''Vorläufer von Globalisierungstheorien[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.6.2 Historisches zu kultur- und sozialanthropologischen Globalisierungsstudien|[4]]]''' zu verstehen, die ebenfalls von einer Intensivierung solcher Vernetzungsprozesse ausgehen. <br/>
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[[Neomarxismus/USA#5.3.1 Eric Wolf|[1] Siehe Kapitel 5.3.1 der Lernunterlage ''Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie'']]<br/>
 
[[Neomarxismus/USA#5.3.1 Eric Wolf|[1] Siehe Kapitel 5.3.1 der Lernunterlage ''Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie'']]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Oekonomische#3.6.1 Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie Wirtschaftsanthropologie|[2] Siehe Kapitel 3.6.1]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Oekonomische#3.6.1 Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie Wirtschaftsanthropologie|[2] Siehe Kapitel 3.6.1]]<br/>
[[Grosse_Theorien_(1940-1970)/Eric_Wolf/Globalisierung#3.4 Komplexe Gesellschaft, Verflechtungen und Macht bei Eric Wolf|[3] Siehe Kapitel 3.4 der Lernunterlage ''Kultur- und Sozialanthropologie Lateinamerikas. Eine Einführung'']]<br/>
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[[Grosse_Theorien_(1940-1970)/Eric_Wolf#3.4 Komplexe Gesellschaft, Verflechtungen und Macht bei Eric Wolf|[3] Siehe Kapitel 3.4 der Lernunterlage ''Kultur- und Sozialanthropologie Lateinamerikas. Eine Einführung'']]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.6.2 Historisches zu kultur- und sozialanthropologischen Globalisierungsstudien|[4] Siehe Kapitel 3.4.6.2]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.6.2 Historisches zu kultur- und sozialanthropologischen Globalisierungsstudien|[4] Siehe Kapitel 3.4.6.2]]<br/>
 
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'''Parallelen''' zwischen "Dances with Wolves" & "Avatar" werden beispielsweise in einer '''Trailer Parodie[http://www.youtube.com/watch?v=Q9uo4nOD__s  &#91;5&#93;]''' aufgegriffen. <br/>
 
'''Parallelen''' zwischen "Dances with Wolves" & "Avatar" werden beispielsweise in einer '''Trailer Parodie[http://www.youtube.com/watch?v=Q9uo4nOD__s  &#91;5&#93;]''' aufgegriffen. <br/>
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'''Spielfilme über Kolonialismus konstruieren und/oder dekonstruieren Identitäten''', und zwar oft aus einer Perspektive des Postkolonialismus. Dabei kommt der Darstellung kultureller Praktiken besondere Bedeutung zu. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Repräsentation von transkulturellen Prozessen, die oft mit Liebesgeschichten verbunden werden. Diese Verflechtungen, Transfers und Transformationen betreffen des weiteren unter anderem materielle Kultur, Technologien und diverse kulturelle Praktiken. Wesentliche Themen sind aber auch Krieg, Kampf und Gewalt. (Vgl. z.B. Needham und Eleftheriotis 2006) <br/>
 
'''Spielfilme über Kolonialismus konstruieren und/oder dekonstruieren Identitäten''', und zwar oft aus einer Perspektive des Postkolonialismus. Dabei kommt der Darstellung kultureller Praktiken besondere Bedeutung zu. Einen weiteren Schwerpunkt bildet die Repräsentation von transkulturellen Prozessen, die oft mit Liebesgeschichten verbunden werden. Diese Verflechtungen, Transfers und Transformationen betreffen des weiteren unter anderem materielle Kultur, Technologien und diverse kulturelle Praktiken. Wesentliche Themen sind aber auch Krieg, Kampf und Gewalt. (Vgl. z.B. Needham und Eleftheriotis 2006) <br/>
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Wolf, Eric 1982/1991: Die Völker ohne Geschichte. Europa und die andere Welt seit 1400. Frankfurt/Main und New York: Campus Verlag. <br/>
 
Wolf, Eric 1982/1991: Die Völker ohne Geschichte. Europa und die andere Welt seit 1400. Frankfurt/Main und New York: Campus Verlag. <br/>
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'''[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4 Globalisierung| Nächstes Kapitel: 3.4 Globalisierung]]'''
 
'''[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4 Globalisierung| Nächstes Kapitel: 3.4 Globalisierung]]'''
 
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[[#3.3 Kolonialismus|&uarr; Nach oben]]<br/>
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[[#3.3 Kolonialismus|&uarr; Nach oben]]
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'''[[Themenbereiche_der_KSA/Kolonialismus#3.3 Kolonialismus| Vorheriges Kapitel: 3.3 Kolonialismus]]'''
 
'''[[Themenbereiche_der_KSA/Kolonialismus#3.3 Kolonialismus| Vorheriges Kapitel: 3.3 Kolonialismus]]'''
 
=3.4 Globalisierung=
 
=3.4 Globalisierung=
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'''Jonathan Xavier Inda[http://www.lls.illinois.edu/people/jxinda  &#91;1&#93;]''' und '''Renato Rosaldo[https://web.archive.org/web/20120707115338/http://anthropology.as.nyu.edu/object/RenatoRosaldo.html   &#91;2&#93;]''' (2002a: 2) argumentieren, dass sich der Begriff "Globalisierung" vor allem auf die '''Intensivierung globaler Vernetzungen bezieht, was eine Welt voller Bewegung und Vermischung, Kontakten und Verbindungen sowie kultureller Interaktionen und Austausch ermöglicht'''. Die Mobilität von Menschen, Kapital, Bildern und Ideen und ihre Verbindungen sind charakteristisch für die globalisierte Welt. In dieser vernetzen Welt in Bewegung erfahren wir eine '''zunehmende Komprimierung von Zeit und Raum'''. Die Intensivierung und die Beschleunigung dieser Raum-Zeit Komprimierung im ökonomischen und sozialen Leben sind für viele Globalisierungstheoretiker die '''zentralen Aspekte von Globalisierung[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.1.1 Aspekte und Elemente der gegenwärtigen Globalisierung|[3]]]''' (vgl. Inda und Rosalda 2002a: 6 und z.B. Giddens 1990, Harvey 1989, Kearney 1995). <br/>
 
'''Jonathan Xavier Inda[http://www.lls.illinois.edu/people/jxinda  &#91;1&#93;]''' und '''Renato Rosaldo[https://web.archive.org/web/20120707115338/http://anthropology.as.nyu.edu/object/RenatoRosaldo.html   &#91;2&#93;]''' (2002a: 2) argumentieren, dass sich der Begriff "Globalisierung" vor allem auf die '''Intensivierung globaler Vernetzungen bezieht, was eine Welt voller Bewegung und Vermischung, Kontakten und Verbindungen sowie kultureller Interaktionen und Austausch ermöglicht'''. Die Mobilität von Menschen, Kapital, Bildern und Ideen und ihre Verbindungen sind charakteristisch für die globalisierte Welt. In dieser vernetzen Welt in Bewegung erfahren wir eine '''zunehmende Komprimierung von Zeit und Raum'''. Die Intensivierung und die Beschleunigung dieser Raum-Zeit Komprimierung im ökonomischen und sozialen Leben sind für viele Globalisierungstheoretiker die '''zentralen Aspekte von Globalisierung[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.1.1 Aspekte und Elemente der gegenwärtigen Globalisierung|[3]]]''' (vgl. Inda und Rosalda 2002a: 6 und z.B. Giddens 1990, Harvey 1989, Kearney 1995). <br/>
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==Inhalt==
 
==Inhalt==
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[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4 Globalisierung|3.4 Globalisierung]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4 Globalisierung|3.4 Globalisierung]]<br/>
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::[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.7.1 Weiterführende Literatur|3.4.7.1 Weiterführende Literatur]]<br/>
 
::[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.7.1 Weiterführende Literatur|3.4.7.1 Weiterführende Literatur]]<br/>
 
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In Zeiten gegenwärtiger Globalisierungsprozesse befasst sich die Kultur- und Sozialanthropologie besonders mit '''überlokalen und transkulturellen Strömungen sowie mit globalen und transnationalen "Landschaften" und "Räumen"''' (Knoll, Kreff und Gingrich 2011, vgl. auch Appadurai 1996). Globalisierung wird einerseits mit Finanzmärkten und der Expansion des Neoliberalismus assoziiert, die in Zusammenhang mit Konsumtion und Kommodifizierung sämtliche Lebensbereiche durchdringen und so auch für den Einzelnen spürbar sind. Multinationale und globale Firmen sowie der Welthandel beeinflussen das Arbeitsleben und formen neue Arbeitswelten. Andererseits zeigt sich Globalisierung auch in einem politisch-ideologischen Spannungsverhältnis, in dem "von unten" zivilgesellschaftliche Bewegungen überlokalen Herrschaftsformen "von oben" entgegenwirken (vgl. Knoll, Kreff und Gingrich 2011). <br/>
 
In Zeiten gegenwärtiger Globalisierungsprozesse befasst sich die Kultur- und Sozialanthropologie besonders mit '''überlokalen und transkulturellen Strömungen sowie mit globalen und transnationalen "Landschaften" und "Räumen"''' (Knoll, Kreff und Gingrich 2011, vgl. auch Appadurai 1996). Globalisierung wird einerseits mit Finanzmärkten und der Expansion des Neoliberalismus assoziiert, die in Zusammenhang mit Konsumtion und Kommodifizierung sämtliche Lebensbereiche durchdringen und so auch für den Einzelnen spürbar sind. Multinationale und globale Firmen sowie der Welthandel beeinflussen das Arbeitsleben und formen neue Arbeitswelten. Andererseits zeigt sich Globalisierung auch in einem politisch-ideologischen Spannungsverhältnis, in dem "von unten" zivilgesellschaftliche Bewegungen überlokalen Herrschaftsformen "von oben" entgegenwirken (vgl. Knoll, Kreff und Gingrich 2011). <br/>
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[[File:einfpropaedksa-97_1.jpg|thumb|250px|right|Abbildung: Anteil der Internet NutzerInnen an der Gesamtbevölkerung 2012, International Telecommunications Union, Quelle: [wikimedia.org](http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/99/InternetPenetrationWorldMap.svg)]]
 
[[File:einfpropaedksa-97_1.jpg|thumb|250px|right|Abbildung: Anteil der Internet NutzerInnen an der Gesamtbevölkerung 2012, International Telecommunications Union, Quelle: [wikimedia.org](http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/9/99/InternetPenetrationWorldMap.svg)]]
 
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Auch wenn '''Globalisierung kein neues Phänomen ist[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.6.2 Historisches zu kultur- und sozialanthropologischen Globalisierungsstudien|[1]]]''' und sich über hunderte Jahre '''prozessual entwickelt[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA/Prozessuale_Entwicklungen/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2 Prozessuale Entwicklungen der Globalisierung|[2]]]''' hat, finden sich sehr wohl '''neue Aspekte in der gegenwärtige Phase der Globalisierung''': <br/>
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Auch wenn '''Globalisierung kein neues Phänomen ist[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.6.2 Historisches zu kultur- und sozialanthropologischen Globalisierungsstudien|[1]]]''' und sich über hunderte Jahre '''prozessual entwickelt[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA/Prozessuale_Entwicklungen#1.2 Prozessuale Entwicklungen der Globalisierung|[2]]]''' hat, finden sich sehr wohl '''neue Aspekte in der gegenwärtige Phase der Globalisierung''': <br/>
 
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1.  Die '''globale Verbreitung und Dominanz des neoliberalen Kapitalismus''' (vgl. Lewellen 2002, Eriksen 2007).<br/>
 
1.  Die '''globale Verbreitung und Dominanz des neoliberalen Kapitalismus''' (vgl. Lewellen 2002, Eriksen 2007).<br/>
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3.  Die '''Ausdehnung von soziokulturellen, politischen und ökonomischen Praktiken''' '''über (nationalstaatliche) Grenzen hinweg[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.4 Transnationalismus und Transnationalisierung|[5]]]'''.<br/>
 
3.  Die '''Ausdehnung von soziokulturellen, politischen und ökonomischen Praktiken''' '''über (nationalstaatliche) Grenzen hinweg[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.4 Transnationalismus und Transnationalisierung|[5]]]'''.<br/>
 
4.  Die '''Verknüpfung des Lokalen mit dem Globalen[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.6.1 Das Globale und das Lokale|[6]]]''' und umgekehrt: "... while everyone might continue to live local lives, their phenomenal worlds have to some extend become global as distant events come to have an impact on local spaces, and local developments come to have global repercussions" (Inda und Rosaldo 2002a: 9).<br/>
 
4.  Die '''Verknüpfung des Lokalen mit dem Globalen[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.6.1 Das Globale und das Lokale|[6]]]''' und umgekehrt: "... while everyone might continue to live local lives, their phenomenal worlds have to some extend become global as distant events come to have an impact on local spaces, and local developments come to have global repercussions" (Inda und Rosaldo 2002a: 9).<br/>
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[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.6.2 Historisches zu kultur- und sozialanthropologischen Globalisierungsstudien|[1] Siehe Kapitel 3.4.6.2]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.6.2 Historisches zu kultur- und sozialanthropologischen Globalisierungsstudien|[1] Siehe Kapitel 3.4.6.2]]<br/>
[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA/Prozessuale_Entwicklungen/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2 Prozessuale Entwicklungen der Globalisierung|[2] Siehe Kapitel 1.1 der Lernunterlage ''Sozialwissenschaften und gesellschaftlicher Wandel – aktuelle Debatten Staat, Migration, Globalisierung in der Kultur- und Sozialanthropologie'']]<br/>
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[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA/Prozessuale_Entwicklungen#1.2 Prozessuale Entwicklungen der Globalisierung|[2] Siehe Kapitel 1.1 der Lernunterlage ''Sozialwissenschaften und gesellschaftlicher Wandel – aktuelle Debatten Staat, Migration, Globalisierung in der Kultur- und Sozialanthropologie'']]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8.6 Digitale Medientechnologien als Forschungsfelder der Kultur- und Sozialanthropologie|[3] Siehe Kapitel 3.8.6]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8.6 Digitale Medientechnologien als Forschungsfelder der Kultur- und Sozialanthropologie|[3] Siehe Kapitel 3.8.6]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.6.7 Globale kulturelle Landschaften und HandlungsRäume|[4] Siehe Kapitel 3.4.6.7]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.6.7 Globale kulturelle Landschaften und HandlungsRäume|[4] Siehe Kapitel 3.4.6.7]]<br/>
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2.  Die '''Radikalen''' (''radicals'') argumentieren, dass Globalisierung einen dramatischen Wandel für alle Aspekte des menschlichen Lebens bedeutet.<br/>
 
2.  Die '''Radikalen''' (''radicals'') argumentieren, dass Globalisierung einen dramatischen Wandel für alle Aspekte des menschlichen Lebens bedeutet.<br/>
 
3.  Die '''Perspektivalisten''' (''perspectivalists'') nehmen an, dass Menschen Vorstellungen zu Globalisierung nach ihren eigenen globalen Lokalitäten kreieren.<br/>
 
3.  Die '''Perspektivalisten''' (''perspectivalists'') nehmen an, dass Menschen Vorstellungen zu Globalisierung nach ihren eigenen globalen Lokalitäten kreieren.<br/>
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==3.4.3 Globalismus, Globalität und Globalisierung==
 
==3.4.3 Globalismus, Globalität und Globalisierung==
 
[[File:einfpropaedksa-99_1.jpg|thumb|250px|right|Foto: Geld, Quelle: [wikimedia.org](http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/f9/Money_Cash.jpg)]]
 
[[File:einfpropaedksa-99_1.jpg|thumb|250px|right|Foto: Geld, Quelle: [wikimedia.org](http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/f9/Money_Cash.jpg)]]
Der Soziologe '''Ulrich Beck[https://web.archive.org/web/20150711072957/http://www.ulrichbeck.net-build.net/index.php?page=person  &#91;1&#93;]''' (1997) unterscheidet "Globalismus", "Globalität" und "Globalisierung" voneinander. Er beabsichtigt damit Orthodoxien aufzubrechen, die im Zuge der Entwicklung und Etablierung der '''Nationalstaaten[[Staat_in_der_KSA/Entstehung/Oekonomische#3.6 Die Entstehung staatlicher Strukturen|[2]]]''' in der, wie er es nennt '''"Ersten Moderne"''', entstanden sind (vgl. Beck 1997: 26). Diese "Erste Moderne" ist charakterisiert durch institutionelle Unterscheidungen, beispielsweise zwischen Politik und Ökonomie sowie durch die Vorstellung von geschlossenen, territorial gebundenen Einheiten wie Nationalstaaten. <br/>
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Der Soziologe '''Ulrich Beck[https://web.archive.org/web/20150711072957/http://www.ulrichbeck.net-build.net/index.php?page=person  &#91;1&#93;]''' (1997) unterscheidet "Globalismus", "Globalität" und "Globalisierung" voneinander. Er beabsichtigt damit Orthodoxien aufzubrechen, die im Zuge der Entwicklung und Etablierung der '''Nationalstaaten[[Staat_in_der_KSA/Entstehung#3.6 Die Entstehung staatlicher Strukturen|[2]]]''' in der, wie er es nennt '''"Ersten Moderne"''', entstanden sind (vgl. Beck 1997: 26). Diese "Erste Moderne" ist charakterisiert durch institutionelle Unterscheidungen, beispielsweise zwischen Politik und Ökonomie sowie durch die Vorstellung von geschlossenen, territorial gebundenen Einheiten wie Nationalstaaten. <br/>
 
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Während '''Globalismus''' die Ideologie der Weltmarktherrschaft - des Neoliberalismus - und die damit verbundene Ablöse politischer durch ökonomische Ideologien meint, lässt sich unter '''Globalität''' die Tatsache verstehen, "dass wir (längst) in einer Weltgesellschaft leben", in der die Vorstellung von geschlossenen Territorien fiktiv ist (ebd.: 28). '''Globalisierung''' schließlich meint "die Prozesse, in deren Folge die Nationalstaaten und ihre Souveränität durch transnationale Akteure, ihre Machtchancen, Orientierungen, Identitäten und Netzwerke unterlaufen und querverbunden werden" (ebd.). '''Globalisierung in diesem Sinn ermöglicht also die globale Vernetzung transnationaler AkteurInnen sowie die Schaffung neuer Verbindungen und Räume.''' <br/>
 
Während '''Globalismus''' die Ideologie der Weltmarktherrschaft - des Neoliberalismus - und die damit verbundene Ablöse politischer durch ökonomische Ideologien meint, lässt sich unter '''Globalität''' die Tatsache verstehen, "dass wir (längst) in einer Weltgesellschaft leben", in der die Vorstellung von geschlossenen Territorien fiktiv ist (ebd.: 28). '''Globalisierung''' schließlich meint "die Prozesse, in deren Folge die Nationalstaaten und ihre Souveränität durch transnationale Akteure, ihre Machtchancen, Orientierungen, Identitäten und Netzwerke unterlaufen und querverbunden werden" (ebd.). '''Globalisierung in diesem Sinn ermöglicht also die globale Vernetzung transnationaler AkteurInnen sowie die Schaffung neuer Verbindungen und Räume.''' <br/>
 
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Diese Globalisierungsprozesse konstituieren was Beck (1997: 29) die '''"Zweite Moderne"''' nennt. '''Wesentlich dabei sind''' '''kulturelle Faktoren[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.6.4 Globalisierung und Kultur|[3]]]''', die aufgrund der Konzentration auf die ökonomischen Aspekte des Globalismus im öffentlichen Diskurs zumeist unterrepräsentiert sind (vgl. z.B. Appadurai 1996, Hannerz 1996). Doch gerade die "Erforschung der kulturellen Globalisierung aus einer ethnologischen Perspektive zeigt andere Chancen und Risiken als die der wirtschaftlichen Dimension" (Breidenbach und Zukrigl 2000: 234). <br/>
 
Diese Globalisierungsprozesse konstituieren was Beck (1997: 29) die '''"Zweite Moderne"''' nennt. '''Wesentlich dabei sind''' '''kulturelle Faktoren[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.6.4 Globalisierung und Kultur|[3]]]''', die aufgrund der Konzentration auf die ökonomischen Aspekte des Globalismus im öffentlichen Diskurs zumeist unterrepräsentiert sind (vgl. z.B. Appadurai 1996, Hannerz 1996). Doch gerade die "Erforschung der kulturellen Globalisierung aus einer ethnologischen Perspektive zeigt andere Chancen und Risiken als die der wirtschaftlichen Dimension" (Breidenbach und Zukrigl 2000: 234). <br/>
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[https://web.archive.org/web/20150711072957/http://www.ulrichbeck.net-build.net/index.php?page=person  &#91;1&#93; https://web.archive.org/web/20150711072957/http://www.ulrichbeck.net-build.net/index.php?page=person]<br/>
[[Staat_in_der_KSA/Entstehung/Oekonomische#3.6 Die Entstehung staatlicher Strukturen|[2] Siehe Kapitel 3.6 der Lernunterlage ''Sozialwissenschaften und gesellschaftlicher Wandel – aktuelle Debatten Staat, Migration, Globalisierung in der Kultur- und Sozialanthropologie'']]<br/>
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[[Staat_in_der_KSA/Entstehung#3.6 Die Entstehung staatlicher Strukturen|[2] Siehe Kapitel 3.6 der Lernunterlage ''Sozialwissenschaften und gesellschaftlicher Wandel – aktuelle Debatten Staat, Migration, Globalisierung in der Kultur- und Sozialanthropologie'']]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.6.4 Globalisierung und Kultur|[3] Siehe Kapitel 3.4.6.4]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.6.4 Globalisierung und Kultur|[3] Siehe Kapitel 3.4.6.4]]<br/>
 
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Wie beispielsweise '''ethnographische Studien[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.1 Ethnographische Feldforschung|[3]]]''' zeigen, sind Nationalstaaten auch unter dem Einfluss globaler und transnationaler Kräfte und Verbindungen noch immer mächtig (vgl. z.B. Burawoy 2000a, Burawoy et al. 2000). Andererseits emanzipieren sich Imaginationen und Vorstellungen über globale Phänomene und Prozesse zusehends vom Einfluss der Nationalstaaten und der Nationalstaatlichkeit (vgl. z.B. Appadurai 1996). <br/>
 
Wie beispielsweise '''ethnographische Studien[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.1 Ethnographische Feldforschung|[3]]]''' zeigen, sind Nationalstaaten auch unter dem Einfluss globaler und transnationaler Kräfte und Verbindungen noch immer mächtig (vgl. z.B. Burawoy 2000a, Burawoy et al. 2000). Andererseits emanzipieren sich Imaginationen und Vorstellungen über globale Phänomene und Prozesse zusehends vom Einfluss der Nationalstaaten und der Nationalstaatlichkeit (vgl. z.B. Appadurai 1996). <br/>
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7.  '''Verletzlichkeit''' (''vulnerability'') meint die Schwächung und manchmal das Auflösen von Grenzen durch Ströme von Menschen, Finanzen und Waren.<br/>
 
7.  '''Verletzlichkeit''' (''vulnerability'') meint die Schwächung und manchmal das Auflösen von Grenzen durch Ströme von Menschen, Finanzen und Waren.<br/>
 
8.  '''"Wiedereinbettung"''' (''re-embedding'') ist die Reaktion auf Tendenzen der "Entwurzelung" in Globalisierungsprozessen. Dabei werden lokale Zusammenhänge erneut verstärkt.<br/>
 
8.  '''"Wiedereinbettung"''' (''re-embedding'') ist die Reaktion auf Tendenzen der "Entwurzelung" in Globalisierungsprozessen. Dabei werden lokale Zusammenhänge erneut verstärkt.<br/>
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Diese Dimension der Globalisierung lässt sich als '''"Herausheben von sozialen Beziehungen" aus einem lokalen Kontext von Interaktionen''' verstehen. Als ein wichtiges Merkmal von Globalisierung bezieht es sich auf den zunehmend abstrakteren Charakter von Kommunikation und Objekten. Unter den "Entwurzelungsmechanismen" in der modernen Gesellschaft finden sich unter anderem Zeit, Geld, Schreiben sowie standardisierte Maße und Maßeinheiten. Moderne, '''digitale Kommunikationstechnologien[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8.6 Digitale Medientechnologien als Forschungsfelder der Kultur- und Sozialanthropologie|[1]]]''' gewährleisten die Effektivität der "Entwurzelungsmechanismen" in transnationalen und globalen Systemen. Manche Kritiker sehen in der "Entwurzelung" sozialer Beziehungen auch die Gefahr der Fragmentierung und der Entfremdung (vgl. Eriksen 2007: 31). <br/>
 
Diese Dimension der Globalisierung lässt sich als '''"Herausheben von sozialen Beziehungen" aus einem lokalen Kontext von Interaktionen''' verstehen. Als ein wichtiges Merkmal von Globalisierung bezieht es sich auf den zunehmend abstrakteren Charakter von Kommunikation und Objekten. Unter den "Entwurzelungsmechanismen" in der modernen Gesellschaft finden sich unter anderem Zeit, Geld, Schreiben sowie standardisierte Maße und Maßeinheiten. Moderne, '''digitale Kommunikationstechnologien[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8.6 Digitale Medientechnologien als Forschungsfelder der Kultur- und Sozialanthropologie|[1]]]''' gewährleisten die Effektivität der "Entwurzelungsmechanismen" in transnationalen und globalen Systemen. Manche Kritiker sehen in der "Entwurzelung" sozialer Beziehungen auch die Gefahr der Fragmentierung und der Entfremdung (vgl. Eriksen 2007: 31). <br/>
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Beschleunigung erscheint als '''Raum-Zeit-Komprimierung[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4 Globalisierung|[1]]]''' '''aufgrund von ökonomischem und technologischem Wandel'''. Dabei sind Technologien, die Kommunikation beschleunigen, nicht gleichmäßig über den Globus verteilt, was zur Exklusion vieler Menschen führt. Die Gründe für die Beschleunigung in Kommunikation, Produktion und Konsumtion liegen einerseits in der "Logik des kapitalistischen Wachstums" und andererseits in der Verfügbarkeit von Informations- und Kommunikationstechnologien. Beschleunigte Kommunikation führt weiters auch zu Wissen über entfernte und ehemals unbekannte Orte in weiten Teilen der Welt (vgl. Eriksen 2007: 49). <br/>
 
Beschleunigung erscheint als '''Raum-Zeit-Komprimierung[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4 Globalisierung|[1]]]''' '''aufgrund von ökonomischem und technologischem Wandel'''. Dabei sind Technologien, die Kommunikation beschleunigen, nicht gleichmäßig über den Globus verteilt, was zur Exklusion vieler Menschen führt. Die Gründe für die Beschleunigung in Kommunikation, Produktion und Konsumtion liegen einerseits in der "Logik des kapitalistischen Wachstums" und andererseits in der Verfügbarkeit von Informations- und Kommunikationstechnologien. Beschleunigte Kommunikation führt weiters auch zu Wissen über entfernte und ehemals unbekannte Orte in weiten Teilen der Welt (vgl. Eriksen 2007: 49). <br/>
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Die Standardisierung zielt darauf ab '''Standards zu implementieren, die Ereignisse und Objekte vergleichbar machen'''. Das wiederum ermöglicht Kommunikation und Übersetzung. Dabei werden auch lokal einzigartige Merkmale zerstört. In manchen Fällen, beispielsweise in der Sprache, koexistieren internationale Standards mit lokalen Eigenheiten. Viele der Spannungen und Konflikte, die aus Globalisierungsprozessen resultieren, basieren auf dem Kontrast zwischen universalisierenden Standardisierungen und '''lokalen Alternativen[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.6.1 Das Globale und das Lokale|[1]]]''' oder lokalem Widerstand (vgl. Eriksen 2007: 68). <br/>
 
Die Standardisierung zielt darauf ab '''Standards zu implementieren, die Ereignisse und Objekte vergleichbar machen'''. Das wiederum ermöglicht Kommunikation und Übersetzung. Dabei werden auch lokal einzigartige Merkmale zerstört. In manchen Fällen, beispielsweise in der Sprache, koexistieren internationale Standards mit lokalen Eigenheiten. Viele der Spannungen und Konflikte, die aus Globalisierungsprozessen resultieren, basieren auf dem Kontrast zwischen universalisierenden Standardisierungen und '''lokalen Alternativen[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.6.1 Das Globale und das Lokale|[1]]]''' oder lokalem Widerstand (vgl. Eriksen 2007: 68). <br/>
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'''Verflechtung oder Vernetzung ist der zentrale Aspekt der "Netzwerkgesellschaft"''' (''network society'') im Sinne von '''Manuel Castells[http://en.wikipedia.org/wiki/Manuel_Castells  &#91;1&#93;]''' (2003). Im "transnationalen Informationskapitalismus", der sich massiv von '''früheren Weltordnungen[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.2 Thesen über und Perspektiven auf Globalisierung|[2]]]''' unterscheidet, wechseln soziale Organisationen in Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft von einer relativ stabilen Hierarchie zu einer "flüssigeren" Netzwerkstruktur. Handel, Kommunikation und Bewegungen vernetzen die Welt zusehends und das hat politische, ökonomische und kulturelle Konsequenzen (vgl. Eriksen 2007: 89). <br/>
 
'''Verflechtung oder Vernetzung ist der zentrale Aspekt der "Netzwerkgesellschaft"''' (''network society'') im Sinne von '''Manuel Castells[http://en.wikipedia.org/wiki/Manuel_Castells  &#91;1&#93;]''' (2003). Im "transnationalen Informationskapitalismus", der sich massiv von '''früheren Weltordnungen[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.2 Thesen über und Perspektiven auf Globalisierung|[2]]]''' unterscheidet, wechseln soziale Organisationen in Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft von einer relativ stabilen Hierarchie zu einer "flüssigeren" Netzwerkstruktur. Handel, Kommunikation und Bewegungen vernetzen die Welt zusehends und das hat politische, ökonomische und kulturelle Konsequenzen (vgl. Eriksen 2007: 89). <br/>
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Globalisierung beinhaltet die '''beschleunigte und intensivierte Bewegung von Menschen[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.6.7 Globale kulturelle Landschaften und HandlungsRäume|[1]]], Objekten und Ideen, nicht nur von Norden nach Süden oder vom Zentrum zur Peripherie sondern in alle Richtungen'''. Allerdings tendieren Bewegungen auch dazu bestehende globale Machtdiskrepanzen zu reflektieren und zu reproduzieren. Vor hundert Jahren etwa gab es viel größere Migrationsbewegungen als heutzutage. Heute beinhaltet Migration '''transnationale[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.4 Transnationalismus und Transnationalisierung|[2]]]''' Verbindungen und Beziehungen. Menschliche Mobilität in einem globalen Kontext setzt sich zusammen aus: Migration, Geschäftsreisen, Mobilität von StudentInnen und ForscherInnen, Verbrechen, etc. (vgl. Eriksen 2007: 105). <br/>
 
Globalisierung beinhaltet die '''beschleunigte und intensivierte Bewegung von Menschen[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.6.7 Globale kulturelle Landschaften und HandlungsRäume|[1]]], Objekten und Ideen, nicht nur von Norden nach Süden oder vom Zentrum zur Peripherie sondern in alle Richtungen'''. Allerdings tendieren Bewegungen auch dazu bestehende globale Machtdiskrepanzen zu reflektieren und zu reproduzieren. Vor hundert Jahren etwa gab es viel größere Migrationsbewegungen als heutzutage. Heute beinhaltet Migration '''transnationale[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.4 Transnationalismus und Transnationalisierung|[2]]]''' Verbindungen und Beziehungen. Menschliche Mobilität in einem globalen Kontext setzt sich zusammen aus: Migration, Geschäftsreisen, Mobilität von StudentInnen und ForscherInnen, Verbrechen, etc. (vgl. Eriksen 2007: 105). <br/>
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[[File:einfpropaedksa-107_1.jpg|thumb|250px|right|Foto: Korea Town, Toronto, Ph. Budka]]
 
[[File:einfpropaedksa-107_1.jpg|thumb|250px|right|Foto: Korea Town, Toronto, Ph. Budka]]
 
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Das '''kulturelle Vermischen durch Globalisierungsprozesse''' nimmt unterschiedlichste Formen an und ist immer auch ein Indikator für die Machtverhältnisse zwischen Menschengruppen. Dabei verhindert Vermischung nicht die Etablierung von Gruppenidentifikation und die Bildung kollektiver Identitäten. Und '''kulturelles Vermischen produziert nicht Homogenität sondern neue Konfigurationen von Diversität[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2.1 Die Prämisse der Diversität|[1]]]'''. Kultur an sich war nie "rein" oder "begrenzt". Eine Erkenntnis, die wiederum Theorien zu Kreolisierung und Hybridisierung - so diese von "reinen" oder "begrenzten" Kulturen ausgehen, die gemeinsam etwas Neues formen - in Frage stellt. Die kulturelle Diffusion, die mit Globalisierung in Verbindung gebracht wird, kann dabei nicht als "Verwestlichung" bezeichnet werden, sondern vielmehr als '''kulturelle Glokalisierung[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA/KSA_Felder/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.4 Eine "Neue Unübersichtlichkeit"|[2]]]''' (vgl. Eriksen 2007: 122). <br/>
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Das '''kulturelle Vermischen durch Globalisierungsprozesse''' nimmt unterschiedlichste Formen an und ist immer auch ein Indikator für die Machtverhältnisse zwischen Menschengruppen. Dabei verhindert Vermischung nicht die Etablierung von Gruppenidentifikation und die Bildung kollektiver Identitäten. Und '''kulturelles Vermischen produziert nicht Homogenität sondern neue Konfigurationen von Diversität[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2.1 Die Prämisse der Diversität|[1]]]'''. Kultur an sich war nie "rein" oder "begrenzt". Eine Erkenntnis, die wiederum Theorien zu Kreolisierung und Hybridisierung - so diese von "reinen" oder "begrenzten" Kulturen ausgehen, die gemeinsam etwas Neues formen - in Frage stellt. Die kulturelle Diffusion, die mit Globalisierung in Verbindung gebracht wird, kann dabei nicht als "Verwestlichung" bezeichnet werden, sondern vielmehr als '''kulturelle Glokalisierung[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA/KSA_Felder#1.3.4 Eine "Neue Unübersichtlichkeit"|[2]]]''' (vgl. Eriksen 2007: 122). <br/>
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[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2.1 Die Prämisse der Diversität|[1] Siehe Kapitel 1.2.1]]<br/>
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2.1 Die Prämisse der Diversität|[1] Siehe Kapitel 1.2.1]]<br/>
[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA/KSA_Felder/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.4 Eine "Neue Unübersichtlichkeit"|[2] Siehe Kapitel 1.3.4 der Lernunterlage ''Sozialwissenschaften und gesellschaftlicher Wandel – aktuelle Debatten Staat, Migration, Globalisierung in der Kultur- und Sozialanthropologie'']]<br/>
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[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA/KSA_Felder#1.3.4 Eine "Neue Unübersichtlichkeit"|[2] Siehe Kapitel 1.3.4 der Lernunterlage ''Sozialwissenschaften und gesellschaftlicher Wandel – aktuelle Debatten Staat, Migration, Globalisierung in der Kultur- und Sozialanthropologie'']]<br/>
 
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===3.4.5.7 Verletzlichkeit===
 
===3.4.5.7 Verletzlichkeit===
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'''Risiken und die Risikoumwelt werden von Globalisierungsprozessen[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.1 Gegenwärtige Phase der Globalisierung|[1]]] aufgrund steigender Abhängigkeiten und daraus folgenden Verletzlichkeiten verändert.''' Beispiele für globale Risiken wären '''Klimawandel[[Themenbereiche_der_KSA/Natur#3.5.7 Anthropologie und Klimawandel|[2]]]''' oder '''Terrorismus'''. Transnationale und globale Risiken resultieren häufig in neuen politischen Zwangslagen, da diese für Spannungen zwischen (öffentlicher) Sicherheit und persönlichen Rechten führen (vgl. Eriksen 2007: 139). <br/>
 
'''Risiken und die Risikoumwelt werden von Globalisierungsprozessen[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.1 Gegenwärtige Phase der Globalisierung|[1]]] aufgrund steigender Abhängigkeiten und daraus folgenden Verletzlichkeiten verändert.''' Beispiele für globale Risiken wären '''Klimawandel[[Themenbereiche_der_KSA/Natur#3.5.7 Anthropologie und Klimawandel|[2]]]''' oder '''Terrorismus'''. Transnationale und globale Risiken resultieren häufig in neuen politischen Zwangslagen, da diese für Spannungen zwischen (öffentlicher) Sicherheit und persönlichen Rechten führen (vgl. Eriksen 2007: 139). <br/>
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Die "entwurzelnden" Kräfte der Globalisierung werden durch '''"wiedereinbettende" Projekte''' ergänzt, '''die darauf abzielen ein Gefühl der Kontinuität, der Sicherheit und des Vertrauens wieder herzustellen'''. Unter den Widerstandsphänomen, die sich gegen Globalisierung stellen, befinden sich identitätspolitische Projekte, wie religiöse, ethnische oder nationalistische Politik, die allerdings verstärkt von globalisierten Ressourcen wie internationalen '''Nichtregierungsorganisationen[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.3 Globalismus, Globalität und Globalisierung|[1]]]''' und '''Computernetzwerken[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8.6 Digitale Medientechnologien als Forschungsfelder der Kultur- und Sozialanthropologie|[2]]]''' abhängig sind. Weltweit gibt es unterschiedlichste Formen von "wiedereinbettenden" und widerständigen Tendenzen, etwa unter indigenen Gruppen oder migrantischen Bewegungen (vgl. Eriksen 2007: 154). <br/>
 
Die "entwurzelnden" Kräfte der Globalisierung werden durch '''"wiedereinbettende" Projekte''' ergänzt, '''die darauf abzielen ein Gefühl der Kontinuität, der Sicherheit und des Vertrauens wieder herzustellen'''. Unter den Widerstandsphänomen, die sich gegen Globalisierung stellen, befinden sich identitätspolitische Projekte, wie religiöse, ethnische oder nationalistische Politik, die allerdings verstärkt von globalisierten Ressourcen wie internationalen '''Nichtregierungsorganisationen[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.3 Globalismus, Globalität und Globalisierung|[1]]]''' und '''Computernetzwerken[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8.6 Digitale Medientechnologien als Forschungsfelder der Kultur- und Sozialanthropologie|[2]]]''' abhängig sind. Weltweit gibt es unterschiedlichste Formen von "wiedereinbettenden" und widerständigen Tendenzen, etwa unter indigenen Gruppen oder migrantischen Bewegungen (vgl. Eriksen 2007: 154). <br/>
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'''Globalisierung hat sich zu einem der wichtigsten Themen in der Kultur- und Sozialanthropologie[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1 Was untersucht Kultur- und Sozialanthropologie?|[1]]] entwickelt.''' Indem Globalisierung traditionelle Schlüsselthemen der Kultur- und Sozialanthropologie, wie Lokalkulturen, rurale Gemeinschaften sowie Jäger- und Sammlergesellschaften, verändert und deren (scheinbare) Begrenztheit in Frage stellt, öffnet sie der Wissenschaft neue Arbeitsfelder (vgl. Lewellen 2002). <br/>
 
'''Globalisierung hat sich zu einem der wichtigsten Themen in der Kultur- und Sozialanthropologie[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1 Was untersucht Kultur- und Sozialanthropologie?|[1]]] entwickelt.''' Indem Globalisierung traditionelle Schlüsselthemen der Kultur- und Sozialanthropologie, wie Lokalkulturen, rurale Gemeinschaften sowie Jäger- und Sammlergesellschaften, verändert und deren (scheinbare) Begrenztheit in Frage stellt, öffnet sie der Wissenschaft neue Arbeitsfelder (vgl. Lewellen 2002). <br/>
 
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Auch wenn Globalisierung ein wichtiges '''Forschungsthema[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA/Zugaenge_der_KSA/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1 Zugänge der Kultur- und Sozialanthropologie|[2]]]''' für und in der Kultur- und Sozialanthropologie ist, wird sie sich, zumindest nach Ted C. Lewellen (2002), jedoch nicht zum dominierenden Paradigma in der Wissenschaft entwickeln. Die eigentliche Bedeutung von Globalisierung für die Kultur- und Sozialanthropologie liegt vielmehr darin, dass sie einen '''alternativen Verständniszugang''' ermöglicht und so Zugang zu Themenfeldern öffnet, die vormals ignoriert wurden. '''So stellt Globalisierung für die Kultur- und Sozialanthropologie eine weitere Analyseebene für unterschiedlichste soziokulturelle Phänomene dar.''' <br/>
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Auch wenn Globalisierung ein wichtiges '''Forschungsthema[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA/Zugaenge_der_KSA#1.1 Zugänge der Kultur- und Sozialanthropologie|[2]]]''' für und in der Kultur- und Sozialanthropologie ist, wird sie sich, zumindest nach Ted C. Lewellen (2002), jedoch nicht zum dominierenden Paradigma in der Wissenschaft entwickeln. Die eigentliche Bedeutung von Globalisierung für die Kultur- und Sozialanthropologie liegt vielmehr darin, dass sie einen '''alternativen Verständniszugang''' ermöglicht und so Zugang zu Themenfeldern öffnet, die vormals ignoriert wurden. '''So stellt Globalisierung für die Kultur- und Sozialanthropologie eine weitere Analyseebene für unterschiedlichste soziokulturelle Phänomene dar.''' <br/>
 
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In einer '''Anthropologie der Globalisierung''' lassen sich laut Lewellen (2002: 33- 37) und Michael Kearney (1995: 550) unter anderem folgende Forschungsfelder und Schlüsselthemen identifizieren: <br/>
 
In einer '''Anthropologie der Globalisierung''' lassen sich laut Lewellen (2002: 33- 37) und Michael Kearney (1995: 550) unter anderem folgende Forschungsfelder und Schlüsselthemen identifizieren: <br/>
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*  Gender<br/>
 
*  Gender<br/>
 
*  Verbreitung von Krankheiten und Epidemien (z.B. HIV/AIDS)<br/>
 
*  Verbreitung von Krankheiten und Epidemien (z.B. HIV/AIDS)<br/>
*  globale und globalisierte '''Städte[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA/KSA_Felder/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.1 Mega-Cities und rurale Entvölkerung|[5]]]'''<br/>
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*  globale und globalisierte '''Städte[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA/KSA_Felder#1.3.1 Mega-Cities und rurale Entvölkerung|[5]]]'''<br/>
 
*  transnationale '''religiöse Bewegungen[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.2 Religion und Gesellschaft|[6]]]'''<br/>
 
*  transnationale '''religiöse Bewegungen[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.2 Religion und Gesellschaft|[6]]]'''<br/>
 
*  Tourismus<br/>
 
*  Tourismus<br/>
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'''Die Kultur- und Sozialanthropologie[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA#1 Globalisierung als Herausforderung an die Ethnologie bzw. Kultur- und Sozialanthropologie|[8]]] hat eine Menge zum Studium der Globalisierung beizutragen.''' Zumeist aus einer Mikro-Perspektive befasst sich die Disziplin mit dem, was Jonathan Xavier Inda und Renato Rosaldo (2002a: 5) als "situated and conjunctural nature of globalization" benennen. Eine Anthropologie der Globalisierung fokussiert dabei auf '''menschliche Handlungsweisen, Alltagspraktiken und die Mediatisierung von Globalisierungsprozessen durch Menschen in bestimmten Lokalitäten'''. Gleichzeitig muss die Kultur- und Sozialanthropologie aber '''auch großräumige Prozesse, wie die globalen Ströme von Menschen und Waren, berücksichtigen''', um diese mit '''ethnographischen Untersuchungen[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.1 Ethnographische Feldforschung|[9]]]''' zu verbinden, und so letztlich zu '''verstehen wie Menschen mit diesen globalen Prozessen kulturell spezifisch umgehen''' (vgl. ebd.). <br/>
 
'''Die Kultur- und Sozialanthropologie[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA#1 Globalisierung als Herausforderung an die Ethnologie bzw. Kultur- und Sozialanthropologie|[8]]] hat eine Menge zum Studium der Globalisierung beizutragen.''' Zumeist aus einer Mikro-Perspektive befasst sich die Disziplin mit dem, was Jonathan Xavier Inda und Renato Rosaldo (2002a: 5) als "situated and conjunctural nature of globalization" benennen. Eine Anthropologie der Globalisierung fokussiert dabei auf '''menschliche Handlungsweisen, Alltagspraktiken und die Mediatisierung von Globalisierungsprozessen durch Menschen in bestimmten Lokalitäten'''. Gleichzeitig muss die Kultur- und Sozialanthropologie aber '''auch großräumige Prozesse, wie die globalen Ströme von Menschen und Waren, berücksichtigen''', um diese mit '''ethnographischen Untersuchungen[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.1 Ethnographische Feldforschung|[9]]]''' zu verbinden, und so letztlich zu '''verstehen wie Menschen mit diesen globalen Prozessen kulturell spezifisch umgehen''' (vgl. ebd.). <br/>
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[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1 Was untersucht Kultur- und Sozialanthropologie?|[1] Siehe Kapitel 1.1]]<br/>
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1 Was untersucht Kultur- und Sozialanthropologie?|[1] Siehe Kapitel 1.1]]<br/>
[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA/Zugaenge_der_KSA/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1 Zugänge der Kultur- und Sozialanthropologie|[2] Siehe Kapitel 1.1 der Lernunterlage ''Sozialwissenschaften und gesellschaftlicher Wandel – aktuelle Debatten Staat, Migration, Globalisierung in der Kultur- und Sozialanthropologie'']]<br/>
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[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA/Zugaenge_der_KSA#1.1 Zugänge der Kultur- und Sozialanthropologie|[2] Siehe Kapitel 1.1 der Lernunterlage ''Sozialwissenschaften und gesellschaftlicher Wandel – aktuelle Debatten Staat, Migration, Globalisierung in der Kultur- und Sozialanthropologie'']]<br/>
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.4 "Kulturen" und Kultur|[3] Siehe Kapitel 1.1.4]]<br/>
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.4 "Kulturen" und Kultur|[3] Siehe Kapitel 1.1.4]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.6.1 Das Globale und das Lokale|[4] Siehe Kapitel 3.4.6.1]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.6.1 Das Globale und das Lokale|[4] Siehe Kapitel 3.4.6.1]]<br/>
[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA/KSA_Felder/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.1 Mega-Cities und rurale Entvölkerung|[5] Siehe Kapitel 1.3.1 der Lernunterlage ''Sozialwissenschaften und gesellschaftlicher Wandel – aktuelle Debatten Staat, Migration, Globalisierung in der Kultur- und Sozialanthropologie'']]<br/>
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[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA/KSA_Felder#1.3.1 Mega-Cities und rurale Entvölkerung|[5] Siehe Kapitel 1.3.1 der Lernunterlage ''Sozialwissenschaften und gesellschaftlicher Wandel – aktuelle Debatten Staat, Migration, Globalisierung in der Kultur- und Sozialanthropologie'']]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.2 Religion und Gesellschaft|[6] Siehe Kapitel 3.1.2]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.2 Religion und Gesellschaft|[6] Siehe Kapitel 3.1.2]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8.1 Medientechnologien aus kultur- und sozialanthropologischer Perspektive|[7] Siehe Kapitel 3.8.1]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8.1 Medientechnologien aus kultur- und sozialanthropologischer Perspektive|[7] Siehe Kapitel 3.8.1]]<br/>
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Michael Kearney (1995) zufolge bezieht sich Globalisierung auf die '''sozialen, ökonomischen, kulturellen und demographischen Prozesse''', die sowohl innerhalb von '''Nationalstaaten[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.4 Transnationalismus und Transnationalisierung|[1]]]''' stattfinden als auch deren Grenzen überschreiten. In diesem Kontext die Aufmerksamkeit alleine auf lokale Prozesse und Identitäten zu richten, bedeutet laut Kearney ein unvollständiges Verständnis des Lokalen. <br/>
 
Michael Kearney (1995) zufolge bezieht sich Globalisierung auf die '''sozialen, ökonomischen, kulturellen und demographischen Prozesse''', die sowohl innerhalb von '''Nationalstaaten[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.4 Transnationalismus und Transnationalisierung|[1]]]''' stattfinden als auch deren Grenzen überschreiten. In diesem Kontext die Aufmerksamkeit alleine auf lokale Prozesse und Identitäten zu richten, bedeutet laut Kearney ein unvollständiges Verständnis des Lokalen. <br/>
 
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Globalisierung lässt sich auch als '''Intensivierung von globalen Beziehungen''' verstehen, durch die distanzierte Lokalitäten miteinander verbunden werden (vgl. Giddens 1990). '''Das Verhältnis und die Verbindung zwischen dem Lokalen und dem Globalen sind hier entscheidend.''' Wir leben in einer geschrumpften Welt von Kontakten, Spannungen, Vergleichen, Kommunikation und Bewegung, die nicht (mehr) von Distanzen eingeschränkt ist. Gleichzeitig aber finden weiterhin Aktivitäten statt, die keine Auswirkung außerhalb des Lokalen haben. So würde eine weitere simple Definition von Globalisierung nach Eriksen (2007: 16) alle '''gegenwärtigen Prozesse[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA/Prozessuale_Entwicklungen/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2 Prozessuale Entwicklungen der Globalisierung|[2]]]''' meinen, die Distanz (zwischen sozialen Lokalitäten) irrelevant machen. <br/>
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Globalisierung lässt sich auch als '''Intensivierung von globalen Beziehungen''' verstehen, durch die distanzierte Lokalitäten miteinander verbunden werden (vgl. Giddens 1990). '''Das Verhältnis und die Verbindung zwischen dem Lokalen und dem Globalen sind hier entscheidend.''' Wir leben in einer geschrumpften Welt von Kontakten, Spannungen, Vergleichen, Kommunikation und Bewegung, die nicht (mehr) von Distanzen eingeschränkt ist. Gleichzeitig aber finden weiterhin Aktivitäten statt, die keine Auswirkung außerhalb des Lokalen haben. So würde eine weitere simple Definition von Globalisierung nach Eriksen (2007: 16) alle '''gegenwärtigen Prozesse[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA/Prozessuale_Entwicklungen#1.2 Prozessuale Entwicklungen der Globalisierung|[2]]]''' meinen, die Distanz (zwischen sozialen Lokalitäten) irrelevant machen. <br/>
 
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'''Moderne Kommunikationsmedien[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8.1 Medientechnologien aus kultur- und sozialanthropologischer Perspektive|[3]]]''' tragen entscheidend zur Komprimierung von Zeit und Raum bei, beispielsweise durch Live-Berichterstattung oder Online- Spiele. Anthony Giddens (1990) argumentiert, dass durch neue Kommunikations- und Transporttechnologien Menschen in der Lage sind, ihr soziales Leben von lokalen ''Face-to-Face'' Interaktionen zu entfernten globalen Begegnungen zu erweitern. Moderne Lokalitäten sind so der Rahmen für distanzierte soziale Beziehungen, in denen Raum und Zeit gedehnt werden (Inda und Rosaldo 2002: 8). '''Das Lokale und das Globale sind also miteinander verbunden''' (vgl. beispielsweise Appadurai 1996, Robertson 1992, 1995). <br/>
 
'''Moderne Kommunikationsmedien[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8.1 Medientechnologien aus kultur- und sozialanthropologischer Perspektive|[3]]]''' tragen entscheidend zur Komprimierung von Zeit und Raum bei, beispielsweise durch Live-Berichterstattung oder Online- Spiele. Anthony Giddens (1990) argumentiert, dass durch neue Kommunikations- und Transporttechnologien Menschen in der Lage sind, ihr soziales Leben von lokalen ''Face-to-Face'' Interaktionen zu entfernten globalen Begegnungen zu erweitern. Moderne Lokalitäten sind so der Rahmen für distanzierte soziale Beziehungen, in denen Raum und Zeit gedehnt werden (Inda und Rosaldo 2002: 8). '''Das Lokale und das Globale sind also miteinander verbunden''' (vgl. beispielsweise Appadurai 1996, Robertson 1992, 1995). <br/>
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[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.4 Transnationalismus und Transnationalisierung|[1] Siehe Kapitel 3.4.4]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.4 Transnationalismus und Transnationalisierung|[1] Siehe Kapitel 3.4.4]]<br/>
[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA/Prozessuale_Entwicklungen/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2 Prozessuale Entwicklungen der Globalisierung|[2] Siehe Kapitel 1.1 der Lernunterlage ''Sozialwissenschaften und gesellschaftlicher Wandel – aktuelle Debatten Staat, Migration, Globalisierung in der Kultur- und Sozialanthropologie'']]<br/>
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[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA/Prozessuale_Entwicklungen#1.2 Prozessuale Entwicklungen der Globalisierung|[2] Siehe Kapitel 1.1 der Lernunterlage ''Sozialwissenschaften und gesellschaftlicher Wandel – aktuelle Debatten Staat, Migration, Globalisierung in der Kultur- und Sozialanthropologie'']]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8.1 Medientechnologien aus kultur- und sozialanthropologischer Perspektive|[3] Siehe Kapitel 3.8.1]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8.1 Medientechnologien aus kultur- und sozialanthropologischer Perspektive|[3] Siehe Kapitel 3.8.1]]<br/>
 
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'''Die treibenden Kräfte hinter ökonomischen, politischen und kulturellen Dynamiken sind also '''transnationaler Natur[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.4 Transnationalismus und Transnationalisierung|[9]]]'''.''' Und dieser (neue) Umstand wird nun mehrheitlich anerkannt. Globalisierung beinhaltet somit transnationale Verbindungen und Beziehungen sowie das Faktum, dass die Menschen auf unserem Planeten sich dieser Prozesse immer stärker bewusst werden. <br/>
 
'''Die treibenden Kräfte hinter ökonomischen, politischen und kulturellen Dynamiken sind also '''transnationaler Natur[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.4 Transnationalismus und Transnationalisierung|[9]]]'''.''' Und dieser (neue) Umstand wird nun mehrheitlich anerkannt. Globalisierung beinhaltet somit transnationale Verbindungen und Beziehungen sowie das Faktum, dass die Menschen auf unserem Planeten sich dieser Prozesse immer stärker bewusst werden. <br/>
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Globalisierung zwingt die Kultur- und Sozialanthropologie ihre '''methodologischen Werkzeuge''', wie '''ethnographische Feldforschung[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.1 Ethnographische Feldforschung|[1]]]''' und '''teilnehmende Beobachtung[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.2 Teilnehmende Beobachtung|[2]]]''', zu '''überdenken und manchmal neu zu definieren'''. Menschen befinden sich zunehmend in Bewegung und Kultur- und SozialanthropologInnen müssen ihnen folgen, um weiterhin an ihrem Lebensalltag teilnehmen zu können. Manche Gemeinschaften existieren nur für kurze Zeit und AnthropologInnen müssen ihren Zugang zu und ihre Anwesenheit in diesen '''fluktuierenden Vergemeinschaftungsformen''' adaptieren und beständig neu entwerfen. Anthropologische Globalisierungsstudien fördern dementsprechend auch andere Forschungsfelder und - themen: "The subjects of anthropological globalization studies are less likely to be communities or cultures than translocalities, border zones, migrations, diasporas, commodity chains, transnational corporations, foreign aid agencies, tourists, refugees, cyberspace, the influences of television and other communication media, the international processes of science, or commercialized art." (Lewellen 2002: 57) <br/>
 
Globalisierung zwingt die Kultur- und Sozialanthropologie ihre '''methodologischen Werkzeuge''', wie '''ethnographische Feldforschung[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.1 Ethnographische Feldforschung|[1]]]''' und '''teilnehmende Beobachtung[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.2 Teilnehmende Beobachtung|[2]]]''', zu '''überdenken und manchmal neu zu definieren'''. Menschen befinden sich zunehmend in Bewegung und Kultur- und SozialanthropologInnen müssen ihnen folgen, um weiterhin an ihrem Lebensalltag teilnehmen zu können. Manche Gemeinschaften existieren nur für kurze Zeit und AnthropologInnen müssen ihren Zugang zu und ihre Anwesenheit in diesen '''fluktuierenden Vergemeinschaftungsformen''' adaptieren und beständig neu entwerfen. Anthropologische Globalisierungsstudien fördern dementsprechend auch andere Forschungsfelder und - themen: "The subjects of anthropological globalization studies are less likely to be communities or cultures than translocalities, border zones, migrations, diasporas, commodity chains, transnational corporations, foreign aid agencies, tourists, refugees, cyberspace, the influences of television and other communication media, the international processes of science, or commercialized art." (Lewellen 2002: 57) <br/>
 
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Die Anthropologie der Globalisierung produziert ihre Theorien großteils über '''ethnographische Feldforschung''' (vgl. Lewellen 2002). Diese epistemologische und methodische Herangehensweise ist ein '''entscheidendes Merkmal der Kultur- und Sozialanthropologie''' und macht diese, durch die Etablierung eines eigenen, spezifischen Zuganges, zu einem potentiellen Vorreiter in der '''wissenschaftlichen Analyse von Globalisierungsprozessen[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA/Zugaenge_der_KSA/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1 Zugänge der Kultur- und Sozialanthropologie|[3]]]''' (vgl. z.B. Burawoy et al. 2000, Eriksen 2003). So stellt etwa Michael Burawoy (2000) fest, dass es ohne die Ethnographien zu globalen Kräften, Verbindungen und Imaginationen unmöglich sei zu verstehen, wie Globalisierung aufrechterhalten und reproduziert sowie herausgefordert und transformiert wird. <br/>
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Die Anthropologie der Globalisierung produziert ihre Theorien großteils über '''ethnographische Feldforschung''' (vgl. Lewellen 2002). Diese epistemologische und methodische Herangehensweise ist ein '''entscheidendes Merkmal der Kultur- und Sozialanthropologie''' und macht diese, durch die Etablierung eines eigenen, spezifischen Zuganges, zu einem potentiellen Vorreiter in der '''wissenschaftlichen Analyse von Globalisierungsprozessen[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA/Zugaenge_der_KSA#1.1 Zugänge der Kultur- und Sozialanthropologie|[3]]]''' (vgl. z.B. Burawoy et al. 2000, Eriksen 2003). So stellt etwa Michael Burawoy (2000) fest, dass es ohne die Ethnographien zu globalen Kräften, Verbindungen und Imaginationen unmöglich sei zu verstehen, wie Globalisierung aufrechterhalten und reproduziert sowie herausgefordert und transformiert wird. <br/>
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[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.1 Ethnographische Feldforschung|[1] Siehe Kapitel 1.3.1]]<br/>
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.1 Ethnographische Feldforschung|[1] Siehe Kapitel 1.3.1]]<br/>
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.2 Teilnehmende Beobachtung|[2] Siehe Kapitel 1.3.2]]<br/>
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.2 Teilnehmende Beobachtung|[2] Siehe Kapitel 1.3.2]]<br/>
[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA/Zugaenge_der_KSA/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1 Zugänge der Kultur- und Sozialanthropologie|[3] Siehe Kapitel 1.1 der Lernunterlage ''Sozialwissenschaften und gesellschaftlicher Wandel – aktuelle Debatten Staat, Migration, Globalisierung in der Kultur- und Sozialanthropologie'']]<br/>
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[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA/Zugaenge_der_KSA#1.1 Zugänge der Kultur- und Sozialanthropologie|[3] Siehe Kapitel 1.1 der Lernunterlage ''Sozialwissenschaften und gesellschaftlicher Wandel – aktuelle Debatten Staat, Migration, Globalisierung in der Kultur- und Sozialanthropologie'']]<br/>
 
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Das Konzept und die Idee der '''"Kultur"[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.4 "Kulturen" und Kultur|[2]]]''' wird durch die Beschäftigung mit Globalisierungsphänomenen noch abstrakter und amorpher, da Globalisierung die Nützlichkeit des Kulturkonzepts als Kategorie der Einschließung sowie als Identifikation von Andersartigkeit in Frage stellt (vgl. Lewellen 2002: 50). Obwohl '''Konsum[[Konsumption|[3]]]''' und '''Konsumdenken[[Konsum_in_Zeiten_der_Globalitaet/Homogen-Heterogen#4.1 Globaler Konsum: Weltweite Einheitlichkeit versus lokale Differenzierung?|[4]]]''' nach Ted C. Lewellen (2002) die dominierenden kulturellen Kräfte der Globalisierung sind, bedeutet das nicht, dass eine homogene "Weltkultur" oder "Globalkultur" entsteht. Es bedeutet vielmehr, dass eine fragile und oftmals oberflächliche '''Globalkultur nur durch unterschiedliche lokale Kulturen und deren Interaktion untereinander existieren kann'''. <br/>
 
Das Konzept und die Idee der '''"Kultur"[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.4 "Kulturen" und Kultur|[2]]]''' wird durch die Beschäftigung mit Globalisierungsphänomenen noch abstrakter und amorpher, da Globalisierung die Nützlichkeit des Kulturkonzepts als Kategorie der Einschließung sowie als Identifikation von Andersartigkeit in Frage stellt (vgl. Lewellen 2002: 50). Obwohl '''Konsum[[Konsumption|[3]]]''' und '''Konsumdenken[[Konsum_in_Zeiten_der_Globalitaet/Homogen-Heterogen#4.1 Globaler Konsum: Weltweite Einheitlichkeit versus lokale Differenzierung?|[4]]]''' nach Ted C. Lewellen (2002) die dominierenden kulturellen Kräfte der Globalisierung sind, bedeutet das nicht, dass eine homogene "Weltkultur" oder "Globalkultur" entsteht. Es bedeutet vielmehr, dass eine fragile und oftmals oberflächliche '''Globalkultur nur durch unterschiedliche lokale Kulturen und deren Interaktion untereinander existieren kann'''. <br/>
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[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.8 Was ist "das Kulturelle"?|[1] Siehe Kapitel 1.1.8]]<br/>
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.8 Was ist "das Kulturelle"?|[1] Siehe Kapitel 1.1.8]]<br/>
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.4 "Kulturen" und Kultur|[2] Siehe Kapitel 1.1.4]]<br/>
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.4 "Kulturen" und Kultur|[2] Siehe Kapitel 1.1.4]]<br/>
[[Konsumption|[3] Siehe die Lernunterlage ''Konsumption'']]
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[[Konsumption|[3] Siehe die Lernunterlage ''Konsumption'']]<br/>
[[Konsum_in_Zeiten_der_Globalitaet/Homogen-Heterogen#4.1 Globaler Konsum: Weltweite Einheitlichkeit versus lokale Differenzierung?|[4] Siehe Kapitel 4.1 der Lernunterlage "Konsumption"]
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[[Konsum_in_Zeiten_der_Globalitaet/Homogen-Heterogen#4.1 Globaler Konsum: Weltweite Einheitlichkeit versus lokale Differenzierung?|[4] Siehe Kapitel 4.1 der Lernunterlage "Konsumption"]]<br/>
 
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Wie diese Thesen verdeutlichen, sind '''kulturelle[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.8 Was ist "das Kulturelle"?|[5]]]''' Aspekt im Verständnis von Globalisierungsprozessen, -phänomenen und -praktiken wichtig. Konsequenterweise sind hier die Sozial- und Kulturwissenschaften, wie die Kultur- und Sozialanthropologie, gefordert als SpezialistInnen für soziokulturelle Phänomene kritische Analysen und Studien zu produzieren. <br/>
 
Wie diese Thesen verdeutlichen, sind '''kulturelle[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.8 Was ist "das Kulturelle"?|[5]]]''' Aspekt im Verständnis von Globalisierungsprozessen, -phänomenen und -praktiken wichtig. Konsequenterweise sind hier die Sozial- und Kulturwissenschaften, wie die Kultur- und Sozialanthropologie, gefordert als SpezialistInnen für soziokulturelle Phänomene kritische Analysen und Studien zu produzieren. <br/>
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Das bedeutet andererseits nicht, dass Kultur irgendwo, ohne Verankerung, herumschwebt. Es bedeutet vielmehr, dass '''Kultur im Globalisierungskontext[[Kultur_und_Globalisierung#7 Kultur und Globalisierung|[6]]]''' als "deterritorialisiert" verstanden wird''', nur darauf wartend wieder in einen neuen Raum-Zeit Kontext eingefügt zu werden. Dieser Vorgang wird auch als "Reterritorialisierung" bezeichnet und meint die '''"Relokalisierung" von Kultur in einer spezifischen kulturellen Umgebung'''. Kultur hat also auch in Zeiten zunehmender Globalisierung einen territorialen Bezug, allerdings einen eher instabilen (vgl. Inda und Rosaldo 2002a: 12). <br/>
 
Das bedeutet andererseits nicht, dass Kultur irgendwo, ohne Verankerung, herumschwebt. Es bedeutet vielmehr, dass '''Kultur im Globalisierungskontext[[Kultur_und_Globalisierung#7 Kultur und Globalisierung|[6]]]''' als "deterritorialisiert" verstanden wird''', nur darauf wartend wieder in einen neuen Raum-Zeit Kontext eingefügt zu werden. Dieser Vorgang wird auch als "Reterritorialisierung" bezeichnet und meint die '''"Relokalisierung" von Kultur in einer spezifischen kulturellen Umgebung'''. Kultur hat also auch in Zeiten zunehmender Globalisierung einen territorialen Bezug, allerdings einen eher instabilen (vgl. Inda und Rosaldo 2002a: 12). <br/>
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[[File:einfpropaedksa-117_1.jpg|thumb|250px|right|Foto: China Town, Toronto, Ph. Budka ]]
 
[[File:einfpropaedksa-117_1.jpg|thumb|250px|right|Foto: China Town, Toronto, Ph. Budka ]]
 
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Ideen zur '''"Homogenisierung" und "Verwestlichung"''', besonders der kulturellen Welt, werden öfters mit Globalisierung in Zusammenhang gebracht (z.B. Ritzer 2004). Aus einer anthropologischen und ethnographischen Perspektive schaffen es diese Ideen, die eine globale Dominanz der "westlichen" Welt und einen einseitigen Strom vom Zentrum in die Peripherie implizieren, allerdings nicht tatsächliche Lebensumstände und Situationen zu erklären und zu verstehen. Denn wie beispielsweise Jonathan Xavier Inda und Renato Rosaldo (2002a: 25) argumentieren, gestalten sich '''Globalisierungsprozesse[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA/Prozessuale_Entwicklungen/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2 Prozessuale Entwicklungen der Globalisierung|[1]]]''' als viel komplexer''' (vgl. auch Appadurai 1996). Es gibt kein kulturelles "Machtzentrum" in der Welt, sondern viele unterschiedliche Einflüsse, die sich gegenseitig befruchten. Globalisierung resultiert in miteinander verbundenen und verwobenen kulturellen Räumen, in welchen unterschiedliche Ströme von Bedeutungen und Ideen produziert, interpretiert und ausgetauscht werden. '''Globalisierung ist somit kein "westliches" oder euro-amerikanischen Phänomen oder Projekt sondern ein tatsächlich globales''' (vgl. Inda und Rosaldo 2002a: 26). <br/>
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Ideen zur '''"Homogenisierung" und "Verwestlichung"''', besonders der kulturellen Welt, werden öfters mit Globalisierung in Zusammenhang gebracht (z.B. Ritzer 2004). Aus einer anthropologischen und ethnographischen Perspektive schaffen es diese Ideen, die eine globale Dominanz der "westlichen" Welt und einen einseitigen Strom vom Zentrum in die Peripherie implizieren, allerdings nicht tatsächliche Lebensumstände und Situationen zu erklären und zu verstehen. Denn wie beispielsweise Jonathan Xavier Inda und Renato Rosaldo (2002a: 25) argumentieren, gestalten sich '''Globalisierungsprozesse[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA/Prozessuale_Entwicklungen#1.2 Prozessuale Entwicklungen der Globalisierung|[1]]]''' als viel komplexer''' (vgl. auch Appadurai 1996). Es gibt kein kulturelles "Machtzentrum" in der Welt, sondern viele unterschiedliche Einflüsse, die sich gegenseitig befruchten. Globalisierung resultiert in miteinander verbundenen und verwobenen kulturellen Räumen, in welchen unterschiedliche Ströme von Bedeutungen und Ideen produziert, interpretiert und ausgetauscht werden. '''Globalisierung ist somit kein "westliches" oder euro-amerikanischen Phänomen oder Projekt sondern ein tatsächlich globales''' (vgl. Inda und Rosaldo 2002a: 26). <br/>
 
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'''Globalisierung ist kein unidirektionaler Prozess''' (vgl. Eriksen 2007: 9). Er hat kein Ende und keinen intrinsischen Zweck und ist weder unbestritten, widerspruchsfrei noch allgegenwärtig. '''Globalisierung''', auch wenn von ökonomischen und technologischen Prozessen angetrieben, '''ist multidimensional'''. '''Globalisierung[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.1.1 Aspekte und Elemente der gegenwärtigen Globalisierung|[2]]]''' beinhaltet Prozesse der '''Homogenisierung[[Kultur_und_Globalisierung/Raum_und_Macht#7.1 Kultur, Raum und Macht|[3]]] und der Heterogenisierung.''' Das bedeutet Globalisierung macht uns einander gleichzeitig ähnlicher und unterschiedlicher: "... globalization does not entail the production of global uniformity or homogeneity. Rather it can be seen as a way of organizing heterogeneity. ... The local continues to thrive, although it must increasingly be seen as glocal, that is enmeshed in transnational processes" (Eriksen 2007: 10). <br/>
 
'''Globalisierung ist kein unidirektionaler Prozess''' (vgl. Eriksen 2007: 9). Er hat kein Ende und keinen intrinsischen Zweck und ist weder unbestritten, widerspruchsfrei noch allgegenwärtig. '''Globalisierung''', auch wenn von ökonomischen und technologischen Prozessen angetrieben, '''ist multidimensional'''. '''Globalisierung[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.1.1 Aspekte und Elemente der gegenwärtigen Globalisierung|[2]]]''' beinhaltet Prozesse der '''Homogenisierung[[Kultur_und_Globalisierung/Raum_und_Macht#7.1 Kultur, Raum und Macht|[3]]] und der Heterogenisierung.''' Das bedeutet Globalisierung macht uns einander gleichzeitig ähnlicher und unterschiedlicher: "... globalization does not entail the production of global uniformity or homogeneity. Rather it can be seen as a way of organizing heterogeneity. ... The local continues to thrive, although it must increasingly be seen as glocal, that is enmeshed in transnational processes" (Eriksen 2007: 10). <br/>
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Es ist auch eine Tatsache, dass '''nicht alle Menschen weltweit gleichberechtigt an Globalisierungsprozessen''', wie der globalen Vernetzung durch Transport- und Kommunikationstechnologien, '''partizipieren'''. Es gibt viele Menschen, die von diesen Prozessen ausgeschlossen sind oder diese lediglich von den Rändern der Gesellschaften mitverfolgen. Auch diese Nicht-Teilhabe ist ein wichtiger Aspekt der Globalisierung. Anthony Giddens (1991), beispielsweise, erinnert uns diesbezüglich daran, dass auch die Moderne Differenzen, Exklusion und Marginalisierung produziert. <br/>
 
Es ist auch eine Tatsache, dass '''nicht alle Menschen weltweit gleichberechtigt an Globalisierungsprozessen''', wie der globalen Vernetzung durch Transport- und Kommunikationstechnologien, '''partizipieren'''. Es gibt viele Menschen, die von diesen Prozessen ausgeschlossen sind oder diese lediglich von den Rändern der Gesellschaften mitverfolgen. Auch diese Nicht-Teilhabe ist ein wichtiger Aspekt der Globalisierung. Anthony Giddens (1991), beispielsweise, erinnert uns diesbezüglich daran, dass auch die Moderne Differenzen, Exklusion und Marginalisierung produziert. <br/>
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'''Verweise:'''
 
'''Verweise:'''
 
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[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA/Prozessuale_Entwicklungen/Was_will_Kultur-_und_Sozialanthropologie_wissen#1.2 Prozessuale Entwicklungen der Globalisierung|[1] Siehe Kapitel 1.1 der Lernunterlage ''Sozialwissenschaften und gesellschaftlicher Wandel – aktuelle Debatten Staat, Migration, Globalisierung in der Kultur- und Sozialanthropologie'']]<br/>
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[[Globalisierung_als_Herausforderung_an_die_KSA/Prozessuale_Entwicklungen#1.2 Prozessuale Entwicklungen der Globalisierung|[1] Siehe Kapitel 1.1 der Lernunterlage ''Sozialwissenschaften und gesellschaftlicher Wandel – aktuelle Debatten Staat, Migration, Globalisierung in der Kultur- und Sozialanthropologie'']]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.1.1 Aspekte und Elemente der gegenwärtigen Globalisierung|[2] Siehe Kapitel 3.4.1.1]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.1.1 Aspekte und Elemente der gegenwärtigen Globalisierung|[2] Siehe Kapitel 3.4.1.1]]<br/>
 
[[Kultur_und_Globalisierung/Raum_und_Macht#7.1 Kultur, Raum und Macht|[3] Siehe Kapitel 7.1 der Lernunterlage ''Kultur- und Sozialanthropologie Lateinamerikas. Eine Einführung'']]<br/>
 
[[Kultur_und_Globalisierung/Raum_und_Macht#7.1 Kultur, Raum und Macht|[3] Siehe Kapitel 7.1 der Lernunterlage ''Kultur- und Sozialanthropologie Lateinamerikas. Eine Einführung'']]<br/>
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In dem disjunktiven und instabilen Zusammenspiel von ideologischen, technologischen und medialen Landschaften, die staatliche Grenzen überschreiten und durchbrechen, und in Zusammenhang mit staatlichen Bestrebungen "die Nationalitätsvorstellung zu monopolisieren" hat sich '''Ethnizität[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.2 Die Lehre von den Ethnien?|[3]]]''' als eine treibende Kraft''' entwickelt, die zusehends an Bedeutung gewinnt (Kreff 2003: 136). '''Die Konzepte der "''landscapes''" sowie der "''imagined worlds''" bieten einen theoretischen Rahmen, '''transnationale Bewegungen von Menschen[[Migrationsforschung_in_der_KSA#2 Migrationsforschung in der Ethnologie bzw. Kultur- und Sozialanthropologie|[4]]]''', Ideologien, Technologien und Medien zu verstehen und zu analysieren, ohne dabei die kulturelle Dimension zu vernachlässigen.''' <br/>
 
In dem disjunktiven und instabilen Zusammenspiel von ideologischen, technologischen und medialen Landschaften, die staatliche Grenzen überschreiten und durchbrechen, und in Zusammenhang mit staatlichen Bestrebungen "die Nationalitätsvorstellung zu monopolisieren" hat sich '''Ethnizität[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.2 Die Lehre von den Ethnien?|[3]]]''' als eine treibende Kraft''' entwickelt, die zusehends an Bedeutung gewinnt (Kreff 2003: 136). '''Die Konzepte der "''landscapes''" sowie der "''imagined worlds''" bieten einen theoretischen Rahmen, '''transnationale Bewegungen von Menschen[[Migrationsforschung_in_der_KSA#2 Migrationsforschung in der Ethnologie bzw. Kultur- und Sozialanthropologie|[4]]]''', Ideologien, Technologien und Medien zu verstehen und zu analysieren, ohne dabei die kulturelle Dimension zu vernachlässigen.''' <br/>
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'''[[Themenbereiche_der_KSA/Natur#3.5 Anthropologie der Natur| Nächstes Kapitel: 3.5 Anthropologie der Natur]]'''
 
'''[[Themenbereiche_der_KSA/Natur#3.5 Anthropologie der Natur| Nächstes Kapitel: 3.5 Anthropologie der Natur]]'''
 
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[[#3.4 Globalisierung|&uarr; Nach oben]]<br/>
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[[#3.4 Globalisierung|&uarr; Nach oben]]
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'''[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4 Globalisierung| Vorheriges Kapitel: 3.4 Globalisierung]]'''
 
'''[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4 Globalisierung| Vorheriges Kapitel: 3.4 Globalisierung]]'''
 
=3.5 Anthropologie der Natur=
 
=3.5 Anthropologie der Natur=
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Die Verflechtungen von Gesellschaft, Ökonomie, Umwelt und Klimawandel stellen zentrale Herausforderungen des 21. Jahrhunderts dar. So stehen verschiedene (kulturelle) Kontexte von Phänomenen des '''Klimawandels[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.5.7 Verletzlichkeit|[8]]]''' auch verstärkt im Mittelpunkt der Anthropologie der Natur. <br/>
 
Die Verflechtungen von Gesellschaft, Ökonomie, Umwelt und Klimawandel stellen zentrale Herausforderungen des 21. Jahrhunderts dar. So stehen verschiedene (kulturelle) Kontexte von Phänomenen des '''Klimawandels[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.5.7 Verletzlichkeit|[8]]]''' auch verstärkt im Mittelpunkt der Anthropologie der Natur. <br/>
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==Inhalt==
 
==Inhalt==
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<div class="eksa_toc">
 
<div class="eksa_toc">
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Natur#3.5 Anthropologie der Natur|3.5 Anthropologie der Natur]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Natur#3.5 Anthropologie der Natur|3.5 Anthropologie der Natur]]<br/>
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:[[Themenbereiche_der_KSA/Natur#3.5.10 Literatur|3.5.10 Literatur]]<br/>
 
:[[Themenbereiche_der_KSA/Natur#3.5.10 Literatur|3.5.10 Literatur]]<br/>
 
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<li style="display: inline-block;">[[File:einfpropaedksa-122_2.jpg|thumb|250px|none|Foto: Weideflächen, Aran Inseln, Irland, E. Mader ]]</li>
 
<li style="display: inline-block;">[[File:einfpropaedksa-122_2.jpg|thumb|250px|none|Foto: Weideflächen, Aran Inseln, Irland, E. Mader ]]</li>
 
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<blockquote>"Der '''Arbeitsprozess[[Marxismus_historischer_Materialismus_Evolutionismus/Marx/Klassischer_Evolutionismus#2.1.2.2 Arbeitsprozess und Produktionsprozess|[1]]]''', wie wir ihn in seinen einfachen und abstrakten Momenten dargestellt haben, ist zweckmäßige Tätigkeit zur Herstellung von Gebrauchswerten, Aneignung des Natürlichen für menschliche Bedürfnisse, allgemeine Bedingung des Stoffwechsels zwischen Mensch und Natur, ewige Naturbedingung des menschlichen Lebens und daher unabhängig von jeder Form dieses Lebens, vielmehr allen seinen Gesellschaftsformen gleich gemeinsam." (Karl Marx 1977: 198)</blockquote>
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<blockquote>"Der '''Arbeitsprozess[[Marxismus_historischer_Materialismus_Evolutionismus/Marx#2.1.2.2 Arbeitsprozess und Produktionsprozess|[1]]]''', wie wir ihn in seinen einfachen und abstrakten Momenten dargestellt haben, ist zweckmäßige Tätigkeit zur Herstellung von Gebrauchswerten, Aneignung des Natürlichen für menschliche Bedürfnisse, allgemeine Bedingung des Stoffwechsels zwischen Mensch und Natur, ewige Naturbedingung des menschlichen Lebens und daher unabhängig von jeder Form dieses Lebens, vielmehr allen seinen Gesellschaftsformen gleich gemeinsam." (Karl Marx 1977: 198)</blockquote>
 
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'''Subsistenz''' als Bestreiten des materiellen Lebensunterhalts der Menschen in Auseinandersetzung mit der Natur, bzw. '''Subsistenzformen''' (Wirtschaftsweisen) als bestimmte Formen oder Typen des Bestreitens des materiellen Lebensunterhalts '''sind mit diversen sozialen und kulturellen Systemen verbunden'''. Studien zu dieser Thematik bilden eine Schnittstelle zwischen der Anthropologie der Natur, der '''Ökonomischen Anthropologie[[Themenbereiche_der_KSA/Oekonomische#3.6 Ökonomische Anthropologie|[2]]]''' und der Analyse sozialer Organisationsformen. <br/>
 
'''Subsistenz''' als Bestreiten des materiellen Lebensunterhalts der Menschen in Auseinandersetzung mit der Natur, bzw. '''Subsistenzformen''' (Wirtschaftsweisen) als bestimmte Formen oder Typen des Bestreitens des materiellen Lebensunterhalts '''sind mit diversen sozialen und kulturellen Systemen verbunden'''. Studien zu dieser Thematik bilden eine Schnittstelle zwischen der Anthropologie der Natur, der '''Ökonomischen Anthropologie[[Themenbereiche_der_KSA/Oekonomische#3.6 Ökonomische Anthropologie|[2]]]''' und der Analyse sozialer Organisationsformen. <br/>
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Anja Fischer: '''Imuhar-Nomadinnen: Kollektives Handeln in Extremen.[[Kel_Ahaggar-NomadInnen|[10]]]''' Momentaufnahmen pastoraler Ökonomie in der Sahara. <br/>
 
Anja Fischer: '''Imuhar-Nomadinnen: Kollektives Handeln in Extremen.[[Kel_Ahaggar-NomadInnen|[10]]]''' Momentaufnahmen pastoraler Ökonomie in der Sahara. <br/>
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'''Verweise:'''
 
'''Verweise:'''
 
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[[Marxismus_historischer_Materialismus_Evolutionismus/Marx/Klassischer_Evolutionismus#2.1.2.2 Arbeitsprozess und Produktionsprozess|[1] Siehe Kapitel 2.1.2.2 der Lernunterlage ''Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie'']]<br/>
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[[Marxismus_historischer_Materialismus_Evolutionismus/Marx#2.1.2.2 Arbeitsprozess und Produktionsprozess|[1] Siehe Kapitel 2.1.2.2 der Lernunterlage ''Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie'']]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Oekonomische#3.6 Ökonomische Anthropologie|[2] Siehe Kapitel 3.6]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Oekonomische#3.6 Ökonomische Anthropologie|[2] Siehe Kapitel 3.6]]<br/>
 
[[Institutionalismus_und_Substantivismus/Substantivisten#4.3.3.2.1 Mobilität und Besitz: die !Kung San|[3] Siehe Kapitel 4.3.3.2.1 der Lernunterlage ''Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie'']]<br/>
 
[[Institutionalismus_und_Substantivismus/Substantivisten#4.3.3.2.1 Mobilität und Besitz: die !Kung San|[3] Siehe Kapitel 4.3.3.2.1 der Lernunterlage ''Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie'']]<br/>
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'''Die Kulturökologie zählt zu den materialistischen Ansätzen in der Anthropologie der Natur.''' Im Mittelpunkt dieser Studien steht '''Natur als Materie''' (''Physis'') und materielle Basis für das menschliche Leben bzw. Natur im Sinne von natürlicher Umwelt oder Habitat. Zentraler Untersuchungsgegenstand sind Interaktionsformen zwischen Mensch und Natur sowie ihre Auswirkungen auf die gesellschaftliche Entwicklung. <br/>
 
'''Die Kulturökologie zählt zu den materialistischen Ansätzen in der Anthropologie der Natur.''' Im Mittelpunkt dieser Studien steht '''Natur als Materie''' (''Physis'') und materielle Basis für das menschliche Leben bzw. Natur im Sinne von natürlicher Umwelt oder Habitat. Zentraler Untersuchungsgegenstand sind Interaktionsformen zwischen Mensch und Natur sowie ihre Auswirkungen auf die gesellschaftliche Entwicklung. <br/>
 
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Die von '''Julian Steward[https://web.archive.org/web/20120208103327/http://www.indiana.edu/~wanthro/theory_pages/Steward.htm  &#91;1&#93;]''' begründete '''Kulturökologie''' beruht auf einer Kombination von Forschungsansätzen. Dazu zählt das Verhältnis von Kultur und geographischer Region wie es im Konzept der Kulturregionen ('''''culture area approach''[[Grosse_Theorien_(1940-1970)/Kulturregionen/Religion#3.1.1 Der "culture area approach"|[2]]]''') der US-amerikanischen Kulturanthropologie dargelegt wird. Wesentliche Komponenten seiner theoretischen Ansätze bilden das Konzept eines "kulturellen Kerns" (''cultural core''), der von den jeweiligen Umweltbedingungen bestimmt wird, sowie verschiedener Ebenen der '''sozio-politischen Integration[http://www.lateinamerika-studien.at/content/kultur/ethnologie/ethnologie-147.html  &#91;3&#93;]'''. <br/>
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Die von '''Julian Steward[https://web.archive.org/web/20120208103327/http://www.indiana.edu/~wanthro/theory_pages/Steward.htm  &#91;1&#93;]''' begründete '''Kulturökologie''' beruht auf einer Kombination von Forschungsansätzen. Dazu zählt das Verhältnis von Kultur und geographischer Region wie es im Konzept der Kulturregionen ('''''culture area approach''[[Grosse_Theorien_(1940-1970)/Kulturregionen#3.1.1 Der "culture area approach"|[2]]]''') der US-amerikanischen Kulturanthropologie dargelegt wird. Wesentliche Komponenten seiner theoretischen Ansätze bilden das Konzept eines "kulturellen Kerns" (''cultural core''), der von den jeweiligen Umweltbedingungen bestimmt wird, sowie verschiedener Ebenen der '''sozio-politischen Integration[http://www.lateinamerika-studien.at/content/kultur/ethnologie/ethnologie-147.html  &#91;3&#93;]'''. <br/>
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[https://web.archive.org/web/20120208103327/http://www.indiana.edu/~wanthro/theory_pages/Steward.htm  &#91;1&#93; https://web.archive.org/web/20120208103327/http://www.indiana.edu/~wanthro/theory_pages/Steward.htm]<br/>
 
[https://web.archive.org/web/20120208103327/http://www.indiana.edu/~wanthro/theory_pages/Steward.htm  &#91;1&#93; https://web.archive.org/web/20120208103327/http://www.indiana.edu/~wanthro/theory_pages/Steward.htm]<br/>
[[Grosse_Theorien_(1940-1970)/Kulturregionen/Religion#3.1.1 Der "culture area approach"|[2] Siehe Kapitel 3.1.1 der Lernunterlage ''Kultur- und Sozialanthropologie Lateinamerikas. Eine Einführung'']]<br/>
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[[Grosse_Theorien_(1940-1970)/Kulturregionen#3.1.1 Der "culture area approach"|[2] Siehe Kapitel 3.1.1 der Lernunterlage ''Kultur- und Sozialanthropologie Lateinamerikas. Eine Einführung'']]<br/>
 
[http://www.lateinamerika-studien.at/content/kultur/ethnologie/ethnologie-147.html  &#91;3&#93; http://www.lateinamerika-studien.at/content/kultur/ethnologie/ethnologie-147.html]<br/>
 
[http://www.lateinamerika-studien.at/content/kultur/ethnologie/ethnologie-147.html  &#91;3&#93; http://www.lateinamerika-studien.at/content/kultur/ethnologie/ethnologie-147.html]<br/>
 
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'''Beispiel: '''Natur und Weltbild bei indigenen Kulturen in Südamerika[[Mensch_Natur_Weltbild/Beseelte_Natur#4.3 Beseelte Natur: Weltbild, Landschaft, Kosmos|[3]]]''' <br/>
 
'''Beispiel: '''Natur und Weltbild bei indigenen Kulturen in Südamerika[[Mensch_Natur_Weltbild/Beseelte_Natur#4.3 Beseelte Natur: Weltbild, Landschaft, Kosmos|[3]]]''' <br/>
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<li style="display: inline-block;">[[File:einfpropaedksa-125_2.jpg|thumb|250px|none|Abbildung: "Blackbirds": Naturalisierende Darstellung afrikanischer Kinder (ca. 1890), Quelle: [wikimedia.org](http://commons.wikimedia.org/wiki/File:1890sc_Blackbirds_Poster.jpg)]]</li>
 
<li style="display: inline-block;">[[File:einfpropaedksa-125_2.jpg|thumb|250px|none|Abbildung: "Blackbirds": Naturalisierende Darstellung afrikanischer Kinder (ca. 1890), Quelle: [wikimedia.org](http://commons.wikimedia.org/wiki/File:1890sc_Blackbirds_Poster.jpg)]]</li>
 
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'''Die Klärung des Verhältnisses von Natur und Kultur zählt für '''Claude Lévi- Strauss[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Strukturalismus#2.5 Claude Lévi-Strauss und der französische Strukturalismus|[1]]]''' zu den grundlegenden Aufgaben der KSA.''' Sie bildet die Basis vieler Fragestellungen im Rahmen seiner '''strukturalen Anthropologie[[Grosse_Theorien_(1940-1970)/Strukturale_Anthropologie/Kolonialismus#3.3.1 Strukturale Anthropologie|[2]]]'''. Dabei wird der Mensch in strukturalen Analysen sowohl als biologisches Wesen als auch als gesellschaftliches Individuum betrachtet. '''Das Natürliche und das Kulturelle bilden Aspekte der Weltordnung.''' Das Verhältnis bzw. der Gegensatz von Natur und '''Kultur[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.4 "Kulturen" und Kultur|[3]]]''' ist ein zentraler Aspekt der Mythologie, des Denkens und der Sprache, die von '''binären Oppositionen[http://www.lateinamerika-studien.at/content/kultur/mythen/mythen-430.html  &#91;4&#93;]''' geprägt sind (vgl. auch Descola 2005/2011, Oppitz 1993, Kauppert und Funcke 2008). <br/>
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'''Die Klärung des Verhältnisses von Natur und Kultur zählt für '''Claude Lévi- Strauss[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Strukturalismus#2.5 Claude Lévi-Strauss und der französische Strukturalismus|[1]]]''' zu den grundlegenden Aufgaben der KSA.''' Sie bildet die Basis vieler Fragestellungen im Rahmen seiner '''strukturalen Anthropologie[[Grosse_Theorien_(1940-1970)/Strukturale_Anthropologie#3.3.1 Strukturale Anthropologie|[2]]]'''. Dabei wird der Mensch in strukturalen Analysen sowohl als biologisches Wesen als auch als gesellschaftliches Individuum betrachtet. '''Das Natürliche und das Kulturelle bilden Aspekte der Weltordnung.''' Das Verhältnis bzw. der Gegensatz von Natur und '''Kultur[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.4 "Kulturen" und Kultur|[3]]]''' ist ein zentraler Aspekt der Mythologie, des Denkens und der Sprache, die von '''binären Oppositionen[http://www.lateinamerika-studien.at/content/kultur/mythen/mythen-430.html  &#91;4&#93;]''' geprägt sind (vgl. auch Descola 2005/2011, Oppitz 1993, Kauppert und Funcke 2008). <br/>
 
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In seinem Buch ''Das Ende des Totemismus'' argumentiert '''Claude Lévi-Strauss[http://de.wikipedia.org/wiki/Claude_L%C3%A9vi-Strauss  &#91;5&#93;]''' (1962/1965), dass der '''Totemismus[http://de.wikipedia.org/wiki/Totemismus  &#91;6&#93;]''' weniger eine Institution von "primitiven" Gesellschaften darstellt, sondern vielmehr Ausdruck einer universellen klassifikatorischen Logik ist. Beobachtbare Differenzen zwischen Tier- und Pflanzenarten (Gestalt, Farbe, Habitat) dienen dazu Diskontinuitäten zwischen sozialen Gruppen in Begriffe zu fassen: "Der totemistische Code übersetzt die natürliche Differenz in eine soziologische Differenz." (ebd.: 19) '''Die Natur bildet in diesem Sinne einen "Leitfaden" oder eine "Denkmethode".''' <br/>
 
In seinem Buch ''Das Ende des Totemismus'' argumentiert '''Claude Lévi-Strauss[http://de.wikipedia.org/wiki/Claude_L%C3%A9vi-Strauss  &#91;5&#93;]''' (1962/1965), dass der '''Totemismus[http://de.wikipedia.org/wiki/Totemismus  &#91;6&#93;]''' weniger eine Institution von "primitiven" Gesellschaften darstellt, sondern vielmehr Ausdruck einer universellen klassifikatorischen Logik ist. Beobachtbare Differenzen zwischen Tier- und Pflanzenarten (Gestalt, Farbe, Habitat) dienen dazu Diskontinuitäten zwischen sozialen Gruppen in Begriffe zu fassen: "Der totemistische Code übersetzt die natürliche Differenz in eine soziologische Differenz." (ebd.: 19) '''Die Natur bildet in diesem Sinne einen "Leitfaden" oder eine "Denkmethode".''' <br/>
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Solche '''Konstruktionen von "Natürlichkeit" und "Andersartigkeit" stehen in engem Zusammenhang mit Machtverhältnissen, '''Kolonialismus[[Themenbereiche_der_KSA/Kolonialismus#3.3 Kolonialismus|[8]]]''', Rassismus oder Orientalismus'''. Die gedanklichen und politischen Prozesse, die solchen Formen der Ab- und Ausgrenzung zugrunde liegen, werden auch als '''''othering''[http://www.kulturglossar.de/html/o-begriffe.html#othering  &#91;9&#93;]''' bezeichnet (vgl. Spivak 1985). <br/>
 
Solche '''Konstruktionen von "Natürlichkeit" und "Andersartigkeit" stehen in engem Zusammenhang mit Machtverhältnissen, '''Kolonialismus[[Themenbereiche_der_KSA/Kolonialismus#3.3 Kolonialismus|[8]]]''', Rassismus oder Orientalismus'''. Die gedanklichen und politischen Prozesse, die solchen Formen der Ab- und Ausgrenzung zugrunde liegen, werden auch als '''''othering''[http://www.kulturglossar.de/html/o-begriffe.html#othering  &#91;9&#93;]''' bezeichnet (vgl. Spivak 1985). <br/>
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[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Strukturalismus#2.5 Claude Lévi-Strauss und der französische Strukturalismus|[1] Siehe Kapitel 2.5]]<br/>
 
[[Theoriegeschichte_der_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Strukturalismus#2.5 Claude Lévi-Strauss und der französische Strukturalismus|[1] Siehe Kapitel 2.5]]<br/>
[[Grosse_Theorien_(1940-1970)/Strukturale_Anthropologie/Kolonialismus#3.3.1 Strukturale Anthropologie|[2] Siehe Kapitel 3.3.1 der Lernunterlage ''Kultur- und Sozialanthropologie Lateinamerikas. Eine Einführung'']]<br/>
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[[Grosse_Theorien_(1940-1970)/Strukturale_Anthropologie#3.3.1 Strukturale Anthropologie|[2] Siehe Kapitel 3.3.1 der Lernunterlage ''Kultur- und Sozialanthropologie Lateinamerikas. Eine Einführung'']]<br/>
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.4 "Kulturen" und Kultur|[3] Siehe Kapitel 1.1.4]]<br/>
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.4 "Kulturen" und Kultur|[3] Siehe Kapitel 1.1.4]]<br/>
 
[http://www.lateinamerika-studien.at/content/kultur/mythen/mythen-430.html  &#91;4&#93; http://www.lateinamerika-studien.at/content/kultur/mythen/mythen-430.html]<br/>
 
[http://www.lateinamerika-studien.at/content/kultur/mythen/mythen-430.html  &#91;4&#93; http://www.lateinamerika-studien.at/content/kultur/mythen/mythen-430.html]<br/>
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<blockquote>"Die Traumzeit ist weder eine erinnerte Vergangenheit noch eine rückwirkende Gegenwart, sondern Ausdruck der erwiesenen Ewigkeit im Raum, ein unsichtbarer Rahmen des Kosmos, der die Fortdauer seiner ontologischen Unterteilungen gewährleistet." (Descola 2005/2011: 224)</blockquote>
 
<blockquote>"Die Traumzeit ist weder eine erinnerte Vergangenheit noch eine rückwirkende Gegenwart, sondern Ausdruck der erwiesenen Ewigkeit im Raum, ein unsichtbarer Rahmen des Kosmos, der die Fortdauer seiner ontologischen Unterteilungen gewährleistet." (Descola 2005/2011: 224)</blockquote>
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'''Menschen können mittels verschiedener Praktiken in Interaktion mit der Umwelt direkt Wissen generieren.''' In solchen Prozessen wird die Umwelt oder die Landschaft Teil der Beschaffenheit von Personen: Sie sind nicht bloß Nahrungsquelle bzw. die materielle Basis für die Subsistenz, sondern auch als Quelle von Wissen, Kompetenzen (''skills''), Technologie und materieller Kultur (vgl. Ingold 2000). <br/>
 
'''Menschen können mittels verschiedener Praktiken in Interaktion mit der Umwelt direkt Wissen generieren.''' In solchen Prozessen wird die Umwelt oder die Landschaft Teil der Beschaffenheit von Personen: Sie sind nicht bloß Nahrungsquelle bzw. die materielle Basis für die Subsistenz, sondern auch als Quelle von Wissen, Kompetenzen (''skills''), Technologie und materieller Kultur (vgl. Ingold 2000). <br/>
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==3.5.6 Glokale Natur: Lokales/traditionelles Wissen und globale Prozesse==
 
==3.5.6 Glokale Natur: Lokales/traditionelles Wissen und globale Prozesse==
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[[File:einfpropaedksa-128_1.jpg|thumb|250px|left|Abbildung: Fischfang, Zeichnung von Indigenen aus Boa Vista Roraima (Brasilien) für eine Präsentation ihrer Lebenswelt bei der Rio+20 Umwelt-Konferenz, Quelle: [flickr.com](http://www.flickr.com/photos/foradoeixo/sets/72157629987483732/with/7310057592)]]
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[[File:einfpropaedksa-128_2.jpg|thumb|250px|right|Abbildung: Fischerei als globales ökologisches-ökonomisches System, Quelle: [forskningsradet.no]]
<li style="display: inline-block;">[[File:einfpropaedksa-128_1.jpg|thumb|250px|none|Abbildung: Fischfang, Zeichnung von Indigenen aus Boa Vista Roraima (Brasilien) für eine Präsentation ihrer Lebenswelt bei der Rio+20 Umwelt-Konferenz, Quelle: [flickr.com](http://www.flickr.com/photos/foradoeixo/sets/72157629987483732/with/7310057592)]]</li>
 
<li style="display: inline-block;">[[File:einfpropaedksa-128_2.jpg|thumb|250px|none|Abbildung: Fischerei als globales ökologisches-ökonomisches System, Quelle: [forskningsradet.no]]</li>
 
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<blockquote>"Traditional Knowledge in social-ecological systems provides insights into how ecosystem assessment and management by local people can fulfill several important objectives, can inform contemporary society, but can also be influenced and supported by contemporary science and institutions." (Folke 2004)</blockquote>
 
<blockquote>"Traditional Knowledge in social-ecological systems provides insights into how ecosystem assessment and management by local people can fulfill several important objectives, can inform contemporary society, but can also be influenced and supported by contemporary science and institutions." (Folke 2004)</blockquote>
 
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Forschung zu TEK umfasst in einigen Fällen die gleichwertige Behandlung lokaler/indigener Methodologien und Erkenntniswege (Epistemologien) - z.B. die Einbeziehung lokaler Konzepte von Natur und Kosmologie - in das Forschungsdesign. Darüber hinaus folgen einige Projekte dem Prinzip von ''community-based participartory research'': Hier wird der gesamte Forschungsprozess in Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung gestaltet und soll auch (zumindest teilweise) den lokalen Gemeinschaften zugutekommen. <br/>
 
Forschung zu TEK umfasst in einigen Fällen die gleichwertige Behandlung lokaler/indigener Methodologien und Erkenntniswege (Epistemologien) - z.B. die Einbeziehung lokaler Konzepte von Natur und Kosmologie - in das Forschungsdesign. Darüber hinaus folgen einige Projekte dem Prinzip von ''community-based participartory research'': Hier wird der gesamte Forschungsprozess in Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung gestaltet und soll auch (zumindest teilweise) den lokalen Gemeinschaften zugutekommen. <br/>
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'''Carl Folke[http://www.ecologyandsociety.org/vol9/iss3/art7/  &#91;2&#93;]''' (2004) betont folgende Aspekte solcher Vernetzungen: "Local ecosystem assessment and management can create alliances between owners of formal and informal knowledge. It can establish links between governments, local users, and scientists. It can create new information about local ecosystem conditions, to be shared vertically from local to national levels, and horizontally among regional groups of indigenous peoples." <br/>
 
'''Carl Folke[http://www.ecologyandsociety.org/vol9/iss3/art7/  &#91;2&#93;]''' (2004) betont folgende Aspekte solcher Vernetzungen: "Local ecosystem assessment and management can create alliances between owners of formal and informal knowledge. It can establish links between governments, local users, and scientists. It can create new information about local ecosystem conditions, to be shared vertically from local to national levels, and horizontally among regional groups of indigenous peoples." <br/>
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[http://www.ecologyandsociety.org/vol9/iss3/art7/  &#91;2&#93; http://www.ecologyandsociety.org/vol9/iss3/art7/]<br/>
 
[http://www.ecologyandsociety.org/vol9/iss3/art7/  &#91;2&#93; http://www.ecologyandsociety.org/vol9/iss3/art7/]<br/>
 
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==3.5.7 Anthropologie und Klimawandel==
 
==3.5.7 Anthropologie und Klimawandel==
 
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*  "How do we understand the complexity of everyday life in relation to climate change?" (ebd.)<br/>
 
*  "How do we understand the complexity of everyday life in relation to climate change?" (ebd.)<br/>
 
*  "How can we transform knowledge into action, vulnerability to learning to cope and to be responsible?" (ebd.)<br/>
 
*  "How can we transform knowledge into action, vulnerability to learning to cope and to be responsible?" (ebd.)<br/>
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<li style="display: inline-block;">[[File:einfpropaedksa-131_1.jpg|thumb|250px|none|Foto: Señor de Qoyllur Rit'I, Quelle: [wikimedia.org](http://en.wikipedia.org/wiki/File:Qoyllur_R%27Iti_panoramic_overview.jpg)]]</li>
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<li style="display: inline-block;">[[File:einfpropaedksa-131_1.jpg|thumb|600px|none|Foto: Señor de Qoyllur Rit'I, Quelle: [wikimedia.org](http://en.wikipedia.org/wiki/File:Qoyllur_R%27Iti_panoramic_overview.jpg)]]</li>
 
<li style="display: inline-block;">[[File:einfpropaedksa-131_2.jpg|thumb|250px|none|Foto: Ukuku, Quelle: [flickr.com](http://www.flickr.com/photos/artzubi/8148187618/)]]</li>
 
<li style="display: inline-block;">[[File:einfpropaedksa-131_2.jpg|thumb|250px|none|Foto: Ukuku, Quelle: [flickr.com](http://www.flickr.com/photos/artzubi/8148187618/)]]</li>
 
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Die ''Ukuku'' sind Trickster-Figuren, die Humor, Spiritualität und soziale Ordnung miteinander verbinden (vgl. Hartig 2011). Zu ihren vielfältigen Aufgaben '''während der Wallfahrt''' gehört der gefährliche '''Aufstieg zum Gletscher''', um das heilige Eis zu holen. Dieser essentielle Teil des Rituals kann aufgrund des Rückgangs der Gletscher nur mehr sehr eingeschränkt durchgeführt werden. Das Verhältnis von Ritual und Klimawandel ist auch Thema des preisgekrönten Kurzfilms '''"''Ukuku''"[http://vimeo.com/15212858  &#91;2&#93;]''' von Gaston Vizcarra (2009). <br/>
 
Die ''Ukuku'' sind Trickster-Figuren, die Humor, Spiritualität und soziale Ordnung miteinander verbinden (vgl. Hartig 2011). Zu ihren vielfältigen Aufgaben '''während der Wallfahrt''' gehört der gefährliche '''Aufstieg zum Gletscher''', um das heilige Eis zu holen. Dieser essentielle Teil des Rituals kann aufgrund des Rückgangs der Gletscher nur mehr sehr eingeschränkt durchgeführt werden. Das Verhältnis von Ritual und Klimawandel ist auch Thema des preisgekrönten Kurzfilms '''"''Ukuku''"[http://vimeo.com/15212858  &#91;2&#93;]''' von Gaston Vizcarra (2009). <br/>
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==3.5.8 Natur, Geschichte und Politik==
 
==3.5.8 Natur, Geschichte und Politik==
 
[[File:einfpropaedksa-132_1.jpg|thumb|250px|right|Foto: Subsistenz in Yunnan, Süd-China, Quelle: [wikimedia.org](http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Subsistent_Farming_Southern_China_1.jpg)]]
 
[[File:einfpropaedksa-132_1.jpg|thumb|250px|right|Foto: Subsistenz in Yunnan, Süd-China, Quelle: [wikimedia.org](http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Subsistent_Farming_Southern_China_1.jpg)]]
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Die Fragestellungen in diesem interdisziplinären Bereich umfassen eine große Bandbreite von Themenfeldern: Sie reichen von der '''archäologischen Forschung[http://de.wikipedia.org/wiki/Arch%C3%A4ologie  &#91;5&#93;]''', die sich z.B. mit Entwicklung und Transformation von Kulturlandschaften beschäftigt, bis zu Analysen von '''Netzwerken und Akteuren[http://de.wikipedia.org/wiki/Akteur-Netzwerk-Theorie  &#91;6&#93;]''' in politischen Gefügen der Gegenwart im Sinne von '''Bruno Latour[http://de.wikipedia.org/wiki/Bruno_Latour  &#91;7&#93;]''' (1993: 6): "... for us humans (and this includes life scientists and ecologists) nature is always constructed by our meaning- giving and discursive processes, so that what we perceive as natural is also cultural and social; said differently, nature is simultaneously real, collective, and discursive - fact, power, and discourse - and needs to be naturalized, sociologized, and deconstructed accordingly." <br/>
 
Die Fragestellungen in diesem interdisziplinären Bereich umfassen eine große Bandbreite von Themenfeldern: Sie reichen von der '''archäologischen Forschung[http://de.wikipedia.org/wiki/Arch%C3%A4ologie  &#91;5&#93;]''', die sich z.B. mit Entwicklung und Transformation von Kulturlandschaften beschäftigt, bis zu Analysen von '''Netzwerken und Akteuren[http://de.wikipedia.org/wiki/Akteur-Netzwerk-Theorie  &#91;6&#93;]''' in politischen Gefügen der Gegenwart im Sinne von '''Bruno Latour[http://de.wikipedia.org/wiki/Bruno_Latour  &#91;7&#93;]''' (1993: 6): "... for us humans (and this includes life scientists and ecologists) nature is always constructed by our meaning- giving and discursive processes, so that what we perceive as natural is also cultural and social; said differently, nature is simultaneously real, collective, and discursive - fact, power, and discourse - and needs to be naturalized, sociologized, and deconstructed accordingly." <br/>
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Der kolumbianische Sozialanthropologe '''Arturo Escobar[http://anthropology.unc.edu/people/faculty/aescobar  &#91;1&#93;]''' versteht '''Geschichte und Biologie als Teil eines gemeinsamen Prozesses'''. Dieses Konzept soll ein Verständnis von "Natur und Gesellschaft/Kultur" als Dichotomie und getrennte Kategorien ersetzen. Er spricht in diesem Zusammenhang von '''"hybriden Naturen"''', die u.a. im Rahmen der Biotechnologie, aber auch im Kontext von sozialen (indigenen) Bewegungen zum Ausdruck kommen. Solche Verflechtungen analysiert er u.a. am Beispiel von Biodiversität: Er zeigt, wie '''Biodiversität[http://de.wikipedia.org/wiki/Biodiversit%C3%A4t  &#91;2&#93;]''' als Diskurs und Kulturpolitik auf verschiedenen Ebenen zum Tragen kommt und sowohl globale Institutionen als auch die politische Ökologie lokaler sozialer Bewegungen prägt (vgl. Escobar 1999). <br/>
 
Der kolumbianische Sozialanthropologe '''Arturo Escobar[http://anthropology.unc.edu/people/faculty/aescobar  &#91;1&#93;]''' versteht '''Geschichte und Biologie als Teil eines gemeinsamen Prozesses'''. Dieses Konzept soll ein Verständnis von "Natur und Gesellschaft/Kultur" als Dichotomie und getrennte Kategorien ersetzen. Er spricht in diesem Zusammenhang von '''"hybriden Naturen"''', die u.a. im Rahmen der Biotechnologie, aber auch im Kontext von sozialen (indigenen) Bewegungen zum Ausdruck kommen. Solche Verflechtungen analysiert er u.a. am Beispiel von Biodiversität: Er zeigt, wie '''Biodiversität[http://de.wikipedia.org/wiki/Biodiversit%C3%A4t  &#91;2&#93;]''' als Diskurs und Kulturpolitik auf verschiedenen Ebenen zum Tragen kommt und sowohl globale Institutionen als auch die politische Ökologie lokaler sozialer Bewegungen prägt (vgl. Escobar 1999). <br/>
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Ein Beispiel für indigene "Naturpolitik" im Sinne von Verbindungen zwischen Naturnutzung, Naturkonzeption und indigenen Rechten bilden '''indigene Organisationen[[Mensch_Natur_Weltbild/Naturpolitik#4.4 Natur, Land und Landrechte|[1]]]''' in der in den frühen 90er Jahren des 20.Jahrhunderts in Ecuador (vgl. Mader 1994). <br/>
 
Ein Beispiel für indigene "Naturpolitik" im Sinne von Verbindungen zwischen Naturnutzung, Naturkonzeption und indigenen Rechten bilden '''indigene Organisationen[[Mensch_Natur_Weltbild/Naturpolitik#4.4 Natur, Land und Landrechte|[1]]]''' in der in den frühen 90er Jahren des 20.Jahrhunderts in Ecuador (vgl. Mader 1994). <br/>
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[[File:einfpropaedksa-135_1.jpg|thumb|250px|right|Abbildung: Natur und Mythen in der indischen Malerei: Vishvamitra führt Rama und Lakshmana zu seiner Einsiedelei (1594). Quelle: [kultur-online.net](http://www.kultur-online.net/?q=node/4583)]]
 
[[File:einfpropaedksa-135_1.jpg|thumb|250px|right|Abbildung: Natur und Mythen in der indischen Malerei: Vishvamitra führt Rama und Lakshmana zu seiner Einsiedelei (1594). Quelle: [kultur-online.net](http://www.kultur-online.net/?q=node/4583)]]
 
'''Natur[[Themenbereiche_der_KSA/Natur#3.5 Anthropologie der Natur|[1]]] wird in verschiedenen kulturellen und historischen Kontexten immer wieder anderes bewertet.''' Natur oder Landschaft gilt als schön oder reizlos, erbaulich oder bedrohlich. Solche u.a. ästhetische Bewertungen bilden Teil eines größeren Gefüges der Konstruktion von Bedeutungen von Natur. Sie stehen in Zusammenhang mit Kunst, visueller Kultur oder Tourismus und umfassen diverse Formen der Repräsentation und Interaktion. <br/>
 
'''Natur[[Themenbereiche_der_KSA/Natur#3.5 Anthropologie der Natur|[1]]] wird in verschiedenen kulturellen und historischen Kontexten immer wieder anderes bewertet.''' Natur oder Landschaft gilt als schön oder reizlos, erbaulich oder bedrohlich. Solche u.a. ästhetische Bewertungen bilden Teil eines größeren Gefüges der Konstruktion von Bedeutungen von Natur. Sie stehen in Zusammenhang mit Kunst, visueller Kultur oder Tourismus und umfassen diverse Formen der Repräsentation und Interaktion. <br/>
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Die '''Anthropologie der Landschaft''' umfasst verschiedene Forschungsfelder und theoretische Perspektiven und untersucht unter anderem die Symbolik von Landschaften in Hinblick auf die Produktion von Bedeutung in '''Mythen[[Themenbereiche_der_KSA/Mythen#3.7 Anthropologie der Mythen|[1]]]''', Kosmologien und '''Ritualen[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2 Ritual|[2]]]''' sowie in diversen Formen von Kunst und Narration. Aus einer symboltheoretischen Perspektive fungiert Landschaft dabei als vieldeutiges Zeichen, das mit einer großen Bandbreite von Konzepten und Emotionen in Verbindung gebracht wird (z.B. Liebe, Spiritualität oder Freiheit). <br/>
 
Die '''Anthropologie der Landschaft''' umfasst verschiedene Forschungsfelder und theoretische Perspektiven und untersucht unter anderem die Symbolik von Landschaften in Hinblick auf die Produktion von Bedeutung in '''Mythen[[Themenbereiche_der_KSA/Mythen#3.7 Anthropologie der Mythen|[1]]]''', Kosmologien und '''Ritualen[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2 Ritual|[2]]]''' sowie in diversen Formen von Kunst und Narration. Aus einer symboltheoretischen Perspektive fungiert Landschaft dabei als vieldeutiges Zeichen, das mit einer großen Bandbreite von Konzepten und Emotionen in Verbindung gebracht wird (z.B. Liebe, Spiritualität oder Freiheit). <br/>
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Die '''Repräsentation der Alpen als imaginärer Raum der Liebe im indischen Film''' ist hingegen eng mit Konzepten von Landschaft in diversen religiösen Traditionen in Südasien verbunden. Die großen hinduistischen Epen wie Rāmāyana und Mahābhārata beeinflussen den indischen Film auf verschiedenen Ebenen, u.a. in Zusammenhang mit Beschreibungen und Bewertungen von Landschaften. Die Darstellung der Alpen im Film zieht wiederum viele indische TouristInnen in die Schweiz und nach Österreich. <br/>
 
Die '''Repräsentation der Alpen als imaginärer Raum der Liebe im indischen Film''' ist hingegen eng mit Konzepten von Landschaft in diversen religiösen Traditionen in Südasien verbunden. Die großen hinduistischen Epen wie Rāmāyana und Mahābhārata beeinflussen den indischen Film auf verschiedenen Ebenen, u.a. in Zusammenhang mit Beschreibungen und Bewertungen von Landschaften. Die Darstellung der Alpen im Film zieht wiederum viele indische TouristInnen in die Schweiz und nach Österreich. <br/>
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Natur bzw. Landschaft bilden im Rahmen des Tourismus sowohl ein Objekt für den '''"touristischen Blick"''' (''tourist gaze'') und visuellen Konsum als auch einen Hintergrund und eine "Bühne" für diverse Praktiken. Sie sind wesentliche Elemente der Konstruktion des touristischen Raums und sind Teil eines komplexen '''glokalen[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.6.1 Das Globale und das Lokale|[1]]]''' Gefüges von Akteuren, ökonomischen Aktivitäten, transkulturellen Prozessen, multiplen Rollen und Identitäten. Diese Verflechtungen kommen auch im Rahmen des '''Tourismus in Lateinamerika[[Kultur_und_Globalisierung/Tourismus#7.4 Tourismus: Lokale Räume, globale Träume.|[2]]]''' zum Ausdruck. <br/>
 
Natur bzw. Landschaft bilden im Rahmen des Tourismus sowohl ein Objekt für den '''"touristischen Blick"''' (''tourist gaze'') und visuellen Konsum als auch einen Hintergrund und eine "Bühne" für diverse Praktiken. Sie sind wesentliche Elemente der Konstruktion des touristischen Raums und sind Teil eines komplexen '''glokalen[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.6.1 Das Globale und das Lokale|[1]]]''' Gefüges von Akteuren, ökonomischen Aktivitäten, transkulturellen Prozessen, multiplen Rollen und Identitäten. Diese Verflechtungen kommen auch im Rahmen des '''Tourismus in Lateinamerika[[Kultur_und_Globalisierung/Tourismus#7.4 Tourismus: Lokale Räume, globale Träume.|[2]]]''' zum Ausdruck. <br/>
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Spivak, Gayatari C. 1985/1996: Subaltern studies. Deconstructing historiography. In: Landry, Donna and Gerald MacLean (Hg.): The Spivak Reader. London und New York: Routledge: 203-236. <br/>
 
Spivak, Gayatari C. 1985/1996: Subaltern studies. Deconstructing historiography. In: Landry, Donna and Gerald MacLean (Hg.): The Spivak Reader. London und New York: Routledge: 203-236. <br/>
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'''[[Themenbereiche_der_KSA/Oekonomische#3.6 Ökonomische Anthropologie| Nächstes Kapitel: 3.6 Ökonomische Anthropologie]]'''
 
'''[[Themenbereiche_der_KSA/Oekonomische#3.6 Ökonomische Anthropologie| Nächstes Kapitel: 3.6 Ökonomische Anthropologie]]'''
 
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[[#3.5 Anthropologie der Natur|&uarr; Nach oben]]<br/>
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[[#3.5 Anthropologie der Natur|&uarr; Nach oben]]
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'''[[Themenbereiche_der_KSA/Natur#3.5 Anthropologie der Natur| Vorheriges Kapitel: 3.5 Anthropologie der Natur]]'''
 
'''[[Themenbereiche_der_KSA/Natur#3.5 Anthropologie der Natur| Vorheriges Kapitel: 3.5 Anthropologie der Natur]]'''
 
=3.6 Ökonomische Anthropologie=
 
=3.6 Ökonomische Anthropologie=
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Die '''Ökonomische Anthropologie (bzw. Wirtschaftsanthropologie)''' legt dabei besonderes Augenmerk auf Schnittstellen und Verflechtungen mit anderen Bereichen, z.B. mit sozialer Organisation und Gender oder '''Religion[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1 Religion|[5]]]''' und '''Ritual[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2 Ritual|[6]]]'''. So sind etwa '''Subsistenz[[Themenbereiche_der_KSA/Natur#3.5.1 Natur und Subsistenz|[7]]]''' bzw. verschiedene Subsistenzformen (Wirtschaftsweisen) mit diversen sozialen und kulturellen Systemen verbunden. Diese Themenfelder stehen auch in Verbindung mit dem Verhältnis von Wirtschaft und Arbeit mit Natur und Landschaft sowie mit spezifischen kulturellen Traditionen und Praktiken. <br/>
 
Die '''Ökonomische Anthropologie (bzw. Wirtschaftsanthropologie)''' legt dabei besonderes Augenmerk auf Schnittstellen und Verflechtungen mit anderen Bereichen, z.B. mit sozialer Organisation und Gender oder '''Religion[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1 Religion|[5]]]''' und '''Ritual[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2 Ritual|[6]]]'''. So sind etwa '''Subsistenz[[Themenbereiche_der_KSA/Natur#3.5.1 Natur und Subsistenz|[7]]]''' bzw. verschiedene Subsistenzformen (Wirtschaftsweisen) mit diversen sozialen und kulturellen Systemen verbunden. Diese Themenfelder stehen auch in Verbindung mit dem Verhältnis von Wirtschaft und Arbeit mit Natur und Landschaft sowie mit spezifischen kulturellen Traditionen und Praktiken. <br/>
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==Inhalt==
 
==Inhalt==
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<div class="eksa_toc">
 
<div class="eksa_toc">
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Oekonomische#3.6 Ökonomische Anthropologie|3.6 Ökonomische Anthropologie]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Oekonomische#3.6 Ökonomische Anthropologie|3.6 Ökonomische Anthropologie]]<br/>
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:[[Themenbereiche_der_KSA/Oekonomische#3.6.3 Literatur|3.6.3 Literatur]]<br/>
 
:[[Themenbereiche_der_KSA/Oekonomische#3.6.3 Literatur|3.6.3 Literatur]]<br/>
 
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Zu den wichtigsten ökonomischen Theorien, die auch eine Basis der Wirtschaftsanthropologie darstellen, zählen: <br/>
 
Zu den wichtigsten ökonomischen Theorien, die auch eine Basis der Wirtschaftsanthropologie darstellen, zählen: <br/>
 
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*  '''Politische Ökonomie/Marxismus[[Marxismus_historischer_Materialismus_Evolutionismus#2 Marxismus, historischer Materialismus, Evolutionismus|[1]]]''' (vgl. auch '''http://www.lateinamerika- studien.at/content/wirtschaft/ipo/ipo-1438.html[[Oekonomische Theorien/Politische Ökonomie/UK_Funktionalismus#2.4 Politische Ökonomie|[2]]]''')<br/>
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*  '''Politische Ökonomie/Marxismus[[Marxismus_historischer_Materialismus_Evolutionismus#2 Marxismus, historischer Materialismus, Evolutionismus|[1]]]''' (vgl. auch '''[[Oekonomische Theorien/Politische Ökonomie#2.4 Politische Ökonomie|[2]]]''')<br/>
*  '''Neoklassik/Rational Choice[[Neoklassik#3 Neoklassik oder Rational Choice|[3]]]''' (vgl. auch '''http://www.lateinamerika- studien.at/content/wirtschaft/ipo/ipo-753.html[[Oekonomische Theorien/Neoklassik/Diffusionismus_und_Kulturkreislehre#2.2 Neoklassik|[4]]]''')<br/>
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*  '''Neoklassik/Rational Choice[[Neoklassik#3 Neoklassik oder Rational Choice|[3]]]''' (vgl. auch '''[[Oekonomische Theorien/Neoklassik#2.2 Neoklassik|[4]]]''')<br/>
 
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Eine zentrale Forschungsrichtung der Ökonomischen Anthropologie ist der '''Institutionalismus''' oder '''Substantivismus[[Institutionalismus_und_Substantivismus/Substantivisten#4.3 Substantivisten|[5]]]'''. Die unter diesen Begriffen zusammengefassten theoretischen Ansätze gehen davon aus, dass die Ökonomie in die Gesamtheit aller Institutionen eingebettet ist. Dem gegenüber argumentieren VertreterInnen des '''Formalismus[[Neoklassik/Firth/Religion#3.1.1 Allgemeine Gesetzmäßigkeiten und spezifische ökonomische Systeme bei Firth|[6]]]''' in Anlehnung an die Position der Neoklassik, dass regionale ökonomische Besonderheiten nur Varianten von generellen Gesetzmäßigkeiten - die uneingeschränkt weltweit gelten - darstellen. Die Kontroversen zwischen diesen beiden Positionen dominierten vielfach die theoretischen Diskussionen in der Wirtschaftsethnologie im 20.Jahrhundert. <br/>
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Eine zentrale Forschungsrichtung der Ökonomischen Anthropologie ist der '''Institutionalismus''' oder '''Substantivismus[[Institutionalismus_und_Substantivismus/Substantivisten#4.3 Substantivisten|[5]]]'''. Die unter diesen Begriffen zusammengefassten theoretischen Ansätze gehen davon aus, dass die Ökonomie in die Gesamtheit aller Institutionen eingebettet ist. Dem gegenüber argumentieren VertreterInnen des '''Formalismus[[Neoklassik/Firth#3.1.1 Allgemeine Gesetzmäßigkeiten und spezifische ökonomische Systeme bei Firth|[6]]]''' in Anlehnung an die Position der Neoklassik, dass regionale ökonomische Besonderheiten nur Varianten von generellen Gesetzmäßigkeiten - die uneingeschränkt weltweit gelten - darstellen. Die Kontroversen zwischen diesen beiden Positionen dominierten vielfach die theoretischen Diskussionen in der Wirtschaftsethnologie im 20.Jahrhundert. <br/>
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Besonders umstritten war und ist in diesem Zusammenhang das Modell des '''"''homo oeconomicus''"[[Oekonomische Theorien/Neoklassik/Diffusionismus_und_Kulturkreislehre#2.2.5.2 Der homo oeconomicus|[7]]]''', dessen Anwendbarkeit im Rahmen der '''Wirtschaftsanthropologie[[Neoklassik/Der_Grosse_Streit/Kolonialismus#3.3.3.1 Kritik am homo oeconomicus aus nicht-formalistischer Perspektive|[8]]]''' immer wieder aus unterschiedlichen Gesichtspunkten debattiert wurde. <br/>
 
 
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Besonders umstritten war und ist in diesem Zusammenhang das Modell des '''"''homo oeconomicus''"[[Oekonomische Theorien/Neoklassik#2.2.5.2 Der homo oeconomicus|[7]]]''', dessen Anwendbarkeit im Rahmen der '''Wirtschaftsanthropologie[[Neoklassik/Der_Grosse_Streit#3.3.3.1 Kritik am homo oeconomicus aus nicht-formalistischer Perspektive|[8]]]''' immer wieder aus unterschiedlichen Gesichtspunkten debattiert wurde. <br/>
 
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[[Marxismus_historischer_Materialismus_Evolutionismus#2 Marxismus, historischer Materialismus, Evolutionismus|[1] Siehe Kapitel 2 der Lernunterlage ''Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie'']]<br/>
 
[[Marxismus_historischer_Materialismus_Evolutionismus#2 Marxismus, historischer Materialismus, Evolutionismus|[1] Siehe Kapitel 2 der Lernunterlage ''Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie'']]<br/>
[[Oekonomische Theorien/Politische Ökonomie/UK_Funktionalismus#2.4 Politische Ökonomie|[2] Siehe Kapitel 2.4 der Lernunterlage ''Internationale Politische Ökonomie'']]<br/>
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[[Oekonomische Theorien/Politische Ökonomie#2.4 Politische Ökonomie|[2] Siehe Kapitel 2.4 der Lernunterlage ''Internationale Politische Ökonomie'']]<br/>
 
[[Neoklassik#3 Neoklassik oder Rational Choice|[3] Siehe Kapitel 3 der Lernunterlage ''Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie'']]<br/>
 
[[Neoklassik#3 Neoklassik oder Rational Choice|[3] Siehe Kapitel 3 der Lernunterlage ''Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie'']]<br/>
[[Oekonomische Theorien/Neoklassik/Diffusionismus_und_Kulturkreislehre#2.2 Neoklassik|[4] Siehe Kapitel 2.2 der Lernunterlage ''Internationale Politische Ökonomie'']]<br/>
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[[Oekonomische Theorien/Neoklassik#2.2 Neoklassik|[4] Siehe Kapitel 2.2 der Lernunterlage ''Internationale Politische Ökonomie'']]<br/>
 
[[Institutionalismus_und_Substantivismus/Substantivisten#4.3 Substantivisten|[5] Siehe Kapitel 4.3 der Lernunterlage ''Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie'']]<br/>
 
[[Institutionalismus_und_Substantivismus/Substantivisten#4.3 Substantivisten|[5] Siehe Kapitel 4.3 der Lernunterlage ''Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie'']]<br/>
[[Neoklassik/Firth/Religion#3.1.1 Allgemeine Gesetzmäßigkeiten und spezifische ökonomische Systeme bei Firth|[6] Siehe Kapitel 3.1.1 der Lernunterlage ''Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie'']]<br/>
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[[Neoklassik/Firth#3.1.1 Allgemeine Gesetzmäßigkeiten und spezifische ökonomische Systeme bei Firth|[6] Siehe Kapitel 3.1.1 der Lernunterlage ''Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie'']]<br/>
[[Oekonomische Theorien/Neoklassik/Diffusionismus_und_Kulturkreislehre#2.2.5.2 Der homo oeconomicus|[7] Siehe Kapitel 2.2.5.2 der Lernunterlage ''Internationale Politische Ökonomie'']]<br/>
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[[Oekonomische Theorien/Neoklassik#2.2.5.2 Der homo oeconomicus|[7] Siehe Kapitel 2.2.5.2 der Lernunterlage ''Internationale Politische Ökonomie'']]<br/>
[[Neoklassik/Der_Grosse_Streit/Kolonialismus#3.3.3.1 Kritik am homo oeconomicus aus nicht-formalistischer Perspektive|[8] Siehe Kapitel 3.3.3.1 der Lernunterlage ''Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie'']]<br/>
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[[Neoklassik/Der_Grosse_Streit#3.3.3.1 Kritik am homo oeconomicus aus nicht-formalistischer Perspektive|[8] Siehe Kapitel 3.3.3.1 der Lernunterlage ''Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie'']]<br/>
 
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<li style="display: inline-block;">[[File:einfpropaedksa-142_1.jpg|thumb|250px|none|Foto: Herstellung von Tonfiguren, Indien, Quelle: [wikimedia.org](http://commons.wikimedia.org/wiki/File:India_-_Faces_-_Lonely_Work_-%0A_Clay_Figurine_Making_(3342603762).jpg)]]</li>
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<li style="display: inline-block;">[[File:einfpropaedksa-142_1.jpg|thumb|550px|none|Foto: Herstellung von Tonfiguren, Indien, Quelle: [wikimedia.org](http://commons.wikimedia.org/wiki/File:India_-_Faces_-_Lonely_Work_-%0A_Clay_Figurine_Making_(3342603762).jpg)]]</li>
 
<li style="display: inline-block;">[[File:einfpropaedksa-142_2.jpg|thumb|250px|none|Foto: Frauen und Kinder bei der Palmölherstellung in Ghana, Quelle: [wikimedia.org](http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Palm_oil_production_in_Jukwa_Village,_Ghana-11.jpg)]]</li>
 
<li style="display: inline-block;">[[File:einfpropaedksa-142_2.jpg|thumb|250px|none|Foto: Frauen und Kinder bei der Palmölherstellung in Ghana, Quelle: [wikimedia.org](http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Palm_oil_production_in_Jukwa_Village,_Ghana-11.jpg)]]</li>
 
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'''Durkheim[[Institutionalismus_und_Substantivismus/Vordenker#4.1.1 Émile Durkheim|[5]]]''' wendet diese Grundannahmen auf verschiedene Dimensionen des Denkens und Handelns an, insbesondere auf die Gestaltung von sozialen Gruppen und gesellschaftlichen Institutionen, auf Wirtschaft sowie auf Religion. Im Rahmen seiner "sozialen Ökonomie" erarbeitete Durkheim verschiedene Themen, die für die Weiterentwicklung der ökonomischen Anthropologie von besonderer Bedeutung waren (z.B. in Hinblick auf soziale Teilung der Arbeit oder Verflechtungen von '''Gesellschaft[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.3 Was ist Gesellschaft?|[6]]]''', Ökonomie und '''Religion[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1 Religion|[7]]]'''). <br/>
 
'''Durkheim[[Institutionalismus_und_Substantivismus/Vordenker#4.1.1 Émile Durkheim|[5]]]''' wendet diese Grundannahmen auf verschiedene Dimensionen des Denkens und Handelns an, insbesondere auf die Gestaltung von sozialen Gruppen und gesellschaftlichen Institutionen, auf Wirtschaft sowie auf Religion. Im Rahmen seiner "sozialen Ökonomie" erarbeitete Durkheim verschiedene Themen, die für die Weiterentwicklung der ökonomischen Anthropologie von besonderer Bedeutung waren (z.B. in Hinblick auf soziale Teilung der Arbeit oder Verflechtungen von '''Gesellschaft[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.3 Was ist Gesellschaft?|[6]]]''', Ökonomie und '''Religion[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1 Religion|[7]]]'''). <br/>
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*  '''Bronislaw Malinowski[[Institutionalismus_und_Substantivismus/Früh#4.2.2.1 Bronislaw Malinowski|[4]]]''' lieferte eine genaue ethnographische Beschreibung der Institution Kula in all ihren Dimensionen und analysiert sie im Rahmen des Funktionalismus. Seine Erkenntnisse basieren auf langjährigen '''Feldforschungen[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.1 Ethnographische Feldforschung|[5]]]''' auf den Trobriand-Inseln.<br/>
 
*  '''Bronislaw Malinowski[[Institutionalismus_und_Substantivismus/Früh#4.2.2.1 Bronislaw Malinowski|[4]]]''' lieferte eine genaue ethnographische Beschreibung der Institution Kula in all ihren Dimensionen und analysiert sie im Rahmen des Funktionalismus. Seine Erkenntnisse basieren auf langjährigen '''Feldforschungen[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.1 Ethnographische Feldforschung|[5]]]''' auf den Trobriand-Inseln.<br/>
 
*  Marcel Mauss erstellte vergleichende Analysen und theoretische Überlegungen zum Konzept des Tausches bzw. der Gabe, wobei er (aufbauend auf der Arbeit von Malinowski) Kula zu anderen Formen von Austausch in verschiedenen Regionen und historischen Epochen (z.B. '''Potlatch[http://de.wikipedia.org/wiki/Potlatch  &#91;6&#93;]''' in Nordwestamerika, Geschenksaustausch in Polynesien, Neuseeland und auf den Andamanen sowie im alten römischen und germanischen Recht) in Beziehung setzt.<br/>
 
*  Marcel Mauss erstellte vergleichende Analysen und theoretische Überlegungen zum Konzept des Tausches bzw. der Gabe, wobei er (aufbauend auf der Arbeit von Malinowski) Kula zu anderen Formen von Austausch in verschiedenen Regionen und historischen Epochen (z.B. '''Potlatch[http://de.wikipedia.org/wiki/Potlatch  &#91;6&#93;]''' in Nordwestamerika, Geschenksaustausch in Polynesien, Neuseeland und auf den Andamanen sowie im alten römischen und germanischen Recht) in Beziehung setzt.<br/>
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==3.6.3 Literatur==
 
==3.6.3 Literatur==
 
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Weitere Literaturhinweise zur Ökonomischen Anthropologie finden sich auf den entsprechenden verlinkten Seiten. <br/>
 
Weitere Literaturhinweise zur Ökonomischen Anthropologie finden sich auf den entsprechenden verlinkten Seiten. <br/>
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'''[[Themenbereiche_der_KSA/Mythen#3.7 Anthropologie der Mythen| Nächstes Kapitel: 3.7 Anthropologie der Mythen]]'''
 
'''[[Themenbereiche_der_KSA/Mythen#3.7 Anthropologie der Mythen| Nächstes Kapitel: 3.7 Anthropologie der Mythen]]'''
 
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[[#3.6 Ökonomische Anthropologie|&uarr; Nach oben]]<br/>
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[[#3.6 Ökonomische Anthropologie|&uarr; Nach oben]]
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'''[[Themenbereiche_der_KSA/Oekonomische#3.6 Ökonomische Anthropologie| Vorheriges Kapitel: 3.6 Ökonomische Anthropologie]]'''
 
'''[[Themenbereiche_der_KSA/Oekonomische#3.6 Ökonomische Anthropologie| Vorheriges Kapitel: 3.6 Ökonomische Anthropologie]]'''
 
=3.7 Anthropologie der Mythen=
 
=3.7 Anthropologie der Mythen=
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Die Inhalte von Mythen bilden auch einen '''integralen Bestandteil von Wissensgefügen''' und stellen eine '''Grundlage für Weltbilder[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.4 Religion und Weltbild|[1]]], Religionen[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1 Religion|[2]]] und Rituale[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2 Ritual|[3]]] dar'''. Sie erzählen auch über Gefühle, Wünsche oder Konflikte, die Menschen in verschiedenen Lebenswelten berühren und vermitteln Vorstellungen und Normen, die in diversen sozialen Gefügen zum Tragen kommen. Sie konstruieren einen imaginären und symbolischen Raum, der eng mit der Alltagswelt verwoben ist, und zeigen ein breites Spektrum von Bewertungen bestimmter Fähigkeiten, Ereignissen und Handlungen (vgl. Mader 2008). <br/>
 
Die Inhalte von Mythen bilden auch einen '''integralen Bestandteil von Wissensgefügen''' und stellen eine '''Grundlage für Weltbilder[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.4 Religion und Weltbild|[1]]], Religionen[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1 Religion|[2]]] und Rituale[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2 Ritual|[3]]] dar'''. Sie erzählen auch über Gefühle, Wünsche oder Konflikte, die Menschen in verschiedenen Lebenswelten berühren und vermitteln Vorstellungen und Normen, die in diversen sozialen Gefügen zum Tragen kommen. Sie konstruieren einen imaginären und symbolischen Raum, der eng mit der Alltagswelt verwoben ist, und zeigen ein breites Spektrum von Bewertungen bestimmter Fähigkeiten, Ereignissen und Handlungen (vgl. Mader 2008). <br/>
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==Inhalt==
 
==Inhalt==
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<div class="eksa_toc">
 
<div class="eksa_toc">
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Mythen#3.7 Anthropologie der Mythen|3.7 Anthropologie der Mythen]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Mythen#3.7 Anthropologie der Mythen|3.7 Anthropologie der Mythen]]<br/>
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:[[Themenbereiche_der_KSA/Mythen#3.7.3 Literatur|3.7.3 Literatur]]<br/>
 
:[[Themenbereiche_der_KSA/Mythen#3.7.3 Literatur|3.7.3 Literatur]]<br/>
 
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'''Definitionsversuche und theoretische Perspektiven[[Definitionsversuche_und_Theorien_des_Mythos#3 Definitionsversuche und Theorien des Mythos|[4]]]''' auf Mythen stehen in Zusammenhang mit der Forschungsgeschichte und der großen Bandbreite von Fragestellungen (vgl. Mader 2008). <br/>
 
'''Definitionsversuche und theoretische Perspektiven[[Definitionsversuche_und_Theorien_des_Mythos#3 Definitionsversuche und Theorien des Mythos|[4]]]''' auf Mythen stehen in Zusammenhang mit der Forschungsgeschichte und der großen Bandbreite von Fragestellungen (vgl. Mader 2008). <br/>
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Einige ForscherInnen betrachten '''populäres Kino''' generell '''als Mythen der Gegenwart''': Sie analysieren Filme mittels (erweiterter) Methoden der Mythenforschung, wobei strukturale sowie semiologische und semiotische Zugänge besonders großen Raum einnehmen. <br/>
 
Einige ForscherInnen betrachten '''populäres Kino''' generell '''als Mythen der Gegenwart''': Sie analysieren Filme mittels (erweiterter) Methoden der Mythenforschung, wobei strukturale sowie semiologische und semiotische Zugänge besonders großen Raum einnehmen. <br/>
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Bei der Erkundung solcher Gegensätze und/oder Widersprüche im Rahmen von mythologischen Filmanalysen spielt der Begriff '''"''schismogenesis''"''' eine wichtige Rolle. Drummond übernimmt dieses Konzept von '''Gregory Bateson[http://en.wikipedia.org/wiki/Gregory_Bateson  &#91;3&#93;]''': Es besagt, dass im Kern von Mythen und '''Ritualen[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2 Ritual|[4]]]''' (gesellschaftliche und kognitive) Konflikte und Widersprüche liegen, die zwar nicht gelöst werden können, deren Repräsentation jedoch von großer Bedeutung für die kulturellen Prozesse ist. Einen Bereich solcher Dilemmas stellt die Beziehung des Menschen zu seiner Umwelt dar. Wie viele Mythen thematisiert auch ein guter Teil der untersuchten Hollywood- Filme Beziehungen des Menschen zur Natur - zum Beispiel zu Tieren - aber auch zur Umwelt der Industriegesellschaft, die durch Artefakte und Maschinen wesentlich mitgestaltet wird (z.B. Star Wars). <br/>
 
Bei der Erkundung solcher Gegensätze und/oder Widersprüche im Rahmen von mythologischen Filmanalysen spielt der Begriff '''"''schismogenesis''"''' eine wichtige Rolle. Drummond übernimmt dieses Konzept von '''Gregory Bateson[http://en.wikipedia.org/wiki/Gregory_Bateson  &#91;3&#93;]''': Es besagt, dass im Kern von Mythen und '''Ritualen[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2 Ritual|[4]]]''' (gesellschaftliche und kognitive) Konflikte und Widersprüche liegen, die zwar nicht gelöst werden können, deren Repräsentation jedoch von großer Bedeutung für die kulturellen Prozesse ist. Einen Bereich solcher Dilemmas stellt die Beziehung des Menschen zu seiner Umwelt dar. Wie viele Mythen thematisiert auch ein guter Teil der untersuchten Hollywood- Filme Beziehungen des Menschen zur Natur - zum Beispiel zu Tieren - aber auch zur Umwelt der Industriegesellschaft, die durch Artefakte und Maschinen wesentlich mitgestaltet wird (z.B. Star Wars). <br/>
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===3.7.2.2 Mythische Figuren und Motive im Kino - Pirates of the Caribbean===
 
===3.7.2.2 Mythische Figuren und Motive im Kino - Pirates of the Caribbean===
 
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[[File:einfpropaedksa-149_1.jpg|thumb|250px|left|Abbildung: Filmplakat "Pirates of the Caribbean - On Stranger Tides", USA 2011, Regie: Rob Marshall]]
<li style="display: inline-block;">[[File:einfpropaedksa-149_1.jpg|thumb|250px|none|Abbildung: Filmplakat "Pirates of the Caribbean - On Stranger Tides", USA 2011, Regie: Rob Marshall]]</li>
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[[File:einfpropaedksa-149_2.jpg|thumb|250px|right|Abbildung: Filmplakat "Pirates of the Caribbean - On Stranger Tides", USA 2011, Regie: Rob Marshall ]]
<li style="display: inline-block;">[[File:einfpropaedksa-149_2.jpg|thumb|250px|none|Abbildung: Filmplakat "Pirates of the Caribbean - On Stranger Tides", USA 2011, Regie: Rob Marshall ]]</li>
 
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In der Filmreihe ''Pirates of the Caribbean'' kommen Verflechtungen von Mythen und Filmen unter anderem durch gemeinsame Inhaltselemente zum Ausdruck (vgl. Mader 2008: 184ff. und Mader 2011). Dazu zählen Kontinuitäten bei der Charakterisierung der HandlungsträgerInnen, wie sie an der '''Figur des Tricksters''' (Captain Jack Sparrow) besonders deutlich zu erkennen sind. Darüber hinaus äußern sie sich in einer Reihe von Motiven und Themen, die wichtige Elemente im Rahmen der Konstruktion von Bedeutung darstellen. Diese Vermischungsprozesse können als Intertextualität analysiert werden: Darunter versteht man das Verschieben von Inhaltselementen aus einem Zusammenhang (Text) in einen anderen. Dabei bleiben einige Aspekte ihrer Bedeutung erhalten, andere werden durch den neuen Zusammenhang verändert bzw. kommen neu dazu. <br/>
 
In der Filmreihe ''Pirates of the Caribbean'' kommen Verflechtungen von Mythen und Filmen unter anderem durch gemeinsame Inhaltselemente zum Ausdruck (vgl. Mader 2008: 184ff. und Mader 2011). Dazu zählen Kontinuitäten bei der Charakterisierung der HandlungsträgerInnen, wie sie an der '''Figur des Tricksters''' (Captain Jack Sparrow) besonders deutlich zu erkennen sind. Darüber hinaus äußern sie sich in einer Reihe von Motiven und Themen, die wichtige Elemente im Rahmen der Konstruktion von Bedeutung darstellen. Diese Vermischungsprozesse können als Intertextualität analysiert werden: Darunter versteht man das Verschieben von Inhaltselementen aus einem Zusammenhang (Text) in einen anderen. Dabei bleiben einige Aspekte ihrer Bedeutung erhalten, andere werden durch den neuen Zusammenhang verändert bzw. kommen neu dazu. <br/>
 
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Ein Prototyp dieser Figur in der europäischen Mythologie ist Odysseus, dessen Reisen und Erlebnisse auch mehrmals verfilmt wurden. Von seinem Vorfahren, dem göttlichen Hermes, erbte er eine Reihe von Fähigkeiten: So kann er perfekt lügen, tarnen und täuschen. Solche Kapazitäten sind auch im Kampf oder Krieg besonders nützlich, man denke an das trojanische Pferd. Trickster tauchen oft dort auf wo Eine/r oder Wenige gegen eine große Übermacht antreten, sie prägen viele indianische und afrikanische Mythen sowie Comic-Figuren. Viele Elemente dieser Figuren und ihrer Handlungsweisen werden in Captain Jack Sparrow vereinigt, der sich in Zukunft vielleicht noch durch weitere Teile der Filmreihe tricksen wird. <br/>
 
Ein Prototyp dieser Figur in der europäischen Mythologie ist Odysseus, dessen Reisen und Erlebnisse auch mehrmals verfilmt wurden. Von seinem Vorfahren, dem göttlichen Hermes, erbte er eine Reihe von Fähigkeiten: So kann er perfekt lügen, tarnen und täuschen. Solche Kapazitäten sind auch im Kampf oder Krieg besonders nützlich, man denke an das trojanische Pferd. Trickster tauchen oft dort auf wo Eine/r oder Wenige gegen eine große Übermacht antreten, sie prägen viele indianische und afrikanische Mythen sowie Comic-Figuren. Viele Elemente dieser Figuren und ihrer Handlungsweisen werden in Captain Jack Sparrow vereinigt, der sich in Zukunft vielleicht noch durch weitere Teile der Filmreihe tricksen wird. <br/>
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==3.7.3 Literatur==
 
==3.7.3 Literatur==
 
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'''[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8 Medienanthropologie| Nächstes Kapitel: 3.8 Medienanthropologie]]'''
 
'''[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8 Medienanthropologie| Nächstes Kapitel: 3.8 Medienanthropologie]]'''
 
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[[#3.7 Anthropologie der Mythen|&uarr; Nach oben]]<br/>
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[[#3.7 Anthropologie der Mythen|&uarr; Nach oben]]
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'''[[Themenbereiche_der_KSA/Mythen#3.7 Anthropologie der Mythen| Vorheriges Kapitel: 3.7 Anthropologie der Mythen]]'''
 
'''[[Themenbereiche_der_KSA/Mythen#3.7 Anthropologie der Mythen| Vorheriges Kapitel: 3.7 Anthropologie der Mythen]]'''
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=3.8 Medienanthropologie=
 
=3.8 Medienanthropologie=
 
<sup>verfasst von Philipp Budka</sup>
 
<sup>verfasst von Philipp Budka</sup>
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'''In der Medienanthropologie geht es um die Mediatisierung von Kommunikation in unterschiedlichen soziokulturellen Kontexten und unter spezifischen historischen, politischen und ökonomischen Bedingungen.''' <br/>
 
'''In der Medienanthropologie geht es um die Mediatisierung von Kommunikation in unterschiedlichen soziokulturellen Kontexten und unter spezifischen historischen, politischen und ökonomischen Bedingungen.''' <br/>
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==Inhalt==
 
==Inhalt==
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<div class="eksa_toc">
 
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[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8 Medienanthropologie|3.8 Medienanthropologie]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8 Medienanthropologie|3.8 Medienanthropologie]]<br/>
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:[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8.7 Literatur|3.8.7 Literatur]]<br/>
 
:[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8.7 Literatur|3.8.7 Literatur]]<br/>
 
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In der Kultur- und Sozialanthropologie werden Medien nicht auf ihre Inhalte oder Botschaften reduziert. Im Versuch ein möglichst ganzheitliches Bild von Medienphänomenen zu erlangen, werden '''Kontexte und Bedingungen unter denen Medien produziert, verteilt und genutzt werden''' ebenso analysiert wie die '''technischen Aspekte von Medien'''. '''Medien beinhalten immer auch Technologien, die die Mediatisierung von Kommunikation erst ermöglichen. Es macht also Sinn nicht nur von Medien sondern von Medientechnologien zu sprechen.''' <br/>
 
In der Kultur- und Sozialanthropologie werden Medien nicht auf ihre Inhalte oder Botschaften reduziert. Im Versuch ein möglichst ganzheitliches Bild von Medienphänomenen zu erlangen, werden '''Kontexte und Bedingungen unter denen Medien produziert, verteilt und genutzt werden''' ebenso analysiert wie die '''technischen Aspekte von Medien'''. '''Medien beinhalten immer auch Technologien, die die Mediatisierung von Kommunikation erst ermöglichen. Es macht also Sinn nicht nur von Medien sondern von Medientechnologien zu sprechen.''' <br/>
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Mark A. Peterson (2003: 8-9) identifiziert '''drei wichtige Aspekte in der ethnographischen Forschung zu Medientechnologien''', die auch für ethnographische Feldforschung im Allgemeinen gelten: <br/>
 
Mark A. Peterson (2003: 8-9) identifiziert '''drei wichtige Aspekte in der ethnographischen Forschung zu Medientechnologien''', die auch für ethnographische Feldforschung im Allgemeinen gelten: <br/>
 
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1.  (Medien)'''Ethnographie[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Ethnographie/Boas#2.3 Ethnographie|[2]]]''' beinhaltet eine '''dichte, kontextualisierte und detaillierte Beschreibung''', in der Beobachtungen und Informationen kontinuierlich dokumentiert und reflexiv aufgearbeitet werden.<br/>
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1.  (Medien)'''Ethnographie[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Ethnographie#2.3 Ethnographie|[2]]]''' beinhaltet eine '''dichte, kontextualisierte und detaillierte Beschreibung''', in der Beobachtungen und Informationen kontinuierlich dokumentiert und reflexiv aufgearbeitet werden.<br/>
 
2.  Ethnographische Medienforschung versucht, so genau wie möglich das '''Alltagsleben von Menschen''' festzuhalten.<br/>
 
2.  Ethnographische Medienforschung versucht, so genau wie möglich das '''Alltagsleben von Menschen''' festzuhalten.<br/>
 
3.  Die ständige Anwesenheit des Ethnographen bzw. der Ethnographin im alltäglichen Leben von ForschungspartnerInnen bedeutet ein '''kontinuierlich reflexives Zusammentreffen zwischen Menschen''', das nicht immer konfliktfrei ist. Medienethnographie ist eine sehr intime Forschungsstrategie Daten zu erheben und Wissen zu gewinnen, die Forschende mitten in das private und berufliche Alltagsleben von Menschen platziert.<br/>
 
3.  Die ständige Anwesenheit des Ethnographen bzw. der Ethnographin im alltäglichen Leben von ForschungspartnerInnen bedeutet ein '''kontinuierlich reflexives Zusammentreffen zwischen Menschen''', das nicht immer konfliktfrei ist. Medienethnographie ist eine sehr intime Forschungsstrategie Daten zu erheben und Wissen zu gewinnen, die Forschende mitten in das private und berufliche Alltagsleben von Menschen platziert.<br/>
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Das bedeutet Medien (auch) als '''Technologien[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8.5 Technologie im soziokulturellen Kontext|[4]]]''' zu begreifen. Über Medientechnologien entwickeln Menschen neue Beziehungen zu Zeit und Raum sowie zu Körper und Wahrnehmung. Und diese Verhältnisse verändern sich aufgrund medientechnologischer Entwicklungen permanent. Die "greifbare" Materialität von Medientechnologien und die damit verbundenen phänomenologischen Erfahrungen sind also wesentlicher Gegenstand medienethnographischer und medienanthropologischer Forschung (vgl. Ginsburg et al. 2002: 21). <br/>
 
Das bedeutet Medien (auch) als '''Technologien[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8.5 Technologie im soziokulturellen Kontext|[4]]]''' zu begreifen. Über Medientechnologien entwickeln Menschen neue Beziehungen zu Zeit und Raum sowie zu Körper und Wahrnehmung. Und diese Verhältnisse verändern sich aufgrund medientechnologischer Entwicklungen permanent. Die "greifbare" Materialität von Medientechnologien und die damit verbundenen phänomenologischen Erfahrungen sind also wesentlicher Gegenstand medienethnographischer und medienanthropologischer Forschung (vgl. Ginsburg et al. 2002: 21). <br/>
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[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.1 Ethnographische Feldforschung|[1] Siehe Kapitel 1.3.1]]<br/>
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.1 Ethnographische Feldforschung|[1] Siehe Kapitel 1.3.1]]<br/>
[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Ethnographie/Boas#2.3 Ethnographie|[2] Siehe Kapitel 2.3 der Lernunterlage ''Grundlagen sozialwissenschaftlicher Methodologie: Empirische Forschung in den Sozialwissenschaften'']]<br/>
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[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Ethnographie#2.3 Ethnographie|[2] Siehe Kapitel 2.3 der Lernunterlage ''Grundlagen sozialwissenschaftlicher Methodologie: Empirische Forschung in den Sozialwissenschaften'']]<br/>
 
[https://web.archive.org/web/20120301033927/http://anthropology.as.nyu.edu/object/fayeginsburg.html  &#91;3&#93; https://web.archive.org/web/20120301033927/http://anthropology.as.nyu.edu/object/fayeginsburg.html]<br/>
 
[https://web.archive.org/web/20120301033927/http://anthropology.as.nyu.edu/object/fayeginsburg.html  &#91;3&#93; https://web.archive.org/web/20120301033927/http://anthropology.as.nyu.edu/object/fayeginsburg.html]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8.5 Technologie im soziokulturellen Kontext|[4] Siehe Kapitel 3.8.5]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8.5 Technologie im soziokulturellen Kontext|[4] Siehe Kapitel 3.8.5]]<br/>
 
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==3.8.3 Historische Entwicklung==
 
==3.8.3 Historische Entwicklung==
 
[[File:einfpropaedksa-154_1.jpg|thumb|250px|right|Foto: Printmedien, Toronto, Ph. Budka ]]
 
[[File:einfpropaedksa-154_1.jpg|thumb|250px|right|Foto: Printmedien, Toronto, Ph. Budka ]]
Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts befassten sich '''einige wenige SozialwissenschafterInnen[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Sozialwissenschaft/Klassischer_Evolutionismus#2.17 Sozialwissenschaft|[1]]]''' - zumeist im Rahmen größerer Forschungsprojekte - auch mit Medien und deren gesellschaftlicher und kultureller Relevanz. Dabei versuchten sie Fragen zu beantworten und bedienten sich methodischer Instrumente, die durchaus der '''Kultur- und Sozialanthropologie[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1 Was untersucht Kultur- und Sozialanthropologie?|[2]]]''' zugerechnet werden können (vgl. Peterson 2003). <br/>
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Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts befassten sich '''einige wenige SozialwissenschafterInnen[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Sozialwissenschaft#2.17 Sozialwissenschaft|[1]]]''' - zumeist im Rahmen größerer Forschungsprojekte - auch mit Medien und deren gesellschaftlicher und kultureller Relevanz. Dabei versuchten sie Fragen zu beantworten und bedienten sich methodischer Instrumente, die durchaus der '''Kultur- und Sozialanthropologie[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1 Was untersucht Kultur- und Sozialanthropologie?|[2]]]''' zugerechnet werden können (vgl. Peterson 2003). <br/>
 
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In der '''historischen Entwicklung der Medienanthropologie''' lassen sich zwei Stränge unterscheiden: <br/>
 
In der '''historischen Entwicklung der Medienanthropologie''' lassen sich zwei Stränge unterscheiden: <br/>
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1.  Frühe '''medienanthropologische bzw. mediensoziologische Studien''', die von SozialwissenschafterInnen durchgeführt wurden, die nicht ausgebildete Kultur- und SozialanthropologInnen waren, sich allerdings kultur- und sozialanthropologischer Fragestellungen und Forschungsmethoden bedienten.<br/>
 
1.  Frühe '''medienanthropologische bzw. mediensoziologische Studien''', die von SozialwissenschafterInnen durchgeführt wurden, die nicht ausgebildete Kultur- und SozialanthropologInnen waren, sich allerdings kultur- und sozialanthropologischer Fragestellungen und Forschungsmethoden bedienten.<br/>
 
2.  '''Medienethnographische Forschungsprojekte''', die von ausgebildeten Kultur- und SozialanthropologInnen durchgeführt wurden und die einerseits Medienphänomene konkret in den Fokus der Forschung stellten und andererseits Medientechnologien zumindest als Teil des ethnographischen Feldes behandelten.<br/>
 
2.  '''Medienethnographische Forschungsprojekte''', die von ausgebildeten Kultur- und SozialanthropologInnen durchgeführt wurden und die einerseits Medienphänomene konkret in den Fokus der Forschung stellten und andererseits Medientechnologien zumindest als Teil des ethnographischen Feldes behandelten.<br/>
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'''Verweise:'''
 
'''Verweise:'''
 
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[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Sozialwissenschaft/Klassischer_Evolutionismus#2.17 Sozialwissenschaft|[1] Siehe Kapitel 2.17 der Lernunterlage ''Grundlagen sozialwissenschaftlicher Methodologie: Empirische Forschung in den Sozialwissenschaften'']]<br/>
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[[Grundlagen_sozialwissenschaftlicher_Methodologie_-_Glossar/Sozialwissenschaft#2.17 Sozialwissenschaft|[1] Siehe Kapitel 2.17 der Lernunterlage ''Grundlagen sozialwissenschaftlicher Methodologie: Empirische Forschung in den Sozialwissenschaften'']]<br/>
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1 Was untersucht Kultur- und Sozialanthropologie?|[2] Siehe Kapitel 1.1]]<br/>
 
[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1 Was untersucht Kultur- und Sozialanthropologie?|[2] Siehe Kapitel 1.1]]<br/>
 
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Eine weitere frühe medienanthropologische Studie ist jene von '''William Lloyd Warner[http://en.wikipedia.org/wiki/W._Lloyd_Warner  &#91;3&#93;]''', der im Gegensatz zu den Lynds ein ausgebildeter Kultur- und Sozialanthropologe war. Die Ergebnisse seiner Arbeit wurden in insgesamt fünf Büchern zwischen 1941 und 1959 unter dem Titel '''''Yankee City''[http://en.wikipedia.org/wiki/Yankee_City  &#91;4&#93;]''' veröffentlicht. Auch hier liegt der Schwerpunkt der Fragestellung auf den Funktionsweisen, die Massenmedien und Massenkommunikation innerhalb einer Gemeinschaft in den USA erfüllen. Warner legte seinen Forschungsfokus allerdings auf Medienkonsumption als "symbolisches Verhalten" in Zusammenhang mit "sozialer Klasse". Er beschäftigte sich also damit, wie sich die Konsumption von Medien zwischen sozialen Klassen unterscheidet. Neben '''teilnehmender Beobachtung[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.2 Teilnehmende Beobachtung|[5]]]''' und Interviews griff er methodisch auch auf das Instrumentarium der '''Inhaltsanalyse[http://de.wikipedia.org/wiki/Inhaltsanalyse  &#91;6&#93;]''' zurück. <br/>
 
Eine weitere frühe medienanthropologische Studie ist jene von '''William Lloyd Warner[http://en.wikipedia.org/wiki/W._Lloyd_Warner  &#91;3&#93;]''', der im Gegensatz zu den Lynds ein ausgebildeter Kultur- und Sozialanthropologe war. Die Ergebnisse seiner Arbeit wurden in insgesamt fünf Büchern zwischen 1941 und 1959 unter dem Titel '''''Yankee City''[http://en.wikipedia.org/wiki/Yankee_City  &#91;4&#93;]''' veröffentlicht. Auch hier liegt der Schwerpunkt der Fragestellung auf den Funktionsweisen, die Massenmedien und Massenkommunikation innerhalb einer Gemeinschaft in den USA erfüllen. Warner legte seinen Forschungsfokus allerdings auf Medienkonsumption als "symbolisches Verhalten" in Zusammenhang mit "sozialer Klasse". Er beschäftigte sich also damit, wie sich die Konsumption von Medien zwischen sozialen Klassen unterscheidet. Neben '''teilnehmender Beobachtung[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.2 Teilnehmende Beobachtung|[5]]]''' und Interviews griff er methodisch auch auf das Instrumentarium der '''Inhaltsanalyse[http://de.wikipedia.org/wiki/Inhaltsanalyse  &#91;6&#93;]''' zurück. <br/>
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An diesem Projekt beteiligten sich Kultur- und SozialanthropologInnen, die zu den renommiertesten des Faches zählen und deren Arbeit bis heute einflussreich bleibt: z.B. '''Ruth Benedict[http://en.wikipedia.org/wiki/Ruth_Benedict  &#91;5&#93;]''', '''Margaret Mead[http://www.interculturalstudies.org/Mead/beeman.html  &#91;6&#93;]''', '''Gregory Bateson[http://en.wikipedia.org/wiki/Gregory_Bateson  &#91;7&#93;]''' und '''Eric Wolf[http://en.wikipedia.org/wiki/Eric_Wolf  &#91;8&#93;]'''. <br/>
 
An diesem Projekt beteiligten sich Kultur- und SozialanthropologInnen, die zu den renommiertesten des Faches zählen und deren Arbeit bis heute einflussreich bleibt: z.B. '''Ruth Benedict[http://en.wikipedia.org/wiki/Ruth_Benedict  &#91;5&#93;]''', '''Margaret Mead[http://www.interculturalstudies.org/Mead/beeman.html  &#91;6&#93;]''', '''Gregory Bateson[http://en.wikipedia.org/wiki/Gregory_Bateson  &#91;7&#93;]''' und '''Eric Wolf[http://en.wikipedia.org/wiki/Eric_Wolf  &#91;8&#93;]'''. <br/>
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Der Einfluss der "modernen" Cultural Studies auf die Kultur- und Sozialanthropologie resultierte in einer '''verstärkten Beachtung von Massenmedien bzw. "Populärkulturen" und deren Inhalten als Forschungsfelder''' (vgl. Dracklé 1999). Die Gründe für das historisch gewachsene Interesse der Kultur- und Sozialanthropologie an Medien können also mit einem Wechsel sowohl des theoretischen als auch des geographischen Fokus innerhalb der Disziplin erklärt werden. Die theoretischen und methodischen Umwälzungen in den 1980er und 1990er Jahren (Postmodernismus und Repräsentationsproblematik) sowie die Verlagerung von ethnographischen Forschungsfeldern von abgelegenen Dorfgemeinschaften in den "Entwicklungsländern" in die urbanen Räume der Industriestaaten, die wesentlich stärker von Massenmedien durchdrungen sind, trugen maßgeblich zur Etablierung einer Medienanthropologie bei (vgl. Ginsburg et al. 2002). <br/>
 
Der Einfluss der "modernen" Cultural Studies auf die Kultur- und Sozialanthropologie resultierte in einer '''verstärkten Beachtung von Massenmedien bzw. "Populärkulturen" und deren Inhalten als Forschungsfelder''' (vgl. Dracklé 1999). Die Gründe für das historisch gewachsene Interesse der Kultur- und Sozialanthropologie an Medien können also mit einem Wechsel sowohl des theoretischen als auch des geographischen Fokus innerhalb der Disziplin erklärt werden. Die theoretischen und methodischen Umwälzungen in den 1980er und 1990er Jahren (Postmodernismus und Repräsentationsproblematik) sowie die Verlagerung von ethnographischen Forschungsfeldern von abgelegenen Dorfgemeinschaften in den "Entwicklungsländern" in die urbanen Räume der Industriestaaten, die wesentlich stärker von Massenmedien durchdrungen sind, trugen maßgeblich zur Etablierung einer Medienanthropologie bei (vgl. Ginsburg et al. 2002). <br/>
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Ein prominentes Beispiel für die konkrete Verschmelzung von medienanthropologisch-relevanten Theorien liefert '''Arjun Appadurai[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.6.7 Globale kulturelle Landschaften und HandlungsRäume|[11]]]''' (1996). Er verwendet sowohl Andersons "vorgestellte Gemeinschaften", um in seinen theoretischen Konzepten die Bedeutung von Imaginationen für die Bildung von transnationalen Medienlandschaften herauszuarbeiten, als auch Habermas' Verständnis von Öffentlichkeit, um eine "hypothetische Arena" (''public culture'') zu umreißen, die sich von Unterscheidungen in "erste", "zweite" und "dritte" Welt distanziert und eine "kulturelle Hierarchisierung"ablehnt (Kreff 2003: 130). In dieser '''''public culture''''' spielen Massenmedien wiederum eine bedeutende Rolle. <br/>
 
Ein prominentes Beispiel für die konkrete Verschmelzung von medienanthropologisch-relevanten Theorien liefert '''Arjun Appadurai[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.6.7 Globale kulturelle Landschaften und HandlungsRäume|[11]]]''' (1996). Er verwendet sowohl Andersons "vorgestellte Gemeinschaften", um in seinen theoretischen Konzepten die Bedeutung von Imaginationen für die Bildung von transnationalen Medienlandschaften herauszuarbeiten, als auch Habermas' Verständnis von Öffentlichkeit, um eine "hypothetische Arena" (''public culture'') zu umreißen, die sich von Unterscheidungen in "erste", "zweite" und "dritte" Welt distanziert und eine "kulturelle Hierarchisierung"ablehnt (Kreff 2003: 130). In dieser '''''public culture''''' spielen Massenmedien wiederum eine bedeutende Rolle. <br/>
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Obwohl es keine einheitliche '''Theorie der Praxis''' oder allgemein gültige Definitionen für Handlungstheorien gibt, lassen sich in einem praxistheoretischen Umfeld sehr wohl ähnliche Ansätze feststellen. Hier können Arbeiten, erkenntnistheoretische Ansätze und Forschungsstrategien von einflussreichen Sozial- und Geisteswissenschaftlern wie '''Pierre Bourdieu[http://en.wikipedia.org/wiki/Pierre_Bourdieu  &#91;1&#93;]''', '''Michel Foucault[http://en.wikipedia.org/wiki/Michel_Foucault  &#91;2&#93;]''', '''Michel de Certeau[http://de.wikipedia.org/wiki/Michel_de_Certeau  &#91;3&#93;]''' oder '''Anthony Giddens[http://de.wikipedia.org/wiki/Anthony_Giddens  &#91;4&#93;]''' angeführt werden. So erweisen sich '''Bourdieus Handlungstheorie[[Die_Praxeologie_Pierre_Bourdieus#2 Die Praxeologie Pierre Bourdieus|[5]]]''' (Bourdieu 1976), die darauf abzielt zwischen subjektivistischen und objektivistischen Erkenntnistheorien zu vermitteln, sowie die von ihm entwickelten Konzepte als besonders einflussreich; etwa als Strategie, Stellungen und Positionen in einer Sozialhierarchie zu deuten (vgl. Zips und Rest 2010). <br/>
 
Obwohl es keine einheitliche '''Theorie der Praxis''' oder allgemein gültige Definitionen für Handlungstheorien gibt, lassen sich in einem praxistheoretischen Umfeld sehr wohl ähnliche Ansätze feststellen. Hier können Arbeiten, erkenntnistheoretische Ansätze und Forschungsstrategien von einflussreichen Sozial- und Geisteswissenschaftlern wie '''Pierre Bourdieu[http://en.wikipedia.org/wiki/Pierre_Bourdieu  &#91;1&#93;]''', '''Michel Foucault[http://en.wikipedia.org/wiki/Michel_Foucault  &#91;2&#93;]''', '''Michel de Certeau[http://de.wikipedia.org/wiki/Michel_de_Certeau  &#91;3&#93;]''' oder '''Anthony Giddens[http://de.wikipedia.org/wiki/Anthony_Giddens  &#91;4&#93;]''' angeführt werden. So erweisen sich '''Bourdieus Handlungstheorie[[Die_Praxeologie_Pierre_Bourdieus#2 Die Praxeologie Pierre Bourdieus|[5]]]''' (Bourdieu 1976), die darauf abzielt zwischen subjektivistischen und objektivistischen Erkenntnistheorien zu vermitteln, sowie die von ihm entwickelten Konzepte als besonders einflussreich; etwa als Strategie, Stellungen und Positionen in einer Sozialhierarchie zu deuten (vgl. Zips und Rest 2010). <br/>
 
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'''Geschichte spielt bei praxistheoretischen Überlegungen eine wichtige Rolle.''' So betont etwa '''Sherry Ortner''' (2006: 9), bezugnehmend auf '''Marshall Sahlins[http://de.wikipedia.org/wiki/Marshall_Sahlins  &#91;6&#93;]''', dass eine Theorie der Praxis immer eine zentrale historische Komponente hat: "A theory of practice is a theory of history". Vergangene Ereignisse und (persönliche) Geschichte sind für Handlungstheorien also von großer Bedeutung. So umschreibt etwa auch Bourdieu den Habitus als "zu Natur gewordene Geschichte", die einen wesentlichen Teil des unbewussten Selbst ausmacht (vgl. z.B. '''Zips und Rest[[Die_Praxeologie_Pierre_Bourdieus/Praxis/Boas#2.3.2 Habitus|[7]]]''' 2010). <br/>
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'''Geschichte spielt bei praxistheoretischen Überlegungen eine wichtige Rolle.''' So betont etwa '''Sherry Ortner''' (2006: 9), bezugnehmend auf '''Marshall Sahlins[http://de.wikipedia.org/wiki/Marshall_Sahlins  &#91;6&#93;]''', dass eine Theorie der Praxis immer eine zentrale historische Komponente hat: "A theory of practice is a theory of history". Vergangene Ereignisse und (persönliche) Geschichte sind für Handlungstheorien also von großer Bedeutung. So umschreibt etwa auch Bourdieu den Habitus als "zu Natur gewordene Geschichte", die einen wesentlichen Teil des unbewussten Selbst ausmacht (vgl. z.B. '''Zips und Rest[[Die_Praxeologie_Pierre_Bourdieus/Praxis#2.3.2 Habitus|[7]]]''' 2010). <br/>
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[[Die_Praxeologie_Pierre_Bourdieus#2 Die Praxeologie Pierre Bourdieus|[5] Siehe Kapitel 2 der Lernunterlage ''Grundlagen sozialwissenschaftlicher Denkweisen (KSA)'']]<br/>
 
[[Die_Praxeologie_Pierre_Bourdieus#2 Die Praxeologie Pierre Bourdieus|[5] Siehe Kapitel 2 der Lernunterlage ''Grundlagen sozialwissenschaftlicher Denkweisen (KSA)'']]<br/>
 
[http://de.wikipedia.org/wiki/Marshall_Sahlins  &#91;6&#93; http://de.wikipedia.org/wiki/Marshall_Sahlins]<br/>
 
[http://de.wikipedia.org/wiki/Marshall_Sahlins  &#91;6&#93; http://de.wikipedia.org/wiki/Marshall_Sahlins]<br/>
[[Die_Praxeologie_Pierre_Bourdieus/Praxis/Boas#2.3.2 Habitus|[7] Siehe Kapitel 2.3.2 der Lernunterlage ''Grundlagen sozialwissenschaftlicher Denkweisen (KSA)'']]<br/>
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[[Die_Praxeologie_Pierre_Bourdieus/Praxis#2.3.2 Habitus|[7] Siehe Kapitel 2.3.2 der Lernunterlage ''Grundlagen sozialwissenschaftlicher Denkweisen (KSA)'']]<br/>
 
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'''Mark Hobart[http://www.soas.ac.uk/staff/staff31118.php  &#91;5&#93;]''' (2010) versteht Praktiken als soziale Aktivitäten beziehungsweise als Artikulationen, durch die sich Akteure erhalten und/oder verändern. Eine einheitliche Definition ist hier seiner Ansicht nach wenig sinnvoll, da eine solche zwangsweise eine eurozentristische Sichtweise implizieren würde. Wichtig hingegen sei es, die hierarchischen Verhältnisse von Praktiken mitzudenken. Im Gegensatz zu Couldry versteht Hobart '''Medienpraktiken nicht als an Medien orientierte Praktiken, sondern als Medien-verbundene Praktiken oder Praktiken, die in Bezug zu Medien stehen''', ''media-related practices''. Diese offene und erweiterbare Konzeptualisierung erlaubt etwa das Kochen von Essen, während man fernsieht, als Medien-verbundene Praktik zu verstehen. Medienpraktiken lassen sich so eng mit anderen sozialen Praktiken des Alltagslebens verknüpfen und in diesem Zusammenhang analysieren. <br/>
 
'''Mark Hobart[http://www.soas.ac.uk/staff/staff31118.php  &#91;5&#93;]''' (2010) versteht Praktiken als soziale Aktivitäten beziehungsweise als Artikulationen, durch die sich Akteure erhalten und/oder verändern. Eine einheitliche Definition ist hier seiner Ansicht nach wenig sinnvoll, da eine solche zwangsweise eine eurozentristische Sichtweise implizieren würde. Wichtig hingegen sei es, die hierarchischen Verhältnisse von Praktiken mitzudenken. Im Gegensatz zu Couldry versteht Hobart '''Medienpraktiken nicht als an Medien orientierte Praktiken, sondern als Medien-verbundene Praktiken oder Praktiken, die in Bezug zu Medien stehen''', ''media-related practices''. Diese offene und erweiterbare Konzeptualisierung erlaubt etwa das Kochen von Essen, während man fernsieht, als Medien-verbundene Praktik zu verstehen. Medienpraktiken lassen sich so eng mit anderen sozialen Praktiken des Alltagslebens verknüpfen und in diesem Zusammenhang analysieren. <br/>
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===3.8.4.2 Ritualtheorien===
 
===3.8.4.2 Ritualtheorien===
 
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Die kultur- und sozialanthropologische Bearbeitung des '''Verhältnisses von Ritualen und Medien[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2.5 Rituale und Medien|[1]]]''' thematisiert und reflektiert die zunehmende Bedeutung von Medien in der gegenwärtigen globalisierten Welt sowie Veränderungen des Ritualbegriffs und der Ritualforschung in Bezug auf Medienpraktiken (vgl. '''Ritualdynamik[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2.1.3 Ritualdynamik|[2]]]''' oder '''Ritualtransfer[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2.1.4 Ritualtransfer|[3]]]'''). <br/>
 
Die kultur- und sozialanthropologische Bearbeitung des '''Verhältnisses von Ritualen und Medien[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2.5 Rituale und Medien|[1]]]''' thematisiert und reflektiert die zunehmende Bedeutung von Medien in der gegenwärtigen globalisierten Welt sowie Veränderungen des Ritualbegriffs und der Ritualforschung in Bezug auf Medienpraktiken (vgl. '''Ritualdynamik[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2.1.3 Ritualdynamik|[2]]]''' oder '''Ritualtransfer[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2.1.4 Ritualtransfer|[3]]]'''). <br/>
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'''Die Kultur- und Sozialanthropologie versucht zu verstehen, wie Technologie - beispielsweise in Form materieller Kultur oder als soziotechnisches System - ('''kulturell[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.8 Was ist "das Kulturelle"?|[3]]]''') konstruiert und ('''sozial[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.9 Was ist "das Soziale"?|[4]]]''') verwendet, genutzt und angeeignet wird.''' Ähnliche Ziele verfolgen auch Wissenschaftsforschung, Science and Technology Studies und sozialwissenschaftliche Technikforschung (vgl. z.B. Eglash 2006). Die Entwicklung und der Aufschwung digitaler (Medien)Technologien führen zu einer weiteren Differenzierung dieses Forschungsbereichs und zur Etablierung neuer Schwerpunkte. <br/>
 
'''Die Kultur- und Sozialanthropologie versucht zu verstehen, wie Technologie - beispielsweise in Form materieller Kultur oder als soziotechnisches System - ('''kulturell[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.8 Was ist "das Kulturelle"?|[3]]]''') konstruiert und ('''sozial[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1.9 Was ist "das Soziale"?|[4]]]''') verwendet, genutzt und angeeignet wird.''' Ähnliche Ziele verfolgen auch Wissenschaftsforschung, Science and Technology Studies und sozialwissenschaftliche Technikforschung (vgl. z.B. Eglash 2006). Die Entwicklung und der Aufschwung digitaler (Medien)Technologien führen zu einer weiteren Differenzierung dieses Forschungsbereichs und zur Etablierung neuer Schwerpunkte. <br/>
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Schon Ende der 1980er Jahre drängte z.B. Pfaffenberger (1988: 243) die Kultur- und Sozialanthropologie und generell die Sozialwissenschaften sich auf das menschliche Verhalten zu konzentrieren "in which people engage when they create or use a technology". Genau das versuchen die Forschungsrichtungen der Cyberanthropologie und der Digitale Anthropologie in ihrem Anspruch, komplexe soziotechnische Systeme und Phänomene in zeitgenössischen Gesellschaften zu verstehen. '''Dabei befassen sich Kultur- und SozialanthropologInnen in ihrer Analyse von neuen digitalen Medientechnologien mit soziokulturellen Phänomen, die traditionell intensiv in der Disziplin bearbeitet werden, z.B. Gender, Ethnizität, '''Religion[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1 Religion|[2]]]''', '''Mystifizierung[[Themenbereiche_der_KSA/Mythen#3.7 Anthropologie der Mythen|[3]]]''' oder '''Tausch[[Themenbereiche_der_KSA/Oekonomische#3.6 Ökonomische Anthropologie|[4]]]''' (vgl. z.B. Budka und Kremser 2004, Horst und Miller 2012). <br/>
 
Schon Ende der 1980er Jahre drängte z.B. Pfaffenberger (1988: 243) die Kultur- und Sozialanthropologie und generell die Sozialwissenschaften sich auf das menschliche Verhalten zu konzentrieren "in which people engage when they create or use a technology". Genau das versuchen die Forschungsrichtungen der Cyberanthropologie und der Digitale Anthropologie in ihrem Anspruch, komplexe soziotechnische Systeme und Phänomene in zeitgenössischen Gesellschaften zu verstehen. '''Dabei befassen sich Kultur- und SozialanthropologInnen in ihrer Analyse von neuen digitalen Medientechnologien mit soziokulturellen Phänomen, die traditionell intensiv in der Disziplin bearbeitet werden, z.B. Gender, Ethnizität, '''Religion[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1 Religion|[2]]]''', '''Mystifizierung[[Themenbereiche_der_KSA/Mythen#3.7 Anthropologie der Mythen|[3]]]''' oder '''Tausch[[Themenbereiche_der_KSA/Oekonomische#3.6 Ökonomische Anthropologie|[4]]]''' (vgl. z.B. Budka und Kremser 2004, Horst und Miller 2012). <br/>
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In einer Cyberanthropologie wird der '''"Cyberspace"''' '''als soziokultureller Raum menschlicher Interaktionen''' verstanden, der durch digitale Informations- und Kommunikationstechnologien wie das Internet konstruiert und erhalten wird. Dieser Raum und die kulturellen Phänomene und sozialen Prozesse, die mit diesem verknüpft sind, scheinen wie geschaffen dafür, ethnographisch untersucht zu werden - um letztlich, wie '''David Hakken[https://web.archive.org/web/20111220210129/http://www.soic.indiana.edu/people/profiles/hakken-david.shtml  &#91;7&#93;]''' (1999: 10) schreibt, diese neue Art und Weise Mensch zu sein zu verstehen. Denn trotz der großen Menge an Daten und neuen Methoden des Datensammelns sowie Formen der Sichtbarmachung, die durch digitale Medien ermöglicht und unterstützt werden, bleiben viele der "digitalen Welten" versteckt, verhüllt und schwierig zu entziffern (Coleman 2010). '''Ethnographische Langzeitforschung[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.1 Ethnographische Feldforschung|[8]]]''' ist deswegen notwendig, um Praktiken des alltäglichen digitalen Lebens zu erkennen und zu verstehen.''' <br/>
 
In einer Cyberanthropologie wird der '''"Cyberspace"''' '''als soziokultureller Raum menschlicher Interaktionen''' verstanden, der durch digitale Informations- und Kommunikationstechnologien wie das Internet konstruiert und erhalten wird. Dieser Raum und die kulturellen Phänomene und sozialen Prozesse, die mit diesem verknüpft sind, scheinen wie geschaffen dafür, ethnographisch untersucht zu werden - um letztlich, wie '''David Hakken[https://web.archive.org/web/20111220210129/http://www.soic.indiana.edu/people/profiles/hakken-david.shtml  &#91;7&#93;]''' (1999: 10) schreibt, diese neue Art und Weise Mensch zu sein zu verstehen. Denn trotz der großen Menge an Daten und neuen Methoden des Datensammelns sowie Formen der Sichtbarmachung, die durch digitale Medien ermöglicht und unterstützt werden, bleiben viele der "digitalen Welten" versteckt, verhüllt und schwierig zu entziffern (Coleman 2010). '''Ethnographische Langzeitforschung[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Methoden_Wie_gelangt_Kultur-_und_Sozialanthropologie_zu_wissen#1.3.1 Ethnographische Feldforschung|[8]]]''' ist deswegen notwendig, um Praktiken des alltäglichen digitalen Lebens zu erkennen und zu verstehen.''' <br/>
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Aus der Anthropologie der Cyberkultur oder Cyberanthropologie entwickelte sich in den letzten Jahren ein neuer Forschungsbereich, der als '''"Digitale Anthropologie"[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8.6.3 Digitale Anthropologie|[5]]]''' bezeichnet wird und der sich intensiv mit mittlerweile ubiquitären digitalen Medientechnologien und Internetservices auseinandersetzt (vgl. z.B. Horst und Miller 2012). Escobars Verdienst bleibt es, schon früh den Versuch unternommen zu haben, potentielle Forschungsprojekte und -felder zu identifizieren, zu klassifizieren und zur Diskussion zu stellen (Budka und Kremser 2004). <br/>
 
Aus der Anthropologie der Cyberkultur oder Cyberanthropologie entwickelte sich in den letzten Jahren ein neuer Forschungsbereich, der als '''"Digitale Anthropologie"[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8.6.3 Digitale Anthropologie|[5]]]''' bezeichnet wird und der sich intensiv mit mittlerweile ubiquitären digitalen Medientechnologien und Internetservices auseinandersetzt (vgl. z.B. Horst und Miller 2012). Escobars Verdienst bleibt es, schon früh den Versuch unternommen zu haben, potentielle Forschungsprojekte und -felder zu identifizieren, zu klassifizieren und zur Diskussion zu stellen (Budka und Kremser 2004). <br/>
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'''Für die Digitale Anthropologie ist es nach Miller und Horst (2012) also wesentlich zu untersuchen, wie Dinge, Objekte und Artefakte so schnell alltäglich und banal werden.''' Die Materialität dieser Dinge ist dabei nicht getrennt von kulturellen Aspekten zu betrachten; beide sind von normativen Vorgaben innerhalb eines "''genre of usage''" beeinflusst (Miller und Horst, 2012: 29). Aus diesem Blickwinkel erscheint es daher zielführend, digitale Medientechnologien als '''materielle Kultur''' zu verstehen. <br/>
 
'''Für die Digitale Anthropologie ist es nach Miller und Horst (2012) also wesentlich zu untersuchen, wie Dinge, Objekte und Artefakte so schnell alltäglich und banal werden.''' Die Materialität dieser Dinge ist dabei nicht getrennt von kulturellen Aspekten zu betrachten; beide sind von normativen Vorgaben innerhalb eines "''genre of usage''" beeinflusst (Miller und Horst, 2012: 29). Aus diesem Blickwinkel erscheint es daher zielführend, digitale Medientechnologien als '''materielle Kultur''' zu verstehen. <br/>
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Das '''Internet[http://www.internetsociety.org/internet  &#91;3&#93;]''', wie andere digitale Medientechnologien auch, ist '''nicht nur ein technisches Phänomen, sondern hat zweifelsohne soziokulturellen Charakter'''. Es verbindet Menschen (und Maschinen), es ermöglicht Kommunikation, Interaktion und Repräsentation usw. Internet Nutzungs-, Anwendungs- und Aneignungspraktiken in unterschiedlichsten soziokulturellen Kontexten sind daher Forschungsfelder, denen sich die '''Kultur- und Sozialanthropologie[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1 Was untersucht Kultur- und Sozialanthropologie?|[4]]]''' unbedingt widmen muss. <br/>
 
Das '''Internet[http://www.internetsociety.org/internet  &#91;3&#93;]''', wie andere digitale Medientechnologien auch, ist '''nicht nur ein technisches Phänomen, sondern hat zweifelsohne soziokulturellen Charakter'''. Es verbindet Menschen (und Maschinen), es ermöglicht Kommunikation, Interaktion und Repräsentation usw. Internet Nutzungs-, Anwendungs- und Aneignungspraktiken in unterschiedlichsten soziokulturellen Kontexten sind daher Forschungsfelder, denen sich die '''Kultur- und Sozialanthropologie[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1 Was untersucht Kultur- und Sozialanthropologie?|[4]]]''' unbedingt widmen muss. <br/>
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Materielle Kultur steht hier in engem Zusammenhang mit '''Konsumption[[Konsumption|[4]]]''' und deren soziokulturellen Implikationen. Der erste Schritt in einem Prozess der Konsumption ist die Transformation eines Objekts von einer unpersönlichen Ware zu einer Sache mit bestimmter (persönlicher) Bedeutung für KonsumentInnen und deren Lebenswelt (vgl. z.B. Appadurai 1986, Carrier 1998). Genau das ist nach Miller und Slater (2000, 2003) mit dem Internet in Trinidad geschehen. '''Das globale Computernetzwerk Internet[http://www.internetsociety.org/internet/how-internet-evolving  &#91;5&#93;]''' wurde im Prozess alltäglicher Nutzung und kontinuierlicher Aneignung von einem unpersönlichen Ding zu einer Sache mit persönlicher Bedeutung für die Menschen auf Trinidad.''' <br/>
 
Materielle Kultur steht hier in engem Zusammenhang mit '''Konsumption[[Konsumption|[4]]]''' und deren soziokulturellen Implikationen. Der erste Schritt in einem Prozess der Konsumption ist die Transformation eines Objekts von einer unpersönlichen Ware zu einer Sache mit bestimmter (persönlicher) Bedeutung für KonsumentInnen und deren Lebenswelt (vgl. z.B. Appadurai 1986, Carrier 1998). Genau das ist nach Miller und Slater (2000, 2003) mit dem Internet in Trinidad geschehen. '''Das globale Computernetzwerk Internet[http://www.internetsociety.org/internet/how-internet-evolving  &#91;5&#93;]''' wurde im Prozess alltäglicher Nutzung und kontinuierlicher Aneignung von einem unpersönlichen Ding zu einer Sache mit persönlicher Bedeutung für die Menschen auf Trinidad.''' <br/>
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[http://de.wikipedia.org/wiki/Trinidad_%28Insel%29  &#91;2&#93; http://de.wikipedia.org/wiki/Trinidad_%28Insel%29]<br/>
 
[http://de.wikipedia.org/wiki/Trinidad_%28Insel%29  &#91;2&#93; http://de.wikipedia.org/wiki/Trinidad_%28Insel%29]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.6 Religionen im Internet|[3] Siehe Kapitel 3.1.6]]<br/>
 
[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.6 Religionen im Internet|[3] Siehe Kapitel 3.1.6]]<br/>
[[Konsumption|[4] Siehe die Lernunterlage ''Konsumption'']]
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[[Konsumption|[4] Siehe die Lernunterlage ''Konsumption'']]<br/>
 
[http://www.internetsociety.org/internet/how-internet-evolving  &#91;5&#93; http://www.internetsociety.org/internet/how-internet-evolving]<br/>
 
[http://www.internetsociety.org/internet/how-internet-evolving  &#91;5&#93; http://www.internetsociety.org/internet/how-internet-evolving]<br/>
 
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====3.8.6.4.2 Facebook aus kultur- und sozialanthropologischer Perspektive====
 
====3.8.6.4.2 Facebook aus kultur- und sozialanthropologischer Perspektive====
 
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5.  Facebook '''internationalisiert lokale Ereignisse''' und trägt daher zum "Schrumpfen" der sozialen Welt bei.<br/>
 
5.  Facebook '''internationalisiert lokale Ereignisse''' und trägt daher zum "Schrumpfen" der sozialen Welt bei.<br/>
 
6.  Facebook und die soziokulturellen Praktiken, die mit diesem Service verbunden sind, bedeuten einen '''Wechsel von soziologischen zu kultur- und sozialanthropologischen Perspektiven und Forschungsansätzen'''. Denn Facebook ist letztlich nichts anderes als ein soziales Netzwerk, das in der Lage ist soziale Beziehungen - etwa zwischen Freunden und Familienmitgliedern - zu rekonstruieren. Hier tauchen Fragen nach Verwandtschaft und deren Strukturen sowie engen sozialen Beziehungen und Verhältnissen auf, die von einer '''Digitalen Anthropologie[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8.6.3 Digitale Anthropologie|[7]]]''' durch '''ethnographische Forschung[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.6.3 Globalisierung und kultur- und sozialanthropologische Methodologie|[8]]]''' beantwortet werden können.<br/>
 
6.  Facebook und die soziokulturellen Praktiken, die mit diesem Service verbunden sind, bedeuten einen '''Wechsel von soziologischen zu kultur- und sozialanthropologischen Perspektiven und Forschungsansätzen'''. Denn Facebook ist letztlich nichts anderes als ein soziales Netzwerk, das in der Lage ist soziale Beziehungen - etwa zwischen Freunden und Familienmitgliedern - zu rekonstruieren. Hier tauchen Fragen nach Verwandtschaft und deren Strukturen sowie engen sozialen Beziehungen und Verhältnissen auf, die von einer '''Digitalen Anthropologie[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8.6.3 Digitale Anthropologie|[7]]]''' durch '''ethnographische Forschung[[Themenbereiche_der_KSA/Globalisierung#3.4.6.3 Globalisierung und kultur- und sozialanthropologische Methodologie|[8]]]''' beantwortet werden können.<br/>
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Rothenbuhler, Eric und Mihai Coman (Hg.) 2005: Media Anthropology. Thousand Oaks, CA: Sage. <br/>
 
Rothenbuhler, Eric und Mihai Coman (Hg.) 2005: Media Anthropology. Thousand Oaks, CA: Sage. <br/>
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Salzman, Philip Carl 1996: Mass media. In: Barnard, Alan und Jonathan Spencer (Hg.): Encyclopedia of social and cultural anthropology. London: Routledge: 355- 358. <br/>
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Salzman, Philip Carl 1996: Mass media. In: Barnard, Alan und Jonathan Spencer (Hg.): Encyclopedia of social and cultural anthropology. London: Routledge: 355- 358. <br/>
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Sharp, Lauriston 1952: Steel axes for stone-age Australians. In: Human Organization, Vol. 11/1952: 17-22. <br/>
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Sharp, Lauriston 1952: Steel axes for stone-age Australians. In: Human Organization, Vol. 11/1952: 17-22. <br/>
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Spitulnik, Debra 1993: Anthropology and mass media. In: Annual Review of Anthropology, Vol. 22: 293-315. <br/>
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Spitulnik, Debra 1993: Anthropology and mass media. In: Annual Review of Anthropology, Vol. 22: 293-315. <br/>
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Tomas, David 1991: Old rituals for new spaces: Rites de passage and William Gibson's cultural model of Cyberspace. In: Benedikt, Michael (Hg.): Cyberspace: First steps. Cambridge, MA: MIT Press: 31-48. <br/>
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Tomas, David 1991: Old rituals for new spaces: Rites de passage and William Gibson's cultural model of Cyberspace. In: Benedikt, Michael (Hg.): Cyberspace: First steps. Cambridge, MA: MIT Press: 31-48. <br/>
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Wiener, Norbert 1948: Cybernetics: Or control and communication in the animal and the machine. Cambridge, MA: Technology Press. <br/>
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Wiener, Norbert 1948: Cybernetics: Or control and communication in the animal and the machine. Cambridge, MA: Technology Press. <br/>
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Zips, Werner und Matthäus Rest 2010: '''Grundlagen sozialwissenschaftlicher Denkweisen.[[STEOP_-_Denkweisen-KSA|[4]]]''' [Zugriff: 30.03.1013]. <br/>
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Zips, Werner und Matthäus Rest 2010: '''Grundlagen sozialwissenschaftlicher Denkweisen.[[STEOP_-_Denkweisen-KSA|[4]]]''' [Zugriff: 30.03.1013]. <br/>
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'''Verweise:'''
'''Verweise:'''
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[https://web.archive.org/web/20080109082210/http://www.brown.edu/Departments/Anthropology/publications/Mead.htm  &#91;1&#93; https://web.archive.org/web/20080109082210/http://www.brown.edu/Departments/Anthropology/publications/Mead.htm]<br/>
[https://web.archive.org/web/20080109082210/http://www.brown.edu/Departments/Anthropology/publications/Mead.htm  &#91;1&#93; https://web.archive.org/web/20080109082210/http://www.brown.edu/Departments/Anthropology/publications/Mead.htm]<br/>
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[http://www.internetworldstats.com/facebook.htm  &#91;2&#93; http://www.internetworldstats.com/facebook.htm]<br/>
[http://www.internetworldstats.com/facebook.htm  &#91;2&#93; http://www.internetworldstats.com/facebook.htm]<br/>
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[http://openanthcoop.net/press/2010/10/22/an-extreme-reading-of-facebook/  &#91;3&#93; http://openanthcoop.net/press/2010/10/22/an-extreme-reading-of-facebook/]<br/>
[http://openanthcoop.net/press/2010/10/22/an-extreme-reading-of-facebook/  &#91;3&#93; http://openanthcoop.net/press/2010/10/22/an-extreme-reading-of-facebook/]<br/>
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[[STEOP_-_Denkweisen-KSA|[4] Siehe die Lernunterlage ''Grundlagen sozialwissenschaftlicher Denkweisen (KSA)'']]
[[STEOP_-_Denkweisen-KSA|[4] Siehe die Lernunterlage ''Grundlagen sozialwissenschaftlicher Denkweisen (KSA)'']]
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'''[[Themenbereiche_der_KSA/Gender#3.9 Gender-Anthropologie| Nächstes Kapitel: 3.9 Gender-Anthropologie]]'''
'''[[Themenbereiche_der_KSA/Gender#3.9 Gender-Anthropologie| Nächstes Kapitel: 3.9 Gender-Anthropologie]]'''
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[[#3.8 Medienanthropologie|&uarr; Nach oben]]
[[#3.8 Medienanthropologie|&uarr; Nach oben]]<br/>
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'''[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8 Medienanthropologie| Vorheriges Kapitel: 3.8 Medienanthropologie]]'''
 
'''[[Themenbereiche_der_KSA/Medien#3.8 Medienanthropologie| Vorheriges Kapitel: 3.8 Medienanthropologie]]'''
 
=3.9 Gender-Anthropologie=
 
=3.9 Gender-Anthropologie=
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Die '''Gender-Anthropologie''' ist eine relativ junge Forschungsrichtung, wenngleich etliche ihrer Fragestellungen in klassischen '''Themenfeldern der Kultur- und Sozialanthropologie[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1 Was untersucht Kultur- und Sozialanthropologie?|[1]]]''' verwurzelt sind (z.B. Verwandtschaft, soziale Organisationsformen oder '''Ökonomische Anthropologie[[Themenbereiche_der_KSA/Oekonomische#3.6 Ökonomische Anthropologie|[2]]]'''). Sie formierte sich gemeinsam mit den interdisziplinären Gender-Studies seit circa 1970. In der Folge wird eine Reihe von '''ausgewählten Forschungsfeldern, theoretischen Perspektiven und Konzepten''' dargelegt. <br/>
 
Die '''Gender-Anthropologie''' ist eine relativ junge Forschungsrichtung, wenngleich etliche ihrer Fragestellungen in klassischen '''Themenfeldern der Kultur- und Sozialanthropologie[[Was_ist_Kultur-_und_Sozialanthropologie/Was_untersucht_Kultur-_und_Sozialanthropologie#1.1 Was untersucht Kultur- und Sozialanthropologie?|[1]]]''' verwurzelt sind (z.B. Verwandtschaft, soziale Organisationsformen oder '''Ökonomische Anthropologie[[Themenbereiche_der_KSA/Oekonomische#3.6 Ökonomische Anthropologie|[2]]]'''). Sie formierte sich gemeinsam mit den interdisziplinären Gender-Studies seit circa 1970. In der Folge wird eine Reihe von '''ausgewählten Forschungsfeldern, theoretischen Perspektiven und Konzepten''' dargelegt. <br/>
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==Inhalt==
 
==Inhalt==
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[[Themenbereiche_der_KSA/Gender#3.9 Gender-Anthropologie|3.9 Gender-Anthropologie]]<br/>
 
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In diesem Kontext steht etwa das Buch von '''Carolyn Niethammer[http://www.cniethammer.com/  &#91;3&#93;]''' ''Daughters of the Earth. The Lives and Legends of American Indian Woman'' (1977). Die Autorin verbindet Mythen, historische Prozesse, weibliche Lebenswelten und Lebensgeschichten der '''Native Americans[http://en.wikipedia.org/wiki/Native_Americans_in_the_United_States  &#91;4&#93;]'''. Sie zeigt dabei einerseits die enge Verbindung von Weiblichkeit mit Spiritualität und Ritual, andererseits thematisiert sie generell die bislang oft wenig beachtete Welt der Frauen im indigenen Nordamerika. <br/>
 
In diesem Kontext steht etwa das Buch von '''Carolyn Niethammer[http://www.cniethammer.com/  &#91;3&#93;]''' ''Daughters of the Earth. The Lives and Legends of American Indian Woman'' (1977). Die Autorin verbindet Mythen, historische Prozesse, weibliche Lebenswelten und Lebensgeschichten der '''Native Americans[http://en.wikipedia.org/wiki/Native_Americans_in_the_United_States  &#91;4&#93;]'''. Sie zeigt dabei einerseits die enge Verbindung von Weiblichkeit mit Spiritualität und Ritual, andererseits thematisiert sie generell die bislang oft wenig beachtete Welt der Frauen im indigenen Nordamerika. <br/>
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Dieser Forschungsansatz lenkt die Aufmerksamkeit verstärkt auf ''gender meanings'' (Bedeutungen und Repräsentationen von Gender), vor allem auf die kulturelle Dimension von Geschlechteridentitäten, Geschlechterideologien und Beziehungen zwischen den Geschlechtern, und beeinflusst eine große Bandbreite von Studien zur Konstruktion und Bedeutung von Geschlecht. <br/>
 
Dieser Forschungsansatz lenkt die Aufmerksamkeit verstärkt auf ''gender meanings'' (Bedeutungen und Repräsentationen von Gender), vor allem auf die kulturelle Dimension von Geschlechteridentitäten, Geschlechterideologien und Beziehungen zwischen den Geschlechtern, und beeinflusst eine große Bandbreite von Studien zur Konstruktion und Bedeutung von Geschlecht. <br/>
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Diese Thematik, die an der '''Schnittstelle von Arbeit, Gesellschaft und Geschlecht''' angesiedelt ist, ist eng mit der '''Ökonomischen Anthropologie[[Themenbereiche_der_KSA/Oekonomische#3.6 Ökonomische Anthropologie|[1]]]''' und der Untersuchung verschiedener '''Subsistenzformen[[Themenbereiche_der_KSA/Natur#3.5.1 Natur und Subsistenz|[2]]]''' verbunden. So zeigt zum Beispiel die Studie von '''Anja Fischer zu den Imuhar- NomadInnen[[Kel_Ahaggar-NomadInnen|[3]]]''' die Bedeutung von weiblichen und männlichen Handlungsräumen im Kontext der pastoralen Ökonomie in der Sahara (vgl. Fischer 2008). <br/>
 
Diese Thematik, die an der '''Schnittstelle von Arbeit, Gesellschaft und Geschlecht''' angesiedelt ist, ist eng mit der '''Ökonomischen Anthropologie[[Themenbereiche_der_KSA/Oekonomische#3.6 Ökonomische Anthropologie|[1]]]''' und der Untersuchung verschiedener '''Subsistenzformen[[Themenbereiche_der_KSA/Natur#3.5.1 Natur und Subsistenz|[2]]]''' verbunden. So zeigt zum Beispiel die Studie von '''Anja Fischer zu den Imuhar- NomadInnen[[Kel_Ahaggar-NomadInnen|[3]]]''' die Bedeutung von weiblichen und männlichen Handlungsräumen im Kontext der pastoralen Ökonomie in der Sahara (vgl. Fischer 2008). <br/>
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*  Der Kampf wird von Männern monopolisiert, zwischen den Gruppen ist Kriegführung selten;<br/>
 
*  Der Kampf wird von Männern monopolisiert, zwischen den Gruppen ist Kriegführung selten;<br/>
 
*  Sammeln ist Frauenarbeit: bei 60% der Fallbeispiele ist das Sammeln ausschließlich auf die Frauen beschränkt und bei 32% ist Sammeln eine hauptsächlich weibliche Tätigkeit. Frauen betreuen die Kinder und die temporären Wohnstätten und die Vor- und Zubereitung der Nahrung gehört zu ihren Aufgaben. Sie produzieren Körbe, Bekleidung und vereinzelt werden Tongefäße hergestellt. (vgl. '''Andrej[https://web.archive.org/web/20130703104639/http://elaine.ihs.ac.at/~isa/diplom/node12.html  &#91;4&#93;]''' 1998).<br/>
 
*  Sammeln ist Frauenarbeit: bei 60% der Fallbeispiele ist das Sammeln ausschließlich auf die Frauen beschränkt und bei 32% ist Sammeln eine hauptsächlich weibliche Tätigkeit. Frauen betreuen die Kinder und die temporären Wohnstätten und die Vor- und Zubereitung der Nahrung gehört zu ihren Aufgaben. Sie produzieren Körbe, Bekleidung und vereinzelt werden Tongefäße hergestellt. (vgl. '''Andrej[https://web.archive.org/web/20130703104639/http://elaine.ihs.ac.at/~isa/diplom/node12.html  &#91;4&#93;]''' 1998).<br/>
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So wird die geschlechtliche Arbeitsteilung häufig in '''Mythen[[Themenbereiche_der_KSA/Mythen#3.7 Anthropologie der Mythen|[3]]]''' festgeschrieben, dabei werden auch Werte und Normen für die Arbeitsbereiche von Frauen und Männern dargelegt. Über eine Reflexion der Arbeitspraxis hinaus erzählen die Mythen oft von der Genese von geschlechtsspezifischen Kenntnissen (''skills''). Hier wird eine enge '''Verbindung zwischen diversen Handlungsfeldern, Gottheiten, spirituellen Kräften und Gender''' etabliert, die auf performativer Ebene in '''Ritualen[http://www.lateinamerika-studien.at/content/kultur/mythen/mythen-1365.html  &#91;4&#93;]''' ihren Ausdruck findet (vgl. z.B. Puchegger-Ebner 2001 für die Tarahumara in Mexiko oder Mader 2008 für die Shuar in Ecuador). <br/>
 
So wird die geschlechtliche Arbeitsteilung häufig in '''Mythen[[Themenbereiche_der_KSA/Mythen#3.7 Anthropologie der Mythen|[3]]]''' festgeschrieben, dabei werden auch Werte und Normen für die Arbeitsbereiche von Frauen und Männern dargelegt. Über eine Reflexion der Arbeitspraxis hinaus erzählen die Mythen oft von der Genese von geschlechtsspezifischen Kenntnissen (''skills''). Hier wird eine enge '''Verbindung zwischen diversen Handlungsfeldern, Gottheiten, spirituellen Kräften und Gender''' etabliert, die auf performativer Ebene in '''Ritualen[http://www.lateinamerika-studien.at/content/kultur/mythen/mythen-1365.html  &#91;4&#93;]''' ihren Ausdruck findet (vgl. z.B. Puchegger-Ebner 2001 für die Tarahumara in Mexiko oder Mader 2008 für die Shuar in Ecuador). <br/>
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'''Ilse Lenz[http://www.sowi.rub.de/lenz/profil.html.de  &#91;5&#93;]''' und '''Ute Luig[https://web.archive.org/web/20151103074908/http://www.polsoz.fu-berlin.de/ethnologie/personenliste/luig/index.html  &#91;6&#93;]''' (1990) erweiterten diesen Ansatz und sprechen von '''geschlechtsspezifischen Machtfeldern'''. Solche Machtfelder gehen oft Hand in Hand mit Handlungsräumen, strukturellen Positionen im sozialen und politischen Gefüge oder strukturellen Positionen in '''Weltbild[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.4 Religion und Weltbild|[7]]]''' und '''Ritual[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2 Ritual|[8]]]'''. Auf diesen Machtkonzeptionen aufbauend prägte Lenz und Luig (1990) auch den Begriff der '''Geschlechtersymmetrie''' (vgl. auch Grubner u.a. 2003). <br/>
 
'''Ilse Lenz[http://www.sowi.rub.de/lenz/profil.html.de  &#91;5&#93;]''' und '''Ute Luig[https://web.archive.org/web/20151103074908/http://www.polsoz.fu-berlin.de/ethnologie/personenliste/luig/index.html  &#91;6&#93;]''' (1990) erweiterten diesen Ansatz und sprechen von '''geschlechtsspezifischen Machtfeldern'''. Solche Machtfelder gehen oft Hand in Hand mit Handlungsräumen, strukturellen Positionen im sozialen und politischen Gefüge oder strukturellen Positionen in '''Weltbild[[Themenbereiche_der_KSA/Religion#3.1.4 Religion und Weltbild|[7]]]''' und '''Ritual[[Themenbereiche_der_KSA/Ritual#3.2 Ritual|[8]]]'''. Auf diesen Machtkonzeptionen aufbauend prägte Lenz und Luig (1990) auch den Begriff der '''Geschlechtersymmetrie''' (vgl. auch Grubner u.a. 2003). <br/>
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'''Komplementarität impliziert nicht automatisch eine Geschlechter-Egalität oder eine ausgewogene Bewertung von männlichen bzw. weiblichen Tätigkeitsbereichen'''; sie kann auch mit Hierarchie und asymmetrischen Geschlechter-Beziehungen einhergehen. In jüngerer Zeit gewinnt der Begriff der "Geschlechter-Parallelität" an Bedeutung, der getrennte, parallele Handlungsfelder bezeichnet. <br/>
 
'''Komplementarität impliziert nicht automatisch eine Geschlechter-Egalität oder eine ausgewogene Bewertung von männlichen bzw. weiblichen Tätigkeitsbereichen'''; sie kann auch mit Hierarchie und asymmetrischen Geschlechter-Beziehungen einhergehen. In jüngerer Zeit gewinnt der Begriff der "Geschlechter-Parallelität" an Bedeutung, der getrennte, parallele Handlungsfelder bezeichnet. <br/>
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'''Brigitta Hauser-Schäublin[http://www.uni-goettingen.de/de/forschungsschwerpunkte/29495.html  &#91;1&#93;]''' und '''Birgitt Röttger-Rössler[https://web.archive.org/web/20150803071755/http://www.polsoz.fu-berlin.de/ethnologie/personenliste/roettger-roessler/index.html  &#91;2&#93;]''' (1998: 18) sprechen von '''drei Dimensionen von Differenz''': zwischen den Geschlechtern, innerhalb der Geschlechter sowie innerhalb von Individuen. Der Differenz-Ansatz wurde im Rahmen der Gender-Anthropologie auf verschiedene Themenfelder angewandt; dazu zählen unter anderem Differenzen zwischen Männern und/oder Frauen, die unterschiedlichen sozialen, ökonomischen und kulturellen Gruppen angehören. <br/>
 
'''Brigitta Hauser-Schäublin[http://www.uni-goettingen.de/de/forschungsschwerpunkte/29495.html  &#91;1&#93;]''' und '''Birgitt Röttger-Rössler[https://web.archive.org/web/20150803071755/http://www.polsoz.fu-berlin.de/ethnologie/personenliste/roettger-roessler/index.html  &#91;2&#93;]''' (1998: 18) sprechen von '''drei Dimensionen von Differenz''': zwischen den Geschlechtern, innerhalb der Geschlechter sowie innerhalb von Individuen. Der Differenz-Ansatz wurde im Rahmen der Gender-Anthropologie auf verschiedene Themenfelder angewandt; dazu zählen unter anderem Differenzen zwischen Männern und/oder Frauen, die unterschiedlichen sozialen, ökonomischen und kulturellen Gruppen angehören. <br/>
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Intersektionale Studien beschäftigen sich mit '''Verflechtungen von verschiedenen Ebenen von Ungleichheit''': Dabei kommt dem '''Race''', '''Class''', '''Gender-Ansatz''' besondere Bedeutung zu. Dieses Konzept reflektierte zu Beginn vor allem die Perspektiven der "farbigen Frauen" (''women of color'') in den USA, und wurde in der Folge auf unterschiedliche kulturelle, historische und politische Verhältnisse angewandt. <br/>
 
Intersektionale Studien beschäftigen sich mit '''Verflechtungen von verschiedenen Ebenen von Ungleichheit''': Dabei kommt dem '''Race''', '''Class''', '''Gender-Ansatz''' besondere Bedeutung zu. Dieses Konzept reflektierte zu Beginn vor allem die Perspektiven der "farbigen Frauen" (''women of color'') in den USA, und wurde in der Folge auf unterschiedliche kulturelle, historische und politische Verhältnisse angewandt. <br/>
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Im Sinne von '''Judith Butler[http://de.wikipedia.org/wiki/Judith_Butler  &#91;1&#93;]''' ist "...'''Geschlechtszugehörigkeit''' keineswegs stabile Identität eines Handlungsortes, von dem dann verschiedene Akte ausgehen; vielmehr ist sie eine Identität, '''die stets zerbrechlich in der Zeit konstituiert ist''' - eine Identität, die durch eine stilisierte Wiederholung von Akten zustande kommt. ... Zudem wird die Geschlechtszugehörigkeit durch Stilisierung des Körpers instituiert und ist also als die sachliche Art und Weise zu verstehen, in der verschiedenartige körperliche Gesten; Bewegungen, Inszenierungen die Illusion eines beständigen, geschlechtlich bestimmten Sein erzeugen." (Butler 2002) <br/>
 
Im Sinne von '''Judith Butler[http://de.wikipedia.org/wiki/Judith_Butler  &#91;1&#93;]''' ist "...'''Geschlechtszugehörigkeit''' keineswegs stabile Identität eines Handlungsortes, von dem dann verschiedene Akte ausgehen; vielmehr ist sie eine Identität, '''die stets zerbrechlich in der Zeit konstituiert ist''' - eine Identität, die durch eine stilisierte Wiederholung von Akten zustande kommt. ... Zudem wird die Geschlechtszugehörigkeit durch Stilisierung des Körpers instituiert und ist also als die sachliche Art und Weise zu verstehen, in der verschiedenartige körperliche Gesten; Bewegungen, Inszenierungen die Illusion eines beständigen, geschlechtlich bestimmten Sein erzeugen." (Butler 2002) <br/>
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Spielfilme können u.a. im Sinne der Konstruktion von Gender sowie als eine Form von '''"Doing Gender"[[Themenbereiche_der_KSA/Gender#3.9.6 "Doing Gender" und Gender Performance|[4]]]''' analysiert werden. Dabei kommt Stars als Ikonen von Männlichkeit oder Weiblichkeit besondere Bedeutung zu. <br/>
 
Spielfilme können u.a. im Sinne der Konstruktion von Gender sowie als eine Form von '''"Doing Gender"[[Themenbereiche_der_KSA/Gender#3.9.6 "Doing Gender" und Gender Performance|[4]]]''' analysiert werden. Dabei kommt Stars als Ikonen von Männlichkeit oder Weiblichkeit besondere Bedeutung zu. <br/>
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'''Mythen und Spielfilme[[Themenbereiche_der_KSA/Mythen#3.7.2 Fallbeispiel: Mythen im Kino|[1]]]''' skizzieren oft Entwürfe für geschlechtsspezifische Lebenswege und Lebenswelten, bilden das Verhältnis zwischen Männern und Frauen im Alltag jedoch keineswegs immer direkt ab. Vielmehr erzählen sie auch von einer verkehrten Welt, in der die normale (Geschlechter-)Ordnung auf dem Kopf steht oder überschreiten Grenzen und Regeln. In anderen Fällen bestärken Mythen oder Filme Geschlechterrollen und/oder Machtfelder. <br/>
 
'''Mythen und Spielfilme[[Themenbereiche_der_KSA/Mythen#3.7.2 Fallbeispiel: Mythen im Kino|[1]]]''' skizzieren oft Entwürfe für geschlechtsspezifische Lebenswege und Lebenswelten, bilden das Verhältnis zwischen Männern und Frauen im Alltag jedoch keineswegs immer direkt ab. Vielmehr erzählen sie auch von einer verkehrten Welt, in der die normale (Geschlechter-)Ordnung auf dem Kopf steht oder überschreiten Grenzen und Regeln. In anderen Fällen bestärken Mythen oder Filme Geschlechterrollen und/oder Machtfelder. <br/>
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Die Liebe zwischen göttlichen bzw. mythischen Gestalten bildet oft das Vorbild für Konzepte von Liebe und Ehe im Alltagsleben der Gegenwart. Bekannte Beispiele hierfür sind im europäischen kulturellen Gefüge die mittelalterlichen Rittersagen oder im asiatischen Kontext die indischen Götter- und Heldenepen. So bildet etwa im '''Rāmāyana[http://de.wikipedia.org/wiki/Ramayana  &#91;3&#93;]''' die Beziehung zwischen Sita und Rama ein Modell für Liebesbeziehungen, auf das sowohl im Alltag als auch in verschiedenen Bereichen der zeitgenössischen Populärkultur - etwa im Kino - immer wieder Bezug genommen wird. <br/>
 
Die Liebe zwischen göttlichen bzw. mythischen Gestalten bildet oft das Vorbild für Konzepte von Liebe und Ehe im Alltagsleben der Gegenwart. Bekannte Beispiele hierfür sind im europäischen kulturellen Gefüge die mittelalterlichen Rittersagen oder im asiatischen Kontext die indischen Götter- und Heldenepen. So bildet etwa im '''Rāmāyana[http://de.wikipedia.org/wiki/Ramayana  &#91;3&#93;]''' die Beziehung zwischen Sita und Rama ein Modell für Liebesbeziehungen, auf das sowohl im Alltag als auch in verschiedenen Bereichen der zeitgenössischen Populärkultur - etwa im Kino - immer wieder Bezug genommen wird. <br/>
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Rippl, Gabriele 1993: Feministische Anthropologie - Eine Einleitung. In: dies.(Hg.): Unbeschreiblich weiblich. Texte zur feministischen Anthropologie. Frankfurt/M.: Fischer: 9-26. <br/>
 
Rippl, Gabriele 1993: Feministische Anthropologie - Eine Einleitung. In: dies.(Hg.): Unbeschreiblich weiblich. Texte zur feministischen Anthropologie. Frankfurt/M.: Fischer: 9-26. <br/>
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'''[[%Lernunterlagentitelseite%|&crarr; Zurück zur Übersicht]]'''
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'''[[STEOP_-_Propaedeutikum_KSA|&crarr; Zurück zur Übersicht]]'''
 
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[[#3.9 Gender-Anthropologie|&uarr; Nach oben]]<br/>
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[[#3.9 Gender-Anthropologie|&uarr; Nach oben]]<br/>-->

Latest revision as of 14:31, 13 October 2022

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Einführung und Propädeutikum Kultur- und Sozialanthropologie

verfasst von Elke Mader, Wolfgang Kraus, Philipp Budka, und Matthias Reitter, Fakultät für Sozialwissenschaften, Wien
Logo Einfuehrung.gif

Diese Lernunterlage gibt einen einführenden Überblick zur wissenschaftlichen Disziplin der Kultur- und Sozialanthropologie (KSA) mit besonderem Schwerpunkt auf die Situation und die Arbeit des Instituts für Kultur- und Sozialanthropologie an der Universität Wien. Neben der Frage, womit sich Kultur- und Sozialanthropologie beschäftigt und wie sie sich theoriegeschichtlich entwickelt hat, werden ausgewählte Themenbereiche vorgestellt. Die Lernunterlage richtet sich vor allem an StudienanfängerInnen, kann aber ebenso als Informationsquelle oder Lehr- und Lernmittel für allgemein an der Kultur- und Sozialanthropologie Interessierte dienen.

An der Erstellung dieser Lernunterlage mitgewirkt haben als AutorInnen: Elke Mader, Wolfgang Kraus, Philipp Budka und Matthias Reitter. Redaktionell bearbeitet wurde die Unterlage von Anna Ellmer, Matthias Reitter und Philipp Budka.

Kapitel dieser Lernunterlage

1 Was ist Kultur- und Sozialanthropologie?
2 Theoriengeschichte der Kultur- und Sozialanthropologie
3 Themenbereiche


Kapitelübersicht

1 Was ist Kultur- und Sozialanthropologie?

1.1 Was untersucht Kultur- und Sozialanthropologie?
1.1.1 Die Kunde von den Völkern?
1.1.2 Die Lehre von den Ethnien?
1.1.3 Was ist Gesellschaft?
1.1.4 "Kulturen" und Kultur
1.1.5 Exkurs: "Kultur" im öffentlichen Diskurs
1.1.6 Der verlorene Gegenstand unseres Faches
1.1.7 KSA als Lehre von den kulturellen und sozialen Aspekten des Menschseins
1.1.8 Was ist "das Kulturelle"?
1.1.9 Was ist "das Soziale"?
1.1.10 Warum Kultur- und Sozialanthropologie?
1.2 Was will Kultur- und Sozialanthropologie wissen?
1.2.1 Die Prämisse der Diversität
1.2.2 Das Ziel wertfreien Verstehens
1.2.3 Zum Widerspruch von Prämisse und Ziel
1.2.4 Ethnozentrismus
1.2.5 Ethnozentrismus und das "anthropologische Projekt"
1.2.6 Methodologischer Skeptizismus
1.2.7 Methodologischer Relativismus
1.2.8 Relativismus und Universalismus
1.2.9 Exkurs: Homogenisierung, kulturelle Diversität und "Anthropology at Home"
1.3 Methoden: Wie gelangt Kultur- und Sozialanthropologie zu ihrem Wissen?
1.3.1 Ethnographische Feldforschung
1.3.2 Teilnehmende Beobachtung
1.3.3 Charakteristika qualitativer Forschungszugänge
1.3.4 Ethnographie als Kommunikation
1.4 Was kann Kultur- und Sozialanthropologie wissen?
1.4.1 Hermeneutik und die Interpretation kultureller Zusammenhänge
1.4.2 Interpretation und Objektivität
1.4.3 Hindernisse für Objektivität in der Kultur- und Sozialanthropologie
1.4.4 Validität
1.4.5 Der provisorische Charakter wissenschaftlichen Wissens
1.5 Literatur

2 Theoriengeschichte der Kultur- und Sozialanthropologie

2.1 Der klassische Evolutionismus
2.1.1 Lewis Henry Morgan und Henry Maine
2.1.2 Edward B. Tylor
2.1.3 Das Ende des klassischen Evolutionismus
2.2 Diffusionismus und Kulturkreislehre
2.3 Franz Boas und der US-amerikanische Kulturrelativismus
2.4 Der britische Funktionalismus
2.4.1 A. R. Radcliffe-Brown
2.4.2 Bronislaw Malinowski
2.5 Claude Lévi-Strauss und der französische Strukturalismus
2.6 Symbolische Anthropologie und konkurrierende Ansätze
2.7 Clifford Geertz und die Folgen
2.8 Literatur
2.8.1 Weiterführende Literatur

3 Themenbereiche

3.1 Religion
3.1.1 Religion und Ritual
3.1.2 Religion und Gesellschaft
3.1.2.1 Émile Durkheim
3.1.2.2 Religion, Gesellschaft und Politik
3.1.2.3 Religion und Konflikt
3.1.3 Religion als kulturelles Symbolsystem
3.1.4 Religion und Weltbild
3.1.5 Religion und spirituelle Erfahrung: Fallbeispiel Schamanismus
3.1.5.1 Schamanismus und "Ekstasetechnik"
3.1.5.2 Schamanismus, Weltbild und interreligiöse Beziehungen
3.1.6 Religionen im Internet
3.1.6.1 Afrikas Digitale Diaspora Religionen
3.1.7 Literatur
3.2 Ritual
3.2.1 Forschungskontexte und Begriffe
3.2.1.1 Genres ritueller Handlungen
3.2.1.2 Grenzen und Grenzüberschreitungen
3.2.1.3 Ritualdynamik
3.2.1.4 Ritualtransfer
3.2.2 Ritual und Religion
3.2.3 Rituale und Gesellschaft
3.2.3.1 Übergangsrituale
3.2.3.1.1 Soziale Dramen
3.2.4 Rituale und Symbole
3.2.4.1 Im Wald der Symbole
3.2.4.2 Körpersymbole
3.2.5 Rituale und Medien
3.2.5.1 "Rite out of Place" oder die Medialisierung von Ritualen
3.2.6 Literatur
3.3 Kolonialismus
3.3.1 Dimensionen des Kolonialismus
3.3.1.1 Colonial Frontier
3.3.1.2 Kolonialität
3.3.1.3 Kolonialität am Beispiel Lateinamerikas
3.3.1.4 Postkolonialismus
3.3.2 Kolonialismus und Kultur-und Sozialanthropologie
3.3.2.1 Kolonialismus als Rahmenbedingung des Faches
3.3.2.1.1 Chronisten und Missionare in Lateinamerika
3.3.2.2 Kolonialismus als Forschungsgegenstand
3.3.3 Eric Wolf: Kolonialismus, Ökonomie und Verflechtungen
3.3.4 Repräsentation von Kolonialismus im Spielfilm
3.3.4.1 Konflikt, Kultur und Transformation
3.3.5 Literatur
3.4 Globalisierung
3.4.1 Gegenwärtige Phase der Globalisierung
3.4.1.1 Aspekte und Elemente der gegenwärtigen Globalisierung
3.4.2 Thesen über und Perspektiven auf Globalisierung
3.4.3 Globalismus, Globalität und Globalisierung
3.4.4 Transnationalismus und Transnationalisierung
3.4.5 Dimensionen und Faktoren der Globalisierung
3.4.5.1 "Entwurzelung"
3.4.5.2 Beschleunigung
3.4.5.3 Standardisierung
3.4.5.4 Verflechtung
3.4.5.5 Bewegung
3.4.5.6 (Ver)Mischen
3.4.5.7 Verletzlichkeit
3.4.5.8 "Wiedereinbettung"
3.4.6 Anthropologie der Globalisierung
3.4.6.1 Das Globale und das Lokale
3.4.6.2 Historisches zu kultur- und sozialanthropologischen Globalisierungsstudien
3.4.6.3 Globalisierung und kultur- und sozialanthropologische Methodologie
3.4.6.4 Globalisierung und Kultur
3.4.6.4.1 "Globalkultur" oder die kulturellen Aspekte von Globalisierung
3.4.6.5 Kulturelle Globalisierung und die Kultur- und Sozialanthropologie
3.4.6.6 Homogenisierung und Heterogenisierung
3.4.6.7 Globale kulturelle Landschaften und (Handlungs)Räume
3.4.7 Literatur
3.4.7.1 Weiterführende Literatur
3.5 Anthropologie der Natur
3.5.1 Natur und Subsistenz
3.5.2 Kulturökologie
3.5.3 Natur und Weltbild
3.5.4 Natur ist "gut zum Denken": Claude Lévi-Strauss
3.5.4.1 Jenseits von Kultur und Natur: Philippe Descola
3.5.5 Perspektiven des Bauens oder Bewohnens: Tim Ingold
3.5.6 Glokale Natur: Lokales/traditionelles Wissen und globale Prozesse
3.5.6.1 Glokale Vernetzungen
3.5.7 Anthropologie und Klimawandel
3.5.7.1 Schneestern ohne Schnee? Ritual und Klimawandel in den Anden
3.5.8 Natur, Geschichte und Politik
3.5.8.1 Hybride Naturen und politische Akteure: Arturo Escobar
3.5.8.2 Indigene Naturpolitik
3.5.9 Schöne Natur: Landschaft, Repräsentation und Tourismus
3.5.9.1 Anthropologie der Landschaft
3.5.9.1.1 Die Alpen
3.5.9.2 Natur, Landschaft, Tourismus
3.5.10 Literatur
3.6 Ökonomische Anthropologie
3.6.1 Theoretische Grundlagen der Ökonomischen Anthropologie (Wirtschaftsanthropologie)
3.6.2 Theoretische Grundlagen: Ökonomie, Gesellschaft und Weltbild
3.6.2.1 Fallbeispiel: Tausch und Gabe - frühe Beiträge zur Ökonomischen Anthropologie
3.6.3 Literatur
3.7 Anthropologie der Mythen
3.7.1 Theoretische Perspektiven und Forschungsgeschichte
3.7.2 Fallbeispiel: Mythen im Kino
3.7.2.1 "American Dreamtime" - Hollywood-Mythen und die Konstruktion von Bedeutung im populären Kino
3.7.2.2 Mythische Figuren und Motive im Kino - Pirates of the Caribbean
3.7.3 Literatur
3.8 Medienanthropologie
3.8.1 Medientechnologien aus kultur- und sozialanthropologischer Perspektive
3.8.2 Medienethnographie
3.8.3 Historische Entwicklung
3.8.3.1 Frühe medienanthropologische Studien
3.8.3.2 Frühe medienethnographische Projekte
3.8.3.3 Medienanthropologie und die Sozial- und Kulturwissenschaften
3.8.4 Ausgewählte theoretische Konzepte und Zugänge
3.8.4.1 Theorie der Praxis
3.8.4.1.1 Medientechnologien in einer Theorie der Praxis
3.8.4.2 Ritualtheorien
3.8.5 Technologie im soziokulturellen Kontext
3.8.6 Digitale Medientechnologien als Forschungsfelder der Kultur- und Sozialanthropologie
3.8.6.1 Cyberanthropologie: Kybernetik und Cyberspace
3.8.6.2 Anthropologie der Cyberkultur
3.8.6.3 Digitale Anthropologie
3.8.6.4 Kultur- und sozialanthropologische Internetforschung
3.8.6.4.1 Internet als materielle Kultur
3.8.6.4.2 Facebook aus kultur- und sozialanthropologischer Perspektive
3.8.7 Literatur
3.9 Gender-Anthropologie
3.9.1 Anthropologie der Frauen
3.9.2 Sex vs. Gender
3.9.3 Geschlechtliche Arbeitsteilung
3.9.3.1 Geschlechtliche Arbeitsteilung und Cross-Cultural Studies
3.9.3.2 Geschlechtliche Arbeitsteilung, Mythen und Rituale
3.9.4 Gender und Macht
3.9.4.1 Komplementarität
3.9.5 Gender und Differenz
3.9.5.1 Intersektionalität
3.9.6 "Doing Gender" und Gender Performance
3.9.7 Gender in Mythen und Kino
3.9.7.1 Gender Images
3.9.7.2 Mythen, Liebe und Sexualität
3.9.8 Literatur


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